Drittstaatliche Subventionen: Rat und Europäisches Parlament erzielen politische Einigung über Kommissionsvorschlag

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Am 30. Juni 2022 hat der Rat eine politische Einigung zwischen Rat und Europäischem Parlament über eine Verordnung über den Binnenmarkt verzerrende drittstaatliche Subventionen bekannt gegeben (siehe auch Pressemitteilung der Kommission).

Die Verordnung dient der Beseitigung von Wettbewerbsverzerrungen, die dadurch entstehen, dass Drittländer auf dem Binnenmarkt tätigen Unternehmen Subventionen gewähren. Denn während die Mitgliedstaaten der strengen Kontrolle des Beihilfenrechts unterliegen, besteht hinsichtlich Subventionen durch Drittstaaten bislang eine Regelungslücke im europäischen Wettbewerbsrecht. Diese Regelungslücke beabsichtigen Kommission, Parlament und Rat mit der neuen Verordnung zu schließen.

Die Verordnung geht zurück auf einen Vorschlag der Kommission, mit dem die Kommission am 05. Mai 2021 an Rat und Parlament herangetreten ist (für eine ausführliche Besprechung des Vorschlags siehe Quardt/Hanke, Neues „Level Playing Field“ für die Subventionskontrolle im Binnenmarkt?, BRZ 2021, 187).

Die wesentlichen Inhalte des Vorschlags der Kommission

Die Verordnung soll es der Kommission ermöglichen, finanzielle Zuwendungen von Behörden eines Drittstaates daraufhin zu überprüfen, ob sie den Wettbewerb im Binnenmarkt verzerren. Stellt sie fest, dass eine den Binnenmarkt verzerrende drittstaatliche Subvention vorliegt, führt sie – wie im Rahmen der Beihilfenkontrolle – eine Abwägungsprüfung der positiven und negativen Auswirkungen der Subvention durch. Kommt die Kommission zu dem Ergebnis, dass die negativen Auswirkungen überwiegen, kann sie Abhilfemaßnahmen (z.B. Rückzahlung der Subvention einschließlich Verzinsung, Verzicht auf bestimmte Investitionen oder Verringerung der Kapazitäten oder Marktpräsenz) verhängen oder entsprechende Verpflichtungsangebote des Unternehmens akzeptieren.

Um eine einheitliche Anwendung der Verordnung zu gewährleisten, ist für die Umsetzung ausschließlich die Kommission zuständig.

Die Verordnung sieht drei Prüfinstrumente zur Prüfung des Vorliegens einer drittstaatlichen Subvention vor:

  • Ein Instrument für die vorherige Anmeldung und Genehmigung von Zusammenschlüssen von Unternehmen, wenn eines der Unternehmen im vorangegangenen Geschäftsjahr einen Gesamtumsatz von mindestens 500 Mio. EUR in der Union erzielt hat und das Rechtsgeschäft eine drittstaatliche finanzielle Zuwendung von mindestens 50 Mio. EUR beinhaltet;
  • Ein Instrument für die vorherige Anmeldung und Genehmigung von Geboten im Rahmen öffentlicher Vergabeverfahren, wenn der geschätzte Auftragswert mindestens 250 Mio. EUR beträgt;
  • Ein allgemeines Prüfinstrument für alle weiteren Marktsituationen und für Zusammenschlüsse und Gebote in öffentlichen Vergabeverfahren unterhalb der jeweiligen Schwellenwerte.

Zur Durchsetzung ihrer Prüfungsbefugnisse gibt die vorgeschlagene Verordnung der Kommission weitreichende Untersuchungsbefugnisse sowie die Möglichkeit der Verhängung von Zwangs- und Bußgeldern an die Hand.

Bewertung und Änderungen durch Rat und Parlament

Wie erwartet wurde, fand das von der Kommission vorgeschlagene Instrument und seine Ausgestaltung insgesamt Unterstützung bei Rat und Parlament. Die Anfang Mai 2022 von beiden Organen verabschiedeten Verhandlungspositionen (Verhandlungsposition Rat, Verhandlungsposition Europäisches Parlament) für den Trilog mit der Kommission sahen keine grundlegenden Änderungen vor, sondern betrafen lediglich Anpassungsbedarf an spezifischen Vorschriften, wie den Regelungen zu den Schwellenwerten und den Regelungen zu den verschiedenen anwendbaren Fristen.

Während das Europäische Parlament einen weiteren Anwendungsbereich der Verordnung über niedrigere Schwellenwerte anstrebte, forderte der Europäische Rat einen engeren Anwendungsbereich über höhere Schwellenwerte. Letztlich wurden die von der Kommission vorgeschlagenen Schwellenwerte unverändert beibehalten. Neu ist das Erfordernis, dass Gebote in einem öffentlichen Vergabeverfahren eine drittstaatliche Zuwendung von mindestens 4 Mio. EUR umfassen müssen, um der Anmeldepflicht des Instruments zu unterfallen. Der Vorschlag der Kommission sah noch vor, dass jede drittstaatliche finanzielle Zuwendung eine Anmeldepflicht begründen solle.

Ebenfalls angepasst wurde die Frist für die rückwirkende Überprüfungsmöglichkeit von drittstaatlichen Subventionen durch die Kommission. Während der Vorschlag der Kommission noch vorsah, dass die Kommission befugt sein soll, Subventionen zu prüfen, die bis zu zehn Jahre vor Inkrafttreten der Verordnung gewährt wurden, wurde diese Frist nun auf fünf Jahre reduziert.

Die nächsten Schritte

Die zwischen Rat und Europäischem Parlament erzielte Einigung muss noch von Rat und Parlament förmlich angenommen und im Amtsblatt veröffentlicht werden. Die Verordnung tritt am zwanzigsten Tag nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt in Kraft und wird sechs Monate nach ihrem Inkrafttreten in der gesamten EU unmittelbar anwendbar sein. Die Anmeldepflicht gilt neun Monate nach Inkrafttreten der Verordnung.

 

Autor: Christopher Hanke, Müller-Wrede & Partner