Am 26. Februar 2025 hat die Kommission den Clean Industrial Deal vorgestellt. Dieser zielt darauf ab, die Wettbewerbsfähigkeit und Resilienz der europäischen Industrie zu fördern und die Dekarbonisierung als Wachstumsmotor zu positionieren. Darüber hinaus hat die Kommission den Aktionsplan für erschwingliche Energie vorgestellt.
Zusammengefasst plant die Kommission folgende Maßnahmen zur Absicherung der Klimaziele 2030/2050:
- Aktionsplan für erschwingliche Energie
Die energieintensiven Unternehmen werden in ihrer internationalen Wettbewerbsfähigkeit insbesondere durch hohe Energiekosten und unlauteren globalem Wettbewerb beeinträchtigt. In diesem Zusammenhang wird insbesondere die Entwicklung sauberer Technologien und deren preisliche Ausgestaltung zukünftig eine zentrale Rolle für Wettbewerbsfähigkeit und Wachstum spielen. Erschwingliche Energie ist das Fundament für Wettbewerbsfähigkeit. Mit dem sog. Aktionsplan für erschwingliche Energie zielt die Kommission darauf ab, Energiekosten für Industrie, Unternehmen und Haushalte zu senken. Der Plan baut auf der jüngsten Reform der Strommarktgestaltung, dem REPowerEU-Plan, sektorspezifischen Konzepten für Windenergie, Solarenergie und Stromnetze und überarbeiteten Energie- und Klimavorschriften im Rahmen des Pakets „Fit für 55“ auf. Dafür sollen erneuerbare Energien und die entsprechenden Verbindungsleitungen schneller ausgebaut werden, mit dem Ziel, Energie effizienter zu nutzen und dorthin zu bringen, wo sie benötigt wird und damit die Abhängigkeit von importierten fossilen Brennstoffen zu verringern.
Im Rahmen des Industrial Deals plant die Kommission außerdem weitere konkrete Maßnahmen für einzelne Sektoren in Form von Aktionsplänen für die Automobil- und Stahl- und Metallindustrie, die chemische Industrie sowie die Industrie für saubere Technologien.
- Ankurbelung der Nachfrage nach sauberen Produkten durch Überarbeitung der Vergabevorschriften
Die Kommission wird 2026 mit der Überarbeitung des Rahmens für die Vergabe öffentlicher Aufträge die Kriterien Nachhaltigkeit, Resilienz und europäische Präferenz bei der Vergabe öffentlicher Aufträge für strategische Sektoren einführen, um damit die Nachfrage nach in der EU hergestellten sauberen Produkten zu steigern.
- Finanzierung der Energiewende
Die Kommission plant die kurzfristige Mobilisierung von 100 Mrd. EUR zur Förderung einer umweltfreundlichen Fertigung in der EU. In diesem Betrag sind zusätzliche Mittel in Höhe von 1 Mrd. EUR für Garantien, die im aktuellen mehrjährigen Finanzrahmen veranschlagt sind, enthalten.
Gleichzeitig ist die Stärkung des Innovationsfonds und Vorlage eines Vorschlags für eine Bank zur Dekarbonisierung der Industrie geplant mit einem Finanzierungsziel von 100 Mrd. EUR auf der Grundlage verfügbarer Mittel des Innovationsfonds, zusätzlicher Einnahmen aus Teilen des Emissionshandelssystems sowie der Überarbeitung von InvestEU.
Darüber hinaus ist eine Änderung der InvestEU-Verordnung zwecks Erhöhung der Risikotragfähigkeit von InvestEU geplant. Dadurch werden bis zu 50 Mrd. EUR an zusätzlichen privaten und öffentlichen Investitionen – auch für saubere Technologien, saubere Mobilität und Abfallreduzierung – mobilisiert.
Die Europäischen Investitionsbank (EIB-Gruppe) wird bei der Umsetzung des Industrial Green Deal durch neustrukturierte Finanzierungsinstrumente eingebunden. Dazu gehören u.a. das „Netzherstellungspaket“, das Rückgarantien und andere risikomindernde Unterstützungsmaßnahmen für die Hersteller von Netzkomponenten vorsieht, sowie durch ein gemeinsames Pilotprogramm der Europäischen Kommission und der EIB mit Rückgarantien für Strombezugsverträge, die von KMU und energieintensiven Industrien geschlossen werden, und einer Garantiefazilität für saubere Technologien, die im Rahmen des von InvestEU geförderten Programms TechEU auf den Weg gebracht wird.
- Flankierende beihilferechtliche Regelungen
Ein Großteil der geplanten Maßnahmen wird unmittelbar und mittelbar durch staatliche Mittel finanziert werden. Die Kommission plant daher eine Vereinfachung der Beihilfevorschriften im Bereich des Industrial Deal. Dazu gehört die Annahme eines neuen Rahmens für staatliche Beihilfen für den Green Industrial Deal, um eine einfachere und raschere Genehmigung staatlicher Beihilfen für den Ausbau erneuerbarer Energien zu ermöglichen. Der Rahmen wird „Standardoptionen“ einführen, mit denen die Mitgliedstaaten die Vereinbarkeit leicht nachweisen können, sowie eine breitere Nutzung vereinfachter Methoden zur Festlegung der Beihilfebeträge anstelle komplexer individueller Bewertungen beinhalten. Er wird auch separate Förderprogramme für bestimmte Technologien wie Wind- und Solarenergie vorsehen. Die Kommission plant darüber hinaus ein Face Lift der AGVO, der IPCEI-Mitteilung (Einrichtung einer Support-Stelle für IPCEI-Verfahren) sowie der bereits in die Jahre gekommenen Garantiemitteilung.
Bis Januar 2026 wird die Kommission neue Leitlinien zur Drittstaatensubventionsverordnung erlassen. Diese Leitlinien werden u.a. klarstellen, unter welchen Umständen die Kommission beschließen kann, Fusionen nach den Vorschriften der FSR zu prüfen, die die Schwellenwerte nicht erreichen, aber ein Risiko für den Wettbewerb im Binnenmarkt darstellen.
- Kreislauffähigkeit und Zugang zu Rohstoffen
Die EU plant den Zugang zu kritischen Rohstoffen sicherzustellen und damit die Industrie in Europa von unzuverlässigen Lieferanten unabhängiger zu machen. Konkret vorgesehen sind Mechanismen, die es europäischen Unternehmen ermöglichen, sich zusammenzuschließen und ihre Nachfrage nach kritischen Rohstoffen zu bündeln. Durch die Einrichtung eines EU-Zentrums für kritische Rohstoffe, soll ein gemeinsamer Erwerb zu besseren Preisen und Konditionen ermöglicht werde.
- Act Global
Neben den bereits bestehenden Handelsabkommen wird die Kommission in Kürze die ersten Partnerschaften für sauberen Handel und Investitionen auf den Weg bringen, mit denen die Lieferketten diversifiziert und für beide Seiten vorteilhafte Abkommen geschlossen werden. Die Kommission wird auch das CO2-Grenzausgleichssystem (CBAM) vereinfachen und ausbauen.
- Den Zugang zu qualifizierten Arbeitskräften sichern
Der Wandel in der Industrie erfordert den Einsatz von qualifizierten Arbeitskräften. Die Kommission plant eine Union der Kompetenzen einzurichten, um gezielt Kompetenzen zu entwickeln und hochwertige Arbeitsplätze zu schaffen. Bis zu 90 Mio. EUR aus dem Programm Erasmus+ werden dazu beitragen, branchenspezifische Kompetenzen für strategische, mit dem Deal für eine saubere Industrie zusammenhängende Industriezweige auszubauen.
Zusammenfassung
In Bezug auf Wettbewerbsfähigkeit, Dekarbonisierung und Versorgungssicherheit befindet sich die EU an einem entscheidenden Wendepunkt und es besteht eindeutig Handlungsbedarf. Mit einem Bündel an Maßnahmen zielt die Kommission insbesondere darauf ab, die Energiekosten kurzfristig zu senken und die Versorgungssicherheit auch für potenzielle Energiekrisen sicherzustellen. Die Roadmap zum Green Industrial deal gibt den Fahrplan für weitere Maßnahmen zur Vollendung der Energieunion vor. Eine wesentliche Grundlage für die Umsetzung der Maßnahmen ist auch die Anpassung der beihilferechtlichen Vorschriften. Neben der Schaffung eines neuen Beihilferahmens für die Maßnahmen des Green Industrial Deal wird insbesondere die Anpassung der AGVO erforderlich. Dabei kann es nicht nur um eine Erhöhung der Schwellenwerte gehen, vielmehr wäre bereits eine Vereinfachung der aktuellen Freistellungstatbestände wünschenswert, um konkrete Maßnahmen ohne großen Verwaltungsaufwand mit der höchstmöglichen Beihilfenintensität fördern zu können