Aktuelle Entwicklungen im Beihilferecht: öffentliche Konsultation in den Bereichen Landwirtschaft, Fischerei und Eisenbahnverkehr

Aktuelle Entwicklungen im Beihilferecht: öffentliche Konsultation in den Bereichen Landwirtschaft, Fischerei und Eisenbahnverkehr

In gleich drei Bereichen hat die Europäische Kommission kürzlich Vorschläge für die Überarbeitung von Beihilfevorschriften veröffentlicht und eine öffentliche Konsultation gestartet.

Bis zum 13. März können Mitgliedstaaten und andere Interessenträger zu den Vorschlägen der Kommission in den Bereichen Land- und Forstwirtschaft und Fischerei Stellung nehmen. Bis zum 16. März ist eine Stellungnahme zur geplanten Neufassung der Eisenbahnleitlinien möglich.

Die vorgeschlagenen Änderungen

Im Rahmen des „Fitness Checks“ der Beihilfevorschriften ist die Europäische Kommission sowohl für die beihilferechtlichen Vorschriften im Bereich der Land- und Forstwirtschaft als auch für die Eisenbahnleitlinien zu dem Schluss gekommen, dass die Vorschriften ihren Zweck im Großen und Ganzen erfüllen. Nichtsdestotrotz sind gezielte Anpassungen an rechtliche und technische Entwicklungen und an die sich vor allem aus dem europäischen Grünen Deal ergebenden derzeitigen strategischen Ziele und Prioritäten der EU notwendig. Eine entsprechende Evaluierung für den Fischereisektor läuft derzeit noch.

Vor diesem Hintergrund erfolgen die nun vorgeschlagenen Überarbeitungen durch die Kommission.

Überarbeitung der Vorschriften für staatliche Beihilfen im Agrar- und Forstsektor

Die Überarbeitungen in diesem Bereich betreffen zum einen die Rahmenregelung für staatliche Beihilfen im Agrar- und Forstsektor und in ländlichen Gebieten von 2014 („Agrarrahmen“). Die Anpassungen sehen hierbei zunächst vor, dass Maßnahmen im Rahmen der reformierten gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) grundsätzlich mit den EU-Beihilfevorschriften im Einklang stehen sollen. Außerdem bietet der überarbeitete Rahmen mehr Anreize für umwelt- und klimafreundliche Waldbewirtschaftungsmaßnahmen (u.a. durch eine Anhebung der Beihilfehöchstintensität) und führt neue Beihilfekategorien ein, wie z.B. Beihilfen zur Verhütung, Bekämpfung und Tilgung des Befalls durch invasive gebietsfremde Arten und neu auftretende Krankheiten.

Zum anderen wird die Gruppenfreistellungsverordnung für die Landwirtschaft überarbeitet. Der Vorschlag sieht hierbei vor, die Beihilfeintensitäten an die in den GAP-Strategieplänen vorgesehenen Intensitäten anzupassen. Des Weiteren ist eine Freistellung weiterer Gruppen von Beihilfemaßnahmen vorgesehen, wie z.B. Beihilfen zum Ausgleich von durch geschützte Tierarten verursachte Schäden oder Beihilfen zum Ausgleich von bei landwirtschaftlichen Flächen in Natura-200-Gebieten entstehenden Mehrkosten.

Überarbeitung der Vorschriften für staatliche Beihilfen im Fischereisektor

Im Bereich der Fischerei erhalten die Leitlinien für die Prüfung staatlicher Beihilfen im Fischerei- und Aquakultursektor neue Beihilfekategorien, wie z.B. Beihilfen zum Ausgleich von durch geschützte Tierarten verursachte Schäden (soweit nicht als Gruppe freigestellt, s.u.) und – analog zum Agrarrahmen – Beihilfen zur Verhütung, Bekämpfung und Tilgung des Befalls durch invasive gebietsfremde Arten und neu auftretende Krankheiten. Darüber hinaus werden die Leitlinien zum Zwecke der Leser- und Anwenderfreundlichkeit präzisiert und gestrafft.

Die vorgeschlagenen Änderungen der Gruppenfreistellungsverordnung für die Fischerei umfassen neue Kategorien von Beihilfemaßnahmen, die von der Anmelde- und Genehmigungspflicht freigestellt werden, wie u.a. auch hier Beihilfen zum Ausgleich von durch geschützte Tierarten verursachte Schäden oder Beihilfen zum Ausgleich von Schäden infolge bestimmter Witterungsverhältnisse.

Schließlich werden die kumulierten Höchstbeträge in der De-minimis-Verordnung für die Fischerei aktualisiert, die je Mitgliedstaat auf der Grundlage aktueller sektoraler Daten gewährt werden können. So beträgt die vorgesehene nationale Obergrenze für  Deutschland 77.196.702 EUR über einen Zeitraum von drei Jahren.

Neufassung der Eisenbahnleitlinien

Die neugefassten Eisenbahnleitlinien beinhalten zunächst einen erweiterten Anwendungsbereich, in erster Linie, um Betreiber im Bereich des intermodalen Verkehrs mit einzubeziehen.

Des Weiteren enthalten sie Vorschriften zum Abbau von Hindernissen für den Markteintritt oder die Expansion neuer Marktteilnehmer, Vorschriften zur Modernisierung des Bestands und Vorschriften zur Vermeidung von Querfinanzierungen zwischen kommerziellen und gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen unterliegenden Tätigkeiten vertikal integrierter Eisenbahnunternehmen.

Darüber hinaus werden die Beihilfevorschriften im Eisenbahnsektor einer Prüfung des Bedarfs an Vorschriften für öffentliche Verkehrsdienste in allen bisher nicht berücksichtigten Bereichen des Schienenverkehrs und einer Prüfung des Bedarfs an angepassten Rettungs- und Umstrukturierungsvorschriften für Eisenbahnunternehmen unterzogen.

Der weitere Ablauf

Die vorgeschlagenen Änderungen der Vorschriften für die Landwirtschaft und die Fischerei werden auf zwei Treffen zwischen Vertreterinnen und Vertretern der Kommission und der Mitgliedsstaaten erörtert, zunächst gegen Ende des Konsultationszeitraums und nochmals nach Überarbeitung der Entwürfe auf Grundlage der Konsultation. Gleichermaßen werden die Entwürfe auf einer multilateralen Sitzung mit den Mitgliedsstaaten gegen Ende des Konsultationszeitraums erörtert. Die Annahme der überarbeiteten Vorschriften ist dann für Ende 2022 geplant.

Die Annahme der neuen Eisenbahnleitlinien ist für das vierte Quartal 2023 geplant.

Autor: Christopher Hanke, Müller-Wrede & Partner


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