Schlagwort: staatliche Beihilfe

Gelder aus einer verbindlichen Abgabe stellen staatliche Mittel dar (und Gerichte gewähren keine Beihilfen)

Gelder aus einer verbindlichen Abgabe stellen staatliche Mittel dar (und Gerichte gewähren keine Beihilfen)

Eine staatliche Beihilfe kann nicht durch eine gerichtliche Entscheidung eingeführt werden“ – Unter diesem Titel veröffentlichte der Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) seine Pressemitteilung zu den verbundenen Rechtssachen C-702/20 und C-17/21. Hierbei handelt es sich nicht um die einzige Grundsatzaussage, die der EuGH in seinem Urteil anlässlich eines Vorabentscheidungsersuchens des Obersten Gerichts von Lettland zur Auslegung der Art. 107 Abs. 1 AEUV und Art. 108 Abs. 3 AEUV getroffen hat. Insbesondere enthält das Urteil aufschlussreiche Ausführungen des EuGH zur beihilferechtlichen Einordnung von Geldern, die aus einer nach nationalem Recht obligatorischen Abgabe stammen. Die vom EuGH diesbezüglich aufgezeigten Grundsätze dürften auch für die Bewertung verschiedener gesetzlich geregelter Umlagemechanismen im deutschen Energierecht von Interesse sein.

Die dem Vorabentscheidungsersuchen zugrunde liegenden Verfahren

Bis zum 07. Juni 2005 enthielt das lettische Energiegesetz eine Regelung, nach der bestimmte Erzeuger von Strom aus erneuerbaren Energiequellen – wie die beiden Klägerinnen im zugrunde liegenden Verfahren – ihren überschüssigen Strom zu einem Preis in Höhe des doppelten durchschnittlichen Stromverkaufstarifs an ein zugelassenes öffentliches Stromversorgungsunternehmen verkaufen durften. Der durchschnittliche Stromverkaufstarif wurde von der lettischen Regulierungsbehörde festgelegt.

Mit Wirkung zum 08. Juni 2005 wurde das Verfahren zum Verkauf von überschüssigem Strom geändert. Für Erzeuger, die ihre Tätigkeit zu diesem Zeitpunkt bereits aufgenommen hatten, sahen die geänderten gesetzlichen Regelungen aber vor, dass die frühere Regelung weiterhin Anwendung fand. Die Regulierungsbehörde legte die Regelung dahingehend aus, dass der durchschnittliche Stromverkaufstarif auf den am 07. Juni 2005 festgelegten Preis eingefroren wurde und nahm keine aktualisierten Festsetzungen des Tarifs mehr vor. Entsprechend konnten die von der Regelung umfassten Erzeuger für ihren überschüssigen Strom fortan (nur) das Doppelte des eingefrorenen Tarifs verlangen. Im Januar 2010 entschied das Verfassungsgericht Lettlands, dass diese Auslegung der Regulierungsbehörde fehlerhaft war und der durchschnittliche Stromverkaufstarif fortlaufend hätte angepasst werden müssen.

Die Klägerinnen im zugrunde liegenden Verfahren verklagten daraufhin die Regulierungsbehörde auf „Schadensersatz“ in Höhe der Differenz zwischen den Erlösen aus dem Verkauf zu dem eingefrorenen Tarif und einem Verkauf zum tatsächlichen durchschnittlichen Tarif im Zeitraum nach dem 07. Juni 2005. Das Regionalverwaltungsgericht gab den Klagen teilweise statt und verurteilte die Regulierungsbehörde zu einer entsprechenden Zahlung, allerdings unter der Bedingung, dass die Kommission zuvor einen Beschluss über die Genehmigung solcher Beihilfen erlässt oder dass eine Genehmigung als erlassen gilt. Die Regulierungsbehörde legte Kassationsbeschwerde gegen das Urteil ein, woraufhin das Oberste Gericht Lettlands dem EuGH eine Vielzahl an Fragen zur Auslegung und Anwendung der Art. 107 Abs. 1 und Art. 108 Abs. 3 AEUV zur Vorabentscheidung vorlegte.

Die Ausführungen des EuGH

Die Entscheidungsgründe des EuGH-Urteils zu den insgesamt 13 Vorlagefragen umfassen Erwägungen zum Tatbestandsmerkmal des Art. 107 Abs. 1 AEUV der „staatlichen Mittel“, zur Relevanz der Liberalisierung des Strommarktes bei der Einstufung eines Vorteils als staatliche Beihilfe und verschiedene Erwägungen zur Beurteilung eines mittels gerichtlicher Entscheidung zugesprochenen Vorteils.

Gelder aus einer Abgabe als „staatliche Mittel“

Zunächst führt der EuGH aus, dass Gelder, die nach Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaates durch obligatorische Beiträge aufgebracht und im Einklang mit diesen Vorschriften verwaltet und verteilt werden, als „staatliche Mittel“ anzusehen sind. Hierbei ist es unerheblich, ob der Finanzierungsmechanismus nach nationalem Recht eine Abgabe steuerlicher Art im engeren Sinne darstellt.

Zwar reicht es nicht aus, dass die Abgabe faktisch von einer bestimmten Personengruppe getragen wird, sondern sie muss nach nationalem Recht obligatorisch sein. Stammen die Gelder aus einer solchen nach nationalem Recht obligatorischen Abgabe und werden die Gelder im Einklang mit den nationalen Vorschriften verwaltet und verteilt, handelt es sich aber bereits allein deshalb um „staatliche Mittel“ iSd. Art. 107 Abs. 1 AEUV.

Weiter stellt der EuGH klar, dass alternativ auch nach einem zweiten Kriterium festgestellt werden kann, ob es sich bei den Geldern um „staatliche Mittel“ handelt. Und zwar dann, wenn die Beträge stets unter staatlicher Kontrolle bleiben und den zuständigen nationalen Behörden zur Verfügung stehen.

Staatliche Beihilfe nur bei vollständig liberalisiertem Strommarkt?

Soweit das vorlegende Gericht wissen wollte, ob die Einstufung eines Vorteils als staatliche Beihilfe davon abhängt, ob der betreffende Markt zuvor vollständig liberalisiert wurde, stellt der EuGH klar, dass diese Frage für die Einstufung als staatliche Beihilfe unerheblich ist. Denn eine potenzielle Handelsbeeinträchtigung kann auch bereits dann vorliegen, wenn der Markt nur teilweise geöffnet ist. Entscheidend ist insofern vielmehr, ob bei Inkrafttreten der Beihilfe eine tatsächliche Wettbewerbssituation auf dem Markt besteht.

„Schadensersatz“ als Beihilfe?

Im Zusammenhang mit einer weiteren Vorlagefrage setzt sich der EuGH damit auseinander, wann eine Zahlung als „Schadensersatz“ nicht dem Beihilfenrecht unterfällt.

So sind staatliche Beihilfen in ihrem rechtlichen Charakter bereits grundlegend von Zahlungen zum Ersatz eines Privatpersonen verursachten Schadens zu unterscheiden, sodass Schadensersatzzahlungen keine staatlichen Beihilfen im Sinne des Unionsrecht darstellen können.

Allerdings ist es bei der Bewertung der Zahlung als „Schadensersatz“ oder mögliche Beihilfe unerheblich, ob die Zahlung nach nationalem Recht als „Entschädigung“ oder „Schadensersatz“ angesehen wird. Der im zugrunde liegenden Verfahren geltend gemachte „Schadensersatz“ erschöpft sich nämlich in den Beträgen, auf die die Klägerinnen nach geltendem lettischen Recht einen unmittelbaren Anspruch zu haben meinen. Vor diesem Hintergrund führt der EuGH aus, dass es für die Unterscheidung vielmehr darauf ankommt, ob ein Kläger einen anderen Schaden ersetzt verlangt als den Schaden, der einzig in der unvollständigen Zahlung eines Vorteils besteht (wie z.B. Schäden, die infolge der unvollständigen Zahlung entstanden sind).

Anträge auf Zahlung der noch nicht erhaltenen Beträge als gesonderte vom Gericht gewährte Beihilfe?

Die Kommission war sodann der Ansicht, dass die im Ausgangsverfahren von den nationalen Gerichten zugesprochenen Beträge eine von dem gesetzlich geschaffenen Tarifvorteil gesonderte staatliche Beihilfe darstellen. Sie führte insofern an, dass Rechtsgrundlage für die zugesprochenen Beträge nicht das Energiegesetz, sondern die Gerichtsurteile selbst seien.

Dieser Argumentation schiebt der EuGH einen Riegel vor. Ausgehend von den Ausführungen zur vorangegangenen Vorlagefrage führt der EuGH folgerichtig aus, dass die Anträge der Klägerinnen nicht auf eine gesonderte Zahlung auf eigener Rechtsgrundlage gerichtet sind, sondern auf die Zahlung eines Teils ebenjenes Tarifvorteils, der sich aus den lettischen Vorschriften ergibt und – ebenso wie der bereits gezahlte Betrag des Tarifvorteils – in diesen Vorschriften seine Rechtsgrundlage hat.

Der EuGH geht in der Folge noch weiter und stellt ganz grundlegende Erwägungen zur Möglichkeit der Gewährung einer Beihilfe durch ein nationales Gericht auf:

So kann ein nationales Gericht zwar ein Urteil erlassen, aus dem hervorgeht, dass einer Partei ein Betrag zusteht, der einer staatlichen Beihilfe entspricht. Dies bedeutet aber nicht, dass das Gericht die Beihilfe selbst gewährt. Die Rechtskraft des Urteils bewirkt nämlich nur, dass die andere Partei (oftmals eine zuständige Verwaltungsbehörde) zur Zahlung der Beihilfe verpflichtet ist. Die die Beihilfe gewährende Stelle bleibt dann die Partei, die zur Zahlung verurteilt wird. Ferner kann eine staatliche Beihilfe schon deshalb nicht durch eine nationale gerichtliche Entscheidung eingeführt werden, da ihre Einführung Zweckmäßigkeitserwägungen unterliegt, die dem Richteramt fremd sind.

Gerichtlich geltend gemachte Beträge als „neue“ oder „bestehende“ Beihilfe?

Weiter wollte das vorlegende Gericht wissen, ob die gerichtlich geltend gemachten Beträge, sollte es sich bei den Beträgen um staatliche Beihilfen handeln, als „bestehende Beihilfen“ iSd. Art. 1 lit. b Ziff. iv der VO 2015/1589 eingestuft werden können.

Auch insofern folgerichtig leitet der EuGH ein, dass die Frage ob die Beträge als „bestehende Beihilfe“ eingeordnet werden können, davon abhängt, wie der gesetzlich geregelte Tarifvorteil einzustufen ist, da die gerichtlich geltend gemachten Beträge gleicher Art sind wie dieser Tarifvorteil.

Soweit das vorlegende Gericht weiter wissen wollte, ob für den Beginn der 10-jährigen Verjährungsfrist für die Rückforderung des Art. 17 Abs. 1 der VO 2015/1589 der Zeitpunkt der Einführung des Tarifvorteils oder der Zeitpunkt der tatsächlichen Zahlung maßgeblich ist, verweist der EuGH auf Art. 17 Abs. 2 VO 2015/1589, nach dem der Zeitpunkt der Gewährung der Beihilfe maßgeblich ist. Es ist somit unbeachtlich, wann eine Beihilferegelung erlassen wurde. Für die Berechnung der Verjährungsfrist ist davon auszugehen, dass eine Beihilfe erst zu dem Zeitpunkt gewährt wurde, zu dem sie tatsächlich an den Empfänger vergeben wurde. Denn der Beginn einer Rückforderungsfrist kann nicht vor dem Zeitpunkt liegen, in dem die ggf. zurückzufordernde Beihilfe gezahlt wurde. Da die Vollstreckung des die Beträge gewährenden Ausgangsurteils unter dem Vorbehalt der Genehmigung durch die Kommission stand, ist die Zahlung der zugesprochenen Beträge noch nicht erfolgt, sodass die Frist des Art. 17 Abs. 1 der VO 2015/1589 noch nicht zu laufen begonnen hat. Folglich kann es sich bei den geltend gemachten Beträgen nicht nach Art. 17 Abs. 3 der VO 2015/1589 um eine „bestehende Beihilfe“ handeln.

Abweisung einer Klage, weil Zahlung gegen Art. 108 Abs. 3 AEUV verstoßen würde?

Schließlich durfte sich der EuGH mit der Aufgabe der nationalen Gerichte bei der Durchführung des Systems der Kontrolle staatlicher Beihilfen befassen.

So folgt aus dem Durchführungsverbot des Art. 108 Abs. 3 AEUV und der Pflicht nationaler Gerichte, im Einklang mit nationalem Recht alle Konsequenzen aus einer Verletzung von Art. 108 Abs. 3 AEUV zu ziehen, dass ein nationales Gericht einen Antrag auf Zahlung einer nicht bei der Kommission angemeldeten Beihilfe zurückweisen muss.

Einschränkend stellt der EuGH aber klar, dass nationale Gerichte ihrer Aufgabe innerhalb dieses Kontrollsystems hinreichend nachkommen, wenn sie dem Antrag unter dem Vorbehalt stattgeben, dass die zuständige nationale Behörde die Beihilfe zuvor bei der Kommission anmeldet und die Beihilfe von der Kommission genehmigt wird oder als genehmigt gilt (so wie es das Verwaltungsgericht im Ausgangsurteil getan hatte).

Anmerkungen

Der Schwerpunkt des Urteils liegt sicherlich in der Frage, ob durch wen wann eine Beihilfe gewährt wird, wenn einem Anspruch auf eine Beihilfe gerichtlich stattgegeben wird. Insofern enthält das Urteil wichtige Ausführungen zur Abgrenzung zwischen Schadensersatzforderungen und Beihilfen, zur beihilferechtlichen Bewertung der materiellen Rechtskraft solcher Urteile und zum Zeitpunkt der Gewährung einer solchen Beihilfe iSd. Art. 17 Abs. 2 der VO 2015/1589.

Darüber hinaus setzt der EuGH in seinen Ausführungen zu „staatlichen Mitteln“ auf seinem Urteil zur EEG-Umlage (C-405/16 P) auf, stellt dabei jedoch noch einmal klar, dass es für die Annahme der Staatlichkeit bereits ausreicht, dass es sich um Mittel handelt, die aus einer nach nationalem Recht obligatorischen Abgabe stammen. Bei dem Vorliegen der staatlichen Kontrolle über die Gelder handelt es sich (nur) um ein weiteres, alternatives Kriterium zur Begründung „staatlicher Mittel“. Keinesfalls müssen beide Kriterien für die Annahme der Staatlichkeit kumulativ vorliegen.

Zwar lehnt der EuGH in seinem Urteil zur EEG-Umlage das Vorliegen einer Abgabe im beihilferechtlichen Sinne sowie die ausreichende staatliche Kontrolle ab, da die Umlage nach nationalem Recht nicht obligatorisch war, sondern nur de facto auf den Letztverbraucher abgewälzt wurde. Dennoch wurde der nunmehr mit dem aktuellen Urteil manifestierte zweistufige Prüfungsansatz bereits in dem Urteil zur EEG-Umlage vom EuGH angewendet.

Derzeit beschäftigen noch zwei weitere Umlagemechanismen, die ihre Grundlage in deutschen gesetzlichen Regelungen haben, die Unionsgerichte:

U.a. in der Rs. T-196/19 bestätigte das EuG die Kommission, dass der Ausgleich für eine Netzentgeltbefreiung bestimmter Bandlastverbraucher nach § 19 StromNEV (a.F.) durch eine nach nationalem Recht verbindliche Abgabe – und bereits deshalb aus „staatlichen Mitteln“ – finanziert wurde. Das Verfahren ist derzeit vor dem EuGH anhängig, da sich sowohl die betroffenen Unternehmen als auch die Bundesrepublik Deutschland mit einem Rechtsmittel u.a. gegen diese Feststellungen des EuG wenden.

Auch die Regelung einer Zuschlagszahlung zugunsten von Betreibern bestimmter KWK-Anlagen nach § 13 KWKG wurde von der Kommission zwar genehmigt, da die Regelung eine nach Art. 107 Abs. 3 lit. c AEUV mit dem Binnenmarkt vereinbare Beihilfe darstelle. Die Bundesrepublik Deutschland wendet sich mit einer Klage aber auch gegen diesen Beschluss, soweit die Kommission zunächst feststellt, dass die Maßnahme eine Beihilfe darstellt. Als Argument führt die Bundesrepublik an, dass die Kommission fehlerhaft davon ausgehe, dass allein der Abgabencharakter einer Umlage die Staatlichkeit der vereinnahmten Mittel impliziere.

In beiden Fällen scheint die Ansicht der Kommission bzw. des EuG im Einklang mit der nun ausdrücklich klargestellten Rechtsprechung des EuGH zu liegen.

Autor: Christopher Hanke, Müller-Wrede & Partner

Lehrstunde des EuG zur Marktüblichkeit: das arithmetische Mittel reicht nicht aus

Lehrstunde des EuG zur Marktüblichkeit: das arithmetische Mittel reicht nicht aus

In einem Urteil vom 13. Juli 2022 (T-150/20) musste sich die dritte Kammer des EuG mit der beihilferechtlichen Beurteilung von Pachtverträgen über landwirtschaftliche Flächen im staatlichen Eigentum auseinandersetzen.

In diesem Zusammenhang traf das EuG einige grundlegende Aussagen zur Beurteilung der Marktüblichkeit von den für eine solche Pacht zu entrichtenden Pachtzahlungen. Die Ausführungen des EuG dürften vor allem für kommunale Verpächter bzw. kommunale Eigentümer von Flächen von großem Interesse sein.

Der dem Urteil zugrunde liegende Sachverhalt

Im Jahr 2000 schloss die Republik Estland mit der Klägerin, der Tartu Agro AS, im Anschluss an ein nicht-offenes Ausschreibungsverfahren einen Pachtvertrag über landwirtschaftliche Flächen auf dem Gebiet der Gemeinde Tähtvere. Die Flächen befinden sich im Eigentum der Republik Estland. Der Pachtvertrag wurde über 25 Jahre geschlossen und sah eine Änderungsklausel vor, auf deren Grundlage die Pacht zum 01. Januar 2005, zum 01. Januar 2007 und letztmals zum 01. Januar 2009 erhöht wurde. Der Pachtvertrag sah außerdem zusätzliche Verpflichtungen der Klägerin vor, Investitionen in Entwässerungssysteme und in die Erhaltung des Bodens und der Verbesserung der Bodenqualität zu tätigen.

Der Kommissionsbeschluss

Im Jahr 2014 ging bei der Kommission eine Beschwerde ein, dass die Verpachtung an die Klägerin eine rechtswidrige staatliche Beihilfe beinhalte. Die Kommission leitete die Beschwerde an die estnischen Behörden weiter und bat um weitere Informationen.

Mit Beschluss vom 27. Februar 2017 eröffnete die Kommission das förmliche Prüfverfahren nach Art. 108 Abs. 2 AEUV. Sie könne nicht ausschließen, dass die Verpachtung der Klägerin einen Vorteil in Form einer unter dem Marktpreis liegenden Pacht gewähre. Auch die übrigen Voraussetzungen des Art. 107 Abs. 1 AEUV schienen nach Ansicht der Kommission erfüllt zu sein.

Nachdem die estnischen Behörden ebenso wie der Beschwerdeführer und die Klägerin mehrere Stellungnahmen und Informationen einreichten, erließ die Kommission am 24. Januar 2020 einen Beschluss, in dem sie feststellte, dass die Verpachtung der staatseigenen Flächen über den gesamten Zeitraum ab dem Jahr 2000 alle Voraussetzungen des Art. 107 Abs. 1 AEUV erfülle und eine staatliche Beihilfe darstelle.

Zur Begründung führte die Kommission an, dass die von der Klägerin gezahlte Pacht im gesamten Zeitraum unter dem Marktpreis gelegen habe. Der Klägerin sei ein wirtschaftlicher Vorteil in der Differenz zwischen der gezahlten Pacht und einer marktüblichen Pacht gewährt worden.

Die Kommission stützte sich hierbei auf ein Sachverständigengutachten (Bericht Uus Ma), das von den estnischen Behörden vorgelegt wurde. Der Bericht führte Preisspannen für die Pacht vergleichbarer Flächen in vergleichbarer Lage auf. Hierbei betrug der Höchstbetrag der Preisspanne teils mehr als das Doppelte des Mindestbetrages. Die Kommission bildete das arithmetische Mittel der in dem Bericht aufgeführten Preisspannen und stellte fest, dass die von der Klägerin gezahlte Pacht unter diesem Wert lag. Weiter stützte sich die Kommission auf Daten des estnischen statistischen Amtes, die den Merkmalen der jeweiligen Regionen und Grundstücken nicht Rechnung trugen, sondern verpachtete Flächen in ganz Estland betrafen.

Im Übrigen war die Kommission der Ansicht, dass verschiedene von der Klägerin im Pachtzeitraum getätigte Investitionen zur Verbesserung und Erhaltung des Bodens nicht bei der Bestimmung der marktüblichen Pacht berücksichtigt werden können. Bei derartigen Investitionen handele es sich um Betriebskosten, die im Interesse des Landwirts anfallen. Nur Investitionen, die den estnischen Staat von bestimmten ihm obliegenden Instandhaltungskosten (hier Investitionen in das Entwässerungssystem) befreit haben, hat die Kommission in diesem Zusammenhang berücksichtigt. Da die konkret von der Klägerin getätigten Investitionen aber über die gesetzlichen Anforderungen hinaus gingen und auch der Klägerin zugutekamen, berücksichtigte die Kommission nur die Hälfte dieser Kosten.

Insgesamt merkte die Kommission an, dass die Beurteilung des Vorteils eine komplexe wirtschaftliche Bewertung darstelle, bei der sie einen Ermessensspielraum hinsichtlich der Bewertungsmethode habe.

Das Urteil des EuG

Das EuG hob den Beschluss der Kommission auf. In seinem Urteil trifft es hierbei grundlegende Aussagen zur Marktüblichkeit von Pachtzahlungen bei Pachtverträgen von landwirtschaftlichen Flächen im staatlichen Eigentum und zur Berücksichtigungsfähigkeit zusätzlicher vertraglicher Verpflichtungen bei der Bestimmung dieser Marktüblichkeit.

Die Marktüblichkeit der Pacht

Das EuG leitet seine Ausführungen damit ein, dass die Kommission hinsichtlich der Beurteilung des Vorteils zwar über einen Ermessensspielraum verfüge. Nichtsdestotrotz haben die Gerichte aber neben der sachlichen Richtigkeit, Zuverlässigkeit und Kohärenz der angeführten Beweise auch zu überprüfen, ob diese Beweise alle relevanten Daten beinhalten, die bei der Beurteilung einer komplexen Situation heranzuziehen sind und ob sie die aus ihnen gezogenen Schlüsse stützen. Darüber hinaus hat die Kommission sorgfältig und unparteiisch alle relevanten Gesichtspunkte des Einzelfalls zu untersuchen und ihre Entscheidung hinreichend zu begründen (EuGH u.a. in C-525/04 P, Rn. 56 – 58).

Auf dieser Grundlage kam das EuG dann zu dem Schluss, dass der von der Kommission vorgenommene Vergleich der von der Klägerin gezahlten Pacht mit den Durchschnittsbeträgen aus dem Bericht Uus Ma und den Daten des statistischen Amtes zu allgemein und unzureichend qualifiziert war. Insbesondere lässt die Methode der Kommission zwangsläufig zu tolerierende Schwankungsbreiten außer Betracht, wodurch sie die marktübliche Pacht nicht plausibel und kohärent belegt:

Die Kommission hat für ihre Auffassung, dass das arithmetische Mittel aus den in den Preisspannen enthaltenen Beträgen als Grundlage für den Marktpreis heranzuziehen ist, keine nähere Begründung angegeben. Die Tatsache, dass der Bericht Uus Maa den marktüblichen Preis der Pacht in Preisspannen ausgedrückt hat, impliziert aber zwangsläufig, dass auch die Mindestbeträge dieser Preisspannen einer Pacht entsprechen, die mit dem Marktpreis vereinbar ist. Es ist üblich, Schätzungen in Preisklassen als Grundlage für die Bewertung der Marktüblichkeit von Preisen anzuführen. Kann die Kommission nicht spezifisch darlegen und rechtfertigen, warum sie eine abweichende Bewertungsmethode verwendet, ist davon auszugehen, dass die Mindestbeträge der Preisspannen maßgeblich sind und den Marktpreis abbilden. Vorliegend hat sie aber gar keine Begründung angegeben, warum sie als Grundlage das arithmetische Mittel der Preisspannen gewählt hat. Das Gericht merkt noch an, dass eine solche Methode vielmehr zu ungenauen Ergebnissen und einer erheblichen Überschätzung des Marktpreises führt.

Des Weiteren hat die Kommission aber auch den falschen Bezugszeitraum bzw. -zeitpunkt für die Beurteilung der Marktüblichkeit der Pacht gewählt. Zum Zeitpunkt des Abschlusses des Pachtvertrages war es ausweislich des Berichtes Uus Maa üblich, allgemein formulierte Verträge ohne Klauseln zur einseitigen Pachterhöhung zu schließen. Entsprechend hätte im Zeitpunkt des Abschlusses des Pachtvertrages ein privater Wirtschaftsteilnehmer unter normalen Wettbewerbsbedingungen in einer vergleichbaren Situation nicht notwendigerweise eine vertragliche Bestimmung vorgesehen, die eine (jährliche) einseitige Erhöhung der Pacht ermöglicht. Wenn die Kommission dann nicht nachweist, dass der Staat die Möglichkeit hatte, die Pacht jedes Jahr zu erhöhen, um sie an den Marktpreis anzupassen, kann sie nicht die Pacht für den gesamten Zeitraum vergleichen. Vielmehr hätte sie prüfen müssen, ob die Höhe der Pacht bei Abschluss des Pachtvertrages und im Zeitpunkt der Vertragsänderungen in 2005, 2007 und 2009 dem Marktpreis entsprach.

Weiter hat die Kommission nicht den genauen Anteil an Ackerflächen auf dem gegenständlichen Grundstück berechnet, obwohl es ihr nach den ihr vorliegenden Unterlagen möglich gewesen wäre. In der Folge zog sie Grundstücke zum Vergleich heran, die über eine Ackerfläche von 95 bis 97 % verfügten, während das gegenständliche Grundstück nur über eine Ackerfläche von 83 % verfügte. Da der Preis für Ackerland in der Regel höher war als der Preis für Dauergrünland, überschätzte sie auch auf dieser Grundlage den Marktpreis für Grundstücke, die mit dem streitigen Grundstück vergleichbar wären.

Soweit sich die Kommission insbesondere hinsichtlich des Zeitraums 2015 bis 2017 noch auf Daten des estnischen statistischen Amtes stützte, handelte es sich nach Ansicht des EuG auch hierbei um eine ungeeignete Methode. So handelt es sich bei diesen Daten um Durchschnittspreise für die Pacht landwirtschaftlicher Flächen in ganz Estland, ungeachtet ihrer Merkmale und ihrer Lage. Außerdem geben die Daten keine Preisspannen an, weshalb es nicht möglich ist, den niedrigsten Marktpreis zu kennen.

Die Berücksichtigung zusätzlicher vertraglicher Verpflichtungen

Auch die überwiegende Nichtberücksichtigung von im Pachtvertrag vorgesehenen und von der Klägerin durchgeführten Investitionen zur Erhaltung des Bodens und der Verbesserung der Bodenqualität ist nach Ansicht des EuG rechtsfehlerhaft.

Die Kommission hatte ihr Ergebnis schon nicht auf Sachverständigenkenntnis gestützt. Sie hat auf die von den estnischen Behörden vorgelegten Berichte nicht Bezug genommen. Sie hat den Wert der von der Klägerin getätigten Investitionen und ihre etwaige Berücksichtigung in der Gesamtmiete deshalb nicht anhand der ihr vorliegenden einschlägigen Informationen geprüft. Stattdessen hat sie pauschal ohne eine nachvollziehbare und überprüfbare Methode lediglich die Hälfte der Investitionen in Entwässerungssysteme berücksichtigt und sich hierbei ohne konkrete Berechnungen darauf gestützt, dass die Investitionen auch der Klägerin zugutegekommen seien. Ob auch ein privater Wirtschaftsbeteiligter, der unter normalen Wettbewerbsbedingungen handelt und sich in einer vergleichbaren Situation wie die estnischen Behörden befindet, die in Rede stehenden vertraglichen Verpflichtungen auferlegt hätte, hat die Kommission gar nicht geprüft.

Das EuG führt im Gegensatz zur Ansicht der Kommission aus, dass Investitionen, die im Pachtvertrag oder gesetzlich auferlegt sind, auch im Interesse des Verpächters liegen dürften, wenn sie über die vertraglichen oder gesetzlichen Mindestanforderungen hinausgehen. Denn ein privater Wirtschaftsbeteiligter kann sich an längerfristigen Rentabilitätsaussichten orientieren. Entsprechend ergibt sich aus dem Bericht Uus Maa, dass es zum Zeitpunkt des Abschlusses des Pachtvertrags üblich war, Grundstücke gar unentgeltlich zur Verfügung zu stellen, um zu verhindern, dass die Grundstücke brachliegen. Auch der Pachtvertrag zielte darauf ab, die zweckmäßige Nutzung des Grundstücks aufrecht zu erhalten. Es war deshalb nicht auszuschließen, dass auch ein privatwirtschaftlicher Verpächter zusätzliche Verpflichtungen vorgesehen hätte, um nicht selbst die notwendigen Investitionen zur langfristigen Erhaltung und Wertsteigerung der Flächen tätigen zu müssen.

Ohne zu überprüfen, ob die von den estnischen Behörden erhobene Pacht unter diesen Umständen dem Verhalten eines privaten Wirtschaftsteilnehmers entsprach, konnte die Kommission aber nicht feststellen, in welcher Höhe die von der Klägerin getätigten Investitionen als integraler Bestandteil der Pachteinnahmen der estnischen Behörden hätten berücksichtigt werden müssen.

Im Ergebnis ist die Entscheidung der Kommission somit sowohl bei der allgemeinen Bestimmung der marktüblichen Pacht als auch bei der Analyse der Berücksichtigung zusätzlicher Verpflichtungen des Pachtvertrages mit offensichtlichen Beurteilungsfehlern und Verstößen gegen die Pflicht zur sorgfältigen und unparteiischen Untersuchung aller relevanten Gesichtspunkte des Einzelfalls behaftet.

Anmerkungen

In dem Urteil diktiert das EuG der Kommission relativ deutlich, welche Sorgfalts- und Begründungspflichten der Kommission auch dann obliegen, wenn ihr bei der Beurteilung des Vorliegens eines wirtschaftlichen Vorteils ein Ermessen hinsichtlich der geeigneten Beweise und Analysemethoden im Rahmen eines Benchmarkings zusteht. Diese Grundsätze sind dabei auch über ein Benchmarking für die Beurteilung einer marktgerechten Pacht hinaus von Bedeutung.

Für die Praxis interessant sind vor allem zwei Kernaussagen, die das EuG im Zusammenhang mit der Bestimmung der Marktüblichkeit von Pachtzahlungen für staatseigene (landwirtschaftliche) Flächen trifft:

Erstens ist grundsätzlich die marktübliche Pacht anhand von Preisspannen für die Pacht vergleichbarer Flächen zu beurteilen. Bereits der Mindestpreis innerhalb dieser Preisspanne stellt dann eine marktübliche Pacht für die Fläche dar.

Die Kommission hat  sich vermutlich bei ihrer Prüfung unter Heranziehung des arithmetischen Mittels aus den Preisspannen von Rn. 100 der Bekanntmachung zum Beihilfenbegriff leiten lassen. Dort wird ausgeführt: „Beim Benchmarking wird häufig nicht ein „genauer“ Referenzwert, sondern eine Spanne möglicher Werte ermittelt, indem vergleichbare Transaktionen geprüft werden. Wenn das Ziel der Bewertung darin besteht zu prüfen, ob die staatliche Maßnahme den Marktbedingungen entspricht, empfiehlt es sich in der Regel, Maße für die zentrale Tendenz wie den Durchschnitt oder den Median vergleichbarer Transaktionen in Erwägung zu ziehen.“

Jedenfalls die dritte Kammer des EuG gibt in ihrem Urteil einer Bestimmung des marktüblichen Preises anhand von Preisspannen den Vorzug. Allerdings sind die Besonderheiten des vom EuG zu entscheidenden Falls zu berücksichtigen: Das EuG erklärte den Kommissionsbeschluss aufgrund eines offensichtlichen Beurteilungsfehlers der Kommission für nichtig. Der Beurteilungsfehler beruhte u.a. darauf, dass die Kommission ihrer Prüfung ein Sachverständigengutachten zugrunde gelegt hat, das den Marktpreis in Preisspannen angab und dann nicht begründet hat, warum sie eine abweichende Bewertungsmethode gewählt hat. Das Urteil steht der Wahl einer anderen Bewertungsmethode im Grundsatz aber nicht entgegen. So wird in Rn. 52 ausgeführt, dass eine Abweichung von der Schätzung in Preisklassen einer spezifischen Rechtfertigung bedarf. An einer Rechtfertigung oder Begründung der Kommission für ihre Wahl der Bewertungsmethode fehlte es vorliegend aber vollends. Oftmals dürfte es angezeigt und in der Sachverständigenpraxis üblich sein, insbesondere bei großen Preisspannen außergewöhnlich niedrige und/oder außergewöhnlich hohe Preise („Mondpreise“) bei der Bestimmung des Marktpreises außer Acht zu lassen.

Zweitens können, soweit der Pachtvertrag dem Pächter zusätzliche Investitionen auferlegt, diese Investitionen bei der Beurteilung, ob die vereinbarte Pachtzahlung dem Marktpreis entspricht, als integraler Bestandteil der Pachteinnahmen mit einbezogen werden, soweit ein privater Wirtschaftsbeteiligter in der Situation des Verpächters solche Investitionen ebenfalls mit einbeziehen würde, um die Bodenqualität der Fläche zu erhalten und zu verbessern und den Wert der Fläche langfristig zu steigern.

 

Autor: Christopher Hanke, Müller-Wrede & Partner

27,5 Mrd. EUR zum Ausgleich indirekter Emissionskosten

27,5 Mrd. EUR zum Ausgleich indirekter Emissionskosten

Am 19. August 2022 hat die Europäische Kommission eine deutsche Beihilferegelung zur teilweisen Entschädigung bestimmter energieintensiver Unternehmen für höhere Strompreise infolge der Auswirkungen des EU-Emissionshandelssystems (EU-EHS) genehmigt.

Insbesondere energieintensiven Unternehmen entstehen durch das EU-Emissionshandelssystem und die dort verankerte Pflicht zum Handel mit Emissionszertifikaten aus den Auswirkungen der CO2-Preise auf die Stromerzeugungskosten („indirekte Emissionskosten“) erhöhte Kosten. Die nun genehmigte – mit bis zu 27,5 Mrd. EUR ausgestattete – Regelung soll für die umfassten Unternehmen einen Teil dieser erhöhten Strompreise für den Zeitraum 2021 – 2030 abdecken. Hierdurch soll verhindert werden, dass die Unternehmen ihre Produktionskapazitäten in Länder außerhalb der EU mit weniger ehrgeizigen Klimazielen verlagern und infolge einer solchen Verlagerung der CO2-Emissionen der Schadstoffausstoß weltweit gesehen zunimmt.

Voraussetzungen

Es können solche Unternehmen einen Ausgleich erlangen, die in einem der in Anhang I der Leitlinien für bestimmte Beihilfemaßnahmen im Zusammenhang mit dem System für den Handel mit Treibhausgasemissionszertifikaten nach 2021 (im Folgenden „EHS-Leitlinien für staatliche Beihilfen“) aufgeführten Sektoren tätig sind (u.a. Lederherstellung, Metallindustrie oder Papierproduktion).

Um den Kostenausgleich beanspruchen zu können, ist es erforderlich, dass die Unternehmen nachweislich in Energiespar- oder Dekarbonisierungsmaßnahmen investieren. So müssen sie zum einen entweder in ihrem Energiemanagementsystem (Unternehmensplan, in dem Energieeffizienzziele und eine Strategie zu deren Erreichung festgelegt sind) aufgeführte Maßnahmen durchführen oder mindestens 30 % ihres Stromverbrauchs aus erneuerbaren Energiequellen decken. Zum anderen müssen ab 2023 zusätzliche Investitionen getätigt werden, mit dem Ziel, dass die begünstigten Unternehmen mindestens 50 % des Beihilfebetrages in die Umsetzung ihres Energiemanagementsystems oder in die Dekarbonisierung ihres Produktionsprozesses investieren.

Beihilfehöchstbeträge

Die Regelung sieht einen Ausgleich für im Vorjahr angefallene indirekte Emissionskosten vor und soll letztmals 2031 (für das Jahr 2030) gezahlt werden. Der Beihilfehöchstbetrag entspricht in der Regel 75 % der angefallenen indirekten Emissionskosten, kann in einigen Fällen aber heraufgesetzt werden, um die verbleibenden indirekten Emissionskosten auf 1,5 % der Bruttowertschöpfung des Unternehmens zu begrenzen. Um Anreize für Energieeinsparungen zu setzen, wird der Beihilfebetrag auf Grundlage von Stromverbrauchseffizienz-Richtwerten berechnet. Die Kosten für 1 GWh ihres jährlichen Stromverbrauchs haben die Beihilfenempfänger selbst zu tragen. Schließlich werden keine Beihilfen für den Verbrauch selbst erzeugter Elektrizität aus vor dem 01. Januar 2021 in Betrieb genommenen Anlagen gewährt, für die der potenzielle Beihilfeempfänger Anspruch auf eine Vergütung nach dem EEG hat.

Würdigung der Kommission

Die Kommission hat die Regelung nach Art. 107 Abs. 3 lit. c AEUV in Anwendung der Voraussetzungen der EHS-Leitlinien für staatliche Beihilfen geprüft und genehmigt.

Hierbei kam sie zu dem Ergebnis, dass die Regelung erforderlich und geeignet ist, um energieintensive Unternehmen bei der Bewältigung von infolge indirekter Emissionskosten erhöhten Strompreisen zu unterstützen und zu verhindern, dass die weltweiten Treibhausgasemissionen infolge einer Produktionsverlagerung in Länder außerhalb der EU ansteigen.

Im Übrigen erfüllt die Regelung die in den EHS-Leitlinien für staatliche Beihilfen festgelegten Anforderungen an Energieaudits und Energiemanagementsysteme und trägt so zu den Klima- und Umweltzielen der EU sowie den Zielen des Grünen Deals bei.

Schließlich ist die Regelung nach Ansicht der Kommission auf das erforderliche Minimum beschränkt und hat keine übermäßigen negativen Auswirkungen auf Wettbewerb und Handel in der EU.

Anmerkungen

Die genehmigte Regelung tritt neben Hilfs- und Unterstützungsprogramme im Zusammenhang mit der Energiekrise (siehe u.a. Die Kommission billigt 5 Milliarden Hilfsprogramm zur Unterstützung energie- und handelsintensiver Unternehmen) und ist von diesen zu unterscheiden.

So ist sie bereits im November 2021 notifiziert worden und dient entsprechend den EHS-Leitlinien der nachhaltigen Verhinderung der Verlagerung von CO2-Emissionen (und nicht etwa der Überbrückung von Liquiditätsengpässen in Krisenzeiten o.ä.).

Das EU-EHS bildet einen der Eckpfeiler zur Bekämpfung des Klimawandels auf europäischer Ebene. Im Kontext dieses Systems sollen die EHS-Leitlinien für staatliche Beihilfen verhindern, dass infolge des EU-EHS besonders betroffene Unternehmen ihre Produktionen verlagern und so global gesehen CO2-Emissionen sogar erhöht werden.

 

Autor: Christopher Hanke, Müller-Wrede & Partner