Konsultation des AGVO-Entwurfs

Konsultation des AGVO-Entwurfs

Am 6. Oktober 2021 hat die Europäische Kommission eine öffentliche Konsultation zu den vorgeschlagenen Änderungen der Allgemeinen Gruppenfreistellungsverordnung (AGVO) gestartet. Bis zum 8. Dezember haben nun Mitgliedstaaten, Behörden, Unternehmen und andere Interessenträger die Möglichkeit ihre Stellungnahmen abzugeben.

Der aktuelle Vorschlag folgt auf die jüngste Änderung der AGVO, die die Kommission im Juli 2021 (zu Einzelheiten siehe Neue Freistellungstatbestände in der AGVO) angenommen hat, um die einschlägigen Beihilfevorschriften an die Finanzierungsvorschriften des neuen Finanzrahmens anzupassen. Die Kommission schlägt nun eine Reihe weiterer Anpassungen der AGVO insbesondere vor dem Hintergrund des ökologischen und digitalen Wandels und zur Überwindung der Folgen der Corona-Pandemie vor. Ziel der Änderungen ist es außerdem, im Zuge der laufenden Überarbeitung der Leitlinien für Klima-, Energie- und Umweltschutzbeihilfen, der Risikofinanzierungsleitlinien und des Unionsrahmens für Forschungs-, Entwicklungs- und Innovationsbeihilfen sowie den vorgenommenen Änderungen in den Regionalbeihilfeleitlinien Rechnung zu tragen. Dabei geht es um die Anpassung von Begrifflichkeiten und die Gewährleistung der Kohärenz zwischen den auf dieselben Ziele ausgerichteten Regelwerken.

Zusammenfassend werden folgende Änderungen und Ergänzungen der AGVO vorgeschlagen:

Regionalbeihilfen

Nach der Annahme der ab 2022 geltenden Leitlinien für Regionalbeihilfen wird der sektorale Anwendungsbereich für Regionalbeihilfen angepasst z.B. durch Ausschluss von Braunkohle, Einbeziehung von Kunstfasern und Schiffbau und der Präzisierung der Definition des Verkehrs- und des Energiesektors. Außerdem wird die bisher nur in Gebieten mit sehr geringer Bevölkerungsdichte bestehende Möglichkeit der Gewährung von Betriebsbeihilfen zur Verhinderung und Verringerung der Abwanderung auf Gebiete mit geringer Bevölkerungsdichte ausgeweitet. Zudem erfolgt eine Anpassung der Anmeldeschwellen für Regionalbeihilfen unter Berücksichtigung aller unterschiedlichen Beihilfeintensitäten.

Risikofinanzierungsbeihilfen

Die Kommission schlägt vor, die Vorschriften für Risikofinanzierungsbeihilfen klarer und gestraffter zu fassen und auch „grüner“ auszugestalten. So plant die Kommission z.B. einen „Ökobonus“ für Investitionen zur Verbesserung der Umweltleistung. Dabei muss die Investition nur 30% anstatt 50% des durchschnittlichen Jahresumsatzes des KMU betragen, damit das betroffene KMU Risikofinanzierungsbeihilfen erhalten kann.

Darüber hinaus wird vorgeschlagen, den Anwendungsbereich von Beihilfen für Unternehmensgründungen auf Beihilfen in Form der Übertragung von Rechten an geistigem Eigentum von einer Forschungseinrichtung auf kleine und innovative Unternehmen auszuweiten, die ein neues Produkt oder Dienstleistung auf den Markt bringen.

Forschungs-, Entwicklungs- und Innovationsbeihilfen („FEI-Beihilfen“)

Die Voraussetzungen für die Gewährung von Beihilfen für Forschung, Entwicklung und Innovation ohne vorherige Anmeldung und Genehmigung sollen ebenfalls vereinfacht werden. Dazu gehört z.B. die Anwendung eines vereinfachten Kostenansatzes für die Berechnung der indirekten Kosten von FuE-Vorhaben. Geplant ist die Einführung einer neuen Begriffsbestimmung und von Vereinbarkeitskriterien für die Förderung von Erprobungs- und Versuchsinfrastrukturen (auch als Technologieinfrastrukturen bezeichnet).

Schließlich schlägt die Kommission vor, dass digitale Innovationszentren einschließlich der über das Programm „Digitales Europa“ finanzierten digitalen Innovationszentren als Innovationscluster im Sinne der AGVO eingestuft werden.

Umwelt- und Energiebeihilfen

Die Mitgliedstaaten sollen weitere Möglichkeiten zur Unterstützung verschiedener Arten von „grünen“ Projekten erhalten. Die vorgeschlagenen Änderungen konkretisieren Produkte und Projekte, die bis zu einem bestimmten Betrag von der Anmeldepflicht ausgenommen sind, wie zum Beispiel:

  • die Verringerung von CO2-Emissionen im Einklang mit den Zielen des Grünen Deals
  • die Rehabilitierung von natürlichen Lebensräumen und Ökosystemen
  • den Schutz bzw. die Wiederherstellung der Biodiversität
  • Einkauf von sauberen oder emissionsfreien Fahrzeugen
  • Lade- und Betankungsinfrastruktur

Zudem soll mit den Änderungen der zunehmenden Rolle der Speicherung bei der Integration erneuerbarer Energien in die Stromversorgung Rechnung getragen werden, indem die bestehenden Ausnahmen für Investitions- und Betriebsbeihilfen für erneuerbare Energien auf Speicherprojekte ausgeweitet werden, die direkt mit neuen oder bestehenden Anlagen zur Erzeugung erneuerbarer Energie verbunden sind.

Auch Investitionen in Wasserstoffprojekte und Wasserstoffinfrastrukturen der Kommission im Einklang mit den Zielen der Wasserstoffstrategie für ein klimaneutrales Europa sind in den Vorschlägen enthalten. Zur Förderung von grünem Wasserstoff werden Betriebsbeihilfen von der Anmeldepflicht befreit.

Die im Vorschlag der Kommission angesprochenen neuen grünen Projekte werden im Artikel 1 AGVO jeweils definiert, um deren Anwendungsbereich klarzustellen.

Zum Zwecke der Förderung des digitalen Wandelns ist ebenfalls Einführung eines „Ökobonus“ für Beihilfen zur Verbesserung der Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden z.B. durch Installation von Ausrüstung für die Digitalisierung des Gebäudes einschließlich strukturierter Verkabelung für Datennetze vorgesehen.

Neben der Konsultation wird der Vorschlagsentwurf auch in zwei Sitzungen zwischen Kommission und Mitgliedstaaten diskutiert. Die erste Sitzung findet gegen Ende des Konsultationszeitraums statt, die zweite nach der Überarbeitung des Entwurfs auf der Grundlage der eingegangenen Beiträge.

Die Annahme der überarbeiteten AGVO ist für das erste Halbjahr 2022 geplant.

 

Autorin: Anna Lazarova, Referendarin bei Müller-Wrede & Partner


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