Der US-Konzern Apple muss nach einer Entscheidung des Gerichts der Europäischen Union (EuG) vom 15. Juli 2020 keine Steuern in Höhe von 13 Milliarden Euro an Irland nachzahlen. Hintergrund ist eine Entscheidung der Kommission aus dem Jahr 2016, welche zwei von Irland zugunsten von Apple erlassene Steuervorbescheide („tax rulings“) aus den Jahren 1991 und 2007 für beihilferechtswidrig erklärte. Irland und Apple klagten gegen die Entscheidung.
Der Rechtsstreit dreht sich um die Frage, ob Apple durch die irischen Steuerbescheide Sonderkonditionen in Form einer ungerechtfertigten Begünstigung im Sinne des Art. 107 Abs. 1 AEUV erhielt. Apple argumentierte, dass die Erträge der zwei irischen Tochterfirmen, um die es geht, vorwiegend in den USA zu versteuern gewesen seien. Irland habe zulässigerweise nur den Teil der bei den Tochterfirmen verbuchten Gewinne besteuert, die auf Aktivitäten in dem Land zurückgingen. So habe die irische Tochter Apple Sales International (ASI) nur Apple-Geräte außerhalb Nord- und Südamerikas vertrieben. Die wesentlichen wirtschaftlichen Werte dagegen, insbesondere das geistige Eigentum, seien in den USA geschaffen worden. Die Kommission dagegen machte geltend, die irischen Töchter seien nicht nur für Fertigung und Vertrieb der Geräte zuständig gewesen, sondern hätten sich auch finanziell an Innovationen durch Vereinbarungen mit dem Mutterkonzern zur Kostenteilung beteiligt. Irland hätte sich nach Auffassung der Kommission zudem nicht auf die Angaben von Apple zur Besteuerung verlassen dürfen, sondern hätte weitere Nachforschungen in Bezug auf sämtliche Aktivitäten der Apple-Töchter über Irland hinaus anstellen müssen.
Das Gericht schloss sich dem nicht an und gab Apple und Irland recht (Rs. T‑778/16 u. T‑892/16; Pressemitteilung).
Zwar folgte es wie bereits in den Entscheidungen Starbucks (Rs. T-760/15 und Rs. T-636/16 ) und Fiat Chrysler (Rs. T-755/15 und T-759/15 ) (s. dazu: https://beihilfen-blog.eu/eug-zum-thema-tax-rulings-die-kommission-liegt-12-im-rueckstand/) dem Ansatz der Kommission, dass die Steuerbehörde Verrechnungspreise so festzusetzen habe, wie dies unter normalen Marktbedingungen in Irland der Fall wäre (sog. „arm’s length principle“). Nach Auffassung des Gerichts konnte die Kommission jedoch nicht ausreichend darlegen, dass die Rechte des geistigen Eigentums auch den irischen Apple-Töchtern zuzurechnen seien und damit der gesamte außeramerikanische Handelsgewinn in Irland zu versteuern sei. Hilfsweise machte die Kommission eine Nachzahlung von 900 Millionen Euro geltend. Sie verwies zur Begründung darauf, dass die irischen Steuervorbescheide methodische Fehler enthielten und damit eine unzulässige Reduzierung der zu versteuernden Gewinne einhergegangen sei. Das Gericht räumte zwar ein, dass Apples damalige Steuervereinbarungen nur mangelhaft dokumentiert worden seien, sah jedoch auch hier keinen ausreichenden Nachweis für eine unzulässige Begünstigung zugunsten von Apple als erbracht.
Die Entscheidung macht erneut deutlich, dass das EuG hohe Anforderungen an die Begründung einer entsprechenden Kommissionsentscheidung stellt. Es gilt jedoch als wahrscheinlich, dass die Kommission Rechtsmittel beim EuGH gegen das Urteil einlegt. Dafür hat sie nun zwei Monate Zeit.
Autor: Jasper Meyer, Referendar bei Müller-Wrede & Partner