URTEIL DES GERICHTSHOFS (Große Kammer)
25. Juli 2018(*)
„Vorlage zur Vorabentscheidung – Staatliche Beihilfen –
Regelung zur Förderung erneuerbarer Energiequellen und stromintensiver
Unternehmen – Beschluss (EU) 2015/1585 – Gültigkeit im Hinblick auf
Art. 107 AEUV – Zulässigkeit – Unterbliebene Erhebung einer
Nichtigkeitsklage durch die Klägerinnen des Ausgangsverfahrens“
In der Rechtssache C‑135/16
betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach
Art. 267 AEUV, eingereicht vom Verwaltungsgericht Frankfurt am Main
(Deutschland) mit Entscheidung vom 23. Februar 2016, beim Gerichtshof
eingegangen am 7. März 2016, in dem Verfahren
Georgsmarienhütte GmbH,
Stahlwerk Bous GmbH,
Schmiedag GmbH,
Harz Guss Zorge GmbH
gegen
Bundesrepublik Deutschland
erlässt
DER GERICHTSHOF (Große Kammer)
unter Mitwirkung des Präsidenten K. Lenaerts, der
Kammerpräsidentin R. Silva de Lapuerta, der Kammerpräsidenten
M. Ilešič, J. L. da Cruz Vilaça (Berichterstatter), A. Rosas
und J. Malenovský, der Richter E. Juhász, A. Borg Barthet und
D. Šváby, der Richterin A. Prechal und des Richters
C. Lycourgos,
Generalanwalt: M. Campos Sánchez-Bordona,
Kanzler: M. Aleksejev, Verwaltungsrat,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die
mündliche Verhandlung vom 5. Dezember 2017,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
– der
Georgsmarienhütte GmbH, der Stahlwerk Bous GmbH, der Schmiedag GmbH und der Harz
Guss Zorge GmbH, vertreten durch Rechtsanwälte H. Höfler und
H. Fischer,
– der
deutschen Regierung, vertreten durch T. Henze und R. Kanitz als
Bevollmächtigte im Beistand von Rechtsanwalt T. Lübbig,
– der
Europäischen Kommission, vertreten durch T. Maxian Rusche und
K. Herrmann als Bevollmächtigte,
nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in
der Sitzung vom 27. Februar 2018
folgendes
Urteil
1 Das
Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Gültigkeit des Beschlusses (EU)
2015/1585 der Kommission vom 25. November 2014 über die Beihilferegelung
SA.33995 (2013/C) (ex 2013/NN) [Deutschlands zur Förderung erneuerbaren Stroms
und stromintensiver Unternehmen] (ABL. 2015, L 250, S. 122, im
Folgenden: streitiger Beschluss).
2 Es ergeht im
Rahmen eines Rechtsstreits zwischen vier Gesellschaften der
Georgsmarienhütte-Gruppe, nämlich der Georgsmarienhütte GmbH, der Stahlwerk Bous
GmbH, der Schmiedag GmbH und der Harz Guss Zorge GmbH, auf der einen Seite und
der Bundesrepublik Deutschland auf der anderen Seite über die im Anschluss an
den Erlass des streitigen Beschlusses erfolgte Rückforderung von für mit dem
Binnenmarkt unvereinbar erklärten rechtswidrigen Beihilfen, die diese
Gesellschaften empfangen hatten.
Deutsches Recht
3 Aus der
Vorlageentscheidung ergibt sich, dass das Gesetz zur Neuregelung des
Rechtsrahmens für die Förderung der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien
(EEG 2012) (BGBl. 2011 I S. 1634) im Wesentlichen einen bundesweiten
Ausgleichsmechanismus für die Kosten von Strom aus erneuerbaren Energiequellen
vorsieht. Dieser Mechanismus beruht u. a. auf einer Umlage (im Folgenden
EEG-Umlage), die einen Kostenpunkt ausmacht, der von den Stromversorgern
grundsätzlich an die Abnehmer und die Endverbraucher von Strom weitergegeben
wird.
4 Als Ausnahme
kann im Rahmen einer besonderen Ausgleichsregelung die EEG-Umlage nach den
§§ 40, 41 und 43 EEG 2012 für stromintensive Unternehmen mit hohem
Energieverbrauch (im Folgenden: stromintensive Unternehmen) begrenzt werden. Mit
dieser Begrenzung wird bezweckt, die Stromkosten dieser Unternehmen zu senken
und so ihre internationale Wettbewerbsfähigkeit zu erhalten.
5 Nach § 40
EEG 2012 wird die EEG-Umlage auf Antrag, der beim Bundesamt für Wirtschaft und
Ausfuhrkontrolle (BAFA) (Deutschland) zu stellen ist, begrenzt.
Ausgangsrechtsstreit und Vorlagefrage
6 Die Klägerinnen
des Ausgangsverfahrens sind vier Gesellschaften der Georgsmarienhütte-Gruppe,
die im Bereich der Stahlerzeugung respektive der Gießereien und Stahlbearbeitung
tätig sind. Für die Jahre 2013 und 2014 wurde die EEG-Umlage für sie durch
Bescheide des BAFA begrenzt.
7 Diese
Begrenzungsbescheide wurden jedoch mit Bescheiden des BAFA vom 25. November
2014 (im Folgenden: Teilrücknahmebescheide) in Höhe eines Teilbetrags mit
Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen. Das BAFA wies auch die
Widersprüche der Klägerinnen des Ausgangsverfahrens gegen die
Teilrücknahmebescheide zurück.
8 Letztere
ergingen in Durchführung des streitigen Beschlusses, mit dem die Europäische
Kommission u. a. die besondere Ausgleichsregelung zugunsten der
stromintensiven Unternehmen zur rechtswidrigen staatlichen Beihilfe erklärte und
der Bundesrepublik Deutschland aufgab, die mit dem Binnenmarkt unvereinbaren
Beihilfen von deren Empfängern zurückzufordern.
9 Genauer stellte
die Kommission mit dem streitigen Beschluss fest, dass die Beihilfe in Gestalt
von Verringerungen der EEG-Umlage zugunsten der stromintensiven Unternehmen mit
dem Binnenmarkt vereinbar ist, wenn sie unter eine der vier in Art. 3
Abs. 1 dieses Beschlusses genannten Kategorien fällt. Nach Art. 3
Abs. 2 des streitigen Beschlusses sind Beihilfen, die nicht unter eine der
in Art. 3 Abs. 1 dieses Beschlusses genannten Kategorien fallen, mit
dem Binnenmarkt unvereinbar, und die Bundesrepublik Deutschland muss somit gemäß
den Art. 6 und 7 des streitigen Beschlusses die unvereinbaren Beihilfen
nach den in Anhang III des Beschlusses vorgesehenen Modalitäten von den
Empfängern zurückfordern.
10 Die Klägerinnen des
Ausgangsverfahrens erhoben beim Verwaltungsgericht Frankfurt am Main
(Deutschland) Klage, die namentlich gegen die Teilrücknahmebescheide gerichtet
ist.
11 Vor diesem Gericht
zweifelten sie die Einstufung der Begrenzung der EEG-Umlage als „staatliche
Beihilfe“ im Sinne des Art. 107 AEUV durch die Kommission an. Unter diesen
Umständen hat das Verwaltungsgericht Frankfurt am Main beschlossen, das
Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof folgende Frage zur Vorabentscheidung
vorzulegen:
Verstößt der streitige Beschluss gegen den AEU-Vertrag,
indem die Kommission die Begrenzung der EEG-Umlage als Beihilfe im Sinne von
Art. 107 AEUV qualifiziert?
Zur Zulässigkeit des
Vorabentscheidungsersuchens
12 Im Ausgangsverfahren wird
im Wesentlichen die Gültigkeit des streitigen Beschlusses insoweit in Abrede
gestellt, als darin die Begrenzung der EEG-Umlage als „staatliche Beihilfe“ im
Sinne des Art. 107 AEUV qualifiziert worden ist.
13 Die Kommission macht
unter Berufung auf das Urteil vom 9. März 1994, TWD Textilwerke Deggendorf
(C‑188/92, EU:C:1994:90), geltend, das Vorabentscheidungsersuchen sei
unzulässig, weil die Klägerinnen des Ausgangsverfahrens keine Nichtigkeitsklage
gegen den streitigen Beschluss beim Gericht der Europäischen Union erhoben
hätten.
14 In Rn. 17 jenes
Urteils, das in einer dem Ausgangsverfahren ähnlichen Rechtssache erging,
entschied der Gerichtshof im Wesentlichen, dass dem Empfänger einer staatlichen
Beihilfe, der einen diese Beihilfe betreffenden Kommissionsbeschluss, der
unmittelbar nur an den Mitgliedstaat, dem der Beihilfeempfänger angehört,
gerichtet war, zweifellos auf der Grundlage des Art. 263 AEUV hätte
anfechten können und die in Abs. 6 dieser Bestimmung vorgesehene
Ausschlussfrist verstreichen ließ, insbesondere aus Gründen der Rechtssicherheit
die Möglichkeit verwehrt ist, die Rechtmäßigkeit dieses Beschlusses vor den
innerstaatlichen Gerichten anlässlich einer Klage gegen die nationalen Maßnahmen
zur Durchführung des Beschlusses mit Erfolg wieder in Frage zu stellen (vgl.
auch Urteile vom 15. Februar 2001, Nachi Europe, C‑239/99, EU:C:2001:101,
Rn. 30, und vom 5. März 2015, Banco Privado Português und Massa
Insolvente do Banco Privado Português, C‑667/13, EU:C:2015:151,
Rn. 28).
15 Der Gerichtshof befand
insbesondere, dass dem Beihilfeempfänger in einem solchen Fall sonst die
Möglichkeit eingeräumt würde, die Bestandskraft zu umgehen, die einem Beschluss
gemäß dem Grundsatz der Rechtssicherheit nach Ablauf der Klagefristen zukommen
muss (Urteile vom 15. Februar 2001, Nachi Europe, C‑239/99, EU:C:2001:101,
Rn. 30, und vom 5. März 2015, Banco Privado Português und Massa
Insolvente do Banco Privado Português, C‑667/13, EU:C:2015:151, Rn. 28 und
die dort angeführte Rechtsprechung).
16 Dass dem
Beihilfeempfänger die Möglichkeit im Sinne der oben in Rn. 14 gemachten
Ausführungen verwehrt wird, ist allerdings auch dann gerechtfertigt, wenn er
sich vor einem innerstaatlichen Gericht auf die Ungültigkeit des
Kommissionsbeschlusses beruft, bevor die Frist des Art. 263 Abs. 6
AEUV für eine Klage gegen diesen Beschluss abgelaufen ist.
17 So kann sich nur
derjenige im Rahmen einer Klage vor einem innerstaatlichen Gericht auf die
Ungültigkeit von Bestimmungen in einem Unionsrechtsakt, der Grundlage für eine
ihm gegenüber ergangene nationale Entscheidung ist, berufen, der auch nach
Art. 263 Abs. 4 AEUV fristgerecht eine Nichtigkeitsklage gegen den
betreffenden Unionsrechtsakt erhoben hat oder dies deshalb nicht getan hat, weil
er nicht ohne jeden Zweifel dazu befugt war (vgl. in diesem Sinne Urteile vom
29. Juni 2010, E und F, C‑550/09, EU:C:2010:382, Rn. 46 und 48, vom
17. Februar 2011, Bolton Alimentari, C‑494/09, EU:C:2011:87, Rn. 22
und 23, sowie vom 28. März 2017, Rosneft, C‑72/15, EU:C:2017:236,
Rn. 67 und die dort angeführte Rechtsprechung).
18 Daher muss, wer einen
Unionsrechtsakt anfechten will, wenn er ohne jeden Zweifel nach Art. 263
Abs. 4 AEUV klagebefugt ist, von dem in dieser Bestimmung vorgesehenen
Rechtsbehelf Gebrauch machen, indem er eine Klage beim Gericht erhebt.
19 Wie der Generalanwalt in
den Nrn. 40 bis 44 seiner Schlussanträge im Wesentlichen ausgeführt hat, bietet
nämlich die Nichtigkeitsklage, mit der die Möglichkeit eines Rechtsmittels gegen
die Entscheidung des Gerichts einhergeht, einen Verfahrensrahmen, der namentlich
in technischen und komplexen Bereichen wie dem der staatlichen Beihilfen für die
eingehende und kontradiktorische Prüfung tatsächlicher wie rechtlicher Fragen
besonders geeignet ist, wie sich aus dem dritten Erwägungsgrund des Beschlusses
88/591/EGKS, EWG, Euratom des Rates vom 24. Oktober 1988 zur Errichtung
eines Gerichts erster Instanz der Europäischen Gemeinschaften (ABl. 1988,
L 319, S. 1) ergibt.
20 Diese Feststellung lässt
allerdings die Rolle unberührt, die das Vorabentscheidungsersuchen in der
Rechtsprechungsarchitektur der Union spielt.
21 Das in Art. 267 AEUV
vorgesehene Vorabentscheidungsverfahren begründet nämlich eine direkte und enge
Zusammenarbeit zwischen dem Gerichtshof und den nationalen Gerichten, in deren
Rahmen diese an der ordnungsgemäßen Anwendung und einheitlichen Auslegung des
Unionsrechts sowie am Schutz der den Einzelnen von dieser Rechtsordnung
gewährten Rechte mitwirken (Gutachten 1/09 vom 8. März 2011, EU:C:2011:123,
Rn. 84).
22 Dass eine natürliche oder
juristische Person, um die Rechtmäßigkeit eines Unionsrechtsakts in Frage zu
stellen, eine Nichtigkeitsklage nach Art. 263 AEUV erheben muss, wenn sie
ohne jeden Zweifel im Sinne des Art. 263 Abs. 4 AEUV klagebefugt ist,
lässt folglich ihre Möglichkeit unberührt, die Rechtmäßigkeit der nationalen
Handlungen zur Durchführung des Unionsrechtsakts vor den zuständigen
innerstaatlichen Gerichten in Frage zu stellen.
23 Im Übrigen kann nach der
Rechtsprechung nicht davon ausgegangen werden, dass der Empfänger einer
staatlichen Beihilfe, der innerhalb der in Art. 263 Abs. 6 AEUV
festgelegten Frist beim Gericht auf Nichtigerklärung eines Beschlusses der
Kommission, mit dem die betreffende Beihilfe für mit dem Binnenmarkt unvereinbar
erklärt wird, geklagt hat, vorhätte, die Bestandskraft dieses Beschlusses zu
umgehen, weil er dessen Gültigkeit auch vor dem vorlegenden Gericht in Frage
stellt (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 5. März 2015, Banco Privado
Português und Massa Insolvente do Banco Privado Português, C‑667/13,
EU:C:2015:151, Rn. 29).
24 Ferner ist darauf
hinzuweisen, dass, wenn die Entscheidung des bei dem nationalen Gericht
anhängigen Rechtsstreits von der Gültigkeit des Beschlusses der Kommission
abhängt, aus der Verpflichtung zu loyaler Zusammenarbeit folgt, dass dieses
Gericht, um nicht eine dem Beschluss der Kommission zuwiderlaufende Entscheidung
zu erlassen, das Verfahren aussetzen sollte, bis die Unionsgerichte eine
endgültige Entscheidung über die Nichtigkeitsklage erlassen haben, es sei denn,
es hält es unter den gegebenen Umständen für gerechtfertigt, dem Gerichtshof
eine Vorabentscheidungsfrage nach der Gültigkeit des Beschlusses der Kommission
vorzulegen (Urteil vom 14. Dezember 2000, Masterfoods und HB, C‑344/98,
EU:C:2000:689, Rn. 57).
25 Aus den oben in
Rn. 19 genannten Gründen kann es der Grundsatz der geordneten Rechtspflege,
wenn neben einer Nichtigkeitsklage beim Gericht der Gerichtshof mit einem
Vorabentscheidungsersuchen über die Gültigkeit befasst wird, auch rechtfertigen,
dass der Gerichtshof, wenn er es für angebracht hält, von Art. 54
Abs. 3 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union Gebrauch macht,
um das bei ihm anhängige Verfahren zugunsten des Verfahrens vor dem Gericht
auszusetzen.
26 Im Ausgangsverfahren ist
deshalb in Anbetracht der oben in den Rn. 14 bis 19 angestellten Erwägungen
zu prüfen, ob die Klägerinnen des Ausgangsverfahrens ohne jeden Zweifel zu einer
Klage beim Gericht auf Nichtigerklärung des streitigen Beschlusses gemäß
Art. 263 AEUV befugt waren (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 14. März
2017, A u. a., C‑158/14, EU:C:2017:202, Rn. 66 und 67 sowie die dort
angeführte Rechtsprechung), und zwar unabhängig von der Frage, ob sie ihre Klage
vor den nationalen Gerichten vor Ablauf der Frist für eine Klage beim Gericht
erhoben haben.
27 Nach Art. 263
Abs. 4 AEUV kann insoweit eine natürliche oder juristische Person nur
dann eine Klage gegen einen an eine andere Person gerichteten Beschluss erheben,
wenn dieser Beschluss sie unmittelbar und individuell betrifft.
28 Im vorliegenden Fall
bestimmt Art. 10 des streitigen Beschlusses ausdrücklich, dass dieser an
die Bundesrepublik Deutschland gerichtet ist.
29 Es ist jedoch erstens
festzustellen, dass der Bundesrepublik Deutschland mit den Art. 6 und 7 des
streitigen Beschlusses die Rückforderung der gewährten unvereinbaren Beihilfen
aufgegeben wird, so dass die deutschen Behörden diese Beihilfen, ohne den
geringsten Ermessensspielraum zu haben, nach den in Anhang III des streitigen
Beschlusses bestimmten Modalitäten zurückfordern mussten.
30 Somit sind die
Klägerinnen des Ausgangsverfahrens als von dem streitigen Beschluss unmittelbar
betroffen anzusehen (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 19. Oktober 2000,
Italien und Sardegna Lines/Kommission, C‑15/98 und C‑105/99, EU:C:2000:570,
Rn. 36, vom 17. September 2009, Kommission/Koninklijke
FrieslandCampina, C‑519/07 P, EU:C:2009:556, Rn. 48 und 49, und vom
27. Februar 2014, Stichting Woonlinie u. a./Kommission,
C‑133/12 P, EU:C:2014:105, Rn. 60 und 61).
31 Zweitens ist daran zu
erinnern, dass andere Personen als die Adressaten eines Beschlusses nur dann
geltend machen können, individuell betroffen zu sein, wenn dieser Beschluss sie
wegen bestimmter persönlicher Eigenschaften oder besonderer, sie aus dem Kreis
aller übrigen Personen heraushebender Umstände berührt und sie dadurch in
ähnlicher Weise individualisiert wie einen Adressaten (Urteile vom 15. Juli
1963, Plaumann/Kommission, 25/62, EU:C:1963:17, S. 238, und vom
29. April 2004, Italien/Kommission, C‑298/00 P, EU:C:2004:240,
Rn. 36 und die dort angeführte Rechtsprechung).
32 Insbesondere können nach
der Rechtsprechung, wenn der angefochtene Rechtsakt eine Gruppe von Personen
berührt, die zum Zeitpunkt des Erlasses des Rechtsakts anhand von den
Mitgliedern der Gruppe eigenen Merkmalen feststanden oder feststellbar waren,
diese Personen von dem Rechtsakt insoweit individuell betroffen sein, als sie zu
einem beschränkten Kreis von Wirtschaftsteilnehmern gehören (Urteil vom
17. September 2009, Kommission/Koninklijke FrieslandCampina,
C‑519/07 P, EU:C:2009:556, Rn. 54 und die dort angeführte
Rechtsprechung).
33 So sind die tatsächlich
Begünstigten von im Rahmen einer Beihilferegelung gewährten Einzelbeihilfen,
deren Rückforderung die Kommission angeordnet hat, aus diesem Grund im Sinne von
Art. 263 Abs. 4 AEUV individuell betroffen. Die
Rückforderungsverpflichtung, die mit einem Beschluss der Kommission betreffend
eine Beihilferegelung auferlegt wird, individualisiert nämlich alle durch die
fragliche Regelung Begünstigten hinreichend, da sie bereits vom Erlass dieses
Beschlusses an dem Risiko einer Wiedereinziehung der von ihnen empfangenen
Vorteile ausgesetzt und damit in ihrer rechtlichen Stellung beeinträchtigt sind
(vgl. in diesem Sinne Urteile vom 9. Juni 2011, Comitato „Venezia vuole
vivere“ u. a./Kommission, C‑71/09 P, C‑73/09 P und
C‑76/09 P, EU:C:2011:368, Rn. 53 und 56, sowie vom 21. Dezember
2011, A2A/Kommission, C‑320/09 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2011:858,
Rn. 58 und 59).
34 Es steht fest, dass die
Klägerinnen des Ausgangsverfahrens von Einzelbescheiden des BAFA profitierten,
aufgrund deren die EEG-Umlage für sie begrenzt wurde.
35 Diese Begrenzung wurde
aber gerade von der Kommission als „mit dem Binnenmarkt unvereinbare Beihilfe“
qualifiziert, deren Rückforderung nach den im streitigen Beschluss vorgesehenen
Modalitäten angeordnet wurde.
36 Daher sind die
Klägerinnen des Ausgangsverfahrens vom streitigen Beschluss nicht nur insoweit
betroffen, als sie stromintensive Unternehmen des Energiesektors sind, für den
die in diesem Beschluss geprüfte Beihilferegelung gilt. In ihrer Eigenschaft als
tatsächlich Begünstigte der aufgrund dieser Regelung gewährten Beihilfe, deren
Rückforderung die Kommission angeordnet hat, sind sie individuell betroffen
(vgl. in diesem Sinne Urteile vom 19. Oktober 2000, Italien und Sardegna
Lines/Kommission, C‑15/98 und C‑105/99, EU:C:2000:570, Rn. 34, und vom
29. April 2004, Italien/Kommission, C‑298/00 P, EU:C:2004:240,
Rn. 39).
37 Nach alledem waren die
Klägerinnen des Ausgangsverfahrens ohne jeden Zweifel befugt, die
Nichtigerklärung des streitigen Beschlusses zu beantragen.
38 Es steht zwar fest, dass
jede von ihnen beim Gericht Klage erhoben hatte auf Nichtigerklärung des
Beschlusses C(2013) 4424 final der Kommission vom 18. Dezember 2013, das
förmliche Prüfverfahren nach Art. 108 Abs. 2 AEUV bezüglich der
Maßnahmen zu eröffnen, die die Bundesrepublik Deutschland zur Förderung der
Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien und energieintensiver Unternehmen
durchgeführt hat (Staatliche Beihilfe SA.33995 [2013/C] [ex 2013/NN]).
39 Mit Beschlüssen vom
9. Juni 2015, Stahlwerk Bous/Kommission (T‑172/14, nicht veröffentlicht,
EU:T:2015:402), Georgsmarienhütte/Kommission (T‑176/14, nicht veröffentlicht,
EU:T:2015:414), Harz Guss Zorge/Kommission (T‑177/14, nicht veröffentlicht,
EU:T:2015:395) und Schmiedag/Kommission (T‑183/14, nicht veröffentlicht,
EU:T:2015:396), stellte das Gericht jedoch, da das förmliche Prüfverfahren in
der Zwischenzeit durch den Erlass des streitigen Beschlusses abgeschlossen
worden war, die Erledigung jener Rechtsstreitigkeiten in der Hauptsache fest,
weil die von den Klägerinnen des Ausgangsverfahrens eingereichten Klagen
gegenstandslos geworden waren.
40 Mit diesen Klagen gingen
außerdem Anträge auf Anpassung der Klageanträge einher, die die Klägerinnen des
Ausgangsverfahrens im Laufe des Verfahrens eingereicht hatten und mit denen auch
die Nichtigerklärung des streitigen Beschlusses zum Gegenstand der Klagen
gemacht werden sollte. Das Gericht wies diese Anträge in den in der vorstehenden
Randnummer genannten Beschlüssen jedoch als unzulässig zurück, weil der
streitige Beschluss den oben in Rn. 38 angeführten Beschluss über die
Eröffnung des förmlichen Prüfverfahrens weder abgeändert noch ersetzt hatte und
er auch nicht den gleichen Gegenstand hatte.
41 Außerdem ist zu betonen,
dass das Gericht in Rn. 23 bzw. 24 der oben in Rn. 39 genannten
Beschlüsse jeweils ausdrücklich klarstellte, dass die Zurückweisung der
Anpassungsanträge, mit denen die Nichtigerklärung des streitigen Beschlusses
begehrt wurde, unbeschadet der den Klägerinnen des Ausgangsverfahrens zur
Verfügung stehenden Möglichkeit erfolgte, gegen diesen Beschluss Klage zu
erheben.
42 Die Klägerinnen des
Ausgangsverfahrens erhoben beim Gericht jedoch keine neue Klage.
43 Nach alledem ist
festzustellen, dass sich die Klägerinnen des Ausgangsverfahrens, da sie ohne
jeden Zweifel zu einer Nichtigkeitsklage im Sinne des Art. 263 Abs. 4
AEUV gegen den streitigen Beschluss befugt waren, von dieser Befugnis aber
keinen Gebrauch machten, für ihre Klagen vor dem vorlegenden Gericht gegen
nationale Maßnahmen zur Durchführung des streitigen Beschlusses nicht auf dessen
Ungültigkeit berufen können.
44 Unter diesen Umständen
ist das vorliegende Vorabentscheidungsersuchen, da die Gültigkeit des streitigen
Beschlusses vor dem vorlegenden Gericht nicht berechtigt in Frage gestellt
wurde, unzulässig.
Kosten
45 Für die Parteien des
Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem beim vorlegenden
Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses
Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor
dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig.
Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Große
Kammer) für Recht erkannt:
Das vom Verwaltungsgericht Frankfurt am Main
(Deutschland) mit Entscheidung vom 23. Februar 2016 eingereichte
Vorabentscheidungsersuchen ist unzulässig.
Lenaerts |
Silva de Lapuerta |
Ilešič |
Da Cruz Vilaça |
Rosas |
Malenovský |
Juhász |
Borg Barthet |
Šváby |
Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am
25. Juli 2018.
Der Kanzler |
|
Der
Präsident |
A. Calot
Escobar |
|
K.
Lenaerts |