URTEIL DES GERICHTSHOFS (Erste Kammer)
7. März 2018(*)(i)
„Rechtsmittel – Staatliche Beihilfen – Von der
Französischen Republik zugunsten von Sernam verwendete Beihilfen – Beihilfe
zur Umstrukturierung und Kapitalaufstockung, Garantien und Forderungsverzicht
der SNCF zugunsten von Sernam – Entscheidung, mit der die Beihilfen für mit
dem Binnenmarkt unvereinbar erklärt werden und ihre Rückforderung angeordnet
wird – Verkauf der Aktiva ‚en bloc‘ – Begriff ‚Verkauf‘ –
Verwechslung von Gegenstand und Preis des Verkaufs der Aktiva ‚en bloc‘ –
Offenes und transparentes Verfahren – Kriterium des privaten
Kapitalgebers – Anwendung dieses Grundsatzes auf eine Veräußerung der
Aktiva ‚en bloc‘ – Ausgleichsmaßnahmen“
In der Rechtssache C‑127/16 P
betreffend ein Rechtsmittel nach Art. 56 der Satzung
des Gerichtshofs der Europäischen Union, eingelegt am 26. Februar 2016,
SNCF Mobilités, vormals Société nationale des
chemins de fer français (SNCF), mit Sitz in Saint-Denis (Frankreich),
Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte P. Beurier, O. Billard,
G. Fabre und V. Landes,
Rechtsmittelführerin,
andere Parteien des Verfahrens:
Europäische Kommission, vertreten durch
B. Stromsky und T. Maxian Rusche als Bevollmächtigte,
Beklagte im ersten Rechtszug,
Französische Republik,
Mory SA in Liquidation und
Mory Team in Liquidation
mit Sitz in Pantin (Frankreich), Prozessbevollmächtigte:
Rechtsanwälte B. Vatier und F. Loubières,
Streithelferinnen im ersten Rechtszug,
erlässt
DER GERICHTSHOF (Erste Kammer)
unter Mitwirkung der Kammerpräsidentin R. Silva de
Lapuerta sowie der Richter C. G. Fernlund, J.‑C. Bonichot,
S. Rodin und E. Regan (Berichterstatter),
Generalanwalt: P. Mengozzi,
Kanzlerin: V. Giacobbo-Peyronnel,
Verwaltungsrätin,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die
mündliche Verhandlung vom 9. März 2017,
nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in
der Sitzung vom 20. Juli 2017
folgendes
Urteil
1 Mit ihrem
Rechtsmittel beantragt die SNCF Mobilités, vormals Société nationale des chemins
de fer français, (im Folgenden: SNCF) die Aufhebung des Urteils des Gerichts der
Europäischen Union vom 17. Dezember 2015, SNCF/Kommission (T‑242/12, im
Folgenden: angefochtenes Urteil, EU:T:2015:1003), mit dem das Gericht ihre
Nichtigkeitsklage gegen den Beschluss 2012/398/EU der Kommission vom
9. März 2012 über die staatliche Beihilfe SA.12522 (C 37/08) –
Frankreich – Anwendung der Entscheidung Sernam 2 (ABl. 2012,
L 195, S. 19, im Folgenden: Beschluss Sernam 3) abgewiesen
hat.
Vorgeschichte des Rechtsstreits
2 Zu Beginn der
2000er Jahre war aufgrund der finanziellen Lage der Sernam SA, deren
Geschäftstätigkeit strukturell defizitär war, die Umsetzung eines
Umstrukturierungsplans erforderlich, der sich insbesondere auf die von der SNCF
ergriffenen Maßnahmen der kommerziellen Unterstützung und Sanierung stützte, die
staatliche Beihilfen darstellten. Mit Entscheidung vom 23. Mai 2001 über
die staatliche Beihilfe NN 122/2000 (ex NJ 140/2000) (ABl. 2001,
C 199, S. 15, im Folgenden: Entscheidung Sernam 1) genehmigte die
Kommission eine Umstrukturierungsbeihilfe für die Sernam-Gruppe und erklärte
einen Beihilfebetrag in Höhe von 503 Mio. Euro für die Umstrukturierung von
Sernam für mit dem Binnenmarkt vereinbar, die ursprünglich im Rahmen einer
geplanten Übernahme von Sernam durch die Geodis SA vorgesehen war.
3 Die
französischen Behörden teilten der Kommission mit Schreiben vom 17. Juni
2002 mit, dass die mit der Entscheidung Sernam 1 genehmigten Beihilfen
unter anderen Bedingungen ausgezahlt worden seien als denen, auf deren Grundlage
die Kommission diese Entscheidung erlassen habe. Ferner ging mit Schreiben vom
8. Juli 2002 bei der Kommission eine Beschwerde zur Sache „Sernam“ ein.
4 Mit Schreiben
vom 30. April 2003 setzte die Kommission die Französische Republik von
ihrem Beschluss mit der Überschrift „Staatliche Beihilfe –
Frankreich – Aufforderung zur Abgabe einer Stellungnahme gemäß
[Artikel 108 Absatz 2 AEUV] zu der Beihilfe C 32/03 [ex NN
122/2000] – ‚Sernam 2: Änderung der Umstrukturierungsbeihilfe‘“ (ABl.
2003, C 182, S. 2) in Kenntnis, wegen dieser Beihilfe das Verfahren
nach Art. 108 Abs. 2 AEUV einzuleiten.
5 Die Kommission
kam in ihrer Entscheidung 2006/367/EG vom 20. Oktober 2004 über die
staatliche Beihilfe, die Frankreich dem Unternehmen Sernam bereits zum Teil zur
Verfügung gestellt hat (ABl. 2006, L 140, S. 1, im Folgenden:
Entscheidung Sernam 2), zu dem Schluss, dass der Entscheidung Sernam 1
nicht entsprochen worden sei, was eine missbräuchliche Verwendung der Beihilfe
gemäß Art. 1 Buchst. g der Verordnung (EG) Nr. 659/1999 des Rates
vom 22. März 1999 über besondere Vorschriften für die Anwendung von Artikel
[108 AEUV] (ABl. 1999, L 83, S. 1) darstelle.
6 Sie stellte
insoweit fest, dass eine zusätzliche Beihilfe von 41 Mio. Euro
widerrechtlich zur Deckung bestimmter nach Erlass der Entscheidung Sernam 1
eingetretener Verluste gewährt worden sei und ordnete deren Rückzahlung an. Die
Kommission stellte jedoch außerdem fest, dass die französischen Behörden mehrere
ihrer Ziele in Übereinstimmung mit der Entscheidung Sernam 1 erreicht
hätten und dass die geprüfte Beihilfe die Kriterien für die Änderung eines
Umstrukturierungsplans, die in Abschnitt 3.2.4 der Leitlinien der
Gemeinschaft für Staatliche Beihilfen zur Rettung und Umstrukturierung von
Unternehmen in Schwierigkeiten (ABl. 1999, C 288, S. 2) aufgestellt
worden seien, erfülle. Die Kommission bestätigte daher die Vereinbarkeit der mit
der Entscheidung Sernam 1 genehmigten staatlichen Beihilfe in Höhe von
503 Mio. Euro mit dem Binnenmarkt vorbehaltlich der Erfüllung zweier
Voraussetzungen, nämlich zum einen der Neuausrichtung von Sernam auf die
Tätigkeiten der Bahnbeförderung und zum anderen die Ersetzung ihrer
Straßentransporttätigkeiten durch die Inanspruchnahme der Dienste unabhängiger
Unternehmen. Alternativ sah die Entscheidung Sernam 2 die Möglichkeit einer
Veräußerung der Aktiva von Sernam „en bloc“ vor.
7 Der verfügende
Teil der Entscheidung Sernam 2 lautet daher:
„Artikel 1
(1) Die staatliche
Beihilfe in Höhe von 503 Mio. [Euro] zugunsten [von] Sernam, die im Mai
2001 genehmigt wurde, ist unter den Bedingungen der Artikel 3 und 4 mit dem
Gemeinsamen Markt vereinbar.
(2) Die von [der
Französischen Republik] an … Sernam gezahlte staatliche Beihilfe von
41 Mio. [Euro] ist nicht mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar.
Artikel 2
(1) [Die Französische
Republik] hat alle erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, um die in
Artikel 1 Absatz 2 genannte, widerrechtlich bereits an Sernam gezahlte
Beihilfe wieder einzuziehen.
(2) Die Rückforderung
der Beihilfe hat unverzüglich im Einklang mit den nationalen Verfahren zu
erfolgen, sofern diese die sofortige, tatsächliche Vollstreckung der
Entscheidung ermöglichen. Die zurückzufordernde Beihilfe umfasst Zinsen von dem
Zeitpunkt an, ab dem die rechtswidrige Beihilfe dem Empfänger zur Verfügung
stand, bis zu ihrer tatsächlichen Rückzahlung. Die Zinsen werden auf der
Grundlage des für die Berechnung des Subventionsäquivalents der
Regionalbeihilfen verwendeten Bezugssatzes berechnet.
Artikel 3
(1) Vorbehaltlich des
Absatzes 2 sind folgende Bedingungen einzuhalten:
a) Sernam darf
nur die Beförderung von Paketen mit der Bahn entsprechend dem Konzept des TBE
(‚Train bloc express‘) weiter ausbauen In diesem Zusammenhang garantiert die
SNCF allen anderen Unternehmen, die dies beantragen, beim Ausbau von
Frachtdiensten mit der Bahn (TBE) die gleichen Bedingungen, die Sernam erhalten
hat.
b) Sernam
[ihrerseits] muss in den nächsten zwei Jahren (ab dem Datum der Notifizierung
dieser Entscheidung) ihre eigenen Straßentransportmittel und ‑dienste
vollständig durch Straßentransportmittel und ‑dienste eines oder mehrerer
Unternehmen ersetzen, die rechtlich und wirtschaftlich von der SNCF unabhängig
sind und in einem offenen, transparenten und nicht diskriminierenden Verfahren
ausgewählt wurden
Mit eigenen Straßentransportmitteln und ‑diensten der Sernam
sind sämtliche Straßenfahrzeuge gemeint, die Eigentum des Unternehmens Sernam
sind bzw. über die dieses einen Leasing- oder Mietvertrag abgeschlossen hat.
Die Unternehmen, die die Straßentransporttätigkeiten der
Sernam übernehmen, müssen die gesamte Beförderungsleistung mit eigenen Mitteln
erbringen.
(2) Sollte Sernam bis
zum 30. Juni 2005 [ihre] Aktiva ‚en bloc‘ im Rahmen eines transparenten und
offenen Verfahrens zum Marktpreis an ein Unternehmen verkaufen, das keine
rechtliche Verbindung mit der SNCF hat, gilt Absatz 1 nicht.
Artikel 4
Jeder Verkauf von Sernam (zum Teil oder im Ganzen) muss
zum Marktpreis und im Rahmen eines transparenten und für alle Konkurrenten
offenen Verfahrens stattfinden. In diesem Fall hat Sernam – sofern das
Unternehmen weiter besteht – die Beihilfe in Höhe von
41 Mio. [Euro] zurückzuerstatten.
Artikel 5
[Die Französische Republik] unterrichtet die Kommission
innerhalb von zwei Monaten ab dem Datum der Notifizierung dieser Entscheidung
über die Maßnahmen, die es getroffen hat, um der Entscheidung nachzukommen.
Artikel 6
Diese Entscheidung ist an die Französische Republik
gerichtet.“
8 Die SNCF
beschloss, das Verfahren nach Art. 3 Abs. 2 der Entscheidung
Sernam 2 einzuleiten, der die Möglichkeit der Veräußerung der Aktiva von
Sernam „en bloc“ vorsah. Den französischen Behörden zufolge war es wegen der
wirtschaftlichen Lage von Sernam nicht möglich, im Rahmen der von einer Bank für
die SNCF durchgeführten Ausschreibung Vorschläge mit positiver Bewertung der
Aktiva zu erhalten. Alle im Rahmen dieses Verfahrens eingereichten Angebote
hätten äußerst negative Werte ausgewiesen. Da kein verbindliches Angebot
abgegeben wurde, wurde beschlossen, die Verhandlungen ausschließlich mit dem
Konsortium fortzusetzen, das von dem mit dem Führungsteam von Sernam verbundenen
Bewerber Nr. 5 gebildet worden war. Am 15. Juni 2005 teilte der
Bewerber Nr. 5 der SNCF schließlich mündlich mit, dass er nicht in der Lage
sei, vor dem 30. Juni 2005 ein auch nur bedingtes Übernahmeangebot
abzugeben.
9 Am
30. Juni 2005 beschloss die SNCF, an die Financière Sernam SAS zu
verkaufen, die zu 100 % im Eigentum des Führungsteams von Sernam stand.
10 Die Übertragung erfolgte
in vier Schritten, die in der am 21. Juli 2005 von der SNCF, von Sernam,
von der Sernam Xpress SAS, einer von zehn zu 100 % im Eigentum von Sernam
stehenden Tochtergesellschaften, und von Financière Sernam unterzeichneten
Vereinbarung festgehalten sind. Als Erstes nahm die SNCF bei Sernam eine
Kapitalaufstockung in Höhe von 57 Mio. Euro vor. Als Zweites brachte Sernam
eine Teileinlage in die Aktiva von Sernam Xpress ein. Die Einlage umfasste alle
Aktivposten einschließlich der Kapitalaufstockung in Höhe von 57 Mio. Euro
sowie alle Passivposten von Sernam mit Ausnahme bestimmter Finanzpassiva in Höhe
von insgesamt 38,5 Mio. Euro. Als Gegenleistung erhielt Sernam einen Anteil
an Sernam Xpress im Nennwert von 100 Euro. Als Drittes nahm Sernam Xpress sofort
nach der Realisierung der Einlage eine Kapitalerhöhung um 2 Mio. Euro vor,
die in vollem Umfang von der SNCF getragen wurde. Infolge dieser Maßnahme besaß
die SNCF die Mehrheit der Anteile von Sernam Xpress. Als Viertes veräußerten
Sernam und die SNCF die Gesamtheit ihrer Anteile an Sernam Xpress zum Preis von
2 Mio. Euro an Financière Sernam.
11 Nach dieser Übertragung
wurde Sernam am 15. Dezember 2005 durch gerichtlich angeordnete Liquidation
aufgelöst. Die Forderung von 41 Mio. Euro, die der gemäß der Entscheidung
Sernam 2 zurückzuzahlenden staatlichen Beihilfe entsprach, wurde auf der
Passivseite der Liquidation von Sernam ausgewiesen. Von diesem Betrag erhielt
die SNCF nach Durchführung des Liquidationsverfahrens tatsächlich 2,75 Mio.
Euro zurück.
12 Am 24. Juni 2005
reichte erstmals ein Beschwerdeführer bei der Kommission Beschwerde wegen der
nicht ordnungsgemäßen Anwendung der Entscheidung Sernam 2 ein. Mit
Schreiben vom 10. April 2006 und vom 23. April 2007 reichte auch ein
zweiter Betroffener eine Beschwerde bei der Kommission ein. Die beiden
Beschwerdeführer rügten im Wesentlichen die missbräuchliche Anwendung der
Entscheidung Sernam 2.
13 Mit Entscheidung vom
16. Juli 2008 („Staatliche Beihilfe – Frankreich – Staatliche
Beihilfe C 37/08 – Anwendung der Entscheidung Sernam 2.
Aufforderung zur Stellungnahme gemäß Artikel [108 Abs. 2 AEUV]“) (ABl.
2009, C 4, S. 5) eröffnete die Kommission das förmliche Prüfverfahren
nach Art. 108 Abs. 2 AEUV, das am 9. März 2012 zum Erlass des
Beschlusses Sernam 3 führte.
14 In diesem Beschluss
vertrat die Kommission die Ansicht, dass die mit dem Binnenmarkt unvereinbare
Beihilfe von 41 Mio. Euro nicht zurückgefordert worden sei. Außerdem war
die Kommission der Ansicht, dass bei der Übertragung die Voraussetzungen des
Art. 3 Abs. 2 der Entscheidung Sernam 2 nicht beachtet worden
seien, und schloss daraus, dass die unter Auflagen genehmigte
Umstrukturierungsbeihilfe in Höhe von 503 Mio. Euro missbräuchlich
verwendet worden sei. Zudem war die Kommission der Auffassung, dass die von der
SNCF zwecks dieser Übertragung durchgeführten Maßnahmen neue staatliche
Beihilfen darstellten, die mit dem Binnenmarkt unvereinbar seien. Diese neuen
Beihilfen umfassten die Kapitalaufstockung bei Sernam in Höhe von 57 Mio.
Euro durch die SNCF, den Forderungsverzicht der SNCF gegenüber Sernam in Höhe
von 38,5 Mio. Euro und die Bürgschaften, die bei der Übertragung der
Geschäftstätigkeiten von Sernam auf Financière Sernam von der SNCF übernommen
wurden, mit Ausnahme des den Eisenbahnbediensteten garantierten
Rückkehrrechts.
Verfahren vor dem Gericht und angefochtenes
Urteil
15 Mit am 4. Juni 2012
bei der Kanzlei des Gerichts eingegangener Klageschrift erhob die
Rechtsmittelführerin eine Klage auf Nichtigerklärung des Beschlusses
Sernam 3.
16 Die Rechtsmittelführerin
stützte ihre Nichtigkeitsklage auf sechs Klagegründe. Mit diesen Klagegründen
wurden erstens eine Verletzung der Verteidigungsrechte geltend gemacht, da die
Kommission im Beschluss Sernam 3 den in der Entscheidung über die
Einleitung des förmlichen Prüfverfahrens nicht geäußerten Standpunkt vertreten
habe, dass das Kriterium des privaten Investors im vorliegenden Fall nicht
anwendbar sei, zweitens ein Verstoß gegen den Grundsatz des Vertrauensschutzes,
drittens ein Verstoß gegen die Verpflichtung zur Einhaltung einer angemessenen
Frist und gegen den Grundsatz der Rechtssicherheit, viertens Rechts- und
Tatsachenfehler, die der Kommission unterlaufen seien, soweit sie in der
Veräußerung der Aktiva der Sernam „en bloc“ einen Verstoß gegen die in
Art. 3 Abs. 2 der Entscheidung Sernam 2 genannten Bedingungen
gesehen habe, fünftens ein Rechtsfehler, der der Kommission unterlaufen sei,
soweit sie die Ansicht vertreten habe, dass die Verpflichtung zur Rückzahlung
der mit der Entscheidung Sernam 2 für mit dem Binnenmarkt unvereinbar
erklärten staatlichen Beihilfe von 41 Mio. Euro auf Financière Sernam und
ihre Betriebsgesellschaften übergegangen sei, und schließlich sechstens ein
Rechtsfehler, der der Kommission unterlaufen sei, soweit sie die in der
Vereinbarung vom 21. Juli 2005 vorgesehenen Maßnahmen als neue staatliche
Beihilfen zugunsten von Sernam und Financière Sernam angesehen habe.
17 Mit dem angefochtenen
Urteil hat das Gericht die Klage, ohne über die von der Kommission im ersten
Rechtszug gegen diese Klage erhobene Einrede der Unzulässigkeit zu entscheiden,
insgesamt abgewiesen, obgleich es dem Vorbringen der SNCF gefolgt ist, wonach
die Kommission zu Unrecht angenommen habe, dass die Veräußerung der Aktiva von
Sernam „en bloc“ zu einem negativen Preis keinen Verkauf darstelle. So hat das
Gericht, wie aus den Rn. 100 bis 108 des angefochtenen Urteils hervorgeht,
festgestellt, dass der Begriff „Verkauf“ nicht zwingend ausschließe, dass die
betreffende Veräußerung zu einem negativen Preis erfolge.
Anträge der Parteien vor dem Gerichtshof
18 Mit ihrem Rechtsmittel
beantragt die SNCF,
– das
Rechtsmittel für zulässig und begründet zu erklären;
– das
angefochtene Urteil aufzuheben und
– der
Kommission die Kosten aufzuerlegen.
19 Die Kommission, die Mory
SA und Mory Team beantragen, das Rechtsmittel zurückzuweisen und der
Rechtsmittelführerin die Kosten aufzuerlegen.
Zum Rechtsmittel
Zum ersten Rechtsmittelgrund
Erster Teil des ersten Rechtsmittelgrundes
– Vorbringen der
Parteien
20 Mit dem ersten Teil des
ersten Rechtsmittelgrundes wirft die Rechtsmittelführerin dem Gericht vor, es
habe in den Rn. 194 und 195 des angefochtenen Urteils festgestellt, dass
der Zweck von Art. 3 Abs. 2 der Entscheidung Sernam 2 darin
bestehe, die wirtschaftliche Tätigkeit von Sernam abzubrechen.
21 Diese Feststellung beruhe
zunächst auf einem Rechtsfehler. Der in Art. 3 Abs. 2 der Entscheidung
Sernam 2 vorgesehene Verkauf der Aktiva „en bloc“ bedeute, dass die
gesamten Aktiva des Unternehmens in einem einzigen Block an einen einzigen
Erwerber veräußert würden. Der Begriff der Veräußerung der Aktiva „en bloc“ habe
somit zwangsläufig die Fortführung der Geschäftstätigkeit des Unternehmens zur
Folge.
22 Insoweit habe das Gericht
das angefochtene Urteil außerdem unzureichend begründet, da es nicht erläutert
habe, wie eine Veräußerung sämtlicher Aktiva von Sernam in einem einzigen Block
auf einen einzigen Erwerber, der noch dazu – worauf im 217. Erwägungsgrund
der Entscheidung Sernam 2 hingewiesen werde – die von Sernam
freigegebenen Marktanteile übernehmen solle, zu einem Abbruch der
wirtschaftlichen Tätigkeiten von Sernam hätte führen können.
23 Außerdem wirft die
Rechtsmittelführerin der Kommission im Stadium der Erwiderung vor, sie behaupte,
dass die Veräußerung der Aktiva von Sernam „en bloc“ bezwecke, deren
Geschäftstätigkeit abzubrechen, während die Kommission in den Rechtssachen, in
denen die Urteile vom 29. April 2004, Deutschland/Kommission (C‑277/00,
EU:C:2004:238, Rn. 68 bis 70), und vom 19. Oktober 2005, CDA
Datenträger Albrechts/Kommission (T‑324/00, EU:T:2005:364, Rn. 73),
ergangen seien, selbst erklärt habe, dass die Wirkung einer solchen Veräußerung
in der Fortführung der Geschäftstätigkeit eines Unternehmens bestanden habe.
24 Sodann vertritt die
Rechtsmittelführerin die Auffassung, dass der 217. Erwägungsgrund der
Entscheidung Sernam 2 den Zweck der Veräußerung der Aktiva von Sernam „en
bloc“ klar zum Ausdruck bringe, nämlich, dass Sernam nicht mehr in ihrer
früheren Rechtsform aktiv sei und dass ihre Marktanteile an einen unabhängigen
Käufer abgegeben würden. Das verfolgte Ziel, wie es aus Art. 3 Abs. 2
dieser Entscheidung im Licht von deren 217. Erwägungsgrund hervorgehe, bestehe
somit darin, jede Kapitalbeziehung zwischen der SNCF und ihrer
Tochtergesellschaft zu unterbinden, um die Gewährung weiterer Beihilfen zu
verhindern.
25 Mit dem Hinweis in den
Rn. 194 und 195 des angefochtenen Urteils, dass das Ziel der Veräußerung
der Aktiva von Sernam „en bloc“ darin bestehe, deren wirtschaftliche Tätigkeit
abzubrechen, habe das Gericht ein Ziel angenommen, das weder aus dem verfügenden
Teil noch aus den Gründen der Entscheidung Sernam 2 hervorgehe. Zugleich
wirft die Rechtsmittelführerin dem Gericht vor, es habe in Rn. 218 des
angefochtenen Urteils von einem Käufer gesprochen, der die Aktiva von Sernam in
seine eigene Unternehmensstrategie integriere, obwohl diese Bedingung im
Wortlaut des 217. Erwägungsgrundes der Entscheidung Sernam 2 nicht
enthalten sei, in dem lediglich auf einen unabhängigen – d. h. nicht
mit der SNCF verbundenen – Käufer verwiesen werde. Damit habe das Gericht
eine Auslegung zugrunde gelegt, die vom Wortlaut dieser Entscheidung abweiche,
obwohl dieser völlig eindeutig sei.
26 Nach der Rechtsprechung
des Gerichtshofs sei die Auslegung des verfügenden Teils eines Rechtsakts im
Licht der Gründe, die zu seinem Erlass geführt hätten, auf die Fälle beschränkt,
in denen der verfügende Teil nicht hinreichend deutlich sei (Urteil vom
19. Juni 1980, Roudolff, 803/79, EU:C:1980:166, Rn. 7). Indem das
Gericht diesen Auslegungsgrundsatz im vorliegenden Fall angewandt habe, obwohl
der Wortlaut von Art. 3 Abs. 2 der Entscheidung Sernam 2 dies
nicht rechtfertige, habe das Gericht diese Entscheidung verfälscht.
27 Schließlich sei die
Begründung des angefochtenen Urteils widersprüchlich, da das Gericht in den
Rn. 194 und 195 dieses Urteils die Auffassung vertreten habe, dass der 217.
Erwägungsgrund der Entscheidung Sernam 2 klar festlege, dass das Ziel der
Veräußerung der Aktiva „en bloc“ im Abbruch der wirtschaftlichen Tätigkeit von
Sernam bestanden habe, zugleich aber in Rn. 218 des angefochtenen Urteils
angenommen habe, dass dieser Erwägungsgrund „den Anschein einer Fortführung der
Geschäftstätigkeit [von Sernam] erwecken“ könne.
28 Die Kommission,
unterstützt von Mory und Mory Team, vertreten die Auffassung, dass der erste
Teil des ersten Rechtsmittelgrundes zurückzuweisen sei.
– Würdigung durch
den Gerichtshof
29 Zunächst ist der Vorwurf
bezüglich der vom Gericht angewandten Auslegungsmethoden zurückzuweisen. In den
Rn. 86 und 87 des angefochtenen Urteils weist das Gericht auf die ständige
Rechtsprechung des Gerichtshofs hin, wonach zum einen bei der Auslegung einer
Unionsvorschrift nicht nur ihr Wortlaut, sondern auch ihr Zusammenhang und die
Ziele zu berücksichtigen sind, die mit der Regelung, zu der sie gehört, verfolgt
werden (vgl. u. a. Urteil vom 27. September 2017, Nintendo, C‑24/16
und C‑25/16, EU:C:2017:724, Rn. 70 und die dort angeführte Rechtsprechung),
und zum anderen der verfügende Teil eines Rechtsakts der Union untrennbar mit
seiner Begründung verbunden und erforderlichenfalls unter Berücksichtigung der
Gründe auszulegen ist, die zu seinem Erlass geführt haben (Urteil vom
25. Oktober 2011, eDate Advertising u. a., C‑509/09 und C‑161/10,
EU:C:2011:685, Rn. 55 und die dort angeführte Rechtsprechung), und wendet
diese Rechtsprechung sodann an.
30 Soweit die
Rechtsmittelführerin dem Gericht vorwirft, es habe Rechtsfehler bei der
Beurteilung des Ziels dieser Bestimmung begangen, ist – unter Einbeziehung
der Behauptung einer Verfälschung von Art. 3 Abs. 2 der Entscheidung
Sernam 2 – darauf hinzuweisen, dass das Gericht in Rn. 191 des
angefochtenen Urteils festgestellt hat, dass aus den Erwägungsgründen 200 und
208 bis 211 dieser Entscheidung, die zu einem Abschnitt mit der Überschrift
„Vermeidung von Wettbewerbsverzerrungen – spezifische Gegenleistungen“
gehörten, hervorgehe, dass diese Entscheidung darauf abziele, Gegenleistungen
aufgrund der Beihilfe, die Sernam zugutegekommen sei, und aufgrund ihrer
missbräuchlichen Anwendung, festzulegen, indem sie von dieser verlange, sich
„dauerhaft … aus Marktsegmenten [zurückzuziehen], die insgesamt überkapazitär
sind“, um zu verhindern, dass „ein Unternehmen, das normalerweise seine
Tätigkeit aufgrund zugegebener Schwierigkeiten hätte einstellen müssen, stark
umkämpfte Marktanteile anstelle von wirtschaftlich gesunden
Konkurrenzunternehmen unter künstlichen Bedingungen übernehmen kann“.
31 Daraus folgt, wie das
Gericht in Rn. 192 des angefochtenen Urteils festgestellt hat, dass
Art. 3 Abs. 1 der Entscheidung Sernam 2 bezweckte, dass „sich …
Sernam aus dem durch Überkapazitäten gekennzeichneten Markt zurückzieht, um
Wettbewerbsverzerrungen aufgrund der Gewährung der Umstrukturierungsbeihilfe von
503 Mio. Euro zu vermeiden“, indem die Übernahme der
Straßentransporttätigkeit von Sernam durch andere Unternehmen und die
Diversifizierung der Aktivitäten von Sernam hin zum Frachtdienst mit der Bahn
verlangt wurde.
32 Es ist außerdem darauf
hinzuweisen, dass das Gericht zum einen in Rn. 193 des angefochtenen
Urteils festgestellt hat, dass der 217. Erwägungsgrund der Entscheidung
Sernam 2, in dem auf die „[Abgabe] der Marktanteile an den unabhängigen
Käufer“ Bezug genommen wird, ebenso wie die Erwägungsgründe 200 und 208 bis 211
dieser Entscheidung zum Abschnitt über die Vermeidung von
Wettbewerbsverzerrungen gehörten und zum anderen in Rn. 194 dieses Urteils
darauf hingewiesen hat, dass „die beiden Absätze des Art. 3 der
Entscheidung Sernam 2, die ausdrücklich alternativ galten, die
Umstrukturierungsbeihilfe von 503 Mio. Euro von Bedingungen abhängig
[machten] und … dasselbe Ziel der Vermeidung von Wettbewerbsverzerrungen
aufgrund dieser Beihilfe [verfolgten]“.
33 Somit konnte das Gericht
daraus in den Rn. 194 und 195 des angefochtenen Urteils zu Recht ableiten,
dass der Verkauf der Aktiva von Sernam „en bloc“ nach Art. 3 Abs. 2
der Entscheidung Sernam 2 im Licht von deren 217. Erwägungsgrund auf den
Abbruch der wirtschaftlichen Tätigkeit von Sernam und deren Verschwinden
abzielte, wodurch die Einhaltung der Bedingungen nach Art. 3 Abs. 1
dieser Entscheidung überflüssig geworden wäre.
34 Was die Beachtung der
Begründungspflicht anbelangt, ist darauf hinzuweisen, dass nach ständiger
Rechtsprechung des Gerichtshofs aus der Begründung eines Urteils die
Überlegungen des Gerichts klar und eindeutig hervorgehen müssen, so dass die
Betroffenen die Gründe für die Entscheidung des Gerichts erkennen können und der
Gerichtshof seine Kontrollfunktion ausüben kann (vgl. u. a. Urteil vom
4. April 2017, Bürgerbeauftragter/Staelen, C‑337/15 P, EU:C:2017:256,
Rn. 83 und die dort angeführte Rechtsprechung).
35 Es ist festzustellen,
dass die Gründe, aus denen das Gericht der Auffassung war, dass die Veräußerung
der Aktiva von Sernam „en bloc“ darauf abzielte, die wirtschaftliche Tätigkeit
dieses Unternehmens abzubrechen, in den Rn. 191 bis 195 des angefochtenen
Urteils, wie sie in den Rn. 30 bis 33 des vorliegenden Urteils
zusammengefasst worden sind, rechtlich hinreichend dargestellt sind.
36 Ebenso wenig kann dem
Vorbringen der Rechtsmittelführerin gefolgt werden, wonach das Gericht das
Urteil widersprüchlich begründet habe. Denn das Gericht hat zwar in Rn. 218
des angefochtenen Urteils festgestellt, dass es im 217. Erwägungsgrund der
Entscheidung Sernam 2 heiße, dass der Käufer, der die Aktiva „en bloc“
erwerbe, de facto seine eigenen Tätigkeiten mit den Aktiva von Sernam
fortsetzen könnte, was den Anschein einer Fortführung von deren
Geschäftstätigkeit erwecken könne, aber sogleich klargestellt, „dass es sich um
die Tätigkeit eines ganz anderen Wirtschaftsteilnehmers als Sernam handeln muss,
d. h. eines Käufers, der die Aktiva der Sernam in seine eigene
Unternehmensstrategie integriert, da anderenfalls die Marktanteile des
begünstigten Unternehmens nicht als ‚abgegeben‘ angesehen werden können“.
37 Außerdem hat das Gericht
mit dieser Klarstellung, ohne die Entscheidung Sernam 2 zu verfälschen,
lediglich bestätigt, dass die Anwendung von Art. 3 Abs. 2 dieser
Entscheidung den Verkauf der Aktiva von Sernam an einen unabhängigen Käufer
voraussetzt.
38 Im Übrigen ist das
Vorbringen, mit dem zum einen gerügt wird, der Standpunkt, den die Kommission in
ihrer Rechtsmittelbeantwortung vertrete, weiche von dem Standpunkt ab, den sie
in den Rechtssachen vertreten habe, in denen die Urteile vom 29. April
2004, Deutschland/Kommission (C‑277/00, EU:C:2004:238, Rn. 68 bis 70), und
vom 19. Oktober 2005, CDA Datenträger Albrechts/Kommission (T‑324/00,
EU:T:2005:364, Rn. 73), ergangen seien, zum anderen aber nicht aufgezeigt
wird, wodurch das Gericht bei der Beurteilung des Ziels von Art. 3
Abs. 2 der Entscheidung Sernam 2 einen Fehler begangen haben soll, als
unzulässig zurückzuweisen (vgl. entsprechend Urteil vom 14. Dezember 2016,
SV Capital/ABE, C‑577/15 P, EU:C:2016:947, Rn. 69).
39 Nach alledem ist der
erste Teil des ersten Rechtsmittelgrundes als teilweise unzulässig und teilweise
unbegründet zurückzuweisen.
Zum zweiten Teil des ersten
Rechtsmittelgrundes
– Vorbringen der
Parteien
40 Mit dem zweiten Teil des
ersten Rechtsmittelgrundes wirft die Rechtsmittelführerin dem Gericht vor, es
habe in Rn. 90 des angefochtenen Urteils den in Art. 3 Abs. 2 der
Entscheidung Sernam 2 angeführten Begriff „Verkauf“ dahin ausgelegt, dass
er sich auf eine tatsächliche Übertragung der Aktiva zum 30. Juni 2005
beziehe. Weder in Art. 3 Abs. 2 noch im 217. Erwägungsgrund der
Entscheidung Sernam 2 werde jedoch auf eine solche tatsächliche Übertragung
Bezug genommen. Außerdem komme ein Verkauf nach französischem Recht,
insbesondere nach Art. 1583 des Code civil (Bürgerliches Gesetzbuch), durch
eine Vereinbarung zwischen dem Käufer und dem Verkäufer zustande, sobald diese
über die Sache und den Preis übereingekommen seien, und zwar selbst dann, wenn
die Sache noch nicht geliefert und der Preis noch nicht gezahlt worden sei.
Somit habe das Gericht, indem es dem Begriff „Verkauf“ eine Bedeutung
zugeschrieben habe, die über den von der Kommission verwendeten eindeutigen
Wortlaut hinausgehe und sich weder aus dem verfügenden Teil noch aus den Gründen
der Entscheidung Sernam 2 ergebe und die nicht mit der Bedeutung vereinbar
sei, die dieser Begriff in den nationalen Rechtsordnungen habe, den Begriff
„Verkauf“ verfälscht und damit einen Rechtsfehler begangen.
41 Nach Auffassung der
Kommission ist der zweite Teil des ersten Rechtsmittelgrundes
zurückzuweisen.
– Würdigung durch
den Gerichtshof
42 Es ist festzustellen,
dass der Zweck von Art. 3 Abs. 2 der Entscheidung Sernam 2 im
Licht von deren 217. Erwägungsgrund, wie sich aus den Rn. 30 bis 33 des
vorliegenden Urteils ergibt, darin bestand, die Abgabe der Marktanteile an einen
unabhängigen Käufer zu gewährleisten.
43 Somit hat das Gericht
keinen Rechtsfehler begangen, indem es in Rn. 90 des angefochtenen Urteils
davon ausging, dass die in Art. 3 Abs. 2 der Entscheidung
Sernam 2 vorgesehene zeitliche Bedingung – wonach diese Bestimmung
anwendbar war, „[s]ollte Sernam bis zum 30. Juni 2005 seine Aktiva ‚en
bloc‘ … verkaufen“ – die tatsächliche Übertragung der Aktiva zu diesem
Zeitpunkt erforderte, und in Rn. 91 dieses Urteils festgestellt hat, dass
dieser Stichtag nicht eingehalten worden sei.
44 Der zweite Teil des
ersten Rechtsmittelgrundes ist daher als unbegründet zurückzuweisen.
Zum dritten Teil des ersten
Rechtsmittelgrundes
– Vorbringen der
Parteien
45 Mit dem dritten Teil des
ersten Rechtsmittelgrundes macht die Rechtsmittelführerin geltend, das Gericht
habe einen Rechtsfehler begangen und das Urteil unzureichend begründet, indem es
in den Rn. 118 und 124 dieses Urteils festgestellt habe, dass Gegenstand
des Verkaufs der Aktiva von Sernam „en bloc“, wie nach Art. 3 Abs. 2
der Entscheidung Sernam 2 vorgesehen, nur die Aktiva hätten sein
dürfen.
46 Die Klägerin macht
erstens geltend, das Gericht habe, indem es sich darauf beschränkt habe,
Art. 3 Abs. 2 und den 217. Erwägungsgrund der Entscheidung
Sernam 2 wiederzugeben, um zum einen in Rn. 117 des angefochtenen
Urteils festzustellen, dass die Entscheidung Sernam 2 dem „‚Verkauf von
Sernam im Ganzen (Aktiva und Passiva)‘ klar den ‚Verkauf der Aktiva [von Sernam]
im Ganzen [en bloc]‘“ gegenüberstelle, und daraus zum anderen in den
Rn. 118 und 124 zu schließen, dass die Kommission zu Recht angenommen habe,
dass Gegenstand des Verkaufs der Aktiva „en bloc“ nur die Aktiva, nicht dagegen
die Passiva hätten sein dürfen, eine apodiktische Feststellung getroffen und das
angefochtene Urteil somit unzureichend begründet.
47 Zweitens vertritt die
Rechtsmittelführerin die Auffassung, dass der vom Gericht angenommene Gegensatz
zwischen dem Verkauf von Sernam im Ganzen, einschließlich der Aktiva und der
Passiva, und dem Verkauf der Aktiva „en bloc“ unter Ausschluss der Passiva
unzutreffend sei.
48 Diesem Gegensatz liege
zunächst eine Verfälschung von Art. 3 Abs. 2 der Entscheidung
Sernam 2 zugrunde, da diese Bestimmung in keiner Weise dahin gehend
präzisiert sei, dass nur die Aktiva verkauft werden dürften, die Passiva jedoch
insgesamt ausgeschlossen wären.
49 Sodann rügt die
Rechtsmittelführerin die Feststellung des Gerichts in Rn. 119 des
angefochtenen Urteils, wonach die Auslegung des Verkaufs der Aktiva „en bloc“
dahin, dass die Passiva umfasst sein könnten, darauf hinausliefe, den
Unterschied zwischen den beiden alternativen Bedingungen zu leugnen, die in den
beiden Absätzen von Art. 3 der Entscheidung Sernam 2 genannt und an
die beiden im 217. Erwägungsgrund dieser Entscheidung angeführten
Verkaufsmodalitäten geknüpft seien.
50 Die an die erste
Verkaufsmodalität geknüpfte Bedingung, d. h. die eines Verkaufs von Sernam
im Ganzen, habe das Ziel, die nachteiligen Auswirkungen des Verbleibens von
Sernam am Markt für die Mitbewerber abzuschwächen, indem die Übernahme der
Straßentransporttätigkeit von Sernam durch andere Unternehmen und die
Diversifizierung von deren Aktivitäten hin zum Frachtdienst mit der Bahn
vorgeschrieben worden sei. Diese Bedingungen ließen sich bei der zweiten
Verkaufsmodalität, d. h. einer Veräußerung der Aktiva von Sernam „en bloc“,
nicht rechtfertigen, da Sernam nicht mehr in ihrer früheren Rechtsform aktiv
wäre und ihre Marktanteile an einen unabhängigen Käufer abgegeben hätte. Die
jeweils an diese beiden Verkaufsmodalitäten geknüpften Bedingungen seien somit
sehr wohl unterschiedlich.
51 Schließlich macht die
Rechtsmittelführerin geltend, dass im Hinblick auf den angeblich mit Art. 3
Abs. 2 der Entscheidung Sernam 2 verfolgten Zweck die Hinzufügung der
Passiva zu den Aktiva keinerlei Auswirkung auf die Fortführung der
Geschäftstätigkeit habe, sondern allenfalls eine Auswirkung auf deren
Bewertung.
52 Hätte das Ziel von
Art. 3 Abs. 2 der Entscheidung Sernam 2 darin bestanden, die
Geschäftstätigkeit von Sernam abzubrechen, hätte diese Bestimmung auf eine Form
der Veräußerung Bezug nehmen müssen, mit der sich dieses Ziel hätte erreichen
lassen, wie die Veräußerung von Aktiva in Form einzelner Vermögensgegenstände
oder in Chargen.
53 Nach Auffassung der
Kommission ist der dritte Teil des ersten Rechtsmittelgrundes
zurückzuweisen.
– Würdigung durch
den Gerichtshof
54 Was erstens das
Vorbringen anbelangt, wonach der vom Gericht angenommene Gegensatz zwischen dem
Verkauf von Sernam im Ganzen, einschließlich der Aktiva und der Passiva, und dem
Verkauf der Aktiva „en bloc“ unter Ausschluss der Passiva unzutreffend sei, ist
zunächst darauf hinzuweisen, dass, wie in den Rn. 30 bis 33 des
vorliegenden Urteils ausgeführt, die Abs. 1 und 2 von Art. 3 der
Entscheidung Sernam 2 zwei alternative Optionen darstellen, die auf
denselben Zweck gerichtet sind, nämlich den Abbruch der Geschäftstätigkeit von
Sernam auf einem Markt mit Überkapazitäten.
55 Hierzu ist festzustellen,
dass im 217. Erwägungsgrund der Entscheidung Sernam 2 klargestellt wird,
dass bei einer Fortführung der Aktivitäten von Sernam im Rahmen eines Verkaufs
von Sernam im Ganzen, einschließlich der Aktiva und der Passiva, die Bedingungen
nach Art. 3 Abs. 1 dieser Entscheidung gelten sollten. Hingegen wäre
dies bei einer Veräußerung der Aktiva von Sernam „en bloc“ nicht der Fall, da
der Abbruch von deren Aktivitäten auf der Abgabe der Marktanteile dieser
Gesellschaft an einen unabhängigen Erwerber und ihrem Rückzug aus einem von
Überkapazitäten gekennzeichneten Markt beruhte.
56 Somit konnte das Gericht
in Rn. 117 des angefochtenen Urteils zu Recht feststellen, dass die
Entscheidung Sernam 2 dem Verkauf von Sernam im Ganzen, einschließlich
Aktiva und Passiva, klar den Verkauf der Aktiva von Sernam „en bloc“
gegenüberstelle, und daraus in den Rn. 118 und 124 ableiten, dass die
Veräußerung der Aktiva von Sernam „en bloc“ nach Art. 3 Abs. 2 der
Entscheidung Sernam 2 im Licht von deren 217. Erwägungsgrund dahin zu
verstehen sei, dass die Passiva ausgeschlossen seien.
57 Entgegen dem, was die
Rechtsmittelführerin nahe legt, würde eine andere Auslegung, worauf das Gericht
in Rn. 119 des angefochtenen Urteils hingewiesen hat, darauf hinauslaufen,
den Unterschied zwischen diesen beiden in Art. 3 Abs. 1 und 2 der
Entscheidung Sernam 2 angeführten alternativen Bedingungen zu leugnen.
58 Wie der Generalanwalt in
Nr. 47 seiner Schlussanträge ausgeführt hat, wäre es, folgte man den
Überlegungen der Rechtsmittelführerin, möglich, Sernam praktisch vollständig zu
verkaufen und dass diese ihre Tätigkeit fortsetzt, ohne dass die Gegenleistung
nach Art. 3 Abs. 1 der Entscheidung Sernam 2 erbracht würde,
wodurch Art. 3 Abs. 2 dieser Entscheidung jede praktische Wirksamkeit
genommen würde.
59 Was zweitens den von der
Rechtsmittelführerin behaupteten Begründungsmangel des angefochtenen Urteils
betrifft, ist festzustellen, dass dieses Urteil im Hinblick auf die in
Rn. 34 des vorliegenden Urteils angeführte Rechtsprechung den
Anforderungen, die für das Gericht hinsichtlich der Begründung gelten, genügt,
da dieses in den Rn. 117 bis 119 des angefochtenen Urteils die Gründe
dargelegt hat, aus denen es annahm, dass der Verkauf der Aktiva „en bloc“ sich
nur auf die Aktiva beziehen könne.
60 Der dritte Teil des
ersten Rechtsmittelgrundes ist demnach als unbegründet zurückzuweisen. Somit ist
der erste Rechtsmittelgrund insgesamt zurückzuweisen.
Zum zweiten Rechtsmittelgrund
Vorbringen der Parteien
61 Mit dem zweiten
Rechtsmittelgrund wirft die Rechtsmittelführerin dem Gericht vor, es habe einen
Rechtsfehler begangen, indem es in den Rn. 163 und 164 des angefochtenen
Urteils festgestellt habe, dass die Veräußerung der Aktiva von Sernam „en bloc“
nicht das Ergebnis eines transparenten und offenen Ausschreibungsverfahrens
gewesen sei, wie es Art. 3 Abs. 2 der Entscheidung Sernam 2
verlange, da ursprünglich nur das aus dem Bewerber Nr. 5 und dem
Führungsteam von Sernam bestehende Konsortium, nicht aber dessen Mitglieder
einzeln an der Ausschreibung teilgenommen hätten und das Führungsteam somit
nicht von Anfang an eigenständig an dem Verfahren teilgenommen habe. Weder aus
der Entscheidung Sernam 2 noch aus dem Unionsrecht ergebe sich, dass der
letztlich nach einem Ausschreibungsverfahren ausgewählte Bewerber von Anfang an
eigenständig am Verfahren teilnehmen müsse.
62 Die Rechtsmittelführerin
weist darauf hin, dass der Bewerber Nr. 5 und das Führungsteam von Sernam
innerhalb des Konsortiums von Beginn des Verfahrens an an der Ausschreibung
beteiligt gewesen seien und den am wenigsten negativen Wert für die Aktiva „en
bloc“ vorgeschlagen hätten. Erst nach dem Rücktritt des Bewerbers Nr. 5
habe das Führungsteam von Sernam beschlossen, weiterhin am Verfahren
teilzunehmen und das ursprünglich vom Konsortium vorgebrachte Übernahmeangebot
allein abzugeben. Die Rechtsmittelführerin ist daher der Ansicht, dass diese
Umstände den Anforderungen hinsichtlich der Offenheit und Transparenz einer
Ausschreibung, wie sie sich aus der Entscheidungspraxis der Kommission und der
Rechtsprechung des Gerichtshofs ergäben, genügten.
63 Die Kommission verlange
in ihrer Entscheidungspraxis nämlich insoweit, dass alle möglicherweise am
betreffenden Erwerb interessierten Parteien, gleich ob aufgefordert oder nicht,
Gelegenheit hätten, ein Angebot abzugeben, und dabei dieselben
Informationsmöglichkeiten hätten und dieselbe Frist einzuhalten hätten. Zudem
sei in den Urteilen vom 29. April 2004, Deutschland/Kommission (C‑277/00,
EU:C:2004:238, Rn. 95), und vom 19. Oktober 2005, CDA Datenträger
Albrechts/Kommission (T‑324/00, EU:T:2005:364, Rn. 73), festgestellt
worden, dass der Umstand, dass ein Verkauf nicht sofort vorgenommen worden sei,
sondern erst nach fruchtlosen Verhandlungen mit einer anderen Gesellschaft, ein
Anhaltspunkt dafür gewesen sei, dass es sich um ein hinreichend offenes und
transparentes Verfahren gehandelt habe.
64 Die Rechtsmittelführerin
ist ferner der Ansicht, dass angenommen werden könne, dass die Grundsätze der
Offenheit und Transparenz im Bereich der Vergabe öffentlicher Aufträge auf
Verfahren zur Veräußerung von Aktiva entsprechend angewandt werden könnten. Aus
der Richtlinie 2014/24/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom
26. Februar 2014 über die öffentliche Auftragsvergabe und zur Aufhebung der
Richtlinie 2004/18/EG (ABl. 2014, L 94, S. 65) und der Richtlinie
2014/23/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Februar 2014
über die Konzessionsvergabe (ABl. 2014, L 94, S. 1) gehe aber hervor,
dass es unionsrechtlich zulässig sei, einen solchen Auftrag nach Durchführung
eines ergebnislosen ersten Ausschreibungsverfahrens ohne Bekanntmachung oder
vorherige Ausschreibung an einen Wirtschaftsteilnehmer zu vergeben, der an
diesem ersten Verfahren nicht teilgenommen habe, ohne dass dies einen Verstoß
gegen die Grundsätze der Offenheit und Transparenz darstelle. Diese Grundsätze
müssten erst recht als eingehalten betrachtet werden, wenn die Aktiva an den
letzten verbliebenen Interessenten veräußert würden, der als einziger ein
verbindliches Angebot abgegeben habe, auch wenn er zunächst als Mitglied eines
Konsortiums, dessen anderes Mitglied sich im Laufe des Verfahrens zurückgezogen
habe, am gesamten Verfahren teilgenommen habe.
65 Nach Auffassung der
Kommission ist der zweite Rechtsmittelgrund unzulässig, jedenfalls aber
unbegründet.
Würdigung durch den Gerichtshof
66 Zunächst ist – ohne
dass es erforderlich wäre, sich zu einer möglichen Analogie zwischen der
Ausschreibung in der vorliegenden Rechtssache und den bei der Vergabe
öffentlicher Aufträge geltenden Grundsätzen, wie sie in Rn. 64 des
vorliegenden Urteils dargestellt worden ist, zu äußern – festzustellen,
dass das auf eine solche mögliche Analogie gestützte Vorbringen der
Rechtsmittelführerin auf dem Umstand beruht, dass bei Abschluss des
Ausschreibungsverfahrens kein bzw. kein geeignetes Angebot abgegeben worden war.
Dieses Vorbringen könnte aber nur durchgreifen, wenn die vom Gericht in
Rn. 170 des angefochtenen Urteils getroffene Tatsachenfeststellung in Frage
stünde, wonach „der letzte Interessent in dem transparenten und offenen
Ausschreibungsverfahren der Bewerber Nr. 4 [war]. … Nach dem Rücktritt des
Bewerbers Nr. 5 hätte man, wie die Kommission in ihren Schriftsätzen
geltend gemacht hat, auf den Bewerber Nr. 4 zurückkommen müssen, der an
diesem Verfahren von Beginn an teilgenommen und ebenfalls sein Interesse am Ende
der zweiten Runde bekundet hatte“. Dieses Vorbringen, mit dem der Gerichtshof
ersucht wird, die Beurteilung, die das Gericht im Rahmen der allein ihm
zustehenden Tatsachen- und Beweiswürdigung vorgenommen hat, durch seine eigene
Beurteilung zu ersetzen, ist somit als unzulässig zurückzuweisen.
67 Sodann kann die von der
Kommission in ihren Entscheidungen oder ihren Leitlinien befolgte Praxis, selbst
wenn sie das Vorbringen der Rechtsmittelführerin trüge, den Gerichtshof bei
seiner Auslegung der Unionsvorschriften jedenfalls nicht binden (vgl. in diesem
Sinne Urteil vom 1. Oktober 2015, Electrabel und Dunamenti
Erőmű/Kommission, C‑357/14 P, EU:C:2015:642, Rn. 68).
68 Jedenfalls ist die
Offenheit und Transparenz eines Ausschreibungsverfahrens, wie das Gericht in
Rn. 183 des angefochtenen Urteils zu Recht ausgeführt hat, nach der
Rechtsprechung des Gerichtshofs anhand eines den Umständen der jeweiligen
Rechtssache eigenen Bündels von Indizien zu beurteilen (Vgl. in diesem Sinne
Urteil vom 29. April 2004, Deutschland/Kommission, C‑277/00, EU:C:2004:238,
Rn. 95).
69 In Anbetracht der dem
vorliegenden Fall eigenen Umstände konnte das Gericht somit, nachdem es in den
Rn. 170 und 171 des angefochtenen Urteils festgestellt hatte, dass das
ausgewählte Angebot nicht von einem Bewerber stammte, der von Beginn des
Auswahlverfahrens an eigenständig an diesem Verfahren teilgenommen habe, in
Rn. 174 dieses Urteils zu Recht feststellen, dass den Anforderungen
bezüglich der Offenheit und Transparenz des Verfahrens nicht entsprochen
wurde.
70 Folglich ist der zweite
Rechtsmittelgrund als teilweise unzulässig und teilweise unbegründet
zurückzuweisen.
Zum dritten Rechtsmittelgrund
Vorbringen der Parteien
71 Mit dem dritten
Rechtsmittelgrund macht die Rechtsmittelführerin geltend, das Gericht habe in
den Rn. 165 bis 167 und 170 des angefochtenen Urteils einen Rechtsfehler
begangen und die Tatsachen verfälscht, indem es festgestellt habe, dass das
verbindliche Angebot des Führungsteams von Sernam nicht mit der Begründung, dass
es für den Verkäufer sehr viel ungünstiger gewesen sei als die von den Bewerbern
Nr. 4 und Nr. 5 in der zweiten Runde des Ausschreibungsverfahrens
abgegebenen unverbindlichen Angebote, als Ergebnis einer nicht offenen und nicht
transparenten Ausschreibung angesehen werden könne.
72 Diese Beurteilung beruhe
auf einer Verfälschung der Tatsachen des vorliegenden Falles. Das Gericht habe
nicht berücksichtigt, dass der von diesen beiden Bewerbern gebotene
Kapitalaufstockungsbetrag zwingend vorausgesetzt habe, dass zum Zeitpunkt der
Vornahme der Transaktion bei den liquiden Mitteln von Sernam noch der in der
Bilanz für das Jahr 2004 ausgewiesene Betrag, d. h. 49,2 Mio. Euro,
vorhanden wäre. Das Angebot, das das Führungsteam von Sernam am 30. Juni
2005 abgegeben habe und das sich auf eine Kapitalaufstockung in Höhe von
59 Mio. Euro beziehe, berücksichtige hingegen den deutlichen Rückgang der
liquiden Mittel von Sernam zwischen dem 31. Dezember 2004 und dem
30. Juni 2005.
73 Die Kommission vertritt
die Auffassung, dass der dritte Rechtsmittelgrund ins Leere gehe, jedenfalls
aber unbegründet sei.
Würdigung durch den Gerichtshof
74 Soweit die
Rechtsmittelführerin die Beurteilung der vom Führungsteam von Sernam sowie von
den Bewerbern Nr. 4 und Nr. 5 abgegebenen Angebote durch das Gericht
rügt, genügt die Feststellung, dass sie einen der Punkte in Frage stellen will,
die das Gericht veranlasst haben, in Rn. 174 des angefochtenen Urteils
festzustellen, dass das Angebot dieses Führungsteams nicht das Ergebnis eines
offenen und transparenten Ausschreibungsverfahrens gewesen sei.
75 Wie aber aus der Analyse
in den Rn. 68 und 69 des vorliegenden Urteils hinsichtlich des zweiten
Rechtsmittelgrundes im Licht des Sachverhalts der vorliegenden Rechtssache
hervorgeht, genügt der Umstand, dass das Führungsteam von Sernam nicht von
Beginn des Ausschreibungsverfahrens an eigenständig an diesem teilgenommen hat,
für den Nachweis, das die nach Art. 3 Abs. 2 der Entscheidung
Sernam 2 erforderliche Offenheit und Transparenz dieses Verfahrens nicht
beachtet wurden.
76 Der dritte
Rechtsmittelgrund ist somit als ins Leere gehend zurückzuweisen
Zum vierten Rechtsmittelgrund
Vorbringen der Parteien
77 Mit dem vierten
Rechtsmittelgrund wirft die Rechtsmittelführerin dem Gericht vor, dass es in
Rn. 153 des angefochtenen Urteils festgestellt habe, dass die Kommission
den Gegenstand des Verkaufs nicht mit dem Kaufpreis verwechselt habe, indem sie
davon ausgegangen sei, dass ein Betrag von 57 Mio. Euro netto durch die
aufeinanderfolgenden Kapitalaufstockungen bei Sernam und dann bei Sernam Xpress
unter Verstoß gegen Art. 3 Abs. 2 der Entscheidung Sernam 2 auf
der Seite der Aktiva zugeflossen sei.
78 Erstens habe das Gericht
das angefochtene Urteil mit der apodiktischen Feststellung in Rn. 153
dieses Urteils, dass „die Feststellung [genügt], dass die Kommission den
Gegenstand des Verkaufs keineswegs mit dem Kaufpreis verwechselt hat“,
unzureichend begründet.
79 Zweitens habe das
Gericht, indem es in Rn. 153 des angefochtenen Urteils nicht anerkannt
habe, dass die Kapitalaufstockung in Höhe von 57 Mio. Euro den für die
Aktiva von Sernam „en bloc“ „gezahlten“ negativen Preis darstellten, das
angefochtene Urteil widersprüchlich begründet, da es in den Rn. 103 und 107
des angefochtenen Urteils einräume, dass es im Recht der staatlichen Beihilfen
nicht auf die Rechtsformen, sondern auf die wirtschaftliche Realität der
Transaktionen ankomme, und dass aus einer Kapitalaufstockung durch den Verkäufer
ein Verkauf zu einem negativen Preis resultieren könne.
80 Drittens habe das Gericht
mehrere Rechtsfehler begangen. Zum einen sei seine Beurteilung in Rn. 153
des angefochtenen Urteils fehlerhaft, wonach der Betrag von 57 Mio. Euro
netto durch die aufeinanderfolgenden Kapitalaufstockungen bei Sernam und dann
bei Sernam Xpress diesen Gesellschaften auf der Seite der Aktiva zugeflossen
sei. Die Kapitalaufstockung in Höhe von 57 Mio. Euro stelle keinen Zufluss
zu den veräußerten Aktiva dar, sondern entspreche dem negativen Preis, der für
den Erwerb „en bloc“ der Aktiva von Sernam bezahlt worden sei.
81 Zum anderen wirft die
Rechtsmittelführerin dem Gericht vor, es habe einen zweiten Rechtsfehler
begangen, indem es in den Rn. 154 und 158 des angefochtenen Urteils
festgestellt habe, dass sich der negative Preis daraus ergebe, dass die
Verpflichtung, nur die Aktiva von Sernam, ohne die Passiva, zu verkaufen, nicht
eingehalten worden sei, und dass, wenn die Rechtsmittelführerin diese
Verpflichtung eingehalten hätte, der Kaufpreis positiv oder null gewesen wäre.
Da der Verkauf der Aktiva „en bloc“ die Fortführung der Geschäftstätigkeit von
Sernam bedeutete, hätte der strukturell defizitäre Charakter der veräußerten
Geschäftstätigkeit und der im französischen Recht vorgesehene automatische
Übergang der Arbeitsverträge zwangsläufig zu einem negativen Wert der
Geschäftstätigkeit geführt. Der negative Preis beruhe somit nicht auf dem
Zufluss bestimmter Passiva, sondern auf der Veräußerung eines strukturell
defizitären Unternehmens.
82 Die Kommission hält den
vierten Rechtsmittelgrund für teilweise unzulässig und teilweise
unbegründet.
Würdigung durch den Gerichtshof
83 Was erstens die Rüge
bezüglich eines Begründungsmangels des angefochtenen Urteils betrifft, so hat
das Gericht in Rn. 152 dieses Urteils festgestellt, dass die Kommission im
117. Erwägungsgrund des Beschlusses Sernam 3 festgestellt habe, dass
„Sernam auf der Seite der Aktiva durch die Kapitalaufstockungen bei ihr und der
Sernam Xpress die Summe von 57 Mio. Euro netto zugeflossen sei und dass ein
solcher Zufluss zu den Aktiva nach Art. 3 Abs. 2 der Entscheidung
Sernam 2 nicht gestattet gewesen sei“.
84 Daraus ergibt sich in
Anbetracht der in Rn. 34 des vorliegenden Urteils angeführten
Rechtsprechung, dass das Gericht mit aller erforderlichen Klarheit die Gründe
dargelegt hat, aus denen die Kommission den Gegenstand des Verkaufs nicht mit
dem Kaufpreis verwechselt hat.
85 Zweitens kann nicht
behauptet werden, dass zwischen Rn. 153 des angefochtenen Urteils und den
Rn. 103 und 107 dieses Urteils ein Widerspruch bestehe. In den
letztgenannten Randnummern geht es nämlich um die Prüfung des Begriffs
„Verkauf“, bei der das Gericht im Rahmen des zweiten Teils des vierten
Klagegrundes festgestellt hat, dass ein Verkauf zu einem negativen Preis
namentlich mittels einer vorherigen Kapitalaufstockung durch den Verkäufer
möglich sei.
86 Diese Frage unterscheidet
sich von der Frage, ob die Kommission im vorliegenden Fall davon ausgehen
konnte – wie sie dies im 117. Erwägungsgrund des Beschlusses Sernam 3
getan hat –, dass ein Zufluss von Aktiva unter Verstoß gegen Art. 3
Abs. 2 der Entscheidung Sernam 2 erfolgt sei, d. h. der Frage,
die das Gericht im Rahmen des vierten Teils des vierten Klagegrundes entschieden
hat und auf die sich Rn. 153 des angefochtenen Urteils bezieht.
87 Drittens ist, soweit die
Rechtsmittelführerin dem Gericht vorwirft, es habe die in den Rn. 80 und 81
des vorliegenden Urteils angeführten Rechtsfehler begangen, zum einen
festzustellen, dass sich das Gericht in Rn. 153 des angefochtenen Urteils
darauf beschränkt hat, festzustellen, dass durch eine Kapitalaufstockung bei
Sernam auf der Seite der Aktiva ein Betrag von 57 Mio. Euro netto
zugeflossen sei, was eine Tatsache darstellt, die zwischen den Parteien
unstreitig ist.
88 Zum anderen ging das
Gericht, wie aus den Rn. 54 bis 58 des vorliegenden Urteils hervorgeht, zu
Recht davon aus, dass durch die Einbeziehung der Passiva in den Verkauf der
Aktiva von Sernam „en bloc“ gegen die mit der Entscheidung Sernam 2
auferlegte Verpflichtung verstoßen wurde. Die Konsequenz, die es daraus in den
Rn. 154 und 158 des angefochtenen Urteils gezogen hat, indem es
festgestellt hat, dass der für die Aktiva von Sernam gezahlte negative Preis
positiv oder null gewesen wäre, wenn nur die Aktiva verkauft worden wären,
stellt eine Tatsachenwürdigung dar. Da die Rechtsmittelführerin keine
Verfälschung von Tatsachen geltend macht, ist ihr Vorbringen als unzulässig
zurückzuweisen.
89 Nach alledem ist der
vierte Rechtsmittelgrund als teilweise unbegründet und teilweise unzulässig
zurückzuweisen.
Zum fünften Rechtsmittelgrund
Vorbringen der Parteien
90 Mit dem fünften
Rechtsmittelgrund wirft die Rechtsmittelführerin dem Gericht vor, es habe
Art. 4 der Entscheidung Sernam 2 in Rn. 278 des angefochtenen
Urteils verfälscht und in Rn. 279 dieses Urteils fälschlich festgestellt,
dass die Verbuchung der Rückforderung der Beihilfe von 41 Mio. Euro auf der
Passivseite der Liquidation von Sernam gegen diese Vorschrift verstoße, da
Sernam wirtschaftlich in Sernam Xpress und später in Financière Sernam
fortbestanden habe.
91 Die Rechtsmittelführerin
wirft dem Gericht erstens vor, es habe in Rn. 278 des angefochtenen Urteils
festgestellt, dass sich „der Hinweis auf das Weiterbestehen [von] Sernam in
Art. 4 der Entscheidung Sernam 2 nur auf die Fortführung ihrer
Geschäftstätigkeit beziehen [kann]“, obwohl diese Bestimmung lediglich vorsehe,
dass „Sernam – sofern das Unternehmen weiter besteht – die Beihilfe in
Höhe von 41 Mio. [Euro] zurückzuerstatten [hat]“.
92 Da die genannte
Bestimmung eindeutig sei, sei sie wörtlich auszulegen. Der darin enthaltene
Verweis auf das Bestehen von „Sernam“ sei dahin aufzufassen, dass damit die
Existenz der durch Sernam gebildeten juristischen Person zu verstehen sei.
Art. 4 der Entscheidung Sernam 2 beschränke sich somit darauf, eine
Unterscheidung danach zu treffen, ob die juristische Person „Sernam“ weiter
bestehe oder nicht, ohne ausdrücklich oder implizit die Frage des Abbruchs von
deren Geschäftstätigkeit zu berücksichtigen.
93 Unter Bezugnahme auf
Rn. 77 des Urteils vom 20. September 2001, Banks (C‑390/98,
EU:C:2001:456), und Rn. 80 des Urteils vom 29. April 2004,
Deutschland/Kommission (C‑277/00, EU:C:2004:238), macht die Rechtsmittelführerin
geltend, dass diese Auslegung der ständigen Rechtsprechung des Gerichtshofs
entspreche, wonach im Fall des Verkaufs der Aktiva einer durch eine staatliche
Beihilfe begünstigten Gesellschaft an einen Dritten zum Marktpreis der Nutzen
der Beihilfe in den Marktpreis einbezogen sei, so dass dem Verkäufer der
tatsächliche Nutzen der Beihilfe verbleibe.
94 Indem das Gericht
Art. 4 der Entscheidung Sernam 2 eine Bedeutung und eine Tragweite
beigemessen habe, die dieser Bestimmung in Anbetracht ihrer eindeutigen
Formulierung nicht zukommen könne, habe es diese verfälscht und einen
Rechtsfehler begangen.
95 Zweitens trägt die
Rechtsmittelführerin unter Berufung auf Rn. 135 des Urteils vom
13. September 2010, Griechenland u. a./Kommission (T‑415/05, T‑416/05
und T‑423/05, EU:T:2010:386), und Rn. 155 des Urteils vom 28. März
2012, Ryanair/Kommission (T‑123/09, EU:T:2012:164), vor, dass die Beurteilung
des Vorliegens einer wirtschaftlichen Kontinuität zwischen einer durch
staatliche Beihilfen begünstigten Gesellschaft und dem Erwerber von deren
Aktiva – was die Übertragung des mit dem Nutzen der Beihilfen verbundenen
Wettbewerbsvorteils auf den Erwerber dieser Aktiva impliziere –, nach
Maßgabe des Gegenstands der Übertragung, von deren Preis, der Identität der
Aktionäre oder Eigentümer des erwerbenden und des ursprünglichen Unternehmens,
des Zeitpunkts der Übertragung und der ökonomischen Folgerichtigkeit der
Transaktion erfolge. Die Anwendung dieser Kriterien durch das Gericht bei der
Würdigung der wirtschaftlichen Kontinuität zwischen Sernam und dem Erwerber von
deren „en bloc“ veräußerten Aktiva sei aber in mehrerlei Hinsicht
rechtsfehlerhaft.
96 Was zunächst die
Identität der Aktionäre betreffe, habe das Gericht in Rn. 242 des
angefochtenen Urteils zu Unrecht angenommen, dass die wirtschaftliche
Kontinuität in Bezug auf Sernam und Sernam Xpress zu beurteilen sei. Da es nach
französischem Recht nicht zulässig sei, in einem Kaufvertrag einen negativen
Preis zu vereinbaren, hätten die in Art. 3 Abs. 2 der Entscheidung
Sernam 2 festgelegten Bedingungen einen direkten Verkauf der Aktiva von
Sernam „en bloc“ an Financière Sernam unmöglich gemacht. Das gewählte Verfahren,
d. h. die Einbringung und Veräußerung bei vorausgehender
Kapitalaufstockung, habe im Rahmen der zwingenden Vorgaben des nationalen Rechts
sichergestellt, dass die wirtschaftliche Realität des Vorgangs eine Veräußerung
der Aktiva von Sernam „en bloc“ an Financière Sernam sei.
97 Indem das Gericht seine
Prüfung auf die Beziehungen zwischen Sernam und Sernam Xpress bezogen habe, habe
es künstlich einen einheitlichen Vorgang aufgespalten und damit gegen den
Grundsatz verstoßen, dass es im Recht der staatlichen Beihilfen nicht auf die
Rechtsformen, sondern auf die wirtschaftliche Realität der Transaktionen
ankomme. Außerdem habe das Gericht das angefochtene Urteil in Anbetracht des in
Rn. 107 dieses Urteils angeführten Grundsatzes, dass ein Verkauf zu einem
negativen Preis erfolgen könne, widersprüchlich begründet.
98 Was sodann den
Übertragungspreis betrifft, wirft die Rechtsmittelführerin dem Gericht vor, es
habe in Rn. 255 des angefochtenen Urteils den für die Aktiva von Sernam
bezahlten Marktpreis nicht berücksichtigt, obwohl dieses Kriterium u. a.
gemäß den Urteilen vom 29. April 2004, Deutschland/Kommission (C‑277/00,
EU:C:2004:238, Rn. 86), und vom 19. Oktober 2005, CDA Datenträger
Albrechts/Kommission (T‑324/00, EU:T:2005:364, Rn. 97 bis 99), eines der
wichtigsten Kriterien für die Feststellung sei, dass keine wirtschaftliche
Kontinuität bestehe.
99 Außerdem habe das
Gericht, was den Gegenstand der Übertragung anbelangt, in Rn. 240 des
angefochtenen Urteils fälschlich festgestellt, dass dieses Kriterium erfüllt
sein, da das Unternehmen unter Verletzung von Art. 3 Abs. 2 der
Entscheidung Sernam 2 als Ganzes übertragen worden sei. Es seien aber nur
die Betriebspassiva und nicht die gesamten Passiva zu den Aktiva hinzugefügt
worden, womit die Prüfung des Gerichts ins Leere gehe.
100 Die Rechtsmittelführerin
beanstandet außerdem die Beurteilung des Zeitpunkts der Übertragung, die das
Gericht in Rn. 246 des angefochtenen Urteils vorgenommen habe und wonach es
davon ausgegangen sei, dass sich der Zeitpunkt der Umsetzung der Entscheidung
zur Rückforderung einer rechtswidrigen Beihilfe ebenso gut für eine Umgehung der
Pflicht zur Rückzahlung einer solchen Beihilfe anbiete wie die Phase des
förmlichen Prüfverfahrens. Im vorliegenden Fall könne eine Umgehung aber nicht
behauptet werden, da die Kommission selbst die Möglichkeit einer Veräußerung der
Aktiva „en bloc“ vorgesehen habe und diese Aktiva zum Marktpreis verkauft worden
seien.
101 Was schließlich die ökonomische
Folgerichtigkeit der Transaktion anbelangt, ist die Rechtsmittelführerin der
Ansicht, dass das Gericht fälschlich einen Verstoß gegen den Zweck von
Art. 3 Abs. 2 der Entscheidung Sernam 2 festgestellt habe, da die
Tätigkeit von Sernam nicht abgebrochen worden sei. Gerade diese Bestimmung habe
die Übertragung der Tätigkeit von Sernam ermöglicht, indem sie eine Veräußerung
der Aktiva von Sernam „en bloc“ gestattet habe.
102 Die Kommission ist der Ansicht,
dass das Vorbringen zur Stützung des fünften Rechtsmittelgrundes ins Leere gehe,
jedenfalls aber unbegründet sei.
Würdigung durch den Gerichtshof
103 Soweit die Rechtsmittelführerin als
Erstes die Bedeutung rügt, die das Gericht dem Weiterbestehen von Sernam in
Rn. 278 des angefochtenen Urteils beigemessen hat, ist festzustellen, dass
sie zwar eine Verfälschung von Art. 4 der Entscheidung Sernam 2
geltend macht, in Wirklichkeit aber bezweckt, die Auslegung dieser Bestimmung
durch das Gericht zu beanstanden.
104 Insoweit ist darauf hinzuweisen,
dass nach ständiger Rechtsprechung das Hauptziel der Rückerstattung einer zu
Unrecht gezahlten staatlichen Beihilfe in der Beseitigung der
Wettbewerbsverzerrung besteht, die durch den aufgrund der rechtswidrigen
Beihilfe entstandenen Wettbewerbsvorteil verursacht wurde (vgl. u. a.
Urteil vom 1. Oktober 2015, Electrabel und Dunamenti Erőmű/Kommission,
C‑357/14 P, EU:C:2015:642, Rn. 111 und die dort angeführte
Rechtsprechung). Die Wiederherstellung der Situation vor der Zahlung einer
rechtswidrigen oder mit dem Binnenmarkt unvereinbaren Beihilfe ist für die
Erhaltung der praktischen Wirksamkeit der Bestimmungen des Vertrags über
staatliche Beihilfen unbedingt erforderlich (Urteil vom 20. September 2001,
Banks, C‑390/98, EU:C:2001:456, Rn. 75).
105 Insoweit ist darauf hinzuweisen,
dass nach Art. 107 Abs. 1 AEUV, soweit in den Verträgen nicht etwas
anderes bestimmt ist, staatliche oder aus staatlichen Mitteln gewährte Beihilfen
gleich welcher Art, die durch die Begünstigung bestimmter Unternehmen oder
Produktionszweige den Wettbewerb verfälschen oder zu verfälschen drohen, mit dem
Binnenmarkt unvereinbar sind, soweit sie den Handel zwischen Mitgliedstaaten
beeinträchtigen. (vgl. u. a. Urteil vom 21. Dezember 2016,
Kommission/Aer Lingus und Ryanair Designated Activity, C‑164/15 P und
C‑165/15 P, EU:C:2016:990, Rn. 39).
106 Somit müssen, wie das Gericht in
Rn. 277 des angefochtenen Urteils ausgeführt hat, rechtswidrige Beihilfen
von der Gesellschaft zurückgefordert werden, die die Geschäftstätigkeit des
Unternehmens fortführt, das von diesen Beihilfen profitiert hat, wenn erwiesen
ist, dass dieser Gesellschaft der tatsächliche Nutzen des mit dem Erhalt dieser
Beihilfen verbundenen Wettbewerbsvorteils verbleibt (vgl. in diesem Sinne Urteil
vom 24. Januar 2013, Kommission/Spanien, C‑529/09, EU:C:2013:31,
Rn. 109 und die dort angeführte Rechtsprechung).
107 Mithin hat das Gericht in
Rn. 278 des angefochtenen Urteils zu Recht festgestellt, dass sich das
Weiterbestehen von Sernam, das in Art. 4 der Entscheidung Sernam 2
erwähnt ist, „nur auf die Fortführung ihrer Geschäftstätigkeit beziehen
[kann]“.
108 Was als Zweites angebliche
Rechtsfehler bei der Prüfung der wirtschaftlichen Kontinuität anbelangt, ist
darauf hinzuweisen, dass eine solche Kontinuität zwischen Gesellschaften, die
Parteien einer Übertragung von Vermögenswerten sind, nach dem Gegenstand der
Übertragung, d. h. den Aktiva und Passiva, dem Fortbestand der Belegschaft,
den gebündelten Aktiva, dem Übertragungspreis, der Identität der Aktionäre und
Eigentümer des erwerbenden und des ursprünglichen Unternehmens, dem Zeitpunkt
der Übertragung, d. h. nach Beginn der Untersuchung, der
Verfahrenseinleitung und der abschließenden Entscheidung, und schließlich der
ökonomischen Folgerichtigkeit der Transaktion zu beurteilen ist (vgl. u. a.
Urteil vom 8. Mai 2003, Italien und SIM 2 Multimedia/Kommission,
C‑328/99 und C‑399/00, EU:C:2003:252, Rn. 78).
109 Was erstens den Gegenstand der
Übertragung anbelangt, ist festzustellen, dass das Gericht in Rn. 240 des
angefochtenen Urteils lediglich auf die in den Rn. 134 bis 137 dieses
Urteils getroffenen Tatsachenfeststellungen hingewiesen hat, wonach sich der
Gegenstand der Transaktionen nicht auf den Verkauf der Aktiva von Sernam
beschränkt habe, sondern sich auf die Übertragung von Sernam als Ganzes
einschließlich der Aktiva und Passiva bezogen habe. Die Rechtsmittelführerin hat
diese Feststellungen im Rahmen des Rechtsmittels aber nicht beanstandet.
110 Zweitens konnte das Gericht, wie
sich aus der Prüfung in den Rn. 66 bis 69 des vorliegenden Urteils ergibt,
zu Recht davon ausgehen, dass das Angebot des Führungsteams von Sernam nicht das
Ergebnis eines offenen und transparenten Ausschreibungsverfahrens gewesen sei.
Somit hat es in Rn. 255 des angefochtenen Urteils zu Recht festgestellt,
dass es sich bei dem im vorliegenden Fall gezahlten negativen Preis aus diesem
Grund nicht um einen Marktpreis gehandelt habe.
111 Außerdem hat das Gericht zur
Untermauerung dieser Auffassung weitere, von der Rechtsmittelführerin nicht
gerügte Feststellungen getroffen, indem es u. a. in den Rn. 256 und
260 des angefochtenen Urteils ausgeführt hat, dass der angebliche Marktpreis
einer Betriebsbeihilfe entsprochen habe und dass mit den vorgelegten Gutachten
nicht habe nachgewiesen werden können, dass es sich beim Verkaufspreis um einen
solchen Marktpreis gehandelt habe. Folglich kann die Rechtsmittelführerin dem
Gericht nicht vorwerfen, es habe das Kriterium des Marktpreises nicht
berücksichtigt.
112 Was drittens den von der
Rechtsmittelführerin hinsichtlich der Anwendung des Kriteriums der Identität der
Aktionäre behaupteten Rechtsfehler anbelangt, ist festzustellen, dass zwar der
wirtschaftlichen Realität der staatlichen Beihilfen eine gewisse Vorrangstellung
einzuräumen ist, sich deren rechtliche Formen aber ebenfalls als für die
Beurteilung dieser wirtschaftlichen Realität relevant erweisen können.
Insbesondere ist die Frage der Übertragung der Beihilfe unterschiedlich zu
beurteilen, je nachdem, ob sie im Rahmen eines Verkaufs von
Gesellschaftsanteilen oder im Rahmen eines Verkaufs der gesamten oder eines
Teils der Aktiva stattfindet (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 29. April
2004, Deutschland/Kommission, C‑277/00, EU:C:2004:238, Rn. 78 und 84).
113 Daraus ergibt sich, dass das
Gericht zu Recht in Rn. 242 des angefochtenen Urteils nicht beanstandet
hat, dass die Kommission die Beziehung zwischen Sernam und Sernam Xpress
berücksichtigt hat und daraufhin zu dem Schluss gelangt ist, dass Sernam Xpress
Schuldnerin der – letztlich aufgrund der Fusion von Financière Sernam mit
Sernam Xpress auf Financière Sernam übergegangenen – Verpflichtung zur
Rückzahlung der rechtswidrigen Beihilfe gewesen sei.
114 Aus den in den Rn. 85 und 86
des vorliegenden Urteils angeführten Gründen kann die Rechtsmittelführerin auch
nicht behaupten, das Gericht habe im Rahmen seiner Prüfung des Kriteriums der
Identität der Aktionäre seiner Feststellung in Rn. 107 des angefochtenen
Urteils widersprochen, wonach grundsätzlich auch Verkäufe zu negativen Preisen
möglich seien.
115 Was im Übrigen den Zeitpunkt der
Übertragung anbelangt, so hat sich das Gericht in Rn. 246 des angefochtenen
Urteils auf die Feststellung beschränkt, dass „der Zeitpunkt der Umsetzung einer
Entscheidung, die die Möglichkeit eines Verkaufs der Aktiva des
Beihilfebegünstigten ‚en bloc‘ sowie eine Verpflichtung zur Rückzahlung einer
rechtswidrigen und unvereinbaren Beihilfe beinhaltet, sich zumindest ebenso gut
für eine Umgehung der Rückzahlungspflicht anbietet wie die Phase des förmlichen
Prüfverfahrens“, was keinen Rechtsfehler begründen kann.
116 Soweit die Rechtsmittelführerin
geltend macht, eine Umgehung könne nicht behauptet werden, da die Entscheidung
Sernam 2 die Möglichkeit einer Veräußerung der Aktiva von Sernam „en bloc“
vorgesehen habe, genügt der Hinweis, dass u. a. aus den Rn. 54 bis 58
und 109 bis 111 des vorliegenden Urteils hervorgeht, dass diese Veräußerung
nicht auf die bloßen Aktiva von Sernam beschränkt war und dass sie nicht zum
Marktpreis erfolgte. Folglich wurden die Anforderungen nach Art. 3
Abs. 2 der Entscheidung Sernam 2 nicht beachtet.
117 Schließlich kann auch das
Vorbringen der Rechtsmittelführerin nicht durchgreifen, mit dem sie dem Gericht
vorwirft, es habe im Rahmen der Beurteilung der ökonomischen Folgerichtigkeit
der Veräußerungstransaktion angenommen, dass der Zweck von Art. 3
Abs. 2 der Entscheidung Sernam 2 nicht erfüllt worden sei, da die
Geschäftstätigkeit von Sernam nicht abgebrochen worden sei. Es genügt nämlich
der Hinweis, dass sich aus den Rn. 30 bis 33 des vorliegenden Urteils
ergibt, dass der Zweck von Art. 3 Abs. 2 der Entscheidung
Sernam 2 sehr wohl in einem solchen Abbruch bestand.
118 Folglich ist das Vorbringen der
Rechtsmittelführerin, mit dem sie geltend macht, das Gericht habe Rechtsfehler
bei der Prüfung der wirtschaftlichen Kontinuität zwischen Sernam und den
Erwerbern von deren Aktiva „en bloc“ begangen, nicht begründet.
119 Demnach ist der fünfte
Rechtsmittelgrund als unbegründet zurückzuweisen.
Zum sechsten Rechtsmittelgrund
Zum ersten Teil des sechsten
Rechtsmittelgrundes
– Vorbringen der
Parteien
120 Mit dem ersten Teil des sechsten
Rechtsmittelgrundes wirft die Rechtsmittelführerin dem Gericht vor, dass es
lediglich einen der Gründe berücksichtigt habe, die die Kommission vorgebracht
habe, um die Anwendung des Kriteriums des privaten Investors auf die Veräußerung
der Aktiva von Sernam „en bloc“ auszuschließen, und dass es in Rn. 312 des
angefochtenen Urteils nach der Feststellung, dass dieses Kriterium unanwendbar
sei, da eine solche nach Art. 3 Abs. 2 der Entscheidung Sernam 2
zulässige Veräußerung als mit den Ausgleichsmaßnahmen nach Art. 3
Abs. 1 der Entscheidung Sernam 2 gleichwertig anzusehen sei,
ausgeführt habe, dass „sich die Prüfung der anderen Argumente [erübrigt], mit
[denen] die Kommission im Kontext der ‚Rückforderung‘ der staatlichen Beihilfen
die Nichtanwendbarkeit des Kriteriums des privaten Investors gerechtfertigt
hat“. Damit sei die Begründung dieses Urteils wegen Nichtbeantwortung von
Parteivorbringen fehlerhaft, da das Gericht die Rügen nicht berücksichtigt habe,
die die Rechtsmittelführerin in ihrer Klageschrift dagegen vorgebracht habe,
dass das Kriterium des privaten Investors aufgrund der angeblichen Rechtslage,
in der es um eine Rückforderung gehe, unanwendbar sei.
121 Die Rechtsmittelführerin ist
außerdem der Ansicht, dass die beiden Gründe, auf die sich die Kommission
stütze, um das Kriterium des privaten Investors auszuschließen, einander
widersprächen. Die Kommission könne nämlich den Ausschluss dieses Kriteriums
nicht zugleich mit einer Rechtslage begründen, in der es um eine Rückforderung
gehe, was bedeute, dass die in Rede stehende Beihilfe mit dem Binnenmarkt
unvereinbar sei, und mit dem Vorliegen einer Ausgleichsmaßnahme, was bedeute,
dass diese Beihilfe mit dem Binnenmarkt vereinbar sei. Das Gericht habe somit
nicht über den Widerspruch in der Begründung des Beschlusses Sernam 3
entschieden.
122 Nach Ansicht der Kommission ist der
erste Teil des sechsten Rechtsmittelgrundes zurückzuweisen.
– Würdigung durch
den Gerichtshof
123 Zunächst ist das Vorbringen
zurückzuweisen, mit dem die Rechtsmittelführerin dem Gericht vorwirft, es habe
die widersprüchliche Begründung, auf der der Beschluss Sernam 3 beruhe,
nicht beanstandet. Diese Argumentation, die die Rechtsmittelführerin erst im
Stadium der Erwiderung vorbringt, ist nämlich vor dem Gericht nicht geltend
gemacht worden. Dem Gericht kann aber nicht vorgeworfen werden, es habe ein
Vorbringen nicht geprüft, dass ihm gegenüber nicht geltend gemacht worden
ist.
124 Was das Vorbringen der
Rechtsmittelführerin betrifft, mit dem die Nichtbeantwortung von
Parteivorbringen gerügt wird, ist festzustellen, dass das Gericht in den
Rn. 286 und 287 des angefochtenen Urteils die von der Kommission
vorgebrachten Gründe für den Ausschluss des Kriteriums des privaten Investors
angeführt hat. Wie das Gericht ausgeführt hat, stützt sich die Kommission in den
Erwägungsgründen 154 und 155 des Beschlusses Sernam 3 auf zwei Gründe,
nämlich erstens den Grund, dass dieses Kriterium in einer Rechtslage, in der es
um die Rückforderung einer Beihilfe gehe, keine Anwendung finde, und zweitens
den Grund, dass der nach Art. 3 Abs. 2 der Entscheidung Sernam 2
zulässige Verkauf der Aktiva von Sernam „en bloc“ sich in eine
Ausgleichssituation einfüge, die die Berücksichtigung des Grundsatzes des
umsichtigen privaten Kapitalgebers ausschließe.
125 In
den Rn. 288 bis 311 des angefochtenen Urteils hat das Gericht die
Anwendbarkeit des Kriteriums des privaten Investors auf Ausgleichsmaßnahmen
geprüft und ist, nachdem es in Rn. 309 dieses Urteils festgestellt hatte,
dass „der im 155. Erwägungsgrund des … Beschlusses [Sernam 3] dargelegte
Gedanke eines Ausgleichs durch den Verkauf der Aktiva der Sernam ‚en bloc‘ nicht
der Zielsetzung eines privaten Investors [entsprach], der seinen Profit zu
maximieren oder wie hier seine Verluste zu minimieren sucht“, zu dem Schluss
gelangt, dass dieses Kriterium ausgeschlossen sei.
126 Somit ist festzustellen, dass das
Vorbringen, wonach die Kommission einen möglichen Rechtsfehler begangen habe,
indem sie davon ausgegangen sei, dass das Kriterium des privaten Investors auch
aufgrund der Rechtslage, in der es um eine Rückforderung gehe und in die sich
der Verkauf der Aktiva von Sernam „en bloc“ einfüge, unanwendbar sei, jedenfalls
ins Leere geht. Folglich konnte das Gericht, ohne dass das angefochtene Urteil
wegen der Nichtbeantwortung von Parteivorbringen fehlerhaft geworden wäre, in
Rn. 312 dieses Urteils feststellen, dass sich die Prüfung dieses Arguments
erledigt habe.
127 Nach alledem ist der erste Teil des
sechsten Rechtsmittelgrundes als unbegründet anzusehen.
Zum zweiten Teil des sechsten
Rechtsmittelgrundes
– Vorbringen der
Parteien
128 Mit dem zweiten Teil des sechsten
Rechtsmittelgrundes macht die Rechtsmittelführerin geltend, das Gericht habe,
indem es den von der Kommission im 155. Erwägungsgrund des Beschlusses
Sernam 3 vertretenen Ansatz bestätigt habe, wonach der Grundsatz des
umsichtigen privaten Investors unanwendbar sei, da es sich beim Verkauf der
Aktiva von Sernam „en bloc“ um eine Ausgleichsmaßnahme handle, die Entscheidung
Sernam 2 verfälscht. Zur Stützung dieses zweiten Teils bringt die Klägerin
vier Argumente vor.
129 Erstens habe das Gericht den
Wortlaut von Art. 3 Abs. 2 der Entscheidung Sernam 2 verfälscht.
Die in dieser Bestimmung vorgesehene Verpflichtung einer Veräußerung der Aktiva
von Sernam „en bloc“ nach Durchführung eines transparenten und offenen
Ausschreibungsverfahrens entspreche gerade der Anwendung des Kriteriums des
umsichtigen privaten Investors. Diese Schlussfolgerung ergebe sich im Übrigen
aus der Bekanntmachung der Kommission zum Begriff der staatlichen Beihilfe im
Sinne des Artikels 107 Absatz 1 [AEUV] (ABl. 2016, C 262,
S. 1). Indem das Gericht die Anwendung des Kriteriums des umsichtigen
privaten Investors auf die Veräußerung der Aktiva von Sernam „en bloc“
ausgeschlossen habe, habe es den Sachverhalt des Rechtsstreits und den Inhalt
der Entscheidung Sernam 2 verfälscht, indem es die Begründung dieses
Beschlusses durch seine eigene Begründung ersetzt habe.
130 Zweitens habe das Gericht die
Entscheidung Sernam 2 verfälscht, indem es in Rn. 301 des
angefochtenen Urteils festgestellt habe, dass, „[d]a die den Verkauf der Aktiva
‚en bloc‘ betreffende Bedingung die Passiva ausschloss, … die Möglichkeit, im
vorliegenden Fall einen negativen Preis zu erhalten, naturgemäß ausgeschlossen
[war]“. Mit der Feststellung, dass die Veräußerung der Aktiva von Sernam „en
bloc“ sämtliche Passiva ausschließen müsse, habe das Gericht, wie die
Rechtsmittelführerin auch zur Stützung des dritten Teils des ersten
Rechtsmittelgrundes geltend gemacht hat (vgl. Rn. 47 bis 52 des
vorliegenden Urteils), Art. 3 Abs. 2 der Entscheidung Sernam 2
verfälscht. Dies habe es außerdem durch das Hinzufügen einer nach der
Entscheidung Sernam 2 nicht vorgesehenen Bedingung getan, indem es die
Auffassung vertreten habe, dass der Preis für die Veräußerung der Aktiva von
Sernam „en bloc“ nicht habe negativ sein können. In Art. 3 Abs. 2 der
Entscheidung Sernam 2 sei nämlich dem Wortlaut nach nur das Erfordernis
eines Marktpreises erwähnt, der nach der Rechtsprechung negativ sein könne, wie
aus den Urteilen vom 28. Januar 2003, Deutschland/Kommission (C‑334/99,
EU:C:2003:55, Rn. 133), und vom 13. Mai 2015, Niki
Luftfahrt/Kommission (T‑511/09, EU:T:2015:284, Rn. 139), hervorgehe.
131 Drittens wirft die
Rechtsmittelführerin dem Gericht vor, es habe das angefochtene Urteil
widersprüchlich begründet, indem es in Rn. 301 dieses Urteils festgestellt
habe, dass „die Möglichkeit, im vorliegenden Fall einen negativen Preis zu
erhalten, naturgemäß ausgeschlossen [war]“. Diese Feststellung laufe der
Behauptung in Rn. 100 dieses Urteils zuwider, wonach gemäß Art. 3
Abs. 2 der Entscheidung Sernam 2 „das einzige Erfordernis hinsichtlich
des Preises darin bestand, dass es sich um einen Marktpreis … handeln
musste“.
132 Viertens ist die
Rechtsmittelführerin der Ansicht, dass der positive oder negative Wert des
Marktpreises keine Auswirkung auf die Erreichung des mit Art. 3 Abs. 2
der Entscheidung Sernam 2 verfolgten Zwecks habe. Gemäß dem 217.
Erwägungsgrund dieser Entscheidung bestehe dieser Zweck darin, dass Sernam ihre
Marktanteile an einen unabhängigen Käufer abgebe und nicht mehr in ihrer
derzeitigen Rechtsform aktiv sei, ohne dass von der Notwendigkeit eines
positiven Preises die Rede wäre. Diese Ziele seien mit der Veräußerung der
Aktiva von Sernam zu einem Marktpreis, wenn auch einem negativen, nach
Durchführung eines transparenten und offenen Ausschreibungsverfahrens erreicht
worden. Folglich habe das Gericht die Entscheidung Sernam 2 auch mit der
Feststellung verfälscht, dass die Veräußerung der Aktiva von Sernam „en bloc“
naturgemäß nicht zu einem negativen Preis verwirklicht werden könne.
133 Im
Übrigen gehe aus Nr. 80 der Leitlinien für staatliche Beihilfen zur Rettung
und Umstrukturierung nichtfinanzieller Unternehmen in Schwierigkeiten (ABl.
2014, C 249, S. 1) hervor, dass Maßnahmen zur Begrenzung von
Wettbewerbsverfälschungen „daher in der Regel in Form von Veräußerungen
rentabler eigenständiger Geschäftsbereiche als arbeitende Unternehmen erfolgen
[sollten], die, wenn sie von einem geeigneten Käufer betrieben werden,
langfristig wettbewerbsfähig sein können“. Der Zweck von Art. 3 Abs. 2
der Entscheidung Sernam 2 entspreche diesen Überlegungen voll und ganz, da
die Abgabe der Marktanteile von Sernam an den Erwerber von deren Aktiva
sichergestellt werde und es diesem ermöglicht werde, langfristig
wettbewerbsfähig zu sein. Die Höhe des Marktpreises habe insoweit keinerlei
Bedeutung.
134 Nach Ansicht der Kommission ist der
zweite Teil des sechsten Rechtsmittelgrundes zurückzuweisen.
– Würdigung durch
den Gerichtshof
135 Zunächst ist festzustellen, dass
die Rechtsmittelführerin zwar eine Verfälschung von Art. 3 Abs. 2 der
Entscheidung Sernam 2 behauptet, in Wirklichkeit aber eine fehlerhafte
Auslegung rügt, die das Gericht dieser Bestimmung beigemessen habe und die
dieses dazu geführt habe, das Kriterium des umsichtigen privaten Investors
auszuschließen
136 Erstens macht die
Rechtsmittelführerin zu Unrecht geltend, dass die Verpflichtung zu einem Verkauf
zum Marktpreis nach Durchführung eines offenen und transparenten
Ausschreibungsverfahrens der Anwendung des Kriteriums des umsichtigen privaten
Investors entspreche.
137 Insoweit ist darauf hinzuweisen,
dass bei diesem Kriterium die Frage seiner Anwendbarkeit von der seiner
Anwendung zu unterscheiden ist (vgl. u. a. Urteil vom 3. April 2014,
Kommission/Niederlande und ING Groep, C‑224/12 P, EU:C:2014:213,
Rn. 29 und 33).
138 Wie das Gericht in Rn. 292 des
angefochtenen Urteils zu Recht ausgeführt hat, hängt die Anwendbarkeit des
Kriteriums des privaten Kapitalgebers letztlich davon ab, ob der betroffene
Mitgliedstaat einem ihm gehörenden Unternehmen einen wirtschaftlichen Vorteil in
seiner Eigenschaft als Anteilseigner und nicht in seiner Eigenschaft als Träger
öffentlicher Gewalt gewährt (vgl. u. a. Urteile vom 5. Juni 2012,
Kommission/EDF, C‑124/10 P, EU:C:2012:318, Rn. 81, und vom
3. April 2014, Kommission/Niederlande und ING Groep, C‑224/12 P,
EU:C:2014:213, Rn. 31).
139 Ist das Eingreifen des Staates in
seiner Eigenschaft als Anteilseigner festgestellt worden und steht somit die
Anwendbarkeit des Kriteriums des privaten Investors fest, ist sodann
festzustellen, ob der einem öffentlichen Unternehmen aus staatlichen
Mitteln – in welcher Form auch immer – gewährte wirtschaftliche
Vorteil aufgrund seiner Wirkungen den Wettbewerb verfälschen oder zu verfälschen
drohen und den Handel zwischen Mitgliedstaaten beeinträchtigen kann (Urteil vom
5. Juni 2012, Kommission/EDF, C‑124/10 P, EU:C:2012:318,
Rn. 89).
140 Was die Anwendung des Kriteriums
des privaten Kapitalgebers betrifft, ist zwar nach ständiger Rechtsprechung des
Gerichtshofs der Marktpreis der höchste Preis, den ein privater Investor unter
normalen Wettbewerbsbedingungen für eine Gesellschaft in der Situation, in der
sie sich befindet, zu zahlen bereit ist, und kann, wenn die öffentliche Hand ein
ihr gehörendes Unternehmen im Wege eines offenen, transparenten und
bedingungsfreien Ausschreibungsverfahrens verkauft, vermutet werden, dass der
Marktpreis dem höchsten Angebot entspricht (vgl. u. a. Urteile vom
24. Oktober 2013, Land Burgenland u. a./Kommission, C‑214/12 P,
C‑215/12 P und C‑223/12 P, EU:C:2013:682, Rn. 92 und 94, und vom
16. Juli 2015, BVVG, C‑39/14, EU:C:2015:470, Rn. 32).
141 Entgegen der Behauptung der
Rechtsmittelführerin kann die Anwendbarkeit des Kriteriums des umsichtigen
privaten Investors jedoch nicht aus einer Voraussetzung gefolgert werden, die
gewöhnlich in den Bereich seiner Anwendung fällt. Somit kann nicht
geschlussfolgert werden, dass eine Veräußerung zu einem Marktpreis im Rahmen
eines offenen und transparenten Ausschreibungsverfahrens zwingend die Anwendung
dieses Kriteriums darstellt.
142 Wie der Generalanwalt in
Nr. 142 seiner Schlussanträge ausgeführt hat, gehört der Umstand, dass
Ausgleichsmaßnahmen unter Bedingungen durchgeführt werden müssen, die darauf
abzielen, einen gesunden Wettbewerb wiederherzustellen, zum Wesen des
Ausgleichs, sagt aber nichts über die Rolle des Staates zum Zeitpunkt ihrer
Durchführung.
143 Zweitens ist, soweit die
Rechtsmittelführerin die Schlussfolgerung hinsichtlich des Preises des Verkaufs
der Aktiva von Sernam „en bloc“ rügt, die das Gericht in Rn. 301 des
angefochtenen Urteils gezogen hat, darauf hinzuweisen, dass das Gericht die
Feststellung, dass die Möglichkeit, einen negativen Preises zu erhalten,
naturgemäß ausgeschlossen sei, in Anbetracht der Verpflichtung getroffen hat,
die Passiva von dieser Veräußerung auszuschließen. Wie aus den Rn. 54 bis
58 des vorliegenden Urteils hervorgeht, hat das Gericht aber zu Recht
festgestellt, dass Art. 3 Abs. 2 der Entscheidung Sernam 2 dahin
zu verstehen sei, dass er einen solchen Ausschluss der Passiva verlange.
Folglich kann nicht behauptet werden, dass das Gericht damit eine nach der
Entscheidung Sernam 2 nicht vorgesehene Bedingung hinzugefügt hätte.
144 Drittens ist, soweit die
Rechtsmittelführerin vorbringt, das Gericht habe das angefochtene Urteil
widersprüchlich begründet, festzustellen, dass sie eine Argumentation vorbringt,
die derjenigen entspricht, die sie im Rahmen des vierten Rechtsmittelgrundes
vorgebracht hat und die in Rn. 79 des vorliegenden Urteils zusammenfassend
dargestellt ist. Hierzu ist darauf hinzuweisen, dass, wie in Rn. 85 des
vorliegenden Urteils ausgeführt worden ist, die Feststellung in Rn. 100 des
angefochtenen Urteils, wonach das einzige Erfordernis bezüglich des Preises bei
wörtlicher Auslegung von Art. 3 Abs. 2 der Entscheidung Sernam 2
das eines Marktpreises im Rahmen eines offenen und transparenten Verfahrens
gewesen sei, sich auf die Prüfung des Begriffs „Verkauf“ bezieht, bei der das
Gericht im Rahmen des zweiten Teils des vierten Klagegrundes die Auffassung
vertreten hat, dass ein Verkauf grundsätzlich zu einem negativen Preis erfolgen
könne.
145 Diese Erwägung bezieht sich somit
auf eine andere Frage als die vom Gericht in Rn. 301 des angefochtenen
Urteils geprüfte Frage, ob im vorliegenden Fall, was den Verkauf der Aktiva von
Sernam „en bloc“ anbelangt, ein Verkauf zu einem negativen Preis möglich war.
Aus diesen Gründen ist das Vorbringen, mit dem eine widersprüchliche Begründung
wie oben dargelegt gerügt wird, nicht begründet.
146 Viertens ist, soweit die
Rechtsmittelführerin die Auffassung vertritt, dass die Frage eines positiven
oder negativen Veräußerungspreises keine Auswirkung auf den mit Art. 3
Abs. 2 der Entscheidung Sernam 2 verfolgten Zweck habe, festzustellen,
dass sich dieses Vorbringen, da die Bewertung dieses Preises von der
Einbeziehung oder vom Ausschluss der Passiva in die Veräußerung abhängt, mit dem
Vorbringen im Rahmen des dritten Teils des ersten Rechtsmittelgrundes
überschneidet, wonach die Hinzufügung der Passiva zum Verkauf der Aktiva von
Sernam „en bloc“ keinerlei Auswirkung auf diesen Zweck habe. Dieses Vorbringen
ist somit aus den in den Rn. 54 bis 58 des vorliegenden Urteils dargelegten
Gründen zurückzuweisen.
147 Nach alledem ist der zweite Teil
des sechsten Rechtsmittelgrundes als unbegründet anzusehen.
Zum dritten Teil des sechsten
Rechtsmittelgrundes
– Vorbringen der
Parteien
148 Mit dem dritten Teil des sechsten
Rechtsmittelgrundes macht die Rechtsmittelführerin geltend, das Gericht habe,
indem es dem Vorbringen gefolgt sei, wonach der Grundsatz des umsichtigen
privaten Investors auf die Veräußerung der Aktiva von Sernam „en bloc“ wegen des
Ausgleichscharakters dieser Veräußerung unanwendbar sei, gegen Art. 107
Abs. 1 AEUV verstoßen.
149 Nach Ansicht der
Rechtsmittelführerin ist die Durchführung einer Ausgleichsmaßnahme Sache des
Beihilfeempfängers, bei dem es sich gleichermaßen um ein öffentliches oder ein
privates Unternehmen handeln könne, und nicht Sache des Staates als Träger
öffentlicher Gewalt. Nichts rechtfertige es daher, die Anwendung des Grundsatzes
des umsichtigen privaten Kapitalgebers abzulehnen, wenn es um die Durchführung
einer Ausgleichsmaßnahme gehe.
150 Zudem gehe aus der Rechtsprechung
des Gerichtshofs, insbesondere aus den Urteilen vom 5. Juni 2012,
Kommission/EDF (C‑124/10 P, EU:C:2012:318, Rn. 78), und vom
3. April 2014, Kommission/Niederlande und ING Groep (C‑224/12 P,
EU:C:2014:213, Rn. 32 bis 37), hervor, dass die Anwendung des genannten
Grundsatzes unumgänglich sei und die Kommission dazu verpflichtet sei, bevor sie
das Vorliegen einer staatlichen Beihilfe nach Art. 107 Abs. 1 AEUV
feststellen könne.
151 Die Entscheidung Sernam 2
verpflichte zwar zur Erreichung eines bestimmtes Ziels, jedoch sei
offensichtlich, dass die Rechtsmittelführerin in ihrer Eigenschaft als
Anteilseignerin von Sernam rechtlich verpflichtet sei, wirtschaftlich vernünftig
zu handeln, um dieses Ziel zu erreichen, wie dies auch ein privater Investor tun
würde, es sei denn, es ginge um die Gewährung neuer staatlicher Beihilfen.
152 Insoweit werde in der
Rechtsprechung, insbesondere im Urteil vom 11. September 2012, Corsica
Ferries France/Kommission (T‑565/08, EU:T:2012:415, Rn. 83 und 84), dem
Umstand, dass private Investoren innerhalb des durch Verpflichtungen
festgelegten Rahmens und in den Grenzen des gesetzlich Zulässigen das
wirtschaftlich vernünftigste Verhalten an den Tag legten, in vollem Umfang
Rechnung getragen. In Anbetracht der Umstände des vorliegenden Falles wäre aber
jede andere Lösung als die letztlich durchgeführte, insbesondere eine
gerichtliche Liquidation, kostspieliger gewesen. Indem das Gericht es abgelehnt
habe, das Verhalten der Rechtsmittelführerin mit der wirtschaftlichen Vernunft
eines privaten Investors, der sich in der gleichen Lage befinde, zu vergleichen,
und in Rn. 309 des angefochtenen Urteils festgestellt habe, dass der
Gedanke eines Ausgleichs durch den Verkauf der Aktiva von Sernam „en bloc“ nicht
der Zielsetzung eines privaten Wirtschaftsteilnehmers entsprochen habe, der
seinen Profit zu maximieren oder wie im vorliegenden Fall seine Verluste zu
minimieren suche, habe es gegen Art. 107 Abs. 1 AEUV verstoßen.
153 Zudem habe das Gericht, da die
Frage der wirtschaftlichen Vernünftigkeit des Verhaltens der
Rechtsmittelführerin für sämtliche Aspekte der Veräußerung gelten müsse, auch in
den Rn. 323 und 327 des angefochtenen Urteils, die die von der Kommission
festgestellten neuen Beihilfen – d. h. die Verbuchung von Forderungen
auf der Passivseite der gerichtlichen Liquidation von Sernam sowie die dem
Käufer gewährten Garantien für Passiva – betreffen, Rechtsfehler begangen
und gegen Art. 107 Abs. 1 AEUV verstoßen.
154 Ferner habe das Gericht, indem es
in Rn. 310 des angefochtenen Urteils festgestellt habe, dass „[d]ie
streitigen Maßnahmen … also eine direkte Folge des Verstoßes gegen Art. 3
Abs. 2 der Entscheidung Sernam 2 [sind] und … deshalb mit der
Anwendung des Kriteriums des privaten Investors nichts zu tun [haben]“, einen
Rechtsfehler begangen, da diese Feststellung aufgrund der unter Verstoß gegen
Art. 107 AEUV erfolgten Weigerung, das Kriterium des privaten Investors
anzuwenden, unzutreffend sei.
155 Nach Ansicht der Kommission ist der
dritte Teil des sechsten Rechtsmittelgrundes zurückzuweisen.
– Würdigung durch
den Gerichtshof
156 Soweit die Rechtsmittelführerin dem
Gericht vorwirft, es habe die Berücksichtigung des Kriteriums des privaten
Investors ausgeschlossen, ist zunächst darauf hinzuweisen, dass die
Anwendbarkeit dieses Kriteriums nach der in Rn. 138 des vorliegenden
Urteils angeführten Rechtsprechung davon abhängt, dass der betroffene
Mitgliedstaat in seiner Eigenschaft als Anteilseigner und nicht in seiner
Eigenschaft als Träger öffentlicher Gewalt handelt. Insoweit nimmt die
Kommission eine Gesamtwürdigung vor, wobei sie neben den vom betroffenen
Mitgliedstaat vorgelegten Nachweisen auch jeden anderen im betreffenden Fall
erheblichen Anhaltspunkt zu berücksichtigen hat, der es ihr ermöglicht,
festzustellen, ob dieser Mitgliedstaat die in Rede stehende Maßnahme in seiner
Eigenschaft als Anteilseigner oder in der als Träger öffentlicher Gewalt
getroffen hat (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 5. Juni 2012,
Kommission/EDF, C‑124/10 P, EU:C:2012:318, Rn. 86, vom
24. Oktober 2013, Land Burgenland u. a./Kommission, C‑214/12 P,
C‑215/12 P und C‑223/12 P, EU:C:2013:682, Rn. 60, und vom
1. Oktober 2015, Electrabel und Dunamenti Erőmű/Kommission,
C‑357/14 P, EU:C:2015:642, Rn. 102).
157 Sodann ist darauf hinzuweisen, dass
das Kriterium des privaten Investors für die Zwecke der Feststellung des
Vorliegens einer staatlichen Beihilfe den Nachweis ermöglicht, ob die vom
betroffenen Mitgliedstaat erlassenen Maßnahmen dem Kriterium der
wirtschaftlichen Vernünftigkeit folgten, so dass auch ein privater Kapitalgeber
in der Lage sein könnte, sie zu akzeptieren (vgl. u. a. Urteil vom
3. April 2014, Kommission/Niederlande und ING Groep, C‑224/12 P,
EU:C:2014:213, Rn. 36). Nach diesem Kriterium sind die Voraussetzungen, die
eine Maßnahme erfüllen muss, um unter den Begriff „Beihilfe“ im Sinne von
Art. 107 AEUV zu fallen, somit nicht erfüllt, wenn das begünstigte
öffentliche Unternehmen denselben Vorteil, der ihm aus Staatsmitteln gewährt
wurde, unter Umständen, die normalen Marktbedingungen entsprechen, hätte
erhalten können (vgl. u. a. Urteil vom 4. September 2014, SNCM und
Frankreich/Corsica Ferries France, C‑533/12 P und C‑536/12 P,
EU:C:2014:2142, Rn. 30 und die dort angeführte Rechtsprechung).
158 Nach alledem ist festzustellen,
dass das Kriterium des privaten Investors voraussetzt, dass das Verhalten der
öffentlich-rechtlichen Person mit dem eines unter normalen Marktbedingungen
handelnden Investors verglichen werden kann.
159 Wie aus den Rn. 30 bis 32 des
vorliegenden Urteils hervorgeht und das Gericht in den Rn. 305 und 306 des
angefochtenen Urteils ausgeführt hat, stellte die Veräußerung der Aktiva von
Sernam „en bloc“ im Sinne von Art. 3 Abs. 2 der Entscheidung
Sernam 2 jedoch eine Ausgleichsmaßnahme zur Vermeidung von
Wettbewerbsverzerrungen dar. Somit konnte das Gericht in den Rn. 307 und
308 des angefochtenen Urteils zu Recht feststellen, dass die Maßnahmen nach
Art. 3 Abs. 2 der Entscheidung Sernam 2 nicht den normalen
Marktbedingungen entsprachen und dass somit „der … Gedanke eines Ausgleichs
durch den Verkauf der Aktiva der Sernam ‚en bloc‘ nicht der Zielsetzung eines
privaten Investors [entsprach], der seinen Profit zu maximieren oder wie hier
seine Verluste zu minimieren sucht“, wie das Gericht in Rn. 309 dieses
Urteils ausgeführt hat, um daraus in Rn. 311 dieses Urteils abzuleiten,
dass der Kommission nicht vorgeworfen werden könne, dass sie aus diesen Gründen
das Kriterium des privaten Investors im 155. Erwägungsgrund des Beschlusses
Sernam 3 ausgeschlossen habe.
160 Dieses Kriterium berücksichtigt
zwar die Verpflichtungen, denen die Wirtschaftsteilnehmer unterliegen (vgl. in
diesem Sinne Urteil vom 4. September 2014, SNCM und Frankreich/Corsica
Ferries France, C‑533/12 P und C‑536/12 P, EU:C:2014:2142, Rn. 33
und die dort angeführte Rechtsprechung). Jedoch dürfen die Verpflichtungen, die
die normalen Marktbedingungen darstellen, nicht mit denjenigen verwechselt
werden, die bezwecken, Wettbewerbsverzerrungen innerhalb des betreffenden
Marktes zu verhindern.
161 Die Durchführung der Entscheidung
Sernam 2 impliziert zwar, dass die Rechtsmittelführerin, wie sie vorträgt,
wirtschaftlich vernünftig handelte, allerdings durfte diese Durchführung nicht
unter Verstoß gegen Art. 3 Abs. 2 dieser Entscheidung erfolgen, wie
das Gericht in Rn. 310 des angefochtenen Urteils ausgeführt hat. Ferner ist
festzustellen, dass das Vorbringen der Rechtsmittelführerin, soweit sie
behauptet, dass ein privates Unternehmen, das die Entscheidung Sernam 2
anwenden müsse, sich aus wirtschaftlicher Vernunft für dieselben Bedingungen
einer Veräußerung der Aktiva „en bloc“ entscheiden würde wie sie im vorliegenden
Fall gewählt worden seien, auf der unzutreffenden Prämisse der Vereinbarkeit
dieser Veräußerungsmodalitäten mit dem Zweck und den Verpflichtungen beruht, die
mit Art. 3 Abs. 2 der Entscheidung Sernam 2 auferlegt wurden.
162 Im
Übrigen lassen sich, wie die Rechtsmittelführerin einräumt, die von der
Kommission als neue staatliche Beihilfen angesehenen Maßnahmen nicht von der
Anwendung des Art. 3 Abs. 2 der Entscheidung Sernam 2 trennen.
Diese Maßnahmen können somit nicht unabhängig vom Ausgleichszweck dieser
Bestimmung beurteilt werden, so dass das Gericht das Kriterium des umsichtigen
privaten Investors auf diese neuen Vorteile zu Recht in den Rn. 323 und 327
des angefochtenen Urteils nicht angewendet hat
163 Nach alledem ist der dritte Teil
des sechsten Rechtsmittelgrundes zurückzuweisen. Der sechste Rechtsmittelgrund
ist daher insgesamt zurückzuweisen.
164 Folglich ist das Rechtsmittel
zurückzuweisen.
Kosten
165 Nach Art. 184 Abs. 2
seiner Verfahrensordnung entscheidet der Gerichtshof über die Kosten, wenn das
Rechtsmittel unbegründet ist.
166 Nach Art. 138 Abs. 1 der
Verfahrensordnung, der nach Art. 184 Abs. 1 der Verfahrensordnung auf
das Rechtsmittelverfahren Anwendung findet, ist die unterliegende Partei auf
Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen.
167 Da
die Kommission sowie Mory und Mory Team beantragt haben, der
Rechtsmittelführerin die Kosten aufzuerlegen, und diese mit ihrem Vorbringen
unterlegen ist, sind dieser ihre eigenen Kosten und die Kosten aufzuerlegen, die
der Kommission sowie Mory und Mory Team entstanden sind.
Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Erste
Kammer) für Recht erkannt und entschieden:
1. Das Rechtsmittel
wird zurückgewiesen.
2. Die SNCF
Mobilités trägt neben ihren eigenen Kosten die Kosten, die der Europäischen
Kommission sowie der Mory SA und Mory Team entstanden sind.
Unterschriften
i Die
vorliegende Sprachfassung ist in den Rn. 108 und 140 gegenüber der
ursprünglich online gestellten Fassung geändert worden.