URTEIL DES GERICHTSHOFS (Zweite Kammer)
28. Juni 2018(*)
„Rechtsmittel – Staatliche Beihilfen – Deutsche
steuerrechtliche Bestimmungen über die Möglichkeit eines Verlustvortrags auf
künftige Steuerjahre (‚Sanierungsklausel‘) – Beschluss, mit dem die
Beihilferegelung für mit dem Binnenmarkt unvereinbar erklärt wird –
Nichtigkeitsklage – Zulässigkeit – Art. 263 Abs. 4 AEUV – Individuell
betroffene Person – Art. 107 Abs. 1 AEUV – Begriff der staatlichen
Beihilfe – Tatbestandsmerkmal der Selektivität – Bestimmung des Referenzsystems
– Rechtliche Qualifizierung der Tatsachen“
In der Rechtssache C‑203/16 P
betreffend ein Rechtsmittel nach Art. 56 der Satzung
des Gerichtshofs der Europäischen Union, eingelegt am 12. April 2016,
Dirk Andres, Insolvenzverwalter über das Vermögen
der Heitkamp BauHolding GmbH, wohnhaft in Düsseldorf (Deutschland),
Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte W. Niemann, S. Geringhoff und
P. Dodos,
Rechtsmittelführer,
andere Parteien des Verfahrens:
Europäische Kommission, vertreten durch
R. Lyal, T. Maxian Rusche und K. Blanck-Putz als
Bevollmächtigte,
Beklagte im ersten Rechtszug,
Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch
T. Henze und R. Kanitz als Bevollmächtigte,
Streithelferin im ersten Rechtszug,
erlässt
DER GERICHTSHOF (Zweite Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten M. Ilešič,
des Richters A. Rosas, der Richterinnen C. Toader und A. Prechal
sowie des Richters E. Jarašiūnas (Berichterstatter),
Generalanwalt: N. Wahl,
Kanzler: I. Illéssy, Verwaltungsrat,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die
mündliche Verhandlung vom 19. Oktober 2017,
nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in
der Sitzung vom 20. Dezember 2017
folgendes
Urteil
1 Mit seinem
Rechtsmittel begehrt Herr Dirk Andres als Insolvenzverwalter über das Vermögen
der Heitkamp BauHolding GmbH (im Folgenden: HBH) die Aufhebung des Urteils des
Gerichts der Europäischen Union vom 4. Februar 2016, Heitkamp
BauHolding/Kommission (T‑287/11, im Folgenden: angefochtenes Urteil,
EU:T:2016:60), soweit das Gericht darin die Klage von HBH auf Nichtigerklärung
des Beschlusses 2011/527/EU der Kommission vom 26. Januar 2011 über die
staatliche Beihilfe Deutschlands C 7/10 (ex CP 250/09 und
NN 5/10) „KStG, Sanierungsklausel“ (ABl. 2011, L 235, S. 26,
im Folgenden: streitgegenständlicher Beschluss) als unbegründet abgewiesen hat,
sowie die Nichtigerklärung dieses Beschlusses.
2 Mit ihrem
Anschlussrechtsmittel begehrt die Europäische Kommission die Aufhebung des
angefochtenen Urteils, soweit das Gericht darin die von ihr gegen die Klage
erhobene Einrede der Unzulässigkeit zurückgewiesen hat, und infolgedessen die
Abweisung der Klage als unzulässig.
Vorgeschichte des Rechtsstreits und
streitgegenständlicher Beschluss
3 Die
Vorgeschichte des Rechtsstreits und der streitgegenständliche Beschluss, die in
den Rn. 1 bis 35 des angefochtenen Urteils dargestellt sind, lassen sich
wie folgt zusammenfassen.
Deutsches Recht
4 In Deutschland
können nach § 10d Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes die in einem
Steuerjahr eingetretenen Verluste auf künftige Steuerjahre vorgetragen werden,
so dass die betreffenden Verluste von den steuerpflichtigen Einkünften der
folgenden Jahre abgezogen werden (im Folgenden: Regel des Verlustvortrags). Nach
§ 8 Abs. 1 des Körperschaftsteuergesetzes (im Folgenden: KStG) besteht
die Möglichkeit des Verlustvortrags für Unternehmen, die der Körperschaftsteuer
unterliegen.
5 Die Möglichkeit
des Verlustvortrags führte dazu, dass allein aus Gründen der Steuerersparnis
Unternehmen erworben wurden, die ihren Geschäftsbetrieb eingestellt hatten, aber
noch Verluste besaßen, die vorgetragen werden konnten. Um solchen als
missbräuchlich angesehenen Vorgängen entgegenzuwirken, führte der deutsche
Gesetzgeber im Jahr 1997 § 8 Abs. 4 KStG ein. Er beschränkte die
Möglichkeit des Verlustvortrags auf Unternehmen, die mit dem Unternehmen, das
die Verluste erlitten hatte, rechtlich und wirtschaftlich identisch waren.
6 Durch das
Unternehmensteuerreformgesetz wurde § 8 Abs. 4 KStG mit Wirkung vom
1. Januar 2008 aufgehoben und ein neuer § 8c Abs. 1 (im Folgenden
auch: Regel des Verfalls von Verlusten) in das KStG eingefügt, der die
Möglichkeit des Verlustvortrags im Fall des Erwerbs von mindestens 25 % der
Anteile an einer Körperschaft einschränkt oder ausschließt (im Folgenden:
schädlicher Beteiligungserwerb). Diese Bestimmung sieht Folgendes vor: Werden
innerhalb von fünf Jahren mehr als 25 %, aber höchstens 50 % des
gezeichneten Kapitals, der Mitgliedschaftsrechte, der Beteiligungsrechte oder
der Stimmrechte an einer Körperschaft übertragen, so verfallen ungenutzte
Verluste anteilig in Höhe des prozentualen Beteiligungswechsels. Ungenutzte
Verluste sind nicht mehr abziehbar, wenn mehr als 50 % des gezeichneten
Kapitals, der Mitgliedschaftsrechte, der Beteiligungsrechte oder der Stimmrechte
an einer Körperschaft einem Erwerber übertragen werden.
7 Von der Regel
des Verfalls von Verlusten war keine Ausnahme vorgesehen. Die Steuerbehörden
konnten jedoch bei einem schädlichen Beteiligungserwerb zum Zweck der Sanierung
von Unternehmen in Schwierigkeiten im Einklang mit einem Erlass des
Bundesministeriums der Finanzen vom 27. März 2003 im Billigkeitswege
Steuervergünstigungen gewähren.
8 Im Juni 2009
wurde mit dem Bürgerentlastungsgesetz Krankenversicherung ein Abs. 1a in
§ 8c KStG eingefügt (im Folgenden auch: Sanierungsklausel oder streitige
Maßnahme). Nach dieser neuen Bestimmung darf eine Körperschaft auch im Fall
eines schädlichen Beteiligungserwerbs im Sinne von § 8c Abs. 1 KStG
unter folgenden Voraussetzungen einen Verlustvortrag vornehmen: Der
Beteiligungserwerb erfolgt zum Zweck der Sanierung der Körperschaft, das
Unternehmen ist zum Zeitpunkt des Erwerbs zahlungsunfähig oder überschuldet oder
von Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung bedroht, die wesentlichen
Betriebsstrukturen werden erhalten – was im Wesentlichen dann der Fall ist, wenn
Arbeitsplätze erhalten werden, eine wesentliche Betriebsvermögenszuführung
erfolgt oder Verbindlichkeiten erlassen werden, die noch werthaltig sind –,
innerhalb von fünf Jahren nach dem Beteiligungserwerb erfolgt kein
Branchenwechsel, und das Unternehmen hatte zum Zeitpunkt des Beteiligungserwerbs
nicht den Geschäftsbetrieb eingestellt.
9 Die streitige
Maßnahme trat wie die Regel des Verfalls von Verlusten am 10. Juli 2009 in
Kraft und gilt rückwirkend ab dem 1. Januar 2008.
Streitgegenständlicher Beschluss
10 In Art. 1 des
streitgegenständlichen Beschlusses stellte die Kommission fest, dass „[d]ie auf
der Grundlage von § 8c (1a) [KStG] gewährte staatliche Beihilferegelung,
die [die Bundesrepublik] Deutschland … rechtswidrig gewährt hat, … mit dem
Binnenmarkt unvereinbar [ist]“.
11 Bei der Einstufung der
Sanierungsklausel als staatliche Beihilfe im Sinne von Art. 107 Abs. 1
AEUV war die Kommission u. a. der Ansicht, dass diese Klausel eine Ausnahme
von der in § 8c Abs. 1 KStG aufgestellten Regel des Verfalls von
ungenutzten Verlusten bei Körperschaften schaffe, bei denen es zu einem
Beteiligungserwerb gekommen sei. Die Klausel könne daher Unternehmen, die ihre
Voraussetzungen erfüllten, einen selektiven Vorteil verschaffen, der nicht durch
die Natur oder den allgemeinen Aufbau des Steuersystems gerechtfertigt sei. Mit
der streitigen Maßnahme sollten nämlich die durch die Finanz- und
Wirtschaftskrise hervorgerufenen Probleme bewältigt werden, was ein außerhalb
dieses Systems liegendes Ziel darstelle. In den Art. 2 und 3 des
streitgegenständlichen Beschlusses erklärte die Kommission gleichwohl bestimmte
im Rahmen dieser Regelung gewährte Einzelbeihilfen vorbehaltlich der Erfüllung
bestimmter Voraussetzungen für mit dem Binnenmarkt vereinbar.
12 In Art. 4 des
streitgegenständlichen Beschlusses gab die Kommission der Bundesrepublik
Deutschland auf, alle im Rahmen der in Art. 1 des Beschlusses genannten
Beihilferegelung gewährten unvereinbaren Beihilfen von den Begünstigten
zurückzufordern. Nach Art. 6 des Beschlusses hatte Deutschland der
Kommission u. a. eine Liste dieser Begünstigten zu übermitteln.
Sachverhalt
13 HBH ist eine
Körperschaft, die seit 2008 von Insolvenz bedroht war. Am 20. Februar 2009
erwarb ihre Muttergesellschaft die Anteile von HBH, um die beiden Gesellschaften
zu verschmelzen und HBH dadurch zu sanieren. Zum Zeitpunkt dieses Erwerbs
erfüllte HBH die Voraussetzungen für die Anwendung der Sanierungsklausel. Dies
war in einer verbindlichen Auskunft des Finanzamts Herne (Deutschland) vom
11. November 2009 (im Folgenden: verbindliche Auskunft) festgestellt
worden. Außerdem erhielt HBH am 29. April 2010 einen Vorauszahlungsbescheid
zur Körperschaftsteuer 2009, in dem die gemäß dieser Klausel vorgetragenen
Verluste berücksichtigt wurden.
14 Mit Schreiben vom
24. Februar 2010 unterrichtete die Kommission die Bundesrepublik
Deutschland über ihren Beschluss, das förmliche Prüfverfahren nach Art. 108
Abs. 2 AEUV in Bezug auf die streitige Maßnahme einzuleiten. Mit Schreiben
vom 30. April 2010 wies das Bundesfinanzministerium die deutsche
Finanzverwaltung an, die Maßnahme nicht mehr anzuwenden.
15 Am 27. Dezember 2010
wurde der Vorauszahlungsbescheid vom 29. April 2010 durch einen neuen
Vorauszahlungsbescheid zur Körperschaftsteuer 2009 ersetzt, in dem die
Sanierungsklausel nicht angewandt wurde. Im Januar 2011 erhielt HBH u. a.
Vorauszahlungsbescheide zur Körperschaftsteuer für die folgenden Jahre,
ebenfalls ohne Anwendung der Sanierungsklausel. Am 1. April 2011 erhielt
HBH einen Bescheid über die Körperschaftsteuer 2009. Aufgrund der Nichtanwendung
von § 8c Abs. 1a KStG war HBH nicht in der Lage, die am
31. Dezember 2008 bestehenden Verluste vorzutragen.
16 Am 19. April 2011
hob das Finanzamt Herne die verbindliche Auskunft auf.
17 Am 22. Juli 2011
übermittelte die Bundesrepublik Deutschland der Kommission eine Liste der
Unternehmen, die durch die streitige Maßnahme begünstigt worden waren. Sie
übermittelte ferner eine Liste der Unternehmen, bei denen verbindliche Auskünfte
über die Anwendung der Sanierungsklausel aufgehoben worden waren. In dieser
Liste war HBH genannt.
Verfahren vor dem Gericht und angefochtenes
Urteil
18 Mit Klageschrift, die am
6. Juni 2011 bei der Kanzlei des Gerichts einging, erhob HBH Klage auf
Nichtigerklärung des streitgegenständlichen Beschlusses.
19 Die Kommission erhob mit
gesondertem Schriftsatz, der am 16. September 2011 bei der Kanzlei des
Gerichts einging, eine Einrede der Unzulässigkeit gemäß Art. 114 der
Verfahrensordnung des Gerichts vom 2. Mai 1991.
20 Am 29. August 2011
beantragte die Bundesrepublik Deutschland, im Verfahren als Streithelferin zur
Unterstützung der Anträge von HBH zugelassen zu werden. Diesem Antrag wurde
durch Beschluss des Präsidenten der Zweiten Kammer des Gerichts vom
5. Oktober 2011 stattgegeben.
21 Mit Beschluss des
Gerichts vom 21. Mai 2014 wurde die Entscheidung über die Einrede der
Unzulässigkeit gemäß Art. 114 § 4 der Verfahrensordnung vom
2. Mai 1991 dem Endurteil vorbehalten.
22 HBH stützte ihre Klage
auf zwei Gründe: Zum einen sei die streitige Maßnahme prima facie nicht
selektiv, und zum anderen sei sie durch die Natur und den Aufbau des
Steuersystems gerechtfertigt.
23 Mit dem angefochtenen
Urteil hat das Gericht zum einen die Einrede der Unzulässigkeit zurückgewiesen.
Es hat entschieden, dass HBH vom streitgegenständlichen Beschluss unmittelbar
und individuell betroffen sei, und dies im Wesentlichen damit begründet, dass
HBH schon vor dem Erlass des Beschlusses zur Einleitung des förmlichen
Prüfverfahrens ein von den deutschen Behörden bestätigtes Recht auf eine
Steuerersparnis erworben habe. Darüber hinaus habe sie ein
Rechtsschutzinteresse. Zum anderen hat das Gericht die Klage von HBH als
unbegründet abgewiesen.
Anträge der Parteien und Verfahren vor dem
Gerichtshof
24 HBH beantragt mit ihrem
Rechtsmittel,
– die
Nrn. 2 und 3 der Entscheidungsformel des angefochtenen Urteils aufzuheben
sowie den streitgegenständlichen Beschluss für nichtig zu erklären;
– hilfsweise,
die Nrn. 2 und 3 der Entscheidungsformel des angefochtenen Urteils
aufzuheben und die Sache an das Gericht zurückzuverweisen;
– der
Kommission die Kosten aufzuerlegen.
25 Die Kommission beantragt,
das Rechtsmittel zurückzuweisen und HBH die Kosten aufzuerlegen.
26 Mit ihrem
Anschlussrechtsmittel beantragt die Kommission,
– Nr. 1
des Tenors des angefochtenen Urteils aufzuheben;
– die Klage
als unzulässig abzuweisen;
– das
Rechtsmittel zurückzuweisen;
– Nr. 3
des Tenors des angefochtenen Urteils aufzuheben, soweit der Kommission auferlegt
wird, ein Drittel ihrer Kosten zu tragen;
– HBH die
durch das Verfahren vor dem Gericht und vor dem Gerichtshof entstandenen Kosten
aufzuerlegen.
27 HBH beantragt, das
Anschlussrechtsmittel zurückzuweisen und der Kommission die Kosten des
Anschlussrechtsmittels aufzuerlegen.
28 In der mündlichen
Verhandlung hat die Bundesrepublik Deutschland mündlich in der Weise Stellung
genommen, dass sie die Anträge von HBH auf Zurückweisung des
Anschlussrechtsmittels, auf Aufhebung des angefochtenen Urteils, soweit die
Klage als unbegründet abgewiesen worden sei, und auf Nichtigerklärung des
streitgegenständlichen Beschlusses unterstütze.
ZumAnschlussrechtsmittel
29 Da sich das
Anschlussrechtsmittel auf die Zulässigkeit der Klage bezieht, die eine Vorfrage
zu den durch das Rechtsmittel aufgeworfenen Fragen der Begründetheit darstellt,
ist es zuerst zu prüfen.
Vorbringen der Parteien
30 Die Kommission bringt
vor, das Gericht habe in den Rn. 50 bis 79 des angefochtenen Urteils den
Begriff der individuellen Betroffenheit im Sinne von Art. 263 Abs. 4
AEUV rechtsfehlerhaft ausgelegt.
31 Erstens macht sie unter
Bezugnahme auf die Urteile vom 19. Oktober 2000, Italien und Sardegna
Lines/Kommission (C‑15/98 und C‑105/99, EU:C:2000:570), und vom 9 Juni 2011,
Comitato „Venezia vuole vivere“ u. a./Kommission (C‑71/09 P,
C‑73/09 P und C‑76/09 P, EU:C:2011:368), geltend, dass es für die
Frage, ob ein Kläger von einem Beschluss der Kommission, mit dem eine
Beihilferegelung für mit dem Binnenmarkt unvereinbar erklärt werde, individuell
betroffen sei, entscheidend darauf ankomme, ob der Kläger ein tatsächlicher oder
ein potenzieller Empfänger einer aufgrund dieser Regelung gewährten Beihilfe
sei. Nur die tatsächlichen Beihilfeempfänger seien von einem solchen Beschluss
individuell betroffen.
32 In den Rn. 62, 70
und 74 des angefochtenen Urteils habe das Gericht seine Entscheidung jedoch
nicht auf diese Rechtsprechung gegründet, sondern auf Urteile, die für den
vorliegenden Fall nicht einschlägig seien. Im vorliegenden Fall liege nämlich
keiner der Umstände vor, die in den Rechtssachen, in denen die Urteile vom
17. Januar 1985, Piraiki-Patraiki u. a./Kommission (11/82,
EU:C:1985:18), vom 22. Juni 2006, Belgien und Forum 187/Kommission
(C‑182/03 und C‑217/03, EU:C:2006:416), vom 17. September 2009,
Kommission/Koninklijke FrieslandCampina (C‑519/07 P, EU:C:2009:556), vom
27. Februar 2014, Stichting Woonpunt u. a./Kommission
(C‑132/12 P, EU:C:2014:100), und vom 27. Februar 2014, Stichting
Woonlinie u. a./Kommission (C‑133/12 P, EU:C:2014:105), ergangen
seien, auf die sich das Gericht in diesen Randnummern stütze, den Schluss
zugelassen hätten, dass die Kläger individuell betroffen gewesen seien.
33 Für die Beurteilung der
Zulässigkeit der Klage komme es somit entgegen den Ausführungen des Gerichts in
den Rn. 63 und 74 des angefochtenen Urteils nicht auf die „rechtliche und
tatsächliche Situation“ von HBH oder das Vorliegen eines „bestätigten Rechts“
an, sondern allein darauf, ob HBH auf der Grundlage der in Rede stehenden
Beihilferegelung tatsächlich eine Beihilfe erhalten habe oder nicht. Auch die
Rn. 75 und 76 des angefochtenen Urteils wiesen einen Fehler auf, da sich
dem Urteil vom 9. Juni 2011, Comitato „Venezia vuole vivere“
u. a./Kommission (C‑71/09 P, C‑73/09 P und C‑76/09 P,
EU:C:2011:368), auf das sich das Gericht in Rn. 76 gestützt habe, nur
entnehmen lasse, dass es für die Beurteilung der individuellen Betroffenheit
nicht darauf ankomme, ob der Beschluss der Kommission eine
Rückforderungsanordnung hinsichtlich der tatsächlich gewährten Beihilfe
enthalte.
34 Zweitens führt die
Kommission aus, das entscheidende Element, auf das das Gericht bei seiner
Prüfung der „rechtlichen und tatsächlichen Situation“ von HBH die Feststellung
gestützt habe, dass sie vom streitgegenständlichen Beschluss individuell
betroffen sei, bestehe aus dem in Rn. 74 des angefochtenen Urteils
festgestellten Vorliegen eines „bestätigten Rechts“. Sollte unter dem
„bestätigten Recht“ ein bestätigtes Recht im Sinne des Unionsrechts zu verstehen
sein, habe das Gericht jedoch einen Rechtsfehler begangen. Ein solches Recht
könne nämlich nur in Anwendung des Grundsatzes des Vertrauensschutzes anerkannt
werden. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs scheide der Erwerb von
Vertrauensschutz im Fall von Beihilfen, die unter Verstoß gegen die
Notifizierungspflicht in Art. 108 Abs. 3 AEUV gewährt worden seien,
aber grundsätzlich aus.
35 Drittens macht die
Kommission auf der Grundlage des gleichen Vorbringens geltend, das Gericht habe
auch dann, wenn es unter „bestätigtem Recht“ ein bestätigtes Recht im Sinne des
nationalen Rechts verstehe, einen Rechtsfehler begangen, da die Inanspruchnahme
eines bestätigten Rechts nach nationalem Recht unter den Umständen des
vorliegenden Falles ebenfalls im Widerspruch zu der Rechtsprechung stehe, die im
Fall von Beihilfen, die unter Verstoß gegen Art. 108 Abs. 3 AEUV
gewährt worden seien, die Inanspruchnahme eines solchen Rechts ausschließe.
36 Folglich müsse Nr. 1
des Tenors des angefochtenen Urteils aufgehoben und, da HBH durch die in Rede
stehende Beihilferegelung nicht tatsächlich begünstigt werde, die Klage als
unzulässig abgewiesen werden.
37 HBH und die
Bundesrepublik Deutschland halten das Anschlussrechtsmittel für unbegründet.
Würdigung durch den Gerichtshof
38 Nach Art. 263
Abs. 4 AEUV kann jede natürliche oder juristische Person unter den
Bedingungen des Art. 263 Abs. 1 und 2 gegen die an sie gerichteten
oder sie unmittelbar und individuell betreffenden Handlungen sowie gegen
Rechtsakte mit Verordnungscharakter, die sie unmittelbar betreffen und keine
Durchführungsmaßnahmen nach sich ziehen, Klage erheben.
39 Im vorliegenden Fall
steht zum einen fest, dass sich der streitgegenständliche Beschluss, wie das
Gericht in Rn. 57 des angefochtenen Urteils ausgeführt hat, ausschließlich
an die Bundesrepublik Deutschland richtet. Zum anderen hat das Gericht, wie aus
den Rn. 58 bis 79 seines Urteils hervorgeht, eine Klagebefugnis von HBH
aufgrund der Tatsache, dass sie von diesem Beschluss unmittelbar und individuell
betroffen sei, also gemäß der zweiten in Art. 263 Abs. 4 AEUV
genannten Alternative, bejaht.
40 Mit dem ersten Teil ihres
einzigen Anschlussrechtsmittelgrundes macht die Kommission im Wesentlichen
geltend, das Gericht habe in den Rn. 62, 63, 70 und 74 bis 77 des
angefochtenen Urteils einen Rechtsfehler begangen, indem es diese
Zulässigkeitsvoraussetzung der von HBH erhobenen Klage anhand ihrer
tatsächlichen und rechtlichen Situation beurteilt habe, obwohl es allein darauf
angekommen wäre, ob HBH von der in Rede stehenden Beihilferegelung tatsächlich
oder potenziell begünstigt worden sei.
41 Nach ständiger
Rechtsprechung des Gerichtshofs können andere Personen als die Adressaten eines
Beschlusses nur dann geltend machen, von ihm individuell betroffen zu sein, wenn
der Beschluss sie wegen bestimmter persönlicher Eigenschaften oder besonderer,
sie aus dem Kreis aller übrigen Personen heraushebender Umstände berührt und sie
daher in ähnlicher Weise individualisiert wie den Adressaten (Urteile vom
15. Juli 1963, Plaumann/Kommission, 25/62, EU:C:1963:17, S. 238, und
vom 27. Februar 2014, Stichting Woonpunt u. a./Kommission,
C‑132/12 P, EU:C:2014:100, Rn. 57).
42 Der Umstand, dass die
Rechtssubjekte, für die eine Maßnahme gilt, nach Zahl oder sogar nach Identität
mehr oder weniger genau bestimmbar sind, bedeutet keineswegs, dass sie als von
der Maßnahme individuell betroffen anzusehen sind, sofern die Maßnahme aufgrund
eines durch sie bestimmten objektiven Tatbestands rechtlicher oder tatsächlicher
Art anwendbar ist (Urteile vom 16. März 1978, Unicme u. a./Rat,
123/77, EU:C:1978:73, Rn. 16, und vom 19. Dezember 2013,
Telefónica/Kommission, C‑274/12 P, EU:C:2013:852, Rn. 47 und die dort
angeführte Rechtsprechung).
43 Dazu hat der Gerichtshof
entschieden, dass ein Unternehmen einen Beschluss der Kommission, mit dem eine
sektorielle Beihilferegelung verboten wird, grundsätzlich nicht anfechten kann,
wenn es von ihm nur wegen seiner Zugehörigkeit zu dem fraglichen Sektor und
seiner Eigenschaft als durch diese Regelung potenziell Begünstigter betroffen
ist. Ein solcher Beschluss ist nämlich für das Unternehmen eine generelle
Rechtsnorm, die für objektiv bestimmte Situationen gilt und Rechtswirkungen
gegenüber einer allgemein und abstrakt umschriebenen Personengruppe erzeugt
(Urteile vom 19. Oktober 2000, Italien und Sardegna Lines/Kommission,
C‑15/98 und C‑105/99, EU:C:2000:570, Rn. 33 und die dort angeführte
Rechtsprechung, und vom 19. Dezember 2013, Telefónica/Kommission,
C‑274/12 P, EU:C:2013:852, Rn. 49).
44 Berührt ein Beschluss
hingegen eine Gruppe von Personen, deren Identität zum Zeitpunkt seines Erlasses
aufgrund von Kriterien, die den Mitgliedern der Gruppe eigen waren, feststand
oder feststellbar war, können diese Personen von dem Beschluss individuell
betroffen sein, sofern sie zu einem beschränkten Kreis von
Wirtschaftsteilnehmern gehören (Urteile vom 13. März 2008,
Kommission/Infront WM, C‑125/06 P, EU:C:2008:159, Rn. 71 und die dort
angeführte Rechtsprechung, und vom 27. Februar 2014, Stichting Woonpunt
u. a./Kommission, C‑132/12 P, EU:C:2014:100, Rn. 59).
45 So sind die tatsächlich
Begünstigten von Einzelbeihilfen im Rahmen einer Beihilferegelung, deren
Rückforderung die Kommission angeordnet hat, aus diesem Grund im Sinne von
Art. 263 Abs. 4 AEUV individuell betroffen (vgl. in diesem Sinne
Urteil vom 19. Oktober 2000, Italien und Sardegna Lines/Kommission, C‑15/98
und C‑105/99, EU:C:2000:570, Rn. 34 und 35; vgl. auch Urteil vom
9. Juni 2011, Comitato „Venezia vuole vivere“ u. a./Kommission,
C‑71/09 P, C‑73/09 P und C‑76/09 P, EU:C:2011:368,
Rn. 53).
46 Zwar ergibt sich, wie die
Kommission ausführt, aus dieser Rechtsprechung, dass der Gerichtshof zum einen
anerkennt, dass die tatsächlichen Empfänger von Einzelbeihilfen, die aufgrund
einer mit dem Binnenmarkt unvereinbaren Beihilferegelung gewährt wurden, von
einem Beschluss der Kommission, mit dem diese Regelung für mit dem Binnenmarkt
unvereinbar erklärt und die Rückforderung der Beihilfen angeordnet wird,
individuell betroffen sind. Zum anderen schließt der Gerichtshof aus, dass ein
Kläger nur deshalb als individuell betroffen angesehen wird, weil er ein von
dieser Regelung potenziell Begünstigter ist. Jedoch kann hieraus nicht, wie die
Kommission geltend macht, abgeleitet werden, dass bei einem Beschluss der
Kommission, mit dem eine Beihilferegelung für mit dem Binnenmarkt unvereinbar
erklärt wird, zur Beurteilung der individuellen Betroffenheit eines Klägers im
Sinne von Art. 263 Abs. 4 AEUV allein darauf abzustellen ist, ob der
Kläger zu den tatsächlichen oder zu den potenziellen Empfängern einer aufgrund
dieser Regelung gewährten Beihilfe gehört.
47 Wie auch der
Generalanwalt in den Nrn. 57, 59, 67 und 68 seiner Schlussanträge im
Wesentlichen ausgeführt hat, ist nämlich die in den Rn. 43 und 45 des
vorliegenden Urteils angeführte, im speziellen Kontext der staatlichen Beihilfen
entwickelte Rechtsprechung nur ein besonderer Ausdruck des für die Beurteilung
der individuellen Betroffenheit im Sinne von Art. 263 Abs. 4 AEUV
maßgeblichen, im Urteil vom 15. Juli 1963, Plaumann/Kommission (25/62,
EU:C:1963:17), aufgestellten rechtlichen Kriteriums. Nach diesem Urteil ist ein
Kläger von einem an eine andere Person gerichteten Beschluss individuell
betroffen, wenn der Beschluss ihn wegen bestimmter persönlicher Eigenschaften
oder besonderer, ihn aus dem Kreis aller übrigen Personen heraushebender
Umstände berührt (vgl. auch, im Bereich der staatlichen Beihilfen, Urteile vom
19. Oktober 2000, Italien und Sardegna Lines/Kommission, C‑15/98 und
C‑105/99, EU:C:2000:570, Rn. 32, und vom 9. Juni 2011, Comitato
„Venezia vuole vivere“ u. a./Kommission, C‑71/09 P, C‑73/09 P und
C‑76/09 P, EU:C:2011:368, Rn. 52, sowie, in anderen Bereichen, Urteile
vom 17. Januar 1985, Piraiki-Patraiki u. a./Kommission, 11/82,
EU:C:1985:18, Rn. 11, 19 und 31, und vom 13. März 2018, European Union
Copper Task Force/Kommission, C‑384/16 P, EU:C:2018:176, Rn. 93).
48 Ob ein Kläger zur Gruppe
der tatsächlichen Empfänger oder der potenziellen Empfänger einer Einzelbeihilfe
gehört, die aufgrund einer durch Beschluss der Kommission für mit dem
Binnenmarkt unvereinbar erklärten Beihilferegelung gewährt wurde, kann daher
nicht dafür maßgebend sein, ob der Kläger von diesem Beschluss individuell
betroffen ist, wenn jedenfalls feststeht, dass der Beschluss den Kläger überdies
wegen bestimmter persönlicher Eigenschaften oder besonderer, ihn aus dem Kreis
aller übrigen Personen heraushebender Umstände berührt.
49 Aus dem Vorstehenden
ergibt sich, dass das Gericht keinen Rechtsfehler begangen hat, als es zunächst
in den Rn. 60 bis 62 des angefochtenen Urteils auf die in den Rn. 41
bis 44 des vorliegenden Urteils dargestellte Rechtsprechung hingewiesen und sich
dann in Rn. 63 des angefochtenen Urteils der Prüfung zugewandt hat, „ob
[HBH] in Anbetracht ihrer tatsächlichen und rechtlichen Situation als vom
[streitgegenständlichen] Beschluss individuell betroffen anzusehen ist“.
50 Zudem ergibt sich daraus,
dass das Gericht auch dadurch keinen Rechtsfehler begangen hat, dass es in den
Rn. 62, 70 und 74 des angefochtenen Urteils seine Prüfung auf die in
Rn. 32 des vorliegenden Urteils angeführten Urteile gestützt hat, da alle
diese Urteile Anwendungsfälle des im Urteil vom 15. Juli 1963,
Plaumann/Kommission (25/62, EU:C:1963:17), aufgestellten Kriteriums der
individuellen Betroffenheit darstellen, und zwar in Kontexten, in denen, wie im
vorliegenden Fall, ein Rückgriff auf die besondere Ausprägung dieser
Rechtsprechung in Form einer Unterscheidung zwischen den tatsächlichen und den
potenziellen Empfängern einer Einzelbeihilfe, die aufgrund einer für mit dem
Binnenmarkt unvereinbar erklärten Beihilferegelung gewährt wurde, nicht
sachgerecht erschien.
51 Desgleichen hat das
Gericht keinen Rechtsfehler begangen, als es in den Rn. 75 und 76 des
angefochtenen Urteils unter Berufung auf das Urteil vom 9. Juni 2011,
Comitato „Venezia vuole vivere“ u. a./Kommission (C‑71/09 P,
C‑73/09 P und C‑76/09 P, EU:C:2011:368), das Vorbringen der Kommission
zurückgewiesen hat, wonach lediglich eine tatsächlich aus staatlichen Ressourcen
gewährte Begünstigung eine individuelle Betroffenheit von HBH belegen könnte.
Wie bereits in Rn. 47 des vorliegenden Urteils festgestellt, ist ein Kläger
nämlich dann von einem Beschluss der Kommission, mit dem eine Beihilferegelung
für mit dem Binnenmarkt unvereinbar erklärt wird, im Sinne von Art. 263
Abs. 4 AEUV individuell betroffen, wenn ihn dieser Beschluss wegen
bestimmter persönlicher Eigenschaften oder besonderer, ihn aus dem Kreis aller
übrigen Personen heraushebender Umstände berührt, worauf das Gericht im Übrigen
in Rn. 76 des angefochtenen Urteils zutreffend hingewiesen hat.
52 Folglich ist der erste
Teil des einzigen Anschlussrechtsmittelgrundes als unbegründet zurückzuweisen.
53 Mit dem zweiten und dem
dritten Teil des einzigen Anschlussrechtsmittelgrundes wirft die Kommission dem
Gericht vor, in Rn. 74 des angefochtenen Urteils einen Rechtsfehler
begangen zu haben, indem es HBH als individuell betroffen angesehen habe, weil
sie in Anwendung der streitigen Maßnahme ein „bestätigtes Recht“ auf eine
Beihilfe erworben habe.
54 Hierzu ist festzustellen,
dass das Gericht in Rn. 74 des angefochtenen Urteils insbesondere
ausgeführt hat, dass „[in] der vorliegenden Rechtssache … festgestellt worden
ist, dass [HBH] aufgrund der Besonderheiten des deutschen Steuerrechts ein von
den deutschen Steuerbehörden bestätigtes Recht auf eine Steuerersparnis erworben
hatte … Dieser Umstand unterscheidet [HBH] von anderen Wirtschaftsteilnehmern,
die von der streitigen Maßnahme lediglich als potenziell Begünstigte betroffen
sind“; dabei hat es auf Rn. 68 des angefochtenen Urteils verwiesen.
55 In Rn. 68 des
angefochtenen Urteils hat das Gericht festgestellt, dass die von ihm in den
Rn. 66 und 67 dieses Urteils als die tatsächliche und rechtliche Situation
von HBH im Sinne des Urteils vom 15. Juli 1963, Plaumann/Kommission (25/62,
EU:C:1963:17), kennzeichnend herausgearbeiteten Umstände von der deutschen
Steuerverwaltung insbesondere mittels einer verbindlichen Auskunft bestätigt
worden seien. Dabei handelte es sich zum einen um den Umstand, dass HBH vor der
Eröffnung des förmlichen Prüfverfahrens durch die Kommission nach der deutschen
Regelung berechtigt war, ihre Verluste vorzutragen, da die in der
Sanierungsklausel vorgesehenen Voraussetzungen erfüllt waren, und zum anderen um
den Umstand, dass HBH im Jahr 2009 zu versteuernde Gewinne erzielt hatte, von
denen sie die gemäß der Sanierungsklausel vorgetragenen Verluste abgezogen
hätte.
56 Daraus hat das Gericht in
Rn. 69 des angefochtenen Urteils folgende Schlüsse gezogen: „Nach der
deutschen Regelung war es … am Ende des Steuerjahrs 2009 sicher, dass [HBH] eine
Steuerersparnis erzielt hätte, die sie im Übrigen genau beziffern konnte. Da die
deutschen Behörden nämlich hinsichtlich der Anwendung der streitigen Maßnahme
über kein Ermessen verfügten, war aufgrund der Durchführungsvorschriften des
Steuersystems der Eintritt der genannten Steuerersparnis … lediglich eine Frage
der Zeit. [HBH] besaß somit ein erworbenes, von den deutschen Behörden vor dem
Erlass des Eröffnungsbeschlusses und dann des [streitgegenständlichen]
Beschlusses bestätigtes Recht auf Gewährung dieser Steuerersparnis. Sie wäre
ohne diese Beschlüsse durch den Erlass eines Steuerbescheids konkretisiert
worden, mit dem der Verlustvortrag und dessen anschließende Aufnahme in die
Bilanz der Klägerin gebilligt worden wären. Sie konnte daher von den deutschen
Steuerbehörden und der Kommission leicht festgestellt werden.“
57 In Rn. 70 des
angefochtenen Urteils ist das Gericht dann zu dem Ergebnis gekommen, dass HBH
„nicht nur als ein Unternehmen anzusehen [ist], das aufgrund seiner
Zugehörigkeit zum fraglichen Sektor und seiner Eigenschaft als potenziell
Begünstigter vom [streitgegenständlichen] Beschluss betroffen war, sondern … zum
Zeitpunkt des Erlasses des [streitgegenständlichen] Beschlusses zu einem
geschlossenen Kreis von feststehenden oder zumindest leicht feststellbaren
Wirtschaftsteilnehmern im Sinne des Urteils [vom 15. Juli 1963,
Plaumann/Kommission (25/62, EU:C:1963:17),] [gehörte]“.
58 Somit geht aus einer
Gesamtschau der relevanten Abschnitte des angefochtenen Urteils hervor, dass das
Gericht mit der Verwendung des Ausdrucks „bestätigtes Recht“ in Rn. 74 des
angefochtenen Urteils lediglich in knapper Form auf die besondere tatsächliche
und rechtliche Situation von HBH verweisen wollte, aufgrund deren sie als vom
streitgegenständlichen Beschluss individuell betroffen im Sinne des Urteils vom
15. Juli 1963, Plaumann/Kommission (25/62, EU:C:1963:17), angesehen werden
konnte.
59 Da der zweite und der
dritte Teil des einzigen Anschlussrechtsmittelgrundes somit auf einem
Fehlverständnis des angefochtenen Urteils beruhen, sind sie als unbegründet
zurückzuweisen; infolgedessen ist das Anschlussrechtsmittel insgesamt
zurückzuweisen.
Zum Rechtsmittel
60 HBH stützt ihr
Rechtsmittel auf zwei Gründe, und zwar erstens auf einen Verstoß gegen die
Begründungspflicht des Gerichts und zweitens auf einen Verstoß gegen
Art. 107 AEUV. Zunächst ist der zweite Rechtsmittelgrund zu prüfen.
Vorbringen der Parteien
61 Mit ihrem zweiten
Rechtsmittelgrund macht HBH geltend, erstens habe das Gericht gegen
Art. 107 AEUV verstoßen, indem es durch die Bestätigung des Standpunkts der
Kommission, wonach die Regel des Verfalls von Verlusten das im vorliegenden Fall
maßgebende Referenzsystem darstelle, das Referenzsystem falsch bestimmt habe. In
den Rn. 103 und 106 des angefochtenen Urteils habe das Gericht in einem
ersten Schritt zutreffend die allgemeine Steuerregelung herausgearbeitet,
nämlich die Regel des Verlustvortrags. Es habe jedoch die in § 8c
Abs. 1 KStG aufgestellte Regel des Verfalls von Verlusten, also die
Ausnahme von der allgemeinen Regelung, als die für die Prüfung der Voraussetzung
der Selektivität relevante allgemeine oder normale Steuerregelung herangezogen.
Es habe fälschlich die Regel des Verlustvortrags nicht berücksichtigt. Indem es
somit eine Ausnahme von der allgemeinen Steuerregelung als „Referenzsystem“
qualifiziert habe, habe es einen Rechtsfehler begangen oder zumindest die ihm
vorgelegten Beweise bzw. das nationale Recht verfälscht.
62 Ein weiterer Rechtsfehler
bestehe darin, dass die allgemeine oder normale Steuerregelung mittels einer
Synthese von Grundregel und Ausnahme bestimmt worden sei, zumal sich die Regeln,
deren Synthese das Gericht in Rn. 104 des angefochtenen Urteils vornehme,
nicht auf der gleichen normativen Stufe befänden, da die Regel des
Verlustvortrags eine Ausprägung des verfassungsrechtlichen Prinzips der
Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit darstelle.
63 Außerdem ergebe sich aus
den Rn. 104 und 107 des angefochtenen Urteils, dass das Gericht bei der
Bestimmung des Referenzsystems auch die erste und die zweite Stufe der
Selektivitätsprüfung miteinander vermengt und somit die Rechtsprechung
fehlerhaft angewandt habe.
64 Zweitens habe das Gericht
bei seiner Prüfung, ob die streitige Maßnahme prima facie selektiv sei,
gegen Art. 107 AEUV verstoßen. Zum einen habe es rechtsfehlerhaft
angenommen, dass die tatsächliche und rechtliche Situation sanierungsbedürftiger
und gesunder Unternehmen vergleichbar sei. Insbesondere könne das mit jeder
Steuervorschrift verfolgte Ziel der Generierung von Steuereinnahmen keine
ausreichende Vergleichbarkeit der Situation der betreffenden
Wirtschaftsteilnehmer herstellen.
65 Zum anderen sei die
Sanierungsklausel sehr wohl eine allgemeine Maßnahme. Rn. 141 des
angefochtenen Urteils stehe im Widerspruch zur Rechtsprechung, wonach es für die
Beurteilung des allgemeinen Charakters einer Maßnahme nur darauf ankomme, ob sie
unabhängig von der Art oder dem Gegenstand der Tätigkeit des Unternehmens
Anwendung finde oder ob ihre Anwendung erfordere, dass das Unternehmen seine
Tätigkeit ändert.
66 Drittens habe das Gericht
dadurch gegen Art. 107 AEUV verstoßen, dass es die Sanierungsklausel nicht
als gerechtfertigt angesehen habe. In den Rn. 158 bis 160 und 164 bis 166
des angefochtenen Urteils habe es fälschlich festgestellt, dass das Ziel dieser
Klausel darin bestehe, die Sanierung von Unternehmen in Schwierigkeiten zu
fördern, und sei zu dem Ergebnis gekommen, dass dieses Ziel außerhalb des
Steuersystems liege. In den Rn. 166 bis 170 seines Urteils habe es
ebenfalls fälschlich die Rechtfertigung der Klausel mit dem Prinzip der
Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit zurückgewiesen.
67 Darüber hinaus macht HBH
geltend, ihr zweiter Rechtsmittelgrund sei zulässig, da er nur Rechtsfragen
betreffe. Insbesondere betreffe er nicht die Tatsachenwürdigung, sondern die
Anwendung falscher Kriterien bei der Bestimmung des Referenzsystems und die
rechtliche Einstufung der Tatsachen durch das Gericht, was vom Gerichtshof im
Rahmen eines Rechtsmittels überprüft werde.
68 Die Kommission hält den
zweiten Rechtsmittelgrund für unzulässig. Sein erster und sein dritter Teil
beträfen die Feststellung des nationalen Rechts und somit Tatsachenfragen.
Jedenfalls beruhe der erste Teil dieses Rechtsmittelgrundes, mit dem HBH dem
Gericht vorwerfe, das Referenzsystem unter Berücksichtigung einer nur auf eine
bestimmte Gruppe von Unternehmen anwendbaren Regelung bestimmt zu haben, auf
einem Fehlverständnis der Rn. 103 bis 109 des angefochtenen Urteils. Aus
ihnen gehe hervor, dass das Gericht nur das für alle Unternehmen geltende Recht
ermittelt habe, da die wirtschaftliche Identität und Kontinuität das maßgebende
Kriterium für die Frage des Verlustvortrags darstelle; dabei handele es sich um
Tatsachenfragen.
69 Auch der zweite Teil des
zweiten Rechtsmittelgrundes sei unzulässig. Zum einen seien die Frage der
Vergleichbarkeit der Situation der Wirtschaftsteilnehmer und die Frage der
Ermittlung des insoweit maßgebenden Ziels Tatsachenfragen. Zum anderen habe das
Gericht einen Rechtsfehler begangen, indem es das ihm von HBH unterbreitete
Vorbringen zur Einstufung der streitigen Maßnahme als allgemeine Maßnahme für
zulässig erklärt habe, da es nicht als Erweiterung des ersten Teils des ersten
bei ihm geltend gemachten Klagegrundes hätte angesehen werden dürfen.
70 Hilfsweise sei der zweite
Rechtsmittelgrund unbegründet. Erstens werde die von HBH zur Definition des
Referenzsystems vertretene These weder durch das einschlägige deutsche Recht
noch durch die dem Gericht vorgelegten Schriftstücke gestützt. Der deutsche
Gesetzgeber habe zudem selbst die Regel des Verfalls von Verlusten als neue
Grundregel definiert. Das Gericht habe somit rechtsfehlerfrei festgestellt, dass
nach der Einführung von § 8c Abs. 1 KStG der Wegfall des
Verlustvortrags im Fall des schädlichen Beteiligungserwerbs die neue Grundregel
des deutschen Steuerrechts darstelle.
71 Zweitens beruhten die
Ausführungen von HBH zur angeblich fehlenden Vergleichbarkeit der Situationen
der betreffenden Wirtschaftsteilnehmer auf einem Fehlverständnis des
angefochtenen Urteils. Zum einen gebe es aus dem Blickwinkel des Wechsels der
wirtschaftlichen Identität keinen Unterschied zwischen sanierungsbedürftigen und
nicht sanierungsbedürftigen Unternehmen.
72 Zum anderen sei die
Sanierungsklausel keine allgemeine, sondern eine selektive Maßnahme. Auf das
Urteil vom 7. November 2014, Autogrill España/Kommission (T‑219/10,
EU:T:2014:939), lasse sich dabei der Standpunkt von HBH nicht mit Erfolg
stützen.
73 Drittens habe das Gericht
im Rahmen seiner souveränen Tatsachenwürdigung zutreffend festgestellt, dass die
Sanierungsklausel dazu diene, Unternehmen in Schwierigkeiten zu helfen.
Jedenfalls gehe das Vorbringen, dass diese Klausel eine Übermaßbesteuerung
verhindern solle, ins Leere, weil das Gericht in den Rn. 167 bis 173 des
angefochtenen Urteils festgestellt habe, dass auch bei Heranziehung dieses Ziels
eine Rechtfertigung ausgeschlossen sei. Darüber hinaus habe das Gericht auch das
auf das deutsche Verfassungsrecht und die Scheingewinne gestützte Vorbringen zu
Recht zurückgewiesen.
74 Die Bundesrepublik
Deutschland macht geltend, das Gericht habe ebenso wie die Kommission bei der
Bestimmung des Referenzsystems einen Rechtsfehler begangen. Unter Verweis auf
die Urteile vom 15. November 2011, Kommission und Spanien/Government of
Gibraltar und Vereinigtes Königreich (C‑106/09 P und C‑107/09 P,
EU:C:2011:732), und vom 21. Dezember 2016, Kommission/World Duty Free Group
u. a. (C‑20/15 P und C‑21/15 P, EU:C:2016:981), weist sie darauf
hin, dass die Kommission, wenn sie eine Maßnahme als „selektiv“ einstufen wolle,
zunächst die normale in dem betreffenden Mitgliedstaat anwendbare Steuerregelung
ermitteln und dann nachweisen müsse, dass die geprüfte Maßnahme
Differenzierungen zwischen Unternehmen schaffe, die sich im Hinblick auf das mit
dieser Regelung verfolgte Ziel in einer vergleichbaren tatsächlichen und
rechtlichen Lage befänden. Daher könne einem nur auf der Regelungstechnik
basierenden Ansatz nicht gefolgt werden.
75 Im vorliegenden Fall habe
der Ansatz der Kommission jedoch allein auf der Regelungstechnik beruht, und das
Gericht habe einen Rechtsfehler begangen, da es ihn nicht in Frage gestellt
habe, obwohl er im Widerspruch zur Rechtsprechung des Gerichtshofs stehe. Dabei
habe das Gericht im angefochtenen Urteil Inhalt und Umfang der einschlägigen
Steuervorschriften zutreffend festgestellt, sie aber rechtlich fehlerhaft
eingestuft.
Würdigung durch den Gerichtshof
76 Mit dem ersten Teil ihres
zweiten Rechtsmittelgrundes macht HBH, unterstützt durch die Bundesrepublik
Deutschland, im Wesentlichen geltend, das Gericht habe in den Rn. 103 bis
107 des angefochtenen Urteils das Referenzsystem falsch bestimmt, in dessen
Rahmen der selektive Charakter der streitigen Maßnahme zu prüfen sei.
77 Da die Kommission die
Zulässigkeit dieses ersten Teils mit der Begründung in Abrede stellt, dass er
Tatsachenfragen betreffe, ist darauf hinzuweisen, dass zwar die Würdigung der
Tatsachen und der Beweise, sofern sie nicht verfälscht werden, keine Rechtsfrage
ist, die als solche der Kontrolle des Gerichtshofs im Rahmen eines Rechtsmittels
unterliegt. Wenn das Gericht die Tatsachen festgestellt oder gewürdigt hat, ist
der Gerichtshof jedoch nach Art. 256 AEUV zur Kontrolle ihrer rechtlichen
Qualifizierung und der daraus gezogenen rechtlichen Konsequenzen befugt (Urteile
vom 3. April 2014, Frankreich/Kommission, C‑559/12 P, EU:C:2014:217,
Rn. 78 und die dort angeführte Rechtsprechung, und vom 20. Dezember
2017, Comunidad Autónoma del País Vasco u. a./Kommission, C‑66/16 P
bis C‑69/16 P, EU:C:2017:999, Rn. 97).
78 Somit kann der
Gerichtshof, wenn er im Rahmen eines Rechtsmittels Beurteilungen des nationalen
Rechts durch das Gericht prüft, die im Bereich des Beihilfenrechts
Tatsachenwürdigungen darstellen, nur prüfen, ob dieses Recht verfälscht wurde
(vgl. in diesem Sinne Urteile vom 3. April 2014, Frankreich/Kommission,
C‑559/12 P, EU:C:2014:217, Rn. 79 und die dort angeführte
Rechtsprechung, und vom 20. Dezember 2017, Comunidad Autónoma del País
Vasco u. a./Kommission, C‑66/16 P bis C‑69/16 P, EU:C:2017:999,
Rn. 98). Dagegen fällt die im Rahmen eines Rechtsmittels vorgenommene
Überprüfung der rechtlichen Qualifizierung des nationalen Rechts durch das
Gericht anhand einer Bestimmung des Unionsrechts, da sie eine Rechtsfrage
darstellt, in die Zuständigkeit des Gerichtshofs (vgl. in diesem Sinne Urteile
vom 3. April 2014, Frankreich/Kommission, C‑559/12 P, EU:C:2014:217,
Rn. 83, und vom 21. Dezember 2016, Kommission/Hansestadt Lübeck,
C‑524/14 P, EU:C:2016:971, Rn. 61 bis 63).
79 Im vorliegenden Fall ist
festzustellen, dass sich HBH mit dem ersten Teil ihres zweiten
Rechtsmittelgrundes nicht gegen die Feststellungen des Gerichts zum Inhalt oder
zur Tragweite des nationalen Rechts wendet, sondern gegen die vom Gericht, wie
auch von der Kommission im streitgegenständlichen Beschluss, vorgenommene
Einstufung der Regel des Verfalls von Verlusten als „Referenzsystem“.
80 Der Begriff
„Referenzsystem“ bezieht sich jedoch auf den ersten Schritt der Prüfung des
Tatbestandsmerkmals der Selektivität des Vorteils, das nach der Rechtsprechung
des Gerichtshofs zum Begriff der staatlichen Beihilfe im Sinne von Art. 107
Abs. 1 AEUV gehört (Urteile vom 15. November 2011, Kommission und
Spanien/Government of Gibraltar und Vereinigtes Königreich, C‑106/09 P und
C‑107/09 P, EU:C:2011:732, Rn. 74 und die dort angeführte
Rechtsprechung, und vom 21. Dezember 2016, Kommission/World Duty Free Group
u. a., C‑20/15 P und C‑21/15 P, EU:C:2016:981, Rn. 54).
81 Da das Vorbringen von HBH
somit darauf abzielt, die vom Gericht vorgenommene rechtliche Einstufung der
Tatsachen in Frage zu stellen, ist der erste Teil des zweiten
Rechtsmittelgrundes zulässig.
82 In der Sache ist darauf
hinzuweisen, dass nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs die Einstufung
einer nationalen Maßnahme als „staatliche Beihilfe“ im Sinne von Art. 107
Abs. 1 AEUV verlangt, dass alle nachfolgend genannten Voraussetzungen
erfüllt sind. Erstens muss es sich um eine staatliche Maßnahme oder eine
Maßnahme unter Inanspruchnahme staatlicher Mittel handeln. Zweitens muss die
Maßnahme geeignet sein, den Handel zwischen den Mitgliedstaaten zu
beeinträchtigen. Drittens muss dem Begünstigten durch sie ein selektiver Vorteil
gewährt werden. Viertens muss sie den Wettbewerb verfälschen oder zu verfälschen
drohen (Urteile vom 10. Juni 2010, Fallimento Traghetti del Mediterraneo,
C‑140/09, EU:C:2010:335, Rn. 31 und die dort angeführte Rechtsprechung, und
vom 21. Dezember 2016, Kommission/World Duty Free Group u. a.,
C‑20/15 P und C‑21/15 P, EU:C:2016:981, Rn. 53).
83 In Bezug auf die
Voraussetzung der Selektivität des Vorteils geht aus einer ebenfalls ständigen
Rechtsprechung des Gerichtshofs hervor, dass bei der Beurteilung dieser
Voraussetzung zu klären ist, ob die fragliche nationale Maßnahme im Rahmen einer
konkreten rechtlichen Regelung geeignet ist, „bestimmte Unternehmen oder
Produktionszweige“ gegenüber anderen Unternehmen oder Produktionszweigen zu
begünstigen, die sich im Hinblick auf das mit der betreffenden Regelung
verfolgte Ziel in einer vergleichbaren tatsächlichen und rechtlichen Situation
befinden und somit eine unterschiedliche Behandlung erfahren, die im
Wesentlichen als diskriminierend eingestuft werden kann (Urteil vom
21. Dezember 2016, Kommission/World Duty Free Group u. a.,
C‑20/15 P und C‑21/15 P, EU:C:2016:981, Rn. 54 und die dort
angeführte Rechtsprechung).
84 Ist die in Rede stehende
Maßnahme als Beihilferegelung und nicht als Einzelbeihilfe beabsichtigt, obliegt
es außerdem der Kommission, darzutun, dass die Maßnahme, obwohl sie einen
allgemeinen Vorteil vorsieht, diesen allein bestimmten Unternehmen oder Branchen
verschafft (Urteil vom 21. Dezember 2016, Kommission/World Duty Free Group
u. a., C‑20/15 P und C‑21/15 P, EU:C:2016:981, Rn. 55 und
die dort angeführte Rechtsprechung).
85 Insbesondere in Bezug auf
nationale Maßnahmen, die einen Steuervorteil verschaffen, ist darauf
hinzuweisen, dass eine derartige Maßnahme, die zwar nicht mit der Übertragung
staatlicher Mittel verbunden ist, die Begünstigten aber finanziell besser stellt
als die übrigen Steuerpflichtigen, den Empfängern einen selektiven Vorteil
verschaffen kann und daher eine staatliche Beihilfe im Sinne von Art. 107
Abs. 1 AEUV darstellt. Dagegen stellt ein Steuervorteil, der sich aus einer
unterschiedslos auf alle Wirtschaftsteilnehmer anwendbaren allgemeinen Maßnahme
ergibt, keine Beihilfe im Sinne dieser Bestimmung dar (vgl. in diesem Sinne
Urteil vom 15. November 2011, Kommission und Spanien/Government of
Gibraltar und Vereinigtes Königreich, C‑106/09 P und C‑107/09 P,
EU:C:2011:732, Rn. 72 und 73 sowie die dort angeführte Rechtsprechung; vgl.
auch Urteil vom 21. Dezember 2016, Kommission/World Duty Free Group
u. a., C‑20/15 P und C‑21/15 P, EU:C:2016:981, Rn. 56).
86 In diesem Kontext muss
die Kommission, um eine nationale steuerliche Maßnahme als „selektiv“
einzustufen, in einem ersten Schritt die im betreffenden Mitgliedstaat geltende
allgemeine oder „normale“ Steuerregelung ermitteln und in einem zweiten Schritt
dartun, dass die in Rede stehende steuerliche Maßnahme insofern vom allgemeinen
System abweicht, als sie Differenzierungen zwischen Wirtschaftsteilnehmern
schafft, die sich im Hinblick auf das mit der allgemeinen Regelung verfolgte
Ziel in einer vergleichbaren tatsächlichen und rechtlichen Situation befinden
(Urteil vom 21. Dezember 2016, Kommission/World Duty Free Group u. a.,
C‑20/15 P und C‑21/15 P, EU:C:2016:981, Rn. 57 und die dort
angeführte Rechtsprechung).
87 Der Begriff „staatliche
Beihilfe“ erfasst jedoch nicht die Maßnahmen, mit denen eine Differenzierung
zwischen Unternehmen geschaffen wird, die sich im Hinblick auf das mit der in
Rede stehenden rechtlichen Regelung verfolgte Ziel in einer vergleichbaren
tatsächlichen und rechtlichen Situation befinden und damit a priori
selektiv sind, sofern der betreffende Mitgliedstaat in einem dritten Schritt
nachweisen kann, dass diese Differenzierung gerechtfertigt ist, weil sie sich
aus der Natur oder dem Aufbau des Systems ergibt, in das sich die Maßnahmen
einfügen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 6. September 2006,
Portugal/Kommission, C‑88/03, EU:C:2006:511, Rn. 52; vgl. auch Urteil vom
21. Dezember 2016, Kommission/World Duty Free Group u. a.,
C‑20/15 P und C‑21/15 P, EU:C:2016:981, Rn. 58 und die dort
angeführte Rechtsprechung).
88 Die Prüfung des
Tatbestandsmerkmals der Selektivität impliziert somit grundsätzlich in einem
ersten Schritt die Bestimmung des Referenzsystems, in das sich die betreffende
Maßnahme einfügt. Ihr kommt im Fall von steuerlichen Maßnahmen erhöhte Bedeutung
zu, da das tatsächliche Vorliegen einer Vergünstigung nur im Verhältnis zu einer
sogenannten „normalen“ Besteuerung festgestellt werden kann (vgl. in diesem
Sinne Urteile vom 6. September 2006, Portugal/Kommission, C‑88/03,
EU:C:2006:511, Rn. 56, und vom 21. Dezember 2016,
Kommission/Hansestadt Lübeck, C‑524/14 P, EU:C:2016:971, Rn. 55).
89 Somit hängt die
Bestimmung aller Unternehmen, die sich in einer vergleichbaren tatsächlichen und
rechtlichen Situation befinden, von der vorherigen Definition der rechtlichen
Regelung ab, anhand von deren Ziel gegebenenfalls die Vergleichbarkeit der
jeweiligen tatsächlichen und rechtlichen Situation der durch die fragliche
Maßnahme begünstigten Unternehmen und der durch sie nicht begünstigten
Unternehmen zu prüfen ist (Urteil vom 21. Dezember 2016,
Kommission/Hansestadt Lübeck, C‑524/14 P, EU:C:2016:971, Rn. 60).
90 Die Einstufung eines
Steuersystems als „selektiv“ ist jedoch nicht davon abhängig, dass es so
konzipiert ist, dass die Unternehmen, denen möglicherweise eine selektive
Begünstigung zugutekommt, im Allgemeinen denselben steuerlichen Belastungen
unterliegen wie die übrigen Unternehmen, aber von Ausnahmevorschriften
profitieren, so dass die selektive Begünstigung im Unterschied zwischen der
normalen steuerlichen Belastung und der Belastung der erstgenannten Unternehmen
erblickt werden kann (Urteil vom 15. November 2011, Kommission und
Spanien/Government of Gibraltar und Vereinigtes Königreich, C‑106/09 P und
C‑107/09 P, EU:C:2011:732, Rn. 91).
91 Ein solches Verständnis
des Kriteriums der Selektivität würde nämlich voraussetzen, dass eine
Steuerregelung, um als „selektiv“ eingestuft werden zu können, mittels einer
bestimmten Regelungstechnik konzipiert ist, was dazu führen würde, dass
nationale Steuervorschriften der Kontrolle auf dem Gebiet der staatlichen
Beihilfen von vornherein allein deshalb entzogen sind, weil sie auf einer
anderen Regelungstechnik beruhen, obwohl sie rechtlich und/oder tatsächlich
durch die Anpassung oder Verknüpfung verschiedener Steuervorschriften dieselben
Wirkungen entfalten. Es verstieße damit gegen die ständige Rechtsprechung,
wonach Art. 107 Abs. 1 AEUV nicht nach den Gründen und Zielen der
staatlichen Maßnahmen unterscheidet, sondern sie anhand ihrer Wirkungen und
somit unabhängig von den verwendeten Techniken beschreibt (vgl. in diesem Sinne
Urteil vom 15. November 2011, Kommission und Spanien/Government of
Gibraltar und Vereinigtes Königreich, C‑106/09 P und C‑107/09 P,
EU:C:2011:732, Rn. 87, 92 und 93 sowie die dort angeführte
Rechtsprechung).
92 Wenn nach dieser
Rechtsprechung nationale Steuervorschriften nicht durch den Rückgriff auf eine
bestimmte Regelungstechnik von vornherein der im AEU-Vertrag vorgesehenen
Kontrolle im Bereich der staatlichen Beihilfen entzogen werden können, kann der
Rückgriff auf die verwendete Regelungstechnik auch nicht zur Bestimmung des für
die Prüfung des Tatbestandsmerkmals der Selektivität maßgebenden Referenzsystems
ausreichen, da sonst die Form der staatlichen Maßnahmen in entscheidender Weise
Vorrang vor ihren Wirkungen genösse. Wie im Wesentlichen auch der Generalanwalt
in Nr. 108 seiner Schlussanträge ausgeführt hat, kann die verwendete
Regelungstechnik daher kein für die Bestimmung des Referenzsystems
ausschlaggebender Gesichtspunkt sein.
93 Aus derselben
Rechtsprechung geht allerdings hervor, dass die verwendete Regelungstechnik zwar
nicht für den Nachweis der Selektivität einer steuerlichen Maßnahme
ausschlaggebend ist, so dass es nicht immer erforderlich ist, dass sie von einer
allgemeinen Steuerregelung abweicht, doch ist der Umstand, dass sie durch die
Verwendung dieser Regelungstechnik einen solchen Charakter aufweist, für diese
Zwecke relevant, wenn sich daraus ergibt, dass zwei Gruppen von
Wirtschaftsteilnehmern voneinander unterschieden werden und a priori
unterschiedlich behandelt werden – und zwar diejenigen, die unter die
abweichende Maßnahme fallen, und diejenigen, die weiterhin unter die allgemeine
Steuerregelung fallen –, obwohl sich diese beiden Gruppen im Hinblick auf
das mit der Regelung verfolgte Ziel in einer vergleichbaren Situation befinden
(vgl. in diesem Sinne Urteil vom 21. Dezember 2016, Kommission/World Duty
Free Group u. a., C‑20/15 P und C‑21/15 P, EU:C:2016:981,
Rn. 77).
94 Überdies ist darauf
hinzuweisen, dass der Umstand, dass nur Steuerpflichtige, die die
Voraussetzungen für die Anwendung einer Maßnahme erfüllen, diese in Anspruch
nehmen können, als solcher dieser Maßnahme keinen selektiven Charakter verleihen
kann (Urteile vom 29. März 2012, 3M Italia, C‑417/10, EU:C:2012:184,
Rn. 42, und vom 21. Dezember 2016, Kommission/World Duty Free Group
u. a., C‑20/15 P und C‑21/15 P, EU:C:2016:981, Rn. 59).
95 Im Licht dieser
Erwägungen ist zu prüfen, ob das Gericht, wie HBH und die Bundesrepublik
Deutschland vorbringen, im vorliegenden Fall Art. 107 Abs. 1 AEUV in
seiner Auslegung durch den Gerichtshof verkannt hat, indem es entschieden hat,
dass die Kommission keinen Rechtsfehler begangen habe, als sie davon ausgegangen
sei, dass das für die Beurteilung des selektiven Charakters der streitigen
Maßnahme maßgebende Referenzsystem allein aus der Regel des Verfalls von
Verlusten bestehe.
96 Insoweit ist
festzustellen, dass das Gericht in Rn. 103 des angefochtenen Urteils darauf
hingewiesen hat, dass „die Kommission im [streitgegenständlichen] Beschluss die
Regel des Verfalls von Verlusten … als die allgemeine Regel bezeichnet hat, nach
der zu prüfen sei, ob zwischen Unternehmen, die sich in einer vergleichbaren
tatsächlichen und rechtlichen Lage befänden, differenziert worden sei. [HBH]
bezieht sich demgegenüber auf die allgemeinere, für jede Besteuerung geltende
Regel des Verlustvortrags.“
97 In Rn. 104 seines
Urteils hat das Gericht ferner darauf hingewiesen, dass „die Regel des
Verlustvortrags eine Möglichkeit ist, in deren Genuss alle Unternehmen bei der
Anwendung der Körperschaftsteuer kommen“, und dass „die Regel des Verfalls von
Verlusten diese Möglichkeit beim Erwerb einer Beteiligung von 25 % oder
mehr einschränkt und beim Erwerb einer Beteiligung von mehr als 50 %
ausschließt“. Es hat sodann festgestellt, dass „[d]ie letztgenannte Regel …
demnach systematisch für alle Fälle eines Wechsels der Anteilseigner [gilt], die
25 % oder mehr der Anteile halten, unbeschadet der Art oder der Merkmale
der betreffenden Unternehmen“.
98 In Rn. 105 des
angefochtenen Urteils hat das Gericht Folgendes hinzugefügt: „Außerdem ist die
Sanierungsklausel ihrem Wortlaut nach eine Ausnahme von der Regel des Verfalls
von Verlusten und gilt nur in genau definierten Situationen, die unter die
letztgenannte Regel fallen.“
99 Hieraus hat das Gericht
in Rn. 106 seines Urteils abgeleitet, dass „festzustellen [ist], dass die
Regel des Verfalls von Verlusten ebenso wie die Regel des Verlustvortrags zum
rechtlichen Rahmen der streitigen Maßnahme gehört. Mit anderen Worten besteht
der im vorliegenden Fall relevante rechtliche Rahmen aus der allgemeinen Regel
des Verlustvortrags, die durch die Regel des Verfalls von Verlusten
eingeschränkt wird, und in eben diesem Rahmen ist zu prüfen, ob die streitige
Maßnahme Differenzierungen zwischen Wirtschaftsteilnehmern schafft, die sich in
einer vergleichbaren tatsächlichen und rechtlichen Lage im Sinne der
Rechtsprechung befinden.“
100 In
Rn. 107 des angefochtenen Urteils hat das Gericht daraus den Schluss
gezogen, dass „die Kommission keinen Fehler begangen hat, als sie unter
gleichzeitiger Anerkennung der Existenz einer allgemeineren Regel, nämlich der
des Verlustvortrags, zu dem Ergebnis kam, dass der bei der Beurteilung der
Selektivität der streitigen Maßnahme angelegte rechtliche Bezugsrahmen in der
Regel des Verfalls von Verlusten zu sehen sei“.
101 Wie HBH und die Bundesrepublik
Deutschland vorbringen, hat diese Argumentation dazu geführt, dass das Gericht
fälschlich allein die Regel des Verfalls von Verlusten als Referenzsystem im
Sinne der Rechtsprechung zu Art. 107 Abs. 1 AEUV eingestuft und die
allgemeine Regel des Verlustvortrags von diesem Referenzsystem ausgenommen
hat.
102 Aus dieser Argumentation geht
nämlich hervor, dass das Gericht trotz seiner Feststellung, dass es eine für
alle körperschaftsteuerpflichtigen Unternehmen geltende allgemeine Steuerregel,
nämlich die Regel des Verlustvortrags, gebe, gleichwohl entschieden hat, dass
die Kommission keinen Fehler begangen habe, als sie davon ausgegangen sei, dass
das für die Beurteilung des selektiven Charakters der streitigen Maßnahme
maßgebende Referenzsystem allein aus der Regel des Verfalls von Verlusten
bestehe, obwohl die letztgenannte Regel selbst unstreitig eine Ausnahme von der
Regel des Verlustvortrags darstellte und obwohl die Prüfung des gesamten Inhalts
dieser Bestimmungen die Feststellung hätte ermöglichen müssen, dass die
Sanierungsklausel dazu führte, eine unter die allgemeine Regel des
Verlustvortrags fallende Situation zu definieren.
103 Wie auch der Generalanwalt in
Nr. 109 seiner Schlussanträge im Wesentlichen ausgeführt hat, geht jedoch
aus der in den Rn. 90 bis 93 des vorliegenden Urteils angeführten
Rechtsprechung des Gerichtshofs hervor, dass die Selektivität einer steuerlichen
Maßnahme anhand eines Referenzsystems, das aus einigen Bestimmungen besteht, die
aus einem breiteren rechtlichen Rahmen künstlich herausgelöst wurden, nicht
zutreffend beurteilt werden kann. Durch den Ausschluss der allgemeinen Regel des
Verlustvortrags von dem im vorliegenden Fall maßgebenden Referenzsystem hat das
Gericht somit dieses System offensichtlich zu eng definiert.
104 Soweit das Gericht diese
Schlussfolgerung darauf gestützt hat, dass die streitige Maßnahme ihrem Wortlaut
nach eine Ausnahme von der Regel des Verfalls von Verlusten sei, ist darauf
hinzuweisen, dass die verwendete Regelungstechnik, wie bereits in Rn. 92
des vorliegenden Urteils ausgeführt, kein für die Bestimmung des Referenzsystems
ausschlaggebender Gesichtspunkt sein kann.
105 Auch dem Urteil vom 18. Juli
2013, P (C‑6/12, EU:C:2013:525), kann im vorliegenden Fall kein stichhaltiges
Argument zur Stützung des angefochtenen Urteils entnommen werden, da sich der
Gerichtshof in diesem Urteil nicht dazu geäußert hat, was in der ihm
unterbreiteten Rechtssache das Referenzsystem darstellen musste.
106 Nach alledem ist der erste Teil des
zweiten Rechtsmittelgrundes von HBH begründet, ohne dass insoweit die übrige zu
seiner Stützung vorgebrachte Argumentation geprüft zu werden braucht. Ferner ist
festzustellen, dass das Gericht auf der Grundlage seiner rechtsfehlerhaften
Würdigung, wonach die Kommission mit ihrer Feststellung, dass das im
vorliegenden Fall für die Beurteilung des selektiven Charakters der streitigen
Maßnahme maßgebende Referenzsystem allein aus der Regel des Verfalls von
Verlusten bestehe, keinen Fehler begangen habe, das weitere Vorbringen von HBH
geprüft hat, mit dem zum einen das Fehlen eines prima facie selektiven
Charakters der streitigen Maßnahme und zum anderen ihre Rechtfertigung mit der
Natur und dem Aufbau des Steuersystems dargetan werden sollte.
107 Wie sich aus der in den Rn. 83
und 86 bis 89 des vorliegenden Urteils dargestellten Rechtsprechung ergibt,
führt aber ein Fehler bei der Bestimmung des Referenzsystems, anhand dessen der
selektive Charakter einer Maßnahme zu beurteilen ist, zwangsläufig dazu, dass
die gesamte Prüfung des Tatbestandsmerkmals der Selektivität mit einem Mangel
behaftet ist. Unter diesen Umständen ist dem Rechtsmittel stattzugeben, und die
Nrn. 2 und 3 des Tenors des angefochtenen Urteils sind aufzuheben, ohne
dass der zweite und der dritte Teil des zweiten Rechtsmittelgrundes oder der
erste Rechtsmittelgrund geprüft zu werden brauchen.
Zur Klage vor dem Gericht
108 Nach Art. 61 Abs. 1 der
Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union kann der Gerichtshof im Fall der
Aufhebung der Entscheidung des Gerichts den Rechtsstreit selbst endgültig
entscheiden, wenn dieser zur Entscheidung reif ist.
109 Das ist hier der Fall. In diesem
Rahmen genügt der Hinweis, dass aus den in den Rn. 82 bis 107 des
vorliegenden Urteils genannten Gründen der erste Teil des ersten Klagegrundes
von HBH begründet ist, da mit ihm gerügt wird, dass die Kommission fälschlich
allein die Regel des Verfalls von Verlusten als das für die Beurteilung des
selektiven Charakters der streitigen Maßnahme maßgebende Referenzsystem
angesehen habe. Da der selektive Charakter der streitigen Maßnahme von der
Kommission somit anhand eines fehlerhaft bestimmten Referenzsystems beurteilt
wurde, ist der streitgegenständliche Beschluss für nichtig zu erklären.
Kosten
110 Nach Art. 184 Abs. 2
seiner Verfahrensordnung entscheidet der Gerichtshof über die Kosten, wenn das
Rechtsmittel unbegründet ist oder wenn das Rechtsmittel begründet ist und er den
Rechtsstreit selbst endgültig entscheidet.
111 Gemäß Art. 138 Abs. 1 der
Verfahrensordnung, der nach deren Art. 184 Abs. 1 auf das
Rechtsmittelverfahren entsprechende Anwendung findet, ist die unterliegende
Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen.
112 Da
die Kommission beim Anschlussrechtsmittel und beim Rechtsmittel unterlegen ist,
der streitgegenständliche Beschluss für nichtig erklärt wird und HBH beantragt
hat, der Kommission die Kosten aufzuerlegen, sind ihr neben ihren eigenen Kosten
die Kosten aufzuerlegen, die HBH durch das Verfahren im ersten Rechtszug und
durch das Rechtsmittelverfahren entstanden sind.
113 Nach Art. 184 Abs. 4 der
Verfahrensordnung können einer erstinstanzlichen Streithilfepartei, wenn sie das
Rechtsmittel nicht selbst eingelegt hat, im Rechtsmittelverfahren nur dann
Kosten auferlegt werden, wenn sie am schriftlichen oder mündlichen Verfahren vor
dem Gerichtshof teilgenommen hat. Nimmt eine solche Partei am Verfahren teil, so
kann der Gerichtshof ihr ihre eigenen Kosten auferlegen.
114 Die Bundesrepublik Deutschland, die
als erstinstanzliche Streithilfepartei am mündlichen Verfahren vor dem
Gerichtshof teilgenommen hat, hat nicht beantragt, der Kommission die Kosten
aufzuerlegen. Unter diesen Umständen ist zu entscheiden, dass sie ihre eigenen
durch das Rechtsmittelverfahren entstandenen Kosten trägt.
Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof
(Zweite Kammer) für Recht erkannt und entschieden:
1. Das
Anschlussrechtsmittel wird zurückgewiesen.
2. Die Nrn. 2
und 3 des Tenors des Urteils des Gerichts der Europäischen Union vom
4. Februar 2016, Heitkamp BauHolding/Kommission (T‑287/11,
EU:T:2016:60), werden aufgehoben.
3. Der Beschluss
2011/527/EU der Kommission vom 26. Januar 2011 über die staatliche Beihilfe
Deutschlands C 7/10 (ex CP 250/09 und NN 5/10) „KStG,
Sanierungsklausel“ wird für nichtig erklärt.
4. Die Europäische
Kommission trägt neben ihren eigenen Kosten die Kosten, die Herrn Dirk Andres,
Insolvenzverwalter über das Vermögen der Heitkamp BauHolding GmbH, durch das
Verfahren im ersten Rechtszug und durch das Rechtsmittelverfahren entstanden
sind.
5. Die
Bundesrepublik Deutschland trägt ihre eigenen durch das Rechtsmittelverfahren
entstandenen Kosten.
Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am
28. Juni 2018.
Der Kanzler |
|
Der Präsident der Zweiten
Kammer |
A. Calot
Escobar |
|
M.
Ilešič |