URTEIL DES GERICHTSHOFS (Große Kammer)
24. Mai 2011(*)
„Rechtsmittel – Staatliche Beihilfen – Art. 88
Abs. 2 und 3 EG – Verordnung (EG) Nr. 659/1999 – Entscheidung,
keine Einwände zu erheben – Nichtigkeitsklage – Zulässigkeitsvoraussetzungen –
Zulässige Nichtigkeitsgründe – Begriff des ‚Beteiligten‘ – Wettbewerbsverhältnis
– Beeinträchtigung – Beschaffungsmarkt“
In der Rechtssache C‑83/09 P
betreffend ein Rechtsmittel nach Art. 56 der Satzung
des Gerichtshofs, eingelegt am 23. Februar 2009,
Kommission der Europäischen Gemeinschaften,
vertreten durch K. Gross und V. Kreuschitz als Bevollmächtigte,
Zustellungsanschrift in Luxemburg,
Rechtsmittelführerin,
andere Verfahrensbeteiligte:
Kronoply GmbH & Co. KG mit Sitz in
Heiligengrabe (Deutschland),
Kronotex GmbH & Co. KG mit Sitz in
Heiligengrabe (Deutschland), Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte
R. Nierer und L. Gordalla,
Klägerinnen im ersten Rechtszug,
Zellstoff Stendal GmbH mit Sitz in Arneburg
(Deutschland), Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte T. Müller‑Ibold und
K. Karl,
Bundesrepublik Deutschland,
Land Sachsen-Anhalt,
Streithelfer im ersten Rechtszug,
erlässt
DER GERICHTSHOF (Große Kammer)
unter Mitwirkung des Präsidenten V. Skouris, der
Kammerpräsidenten A. Tizzano, J. N. Cunha Rodrigues,
K. Lenaerts und J.‑C. Bonichot, des Richters A. Rosas, der
Richterin R. Silva de Lapuerta, der Richter J. Malenovský,
U. Lõhmus, E. Levits (Berichterstatter), A. Ó Caoimh und
M. Safjan sowie der Richterin M. Berger,
Generalanwalt: N. Jääskinen,
Kanzler: A. Calot Escobar,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens,
nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in
der Sitzung vom 25. November 2010
folgendes
Urteil
1 Mit ihrem
Rechtsmittel beantragt die Kommission der Europäischen Gemeinschaften die
Aufhebung des Urteils des Gerichts erster Instanz der Europäischen
Gemeinschaften vom 10. Dezember 2008, Kronoply und Kronotex/Kommission
(T‑388/02, im Folgenden: angefochtenes Urteil), mit dem die Nichtigkeitsklage
der Kronoply GmbH & Co. KG und der Kronotex GmbH & Co. KG (im Folgenden
zusammen: Kronoply und Kronotex) gegen die Entscheidung C(2002) 2018 endg.
der Kommission vom 19. Juni 2002, gegen die Beihilfe der deutschen Behörden
zugunsten der Zellstoff Stendal GmbH keine Einwände zu erheben (im Folgenden:
streitige Entscheidung), für zulässig erklärt wurde.
Rechtlicher Rahmen
2 Nach ihrem
zweiten Erwägungsgrund sollte die Verordnung (EG) Nr. 659/1999 des Rates
vom 22. März 1999 über besondere Vorschriften für die Anwendung von Artikel [88]
des EG-Vertrags (ABl. L 83, S. 1) die von der Kommission in
Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Gerichtshofs bei der Anwendung von
Art. 88 EG entwickelte und festgelegte kohärente Praxis kodifizieren
und verstärken.
3 Art. 1 dieser
Verordnung sieht vor:
„Im Sinne dieser Verordnung bezeichnet der Ausdruck
…
h) ‚Beteiligte‘
Mitgliedstaaten, Personen, Unternehmen oder Unternehmensvereinigungen, deren
Interessen aufgrund der Gewährung einer Beihilfe beeinträchtigt sein können,
insbesondere der Beihilfeempfänger, Wettbewerber und Berufsverbände.“
4 Art. 4
(„Vorläufige Prüfung der Anmeldung und Entscheidungen der Kommission“) dieser
Verordnung bestimmt in seinen Abs. 2 bis 4:
„(2) Gelangt die
Kommission nach einer vorläufigen Prüfung zu dem Schluss, dass die angemeldete
Maßnahme keine Beihilfe darstellt, so stellt sie dies durch Entscheidung
fest.
(3) Stellt die
Kommission nach einer vorläufigen Prüfung fest, dass die angemeldete Maßnahme,
insoweit sie in den Anwendungsbereich des Artikels [87 Abs. 1 EG]
fällt, keinen Anlass zu Bedenken hinsichtlich ihrer Vereinbarkeit mit dem
Gemeinsamen Markt gibt, so entscheidet sie, dass die Maßnahme mit dem
Gemeinsamen Markt vereinbar ist (nachstehend ‚Entscheidung, keine Einwände zu
erheben‘ genannt). In der Entscheidung wird angeführt, welche Ausnahmevorschrift
des Vertrags zur Anwendung gelangt ist.
(4) Stellt die
Kommission nach einer vorläufigen Prüfung fest, dass die angemeldete Maßnahme
Anlass zu Bedenken hinsichtlich ihrer Vereinbarkeit mit dem Gemeinsamen Markt
gibt, so entscheidet sie, das Verfahren nach Artikel [88 Abs. 2 EG] zu
eröffnen (nachstehend ‚Entscheidung über die Eröffnung des förmlichen
Prüfverfahrens‘ genannt).
…“
5 Art. 6
Abs. 1 der Verordnung Nr. 659/1999 bestimmt:
„Die Entscheidung über die Eröffnung des förmlichen
Prüfverfahrens enthält eine Zusammenfassung der wesentlichen Sach- und
Rechtsfragen, eine vorläufige Würdigung des Beihilfecharakters der geplanten
Maßnahme durch die Kommission und Ausführungen über ihre Bedenken hinsichtlich
der Vereinbarkeit mit dem Gemeinsamen Markt. Der betreffende Mitgliedstaat und
die anderen Beteiligten werden in dieser Entscheidung zu einer Stellungnahme
innerhalb einer Frist von normalerweise höchstens einem Monat aufgefordert. In
ordnungsgemäß begründeten Fällen kann die Kommission diese Frist
verlängern.“
6 Der zur Zeit
der fraglichen Vorgänge geltende Multisektorale Regionalbeihilferahmen für große
Investitionsvorhaben (ABl. 1998, C 107, S. 7, im Folgenden:
Multisektoraler Rahmen von 1998) legt Regeln für die Bewertung der in seinen
Anwendungsbereich fallenden Beihilfen im Hinblick auf die Anwendung von
Art. 87 Abs. 3 EG fest.
7 Nach dem
Multisektoralen Rahmen von 1998 setzt die Kommission für Vorhaben, die gemäß
Art. 2 der Verordnung Nr. 659/1999 meldepflichtig sind, von Fall zu
Fall die zulässige Beihilfehöchstintensität fest.
Vorgeschichte des Rechtsstreits
8 Am 9. April
2002 meldeten die deutschen Behörden bei der Kommission ein Beihilfevorhaben
zugunsten der Zellstoff Stendal GmbH (im Folgenden: ZSG) an.
9 Die in Aussicht
genommenen Beihilfen, die aus einem nicht rückzahlbaren Zuschuss, einer
Investitionszulage und einer Bürgschaft für 80 % eines Darlehens bestanden
– was nach Auffassung der Kommission einen Gesamtbetrag von 250,899 Mio. Euro
ausmachte –waren zur Finanzierung der Errichtung einer Anlage zur Produktion von
hochwertigem Zellstoff sowie der Gründung eines Unternehmens für die
Holzbeschaffung und eines Logistikunternehmens in Arneburg im Land
Sachsen-Anhalt bestimmt.
10 Kronoply und Kronotex
sind Gesellschaften deutschen Rechts, die Faserplatten (MDF-, HDF- oder
LDF-Platten) sowie „Oriented strand board“-Platten (OSB-Platten) in ihren
Produktionsstätten in Heiligengrabe im Land Brandenburg herstellen. Wie bei ZSG
ist der Hauptrohstoff, der für ihre Tätigkeit erforderlich ist, Holz.
11 Nach Abschluss einer
vorläufigen Prüfung entschied die Kommission mit der streitigen Entscheidung,
keine Einwände gegen die geplanten Beihilfen zu erheben, weil es in diesem
Sektor keine Überkapazitäten gebe und zahlreiche direkte und indirekte
Arbeitsplätze geschaffen würden. Daher befand sie, dass die geplanten Beihilfen
mit dem Binnenmarkt vereinbar seien, ohne das in Art. 88
Abs. 2 EG vorgesehene förmliche Prüfverfahren zu eröffnen.
Das Verfahren im ersten Rechtszug und das
angefochtene Urteil
12 Kronoply und Kronotex
haben mit Klageschrift, die am 23. Dezember 2002 beim Gericht eingegangen ist,
Klage auf Nichtigerklärung der streitigen Entscheidung erhoben und drei
Klagegründe geltend gemacht.
13 Erstens habe die
Kommission den Sachverhalt offensichtlich fehlerhaft gewürdigt, indem sie die
Vereinbarkeit des Beihilfevorhabens zugunsten von ZSG bejaht habe.
14 Zweitens habe die
Kommission die Verfahrensgarantien verletzt, die Kronoply und Kronotex aufgrund
von Art. 88 Abs. 2 EG zustünden, indem sie das förmliche
Prüfverfahren nicht eröffnet habe.
15 Drittens habe die
Kommission insbesondere gegen Art. 87 Abs. 1 und 3
Buchst. c EG sowie die Regionalleitlinien und den Multisektoralen
Rahmen von 1998 verstoßen.
16 Die Kommission erhob mit
gesondertem Schriftsatz, der am 25. Februar 2003 beim Gericht einging, zwei
Einreden der Unzulässigkeit, von denen eine auf die fehlende Klagebefugnis der
Klägerinnen im ersten Rechtszug gestützt ist. Kronoply und Kronotex könnten
nicht als Konkurrenten der Beihilfebegünstigten angesehen werden und daher nicht
die Rechtsstellung eines Beteiligten im Sinne der Verordnung Nr. 659/1999
in Anspruch nehmen. Daher seien sie nicht befugt gewesen, die streitige
Entscheidung anzufechten.
17 Mit Beschluss vom 14.
Juni 2005 behielt das Gericht die Entscheidung über die Einreden der
Unzulässigkeit dem Endurteil vor.
18 Zur Frage der
Klagebefugnis von Kronoply und Kronotex hat das Gericht in Randnr. 55 des
angefochtenen Urteils darauf hingewiesen, dass nach Art. 230
Abs. 4 EG eine natürliche oder juristische Person nur dann eine Klage
gegen eine an eine andere Person gerichtete Entscheidung erheben könne, wenn
diese Entscheidung sie unmittelbar und individuell betreffe. Es hat auch auf die
mit dem Urteil vom 15. Juli 1963, Plaumann/Kommission (25/62, Slg. 1963,
S. 238), begründete ständige Rechtsprechung verwiesen, wonach eine andere
Person als der Adressat einer Entscheidung nur dann geltend machen kann,
individuell betroffen zu sein, wenn diese Entscheidung sie wegen bestimmter
persönlicher Eigenschaften oder wegen sie aus dem Kreis aller übrigen Personen
heraushebender tatsächlicher Umstände berührt und sie dadurch in ähnlicher Weise
individualisiert wie den Adressaten einer solchen Entscheidung.
19 Nachdem das Gericht in
den Randnrn. 57 bis 59 des angefochtenen Urteils den zwischen der
Vorprüfungsphase der Beihilfen und dem förmlichen Prüfverfahren im Sinne von
Art. 88 Abs. 2 bzw. 3 EG bestehenden Unterschied, der für die
Kontrolle der Vereinbarkeit einer solchen Beihilfe mit dem Binnenmarkt durch die
Kommission charakteristisch ist, herausgestellt hat, hat es in den
Randnrn. 60 und 61 dieses Urteils die Rechtsprechung angeführt, wonach die
von einem Beteiligten im Sinne von Art. 88 Abs. 2 EG erhobene
Klage auf Nichtigerklärung einer Entscheidung der Kommission, das förmliche
Prüfverfahren nicht einzuleiten, für zulässig erklärt wird, wenn der Kläger mit
der Klageerhebung die Wahrung der ihm nach dieser Bestimmung zustehenden
Verfahrensrechte durchsetzen möchte (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 19. Mai
1993, Cook/Kommission, C‑198/91, Slg. 1993, I‑2487, Randnr. 23, und
vom 15. Juni 1993, Matra/Kommission, C‑225/91, Slg. 1993, I‑3203,
Randnr. 17). Das Gericht hat insoweit klargestellt, dass unter
„Beteiligten“ alle durch die Gewährung einer Beihilfe eventuell in ihren
Interessen verletzten Personen, Unternehmen oder Vereinigungen zu verstehen
seien.
20 Nach dem Hinweis in
Randnr. 62 des angefochtenen Urteils darauf, dass die
Beteiligteneigenschaft nach der Rechtsprechung nur die Befugnis zur Erhebung
einer Klage begründen könne, mit der die Wahrung von Verfahrensrechten
angestrebt werde, während die Befugnis eines Klägers, im Klageweg die
Begründetheit einer Entscheidung in Frage zu stellen, den im Urteil
Plaumann/Kommission aufgestellten Voraussetzungen unterliege, hat es in
Randnr. 63 dieses Urteils festgestellt, dass Kronoply und Kronotex mit
ihren Klagegründen im vorliegenden Fall sowohl die Weigerung der Kommission, das
förmliche Prüfverfahren einzuleiten, als auch die Begründetheit der streitigen
Entscheidung in Frage stellten.
21 Auf dieser Grundlage hat
das Gericht eine Prüfung der Klagebefugnis von Kronoply und Kronotex anhand der
von ihnen vorgebrachten Klagegründe vorgenommen.
22 Zur Klagebefugnis von
Kronoply und Kronotex im Hinblick auf die Anfechtung der Begründetheit der
streitigen Entscheidung hat das Gericht in Randnr. 69 des angefochtenen
Urteils festgestellt, dass Kronoply und Kronotex nicht nachgewiesen hätten, dass
sie von dieser Entscheidung individuell betroffen seien. Daher hat es den gegen
die Begründetheit der streitigen Entscheidung gerichteten Teil ihrer Klage als
unzulässig abgewiesen.
23 Zur Klagebefugnis von
Kronoply und Kronotex im Hinblick auf die Wahrung ihrer Verfahrensrechte hat das
Gericht in den Randnrn. 71 und 72 des angefochtenen Urteils ausgeführt,
dass sich die Eigenschaft als Beteiligter im Sinne von Art. 88
Abs. 2 EG aus dem berechtigten Interesse ergebe, das eine natürliche
oder juristische Person daran haben könne, dass die in Rede stehenden
Beihilfemaßnahmen durchgeführt oder nicht durchgeführt würden. Daher habe ein
konkurrierendes Unternehmen ein solches Interesse, wenn es nachweisen könne,
dass seine Wettbewerbsstellung auf dem Markt beeinträchtigt werde oder
beeinträchtigt werden könne.
24 In den Randnrn. 73
und 74 des angefochtenen Urteils hat das Gericht ausgeführt, dass die nicht
unwesentlichen Auswirkungen einer Beihilfe nicht nur auf dem Markt, auf dem das
durch sie begünstigte Unternehmen tätig sei, sondern auch auf anderen,
möglicherweise vor- oder nachgelagerten Märkten eintreten könnten, und hat
sodann in Randnr. 76 des Urteils festgestellt, dass „die Klägerinnen
dargetan [haben], dass der Holzpreis zumindest vorübergehend gestiegen ist. Auch
wenn sie nicht dargetan haben, dass dieser Anstieg auf die Inbetriebnahme des
Werks von ZSG zurückzuführen ist, lassen sich jedenfalls vorübergehende negative
Folgen für die Klägerinnen nach – und wahrscheinlich wegen – der Ansiedlung von
ZSG nicht ausschließen. Eine Erhöhung der Rohstoffpreise, die für das Jahr 2003
nicht bestritten wird, ist geeignet, sich auf den Preis der Endprodukte
auszuwirken und damit die Wettbewerbsfähigkeit der davon betroffenen Unternehmen
gegenüber ihren Konkurrenten, die sich nicht in dieser Situation befinden, zu
schwächen.“
25 Das Gericht hat daraus in
Randnr. 77 des Urteils den Schluss gezogen, dass „die Klägerinnen …
folglich in rechtlich hinreichender Weise nachgewiesen [haben], dass ein
Wettbewerbsverhältnis besteht und dass ihre Marktstellung durch die Gewährung
der fraglichen Beihilfe potenziell beeinträchtigt wird. Sie sind daher als
Beteiligte im Sinne von Art. 88 Abs. 2 EG anzusehen.“
26 Das Gericht hat daher in
Randnr. 78 des Urteils befunden, dass „[d]ie vorliegende Klage … zulässig
[ist], da die Klägerinnen zur Wahrung ihrer Verfahrensrechte klagebefugt sind.
Unter diesen Umständen hat das Gericht zu prüfen, ob sie mit den Gründen, auf
die sie ihre Klage stützen, tatsächlich ihre aus Art. 88
Abs. 2 EG resultierenden Verfahrensrechte verteidigen wollen.“
27 Auf dieser Grundlage hat
sich das Gericht zur Zulässigkeit der drei von Kronoply und Kronotex geltend
gemachten Nichtigkeitsgründe geäußert, die auf einen offensichtlichen
Beurteilungsfehler, eine Verletzung ihrer Verfahrensgarantien und schließlich
einen Verstoß gegen Art. 87 Abs. 1 und 3 Buchst. c EG, die
Regionalleitlinien und den Multisektoralen Rahmen von 1998 gestützt sind.
28 Dazu hat das Gericht –
nach dem Hinweis in Randnr. 80 des angefochtenen Urteils, dass Kronoply und
Kronotex mit ihrem zweiten Klagegrund ausdrücklich geltend machten, die
Kommission hätte das Prüfverfahren nach Art. 88 Abs. 2 EG
einleiten müssen – in den Randnrn. 81 und 82 des Urteils klargestellt, dass
es zwar nicht seine Sache sei, Klagegründe, mit denen ausschließlich die
Begründetheit einer Entscheidung in Frage gestellt werde, als in Wirklichkeit
auf die Wahrung der Verfahrensrechte von Kronoply und Kronotex abzielend
auszulegen, dass es jedoch prüfen könne, ob Sachargumente nicht auch
Bestandteile aufwiesen, die einen ausdrücklich auf die Wahrung der
Verfahrensrechte abzielenden Klagegrund stützten.
29 Davon ausgehend hat das
Gericht festgestellt, der erste Klagegrund enthalte – im Gegensatz zum dritten –
Sachargumente zur Anfechtung der Entscheidung der Kommission, das förmliche
Prüfverfahren nicht einzuleiten, die den auf die Wahrung der Verfahrensrechte
gegründeten zweiten Klagegrund stützen könnten.
30 In Randnr. 86 des
angefochtenen Urteils hat es daraus den Schluss gezogen, dass die Argumente des
ersten Klagegrundes im Rahmen des zweiten Klagegrundes zu berücksichtigen seien,
wohingegen der dritte Klagegrund unzulässig sei.
31 In der Begründetheit hat
das Gericht das Vorbringen von Kronoply und Kronotex zurückgewiesen.
32 So hat es in
Randnr. 115 des angefochtenen Urteils die Auffassung vertreten, dass die
Kommission die streitige Entscheidung auf der Grundlage vollständiger und
zuverlässiger Daten getroffen habe, bevor es in den Randnrn. 117, 128, 146
und 152 des angefochtenen Urteils zu dem Ergebnis gelangt ist, dass Kronoply und
Kronotex nicht den Nachweis geführt hätten, dass die Kommission bei der
vorläufigen Prüfung der beanstandeten Beihilfemaßnahme auf ernsthafte
Schwierigkeiten gestoßen sei, die die Einleitung des förmlichen Prüfverfahrens
hätten veranlassen müssen.
33 Daher hat das Gericht die
Klage insgesamt abgewiesen.
Anträge der Verfahrensbeteiligten
34 Mit ihrem Rechtsmittel
beantragt die Kommission,
– das
angefochtene Urteil aufzuheben, soweit es die Nichtigkeitsklage von Kronoply und
Kronotex gegen die streitige Entscheidung für zulässig erklärt;
– die
Nichtigkeitsklage von Kronoply und Kronotex gegen die streitige Entscheidung als
unzulässig abzuweisen;
– Kronoply
und Kronotex die Kosten des Rechtsmittels aufzuerlegen.
35 ZSG beantragt,
– das
angefochtene Urteil aufzuheben, soweit es die Nichtigkeitsklage von Kronoply und
Kronotex gegen die streitige Entscheidung für zulässig erklärt;
– die
Nichtigkeitsklage von Kronoply und Kronotex gegen die streitige Entscheidung als
unzulässig abzuweisen;
– Kronoply
und Kronotex gesamtschuldnerisch zur Tragung der Kosten zu verurteilen.
Zum Rechtsmittel
36 Die Kommission,
unterstützt durch ZSG, macht drei Rechtsmittelgründe geltend, mit denen sie sich
gegen das angefochtene Urteil wendet, soweit dieses die Klage von Kronoply und
Kronotex für zulässig erklärt.
Zum ersten und zum zweiten Rechtsmittelgrund
Vorbringen der Verfahrensbeteiligten
37 Die Kommission macht
erstens im Wesentlichen geltend, das Gericht habe die Klage von Kronoply und
Kronotex zu Unrecht auf der Grundlage anderer als der in Art. 230
Abs. 4 EG vorgesehenen Voraussetzungen für zulässig erachtet. Insoweit
schreibe die Rechtsprechung, auf die sich das Gericht gestützt habe, ausgehend
von Art. 108 AEUV alternative Zulässigkeitsvoraussetzungen fest.
38 Da der Unionsgesetzgeber
in Art. 230 Abs. 4 EG die Voraussetzungen der Zulässigkeit von
Klagen gegen Handlungen der Organe ausdrücklich festgelegt habe, könne nicht
davon ausgegangen werden, dass er mit Art. 108 AEUV hiervon implizit habe
abweichen wollen.
39 ZSG fügt hinzu, dass die
Zulässigkeitsvoraussetzungen einer gegen eine Entscheidung der Kommission
gerichteten Klage nicht nach Maßgabe der geltend gemachten Nichtigkeitsgründe
variieren könnten.
40 Zweitens hebt die
Kommission, unterstützt insoweit durch ZSG, hervor, dass das Gericht nach den
Ausführungen in Randnr. 81 des angefochtenen Urteils, wonach es nicht seine
Sache sei, „eine Klage, mit der ausschließlich die Begründetheit einer
Entscheidung, die der Beurteilung einer Beihilfe dient, als solche in Frage
gestellt wird, dahin auszulegen, dass sie in Wirklichkeit auf die Wahrung der
dem Kläger nach Art. 88 Abs. 2 EG zustehenden Verfahrensrechte
abzielt, wenn der Kläger nicht ausdrücklich einen darauf gerichteten Klagegrund
vorgebracht hat“, in Randnr. 82 dieses Urteils eben eine solche Auslegung
vornehme.
41 Mit dieser Vorgehensweise
habe das Gericht zum einen seine Befugnisse überschritten, da es durch die
Formulierung der Klagen, wie sich diese aus den bei ihm eingereichten
Schriftsätzen ergebe, gebunden sei. Zum anderen führe ein solcher Ansatz zur
Aufhebung der Gleichheit der Parteien vor dem Unionsrichter und privilegiere die
Stellung der Kläger zum Nachteil der Stellung der Kommission.
42 ZSG führt aus, dass das
Gericht mit einem derartigen Vorgehen zu Unrecht die Beurteilung vorwegnehme,
die die Kommission im Rahmen des förmlichen Prüfverfahrens anhand der Akten
durchzuführen habe, obwohl die in Aussicht genommene Beihilfe im Stadium der
Vorprüfung nicht eingehend geprüft worden sei.
Würdigung durch den Gerichtshof
43 Was an erster Stelle die
Rüge eines Verstoßes gegen die Voraussetzungen von Art. 230
Abs. 4 EG betrifft, ist vorab darauf hinzuweisen, dass Art. 4 der
Verordnung Nr. 659/1999 eine vorläufige Prüfung angemeldeter
Beihilfemaßnahmen einführt, die es der Kommission ermöglichen soll, sich eine
erste Meinung über die Vereinbarkeit der fraglichen Beihilfen mit dem
Gemeinsamen Markt zu bilden. Am Ende dieses Verfahrens stellt die Kommission
fest, dass die fragliche Maßnahme entweder keine Beihilfe darstellt oder in den
Anwendungsbereich von Art. 87 Abs. 1 EG fällt. In diesem
letzteren Fall kann die Maßnahme keinen Anlass zu Bedenken hinsichtlich ihrer
Vereinbarkeit mit dem Gemeinsamen Markt geben oder aber im Gegenteil solche
Bedenken aufwerfen.
44 Stellt die Kommission
nach der Vorprüfung fest, dass die angemeldete Maßnahme, soweit sie in den
Anwendungsbereich von Art. 87 Abs. 1 EG fällt, keinen Anlass zu
Bedenken hinsichtlich ihrer Vereinbarkeit mit dem Gemeinsamen Markt gibt,
erlässt sie nach Art. 4 Abs. 3 der Verordnung Nr. 659/1999 eine
Entscheidung, keine Einwände zu erheben.
45 Erlässt die Kommission
eine Entscheidung, keine Einwände zu erheben, erklärt sie die Maßnahme nicht nur
für mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar, sondern lehnt implizit auch die
Einleitung des in Art. 88 Abs. 2 EG und Art. 6 Abs. 1
der Verordnung Nr. 659/1999 vorgesehenen förmlichen Prüfverfahrens ab.
46 Stellt die Kommission
nach einer vorläufigen Prüfung fest, dass die angemeldete Maßnahme Anlass zu
Bedenken hinsichtlich ihrer Vereinbarkeit gibt, ist sie nach Art. 4
Abs. 4 der Verordnung Nr. 659/1999 verpflichtet, eine Entscheidung
über die Eröffnung des in Art. 88 Abs. 2 EG und Art. 6
Abs. 1 der Verordnung vorgesehenen förmlichen Prüfverfahrens zu erlassen.
Nach dem Wortlaut dieser letzteren Bestimmung werden in einer solchen
Entscheidung der betreffende Mitgliedstaat und die anderen Beteiligten zu einer
Stellungnahme innerhalb einer Frist von normalerweise höchstens einem Monat
aufgefordert.
47 Im vorliegenden Fall ist
die streitige Entscheidung eine auf Art. 4 Abs. 3 der Verordnung
Nr. 659/1999 gestützte Entscheidung, keine Einwände zu erheben, deren
Rechtmäßigkeit davon abhängt, ob Bedenken hinsichtlich der Vereinbarkeit der
Beihilfe mit dem Gemeinsamen Markt bestehen. Da solche Bedenken in die Eröffnung
eines förmlichen Prüfverfahrens münden müssen, an dem die Beteiligten im Sinne
von Art. 1 Buchst. h der Verordnung Nr. 659/1999 teilnehmen
können, ist davon auszugehen, dass jeder Beteiligte im Sinne dieser
letztgenannten Bestimmung von einer solchen Entscheidung unmittelbar und
individuell betroffen ist. Die Personen, denen die Verfahrensgarantien nach
Art. 88 Abs. 2 EG und Art. 6 Abs. 1 der Verordnung
Nr. 659/1999 zugutekommen, können deren Beachtung nämlich nur durchsetzen,
wenn sie die Möglichkeit haben, diese Entscheidung vor dem Unionsrichter
anzufechten (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 13. Dezember 2005,
Kommission/Aktionsgemeinschaft Recht und Eigentum, C‑78/03 P,
Slg. 2005, I‑10737, Randnr. 35 und die dort angeführte Rechtsprechung,
vom 22. Dezember 2008, British Aggregates/Kommission, C‑487/06 P,
Slg. 2008, I‑10515, Randnr. 28, und vom 9. Juli 2009, 3F/Kommission,
C‑319/07 P, Slg. 2009, I‑5963, Randnr. 31 und die dort angeführte
Rechtsprechung).
48 Mithin genügt die an den
spezifischen Klagegegenstand geknüpfte besondere Eigenschaft eines Beteiligten
im Sinne von Art. 1 Buchst. h der Verordnung Nr. 659/1999, um
nach Art. 230 Abs. 4 EG den Kläger zu individualisieren, der eine
Entscheidung, keine Einwände zu erheben, anficht.
49 Im vorliegenden Fall
ergibt sich aus dem angefochtenen Urteil, insbesondere aus dessen
Randnr. 16, zum einen, dass Kronoply und Kronotex mit ihren Klagen die
Nichtigerklärung einer nach Art. 4 Abs. 3 der Verordnung
Nr. 659/1999 ergangenen Entscheidung, keine Einwände zu erheben, begehrten.
Zum anderen hat das Gericht in Randnr. 77 des angefochtenen Urteils im
Ergebnis festgestellt, dass Kronoply und Kronotex als Beteiligte im Sinne von
Art. 1 Buchst. h der Verordnung Nr. 659/1999 anzusehen seien.
50 An zweiter Stelle machen
die Kommission und ZSG geltend, dass das Gericht den Klagegegenstand verändert
habe, soweit es nicht nur den zweiten Klagegrund einer Verletzung der
Verfahrensgarantien, die den Beteiligten zugutekommen, geprüft habe, sondern
auch die im Rahmen des ersten Klagegrundes vorgebrachten Argumente, mit denen
die Begründetheit der Entscheidung, keine Einwände zu erheben, in Frage gestellt
werde.
51 Soweit der Kläger, der
die Entscheidung der Kommission beanstandet, das förmliche Prüfverfahren nicht
einzuleiten, gemäß Art. 44 § 1 Buchst. c der Verfahrensordnung
des Gerichts den Streitgegenstand in seiner Klageschrift bestimmen muss, trägt
er diesem Erfordernis rechtlich hinreichend Rechnung, wenn er die Entscheidung,
deren Nichtigerklärung er beantragt, identifiziert.
52 Es ist unerheblich, dass
es in der Klageschrift heißt, es werde die Nichtigerklärung einer Entscheidung,
keine Einwände zu erheben, – entsprechend der in Art. 4 Abs. 3 der
Verordnung Nr. 659/1999 enthaltenen Formulierung – oder einer Entscheidung,
kein förmliches Prüfverfahren einzuleiten, beantragt, da die Kommission über
beide Gesichtspunkte der Frage in einer einzigen Entscheidung befindet.
53 Im vorliegenden Fall
beantragen Kronoply und Kronotex, wie dargelegt, im ersten Rechtszug die
Nichtigerklärung der Entscheidung der Kommission, „gegen die Gewährung von
Beihilfen durch die Bundesrepublik Deutschland an die [ZSG] keine Einwände zu
erheben“, und machen zur Begründung ihrer Klage drei Klagegründe geltend.
54 Hierzu hat das Gericht in
Randnr. 80 des angefochtenen Urteils festgestellt, Kronoply und Kronotex
hätten nur mit ihrem zweiten Klagegrund ausdrücklich geltend gemacht, dass die
Kommission das förmliche Prüfverfahren hätte einleiten müssen.
55 Zum ersten und zum
dritten Klagegrund hat das Gericht in Randnr. 81 des angefochtenen Urteils
zu Recht ausgeführt, dass es nach ständiger Rechtsprechung nicht seine Sache
sei, eine Klage, mit der ausschließlich die Begründetheit einer Entscheidung
über die Beurteilung einer Beihilfe als solche in Frage gestellt werde, dahin
auszulegen, dass sie in Wirklichkeit auf die Wahrung der dem Kläger nach
Art. 88 Abs. 2 EG zustehenden Verfahrensrechte abziele, wenn der
Kläger nicht ausdrücklich einen darauf gerichteten Klagegrund vorgebracht habe.
In einem solchen Fall würde die Auslegung des Klagegrundes tatsächlich zu einer
Umdeutung des Gegenstands der Klage führen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 29.
November 2007, Stadtwerke Schwäbisch Hall u. a./Kommission,
C‑176/06 P, Randnr. 25).
56 In Randnr. 82 des
angefochtenen Urteils hat das Gericht jedoch entschieden, dass eine solche
Beschränkung seiner Befugnis zur Auslegung der Klagegründe nicht dazu führe,
dass es daran gehindert wäre, die Sachargumente eines Klägers zu prüfen, um
festzustellen, ob sie auch Bestandteile aufwiesen, die einen ebenfalls vom
Kläger vorgebrachten Klagegrund stützten, mit dem ausdrücklich auf ernsthafte,
die Einleitung des Verfahrens nach Art. 88 Abs. 2 EG
rechtfertigende Schwierigkeiten hingewiesen werde.
57 Folglich hat das Gericht
in Randnr. 83 des angefochtenen Urteils befunden, es stehe ihm frei, den
ersten und den dritten Klagegrund zu prüfen, um festzustellen, ob die in deren
Rahmen angeführten Argumente mit dem Klagegrund der Verletzung von
Verfahrensrechten verknüpft werden könnten. In diesem Zusammenhang hat es in
Randnr. 86 des Urteils ausgeführt, dass die im Rahmen des ersten
Klagegrundes vorgetragenen Argumente, die sich gegen die Entscheidung der
Kommission richteten, kein förmliches Prüfverfahren einzuleiten, zusammen mit
den Argumenten zu prüfen seien, auf die sich der zweite Klagegrund stütze.
58 Mit dieser Vorgehensweise
hat das Gericht keinen Rechtsfehler begangen.
59 Beantragt ein Kläger die
Nichtigerklärung einer Entscheidung, keine Einwände zu erheben, rügt er im
Wesentlichen, dass die Entscheidung über die Beihilfe getroffen worden sei, ohne
dass die Kommission das förmliche Prüfverfahren eröffnet habe, und dass diese
dadurch seine Verfahrensrechte verletzt habe. Um mit seiner Klage
durchzudringen, kann der Kläger jeden Klagegrund anführen, der geeignet ist, zu
zeigen, dass die Beurteilung der Informationen und Angaben, über die die
Kommission in der Phase der vorläufigen Prüfung der angemeldeten Maßnahme
verfügt, Anlass zu Bedenken hinsichtlich der Vereinbarkeit der fraglichen
Maßnahme mit dem Gemeinsamen Markt hätte geben müssen. Der Vortrag solcher
Argumente kann aber weder den Gegenstand der Klage noch die Voraussetzungen
ihrer Zulässigkeit ändern (vgl. in diesem Sinne Urteil 3F/Kommission,
Randnr. 35). Vielmehr liegt im Bestehen von Bedenken hinsichtlich dieser
Vereinbarkeit gerade der Nachweis, der zu erbringen ist, um zu zeigen, dass die
Kommission verpflichtet war, das förmliche Prüfverfahren nach Art. 88
Abs. 2 EG und Art. 6 Abs. 1 der Verordnung Nr. 659/1999
zu eröffnen.
60 Daher sind der erste und
der zweite Rechtsmittelgrund insgesamt zurückzuweisen.
Zum dritten Rechtsmittelgrund
Vorbringen der Verfahrensbeteiligten
61 Nach Auffassung der
Kommission hat das Gericht einen Rechtsfehler begangen, indem es davon
ausgegangen sei, dass den Unternehmen, die auf dem Markt des Erzeugnisses, das
sie herstellten, nicht mit dem Beihilfeempfänger in Wettbewerb stünden, die
Stellung von Beteiligten im Sinne von Art. 88 Abs. 2 EG zuerkannt
werden könne. Auf diese Weise lasse das Gericht eine Form einer Popularklage
gegen Entscheidungen der Kommission über staatliche Beihilfen zu. Folglich habe
das Gericht unter den Umständen des vorliegenden Falles zu Unrecht angenommen,
dass Kronoply und Kronotex ein berechtigtes Interesse an der Nichtigerklärung
der streitigen Entscheidung hätten.
62 In diesem Zusammenhang
macht auch ZSG geltend, dass die vom Gericht angestellten Erwägungen den Kreis
der Unternehmen, die eine Entscheidung über staatliche Beihilfen anfechten
könnten, maßlos erweitere. Tatsächlich verwende ZSG für ihre Tätigkeit zwar
hauptsächlich Zellstoff, ziehe aber auch andere Stoffe und Energiequellen für
ihren Produktionsprozess heran. Folglich führe das angefochtene Urteil dazu, die
Eigenschaft als Beteiligter einer unbegrenzten Vielzahl potenzieller Kläger
zuzuerkennen.
Würdigung durch den Gerichtshof
63 Nach Art. 1
Buchst. h der Verordnung Nr. 659/1999 sind Beteiligte u. a.
Personen, Unternehmen oder Unternehmensvereinigungen, deren Interessen aufgrund
der Gewährung einer Beihilfe beeinträchtigt sein können, d. h. insbesondere
konkurrierende Unternehmen des Empfängers dieser Beihilfe. Es handelt sich mit
anderen Worten um eine unbestimmte Vielzahl von Adressaten (vgl. in diesem Sinne
Urteil vom 14. November 1984, Intermills/Kommission, 323/82, Slg. 1984,
3809, Randnr. 16).
64 Folglich schließt diese
Bestimmung nicht aus, dass ein Unternehmen, das kein direkter Wettbewerber des
Beihilfeempfängers ist, wohl aber denselben Rohstoff im Rahmen seines
Produktionsprozesses benötigt, als Beteiligter betrachtet wird, sofern es
geltend macht, dass seine Interessen durch die Gewährung der Beihilfe
beeinträchtigt werden könnten.
65 Hierzu reicht es aus,
dass dieses Unternehmen in rechtlich hinreichender Weise dartut, dass sich die
Beihilfe auf seine Situation konkret auswirken kann (vgl. in diesem Sinne Urteil
3F/Kommission, Randnr. 33).
66 Im vorliegenden Fall hat
das Gericht in Randnr. 71 des angefochtenen Urteils erläutert, dass eine
natürliche oder juristische Person nur dann als Beteiligter betrachtet werden
könne, wenn sie ein berechtigtes Interesse daran dartue, dass die in Rede
stehenden Beihilfemaßnahmen durchgeführt oder nicht durchgeführt oder, wenn sie
bereits vollzogen worden seien, aufrechterhalten oder nicht aufrechterhalten
würden, und sodann ausgeführt, dass bei einem Unternehmen ein solches
berechtigtes Interesse insbesondere im Schutz seiner Wettbewerbsstellung auf dem
Markt bestehen könne, wenn diese durch Beihilfemaßnahmen beeinträchtigt
würde.
67 In den Randnr. 74
und 75 des angefochtenen Urteils hat das Gericht festgestellt, dass Kronoply und
Kronotex keine Konkurrenten auf denselben Produktmärkten seien, jedoch bei ihren
Produktionsprozessen die gleichen Rohstoffe, nämlich Industrieholz, nutzten, und
daraus den Schluss gezogen, dass die Klägerinnen und ZSG als Holzkäufer in einem
Wettbewerbsverhältnis stünden.
68 Sodann hat das Gericht in
Randnr. 76 des angefochtenen Urteils die Auffassung vertreten, die
Klägerinnen hätten dargetan, dass der Holzpreis zumindest vorübergehend
gestiegen sei, und befunden, dass sich wahrscheinlich wegen der Ansiedlung von
ZSG negative Folgen für sie nicht ausschließen ließen, auch wenn sie nicht
dargetan hätten, dass der Preisanstieg auf die Inbetriebnahme des Werks von ZSG
zurückzuführen sei.
69 Auf dieser Grundlage hat
das Gericht in Randnr. 77 des Urteils festgestellt, dass Kronoply und
Kronotex „in rechtlich hinreichender Weise nachgewiesen [haben], dass ein
Wettbewerbsverhältnis besteht und dass ihre Marktstellung durch die Gewährung
der fraglichen Beihilfe potenziell beeinträchtigt wird.“
70 Unter diesen Umständen
kann dem Gericht kein Rechtsfehler vorgeworfen werden, soweit es im Ergebnis
befunden hat, dass Unternehmen, die mit dem Beihilfeempfänger auf dem Markt des
von ihnen hergestellten Erzeugnisses nicht in einem Wettbewerbsverhältnis
stehen, unter den Begriff „Beteiligte“ im Sinne von Art. 1 Buchst. h
der Verordnung Nr. 659/1999 fallen können.
71 Aus diesen Erwägungen
folgt, dass das Gericht zu Recht entschieden hat, dass Kronoply und Kronotex
Beteiligte im Sinne dieser Bestimmung waren.
72 Folglich ist der dritte
Rechtsmittelgrund zurückzuweisen.
73 Nach alledem ist das
Rechtsmittel in vollem Umfang zurückzuweisen.
Kosten
74 Nach Art. 69
§ 2 Abs. 1 der Verfahrensordnung, der gemäß ihrem Art. 118 auf
das Rechtsmittelverfahren entsprechende Anwendung findet, ist die unterliegende
Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Nach Art. 69
§ 3 der Verfahrensordnung kann der Gerichtshof die Kosten teilen oder
beschließen, dass jede Partei ihre eigenen Kosten trägt, wenn jede Partei teils
obsiegt, teils unterliegt oder wenn ein außergewöhnlicher Grund gegeben ist.
75 Im vorliegenden Fall ist
die Kommission, unterstützt durch ZSG, mit ihrem Vorbringen unterlegen. Da sich
die Klägerinnen des ersten Rechtszugs am Rechtsmittelverfahren nicht beteiligt
und folglich keinen Kostenantrag gestellt haben, tragen die Kommission und ZSG
ihre eigenen Kosten.
Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Große
Kammer) für Recht erkannt und entschieden:
1. Das Rechtsmittel
wird zurückgewiesen.
2. Die Europäische
Kommission und die Zellstoff Stendal GmbH tragen ihre eigenen Kosten.
Unterschriften