URTEIL DES GERICHTSHOFS (Große Kammer)
6. März 2018(*)
„Rechtsmittel – Staatliche Beihilfen – Begriff
‚Beihilfe‘ – Begriff ‚wirtschaftlicher Vorteil‘ – Grundsatz des
marktwirtschaftlich handelnden privaten Wirtschaftsteilnehmers –
Voraussetzungen für die Anwendbarkeit und die Anwendung –
Finanzkrise – Aufeinanderfolgende Maßnahmen zur Rettung einer Bank –
Berücksichtigung bzw. Nichtberücksichtigung der Risiken aus den von dem
Mitgliedstaat bei der ersten Maßnahme eingegangenen Verpflichtungen bei der
Beurteilung der zweiten Maßnahme“
In der Rechtssache C‑579/16 P
betreffend ein Rechtsmittel nach Art. 56 der Satzung
des Gerichtshofs der Europäischen Union, eingelegt am 16. November
2016,
Europäische Kommission, vertreten durch
A. Bouchagiar und L. Flynn sowie durch K. Blanck-Putz als
Bevollmächtigte,
Rechtsmittelführerin,
andere Parteien des Verfahrens:
FIH Holding A/S mit Sitz in Kopenhagen
(Dänemark),
FIH Erhvervsbank A/S mit Sitz in Kopenhagen,
Prozessbevollmächtigter: O. Koktvedgaard,
advokat,
Klägerinnen im ersten Rechtszug,
erlässt
DER GERICHTSHOF (Große Kammer)
unter Mitwirkung des Präsidenten K. Lenaerts, des
Vizepräsidenten A. Tizzano, der Kammerpräsidenten L. Bay Larsen,
T. von Danwitz, J. L. da Cruz Vilaça, C. G. Fernlund
und C. Vajda, der Richter J.‑C. Bonichot und A. Arabadjiev
(Berichterstatter), der Richterin C. Toader sowie der Richter
M. Safjan, D. Šváby, E. Jarašiūnas, S. Rodin und
F. Biltgen,
Generalanwalt: M. Szpunar,
Kanzler: L. Hewlett, Hauptverwaltungsrätin,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die
mündliche Verhandlung vom 19. September 2017,
nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in
der Sitzung vom 28. November 2017
folgendes
Urteil
1 Mit ihrem
Rechtsmittel beantragt die Europäische Kommission die Aufhebung des Urteils des
Gerichts der Europäischen Union vom 15. September 2016, FIH Holding und FIH
Erhvervsbank/Kommission (T‑386/14, EU:T:2016:474, im Folgenden: angefochtenes
Urteil), mit dem das Gericht den Beschluss 2014/884/EU der Kommission vom
11. März 2014 über die staatliche Beihilfe SA.34445 (12/C) Dänemarks für
die Übertragung von Immobilienkrediten von der FIH auf die FSC (ABl. 2014,
L 357, S. 89, im Folgenden: streitiger Beschluss) für nichtig erklärt
hat.
Vorgeschichte des Rechtsstreits
2 Die FIH
Erhvervsbank A/S (im Folgenden: FIH) ist eine Gesellschaft mit beschränkter
Haftung, die gemäß den dänischen Rechtsvorschriften für das Bankwesen errichtet
wurde und von den dänischen Bankbehörden beaufsichtigt wird. FIH und ihre
Tochtergesellschaften werden vollständig von der FIH Holding A/S gehalten.
3 Betroffen von
der weltweiten Finanzkrise, die im Jahr 2007 begann, kamen FIH im Laufe des
Jahres 2009 zwei Arten von Maßnahmen zugute. Zum einen erhielt sie im Juni 2009
nach dem Lov om statstligt indskud i kreditinstitutter (Gesetz über staatlich
finanzierte Kapitalzuführungen) vom 3. Februar 2009 und nach der aufgrund
dieses Gesetzes erlassenen Verordnung eine Zuführung von 1,9 Mrd. dänischen
Kronen (DKK) (etwa 255 Mio. Euro) an hybridem Kernkapital. Zum anderen
gewährte das Königreich Dänemark im Juli 2009 FIH nach dem Lov om finansiel
stabilitet (Finanzstabilitätsgesetz) vom 10. Oktober 2008 in der Fassung
des Gesetzes Nr. 68 vom 3. Februar 2009 eine staatliche Bürgschaft
über einen Betrag von 50 Mrd. DKK (etwa 6,71 Mrd. Euro) (im Folgenden
zusammen: Maßnahmen des Jahres 2009). FIH verwendete diese gesamte Bürgschaft
zur Emission von Anleihen.
4 Beide Gesetze
waren von der Kommission mit dem Beschluss C(2009) 776 final vom
3. Februar 2009 über die staatliche Beihilfe N31a/2009 – Dänemark als
mit dem Binnenmarkt vereinbare Beihilferegelung gebilligt worden.
5 Zum
31. Dezember 2011 belief sich der Betrag der von FIH ausgegebenen und vom
dänischen Staat verbürgten Anleihen auf 41,7 Mrd. DKK (etwa 5,59 Mrd.
Euro), d. h. 49,94 % der Bilanzsumme von FIH. Diese Anleihen sollten
2012 und 2013 fällig werden.
6 Zwischen 2009
und 2011 senkte die Ratingagentur Moody’s das Rating von FIH von A2 auf B1 mit
negativen Aussichten.
7 Insbesondere
wegen dieser Herabstufung des Ratings und des nahenden Fälligkeitsdatums der von
FIH ausgegebenen und vom dänischen Staat verbürgten Anleihen wurde im Lauf des
Jahres 2011 klar, dass FIH in den Jahren 2012 oder 2013 Liquiditätsprobleme zu
erwarten haben werde, die möglicherweise zum Verlust ihrer Bankzulassung und
damit zu ihrer Überführung in die Liquidation führen könnten.
8 Unter diesen
Umständen meldete das Königreich Dänemark am 6. März 2012 bei der
Kommission ein Maßnahmenpaket (im Folgenden: in Rede stehende Maßnahmen) an, das
vor allem aus der Gründung einer neuen Tochtergesellschaft von FIH Holding,
NewCo, bestand, auf die die problematischsten Vermögenswerte von FIH, im
Wesentlichen Immobilienkredite und Derivate mit einem Nominalwert von
17,1 Mrd. DKK (etwa 2,3 Mrd. Euro), zur Entlastung der Bilanz von FIH
übertragen werden sollten.
9 Danach sollte
die Financial Stability Company (im Folgenden: FSC), eine von den dänischen
Behörden im Rahmen der weltweiten Finanzkrise geschaffene öffentliche
Einrichtung, Aktien von NewCo für einen Betrag von 2 Mrd. DKK (etwa
268 Mio. Euro) erwerben, um diese innerhalb von vier Jahren zu liquidieren.
FSC sollte NewCo während ihres Abwicklungsverfahrens mit Finanzmitteln versorgen
und rekapitalisieren, falls dies erforderlich werden sollte.
10 Als Gegenleistung für
diese Maßnahmen sollte schließlich FIH die Kapitalzuführung von 1,9 Mrd.
DKK (etwa 255 Mio. Euro) durch die dänischen Behörden aus dem Jahr 2009
zurückzahlen, was es FSC erlauben sollte, NewCo ohne die Bereitstellung von
Eigenkapital zu kaufen.
11 FIH war auch
verpflichtet, NewCo ein erstes Darlehen von bis zu 1,65 Mrd. DKK (etwa
221 Mio. Euro) zum Auffangen von absehbaren Verlusten von NewCo zu
gewähren, das nur erstattungsfähig war, wenn die Abwicklung der auf NewCo
übertragenen Immobilienkredite und Derivate zu einem Ergebnis von mehr als
2 Mrd. DKK (etwa 268 Mio. Euro) geführt hätte.
12 Darüber hinaus sollte FIH
NewCo ein zweites Darlehen in Höhe von etwa 13,45 Mrd. DKK (etwa
1,8 Mrd. Euro) gewähren, das in dem Moment fällig werden sollte, in dem die
im Jahr 2009 durch den dänischen Staat garantierten Verpflichtungen von FIH
fällig werden sollten und deren durch FIH zurückgeforderte Beträge für die
Erstattung ihrer vom dänischen Staat garantierten Verpflichtungen vorgesehen
waren.
13 Was FIH Holding
anbelangt, war vorgesehen, dass sie FSC eine unbegrenzte Bürgschaft für Verluste
stellte, so dass sie bei der ursprünglich für das Jahr 2016 geplanten Abwicklung
von NewCo das Recht auf Erstattung der gesamten ihr gegebenenfalls entstehenden
Verluste aus Kauf und Abwicklung von NewCo hatte.
14 Mit ihrem Beschluss
C(2012) 4427 final vom 29. Juni 2012 über die staatliche Beihilfe
SA.34445 (12/C) (ex 2012/N) – Dänemark eröffnete die Kommission
ein förmliches Prüfverfahren betreffend die in Rede stehenden Maßnahmen, da es
sich bei diesen ihrer Ansicht nach um eine staatliche Beihilfe zugunsten von FIH
und von FIH Holding (im Folgenden: FIH-Gruppe) sowie von NewCo handelte.
Allerdings billigte sie diese Maßnahmen aus Gründen der Finanzstabilität für
einen Zeitraum von sechs Monaten oder, falls das Königreich Dänemark in diesem
Zeitraum einen Umstrukturierungsplan vorlege, bis zum Erlass eines endgültigen
Beschlusses hierzu.
15 Am 2. Juli 2012
zahlte FIH dem Königreich Dänemark die 2009 erhaltene öffentliche
Kapitalzuführung hybriden Kernkapitals zurück.
16 Am 4. Januar 2013
legte das Königreich Dänemark einen Umstrukturierungsplan für FIH vor, dessen
endgültige Fassung am 24. Juni 2013 vorgelegt wurde.
17 Im Verwaltungsverfahren
machte das Königreich Dänemark insbesondere geltend, dass die in Rede stehenden
Maßnahmen keine Elemente einer staatlichen Beihilfe enthielten, da die
Transaktionen zwischen FSC und der FIH-Gruppe Marktbedingungen entsprochen
hätten und diese Gruppe die gesamten Kosten der Transaktion und der Liquidation
von NewCo zahlen müsse. Außerdem habe dieser Plan das Risiko des Königreichs
Dänemark aufgrund der Maßnahmen von 2009 erheblich gemindert.
18 Um die im Rahmen des
Prüfverfahrens geäußerten Bedenken der Kommission auszuräumen, übermittelte das
Königreich Dänemark am 3. Oktober 2013 eine Reihe von
Verpflichtungszusagen, deren endgültige Fassung vom 3. Februar 2014
datiert.
19 Am 12. März 2014
stellte die Kommission dem Königreich Dänemark den streitigen Beschluss zu. Mit
ihm stufte die Kommission die in Rede stehenden Maßnahmen zum einen als
staatliche Beihilfen im Sinne von Art. 107 Abs. 1 AEUV ein und
erklärte sie zum anderen in Anbetracht des Umstrukturierungsplans und der vom
Königreich Dänemark vorgelegten Verpflichtungszusagen gemäß Art. 107
Abs. 3 Buchst. b AEUV für mit dem Binnenmarkt vereinbar.
20 Im ersten Teil ihrer
Bewertung zum Vorliegen einer Beihilfe prüfte die Kommission, ob die in Rede
stehenden Maßnahmen der FIH-Gruppe einen wirtschaftlichen Vorteil verschafften.
Dazu analysierte sie diese Maßnahmen im Hinblick auf den Grundsatz des
marktwirtschaftlich handelnden privaten Wirtschaftsteilnehmers (im Folgenden:
Grundsatz des privaten Wirtschaftsteilnehmers), mit dem laut streitigem
Beschluss im vorliegenden Fall im Wesentlichen festgestellt werden sollte, ob
sich ein marktwirtschaftlich handelnder privater Kapitalgeber zu dem Zeitpunkt,
zu dem der Beschluss zur Bereitstellung öffentlicher Mittel getroffen wurde,
unter den gleichen Voraussetzungen und den gleichen Modalitäten wie der
öffentliche Kapitalgeber an einem bestimmten Vorhaben beteiligt hätte (im
Folgenden: Kriterium des privaten Kapitalgebers).
21 Nach Abschluss ihrer
Prüfung in den Rn. 84 bis 98 des streitigen Beschlusses vertrat die
Kommission die Ansicht, dass hauptsächlich wegen der unzureichenden Höhe der
vorgesehenen Vergütung als Gegenleistung für die vom dänischen Staat
aufzuwendenden finanziellen Mittel die in Rede stehenden Maßnahmen nicht dem
Grundsatz des privaten Wirtschaftsteilnehmers entsprächen und daher der
FIH-Gruppe einen Vorteil verschafft hätten. Nach ihren Berechnungen beliefen
sich die Beihilfen auf rund 2,25 Mrd. DKK (etwa 300 Mio. Euro).
22 Aus diesen Randnummern
geht hervor, dass, auch wenn die Kommission, insbesondere in den Rn. 88 und
98 dieses Beschlusses, auf die Maßnahmen von 2009 Bezug genommen hat, sie
dennoch eine Beurteilung der wirtschaftlichen Vernünftigkeit der in Rede
stehenden Maßnahmen vorgenommen hat, ohne die möglichen Kosten zu
berücksichtigen, die der dänische Staat ohne die letzteren Maßnahmen aufgrund
der Risiken für ihn aus den Maßnahmen von 2009 zu tragen gehabt hätte.
23 Hinsichtlich der
Vereinbarkeit der Beihilfe mit dem Binnenmarkt prüfte die Kommission die in Rede
stehenden Maßnahmen im Licht ihrer Mitteilung über die Behandlung
wertgeminderter Aktiva im Bankensektor der Gemeinschaft (ABl. 2009,
C 72, S. 1) sowie ihrer Mitteilung über die Anwendung der Vorschriften
für staatliche Beihilfen auf Maßnahmen zur Stützung von Banken im Kontext der
Finanzkrise ab dem 1. Januar 2012 (ABl. 2011, C 356,
S. 7).
24 In Anbetracht des vom
Königreich Dänemark vorgelegten Umstrukturierungsplans und seiner
Verpflichtungszusagen, die in den Rn. 56 bis 62 des streitigen Beschlusses
dargelegt und im Anhang zu diesem Beschluss aufgeführt sind, stellte die
Kommission die Vereinbarkeit der in Rede stehenden Beihilfe fest. Diese
Verpflichtungszusagen sahen insbesondere zusätzliche Zahlungen von FIH an FSC
sowie die Verpflichtung von FIH vor, sich aus bestimmten Geschäftsfeldern,
darunter Immobilienfinanzierung, Beteiligungskapital und Verwaltung großer
Privatvermögen, zurückzuziehen.
Verfahren vor dem Gericht und angefochtenes
Urteil
25 Mit Klageschrift, die am
24. Mai 2014 bei der Kanzlei des Gerichts einging, erhob die FIH-Gruppe
eine Klage auf Nichtigerklärung des streitigen Beschlusses.
26 Die FIH-Gruppe stützte
ihre Klage auf drei Gründe, nämlich erstens auf einen Verstoß gegen
Art. 107 Abs. 1 AEUV, da der Grundsatz des privaten
Wirtschaftsteilnehmers nicht ordnungsgemäß angewandt worden sei, zweitens auf
Fehler bei der Berechnung der Höhe der Beihilfe und drittens auf die Verletzung
der Begründungspflicht durch die Kommission.
27 Das Gericht hat mit dem
angefochtenen Urteil dem ersten Klagegrund stattgegeben und ist daher zu der
Auffassung gelangt, dass der zweite Klagegrund nicht zu prüfen war. Ferner hat
es den dritten Klagegrund zurückgewiesen. Daher hat es den streitigen Beschluss
insgesamt für nichtig erklärt und der Kommission die Kosten auferlegt.
Anträge der Parteien
28 Die Kommission
beantragt,
– das
angefochtene Urteil aufzuheben;
– über die
Klage im ersten Rechtszug durch Klageabweisung zu entscheiden und der FIH-Gruppe
die Kosten beider Rechtszüge aufzuerlegen oder,
– hilfsweise,
die Sache zur Entscheidung über den zweiten Klagegrund an das Gericht
zurückzuverweisen und die Kostenentscheidung vorzubehalten.
29 Die FIH-Gruppe
beantragt,
– das
Rechtsmittel zurückzuweisen und der Kommission die Kosten beider Rechtszüge
aufzuerlegen;
– hilfsweise,
die Sache zur Entscheidung über den zweiten Klagegrund an das Gericht
zurückzuverweisen und die Kostenentscheidung vorzubehalten.
Zum Rechtsmittel
30 Die Kommission stützt ihr
Rechtsmittel auf einen einzigen Grund, den sie aus einem Rechtsfehler herleitet,
den das Gericht bei der Prüfung des ersten Klagegrundes bei der Auslegung von
Art. 107 Abs. 1 AEUV begangen haben soll.
Vorbringen der Parteien
31 Mit ihrem einzigen
Rechtsmittelgrund macht die Kommission geltend, das Gericht habe den Grundsatz
des privaten Wirtschaftsteilnehmers rechtsfehlerhaft angewandt, als es sich
verpflichtet gesehen habe, für die Beurteilung dessen, ob die in Rede stehenden
Maßnahmen eine staatliche Beihilfe im Sinne von Art. 107 Abs. 1 AEUV
seien, das Verhalten des dänischen Staates beim Erlass dieser Maßnahmen nicht
mit dem eines privaten Kapitalgebers, sondern mit dem eines marktwirtschaftlich
handelnden privaten Gläubigers (im Folgenden: Kriterium des privaten Gläubigers)
unter Berücksichtigung der finanziellen Risiken, denen dieser Staat wegen der
Maßnahmen von 2009 ausgesetzt war, zu vergleichen.
32 Nach Auffassung der
Kommission hat der Grundsatz des privaten Wirtschaftsteilnehmers seinen Ursprung
in der Neutralität der Rechtsordnung der Union in Bezug auf die
Eigentumsordnung. Daraus ergebe sich im Einklang mit der Rechtsprechung, dass
wirtschaftliche Transaktionen öffentlicher Stellen der Gegenseite keinen Vorteil
verschafften und somit keine Beihilfe darstellten, wenn sie zu normalen
Marktbedingungen vorgenommen würden. Verhalte sich die öffentliche Stelle
hingegen nicht wie ein privater Wirtschaftsteilnehmer in vergleichbarer Lage,
gelte das begünstigte Unternehmen als Empfänger einer wirtschaftlichen
Vergünstigung.
33 Bei der Anwendung des
Grundsatzes des privaten Wirtschaftsteilnehmers fänden keine Erwägungen
Berücksichtigung, die sich ausschließlich auf die Rolle des Staates als Träger
der öffentlichen Gewalt bezögen. Daher könnten bei der Anwendung dieses
Grundsatzes keine Verpflichtungen berücksichtigt werden, die sich aus der Rolle
des Staates als Träger der öffentlichen Gewalt ergäben.
34 Der Grundsatz des
privaten Wirtschaftsteilnehmers sei daher nicht einfach ein „Kriterium der
wirtschaftlichen Vernünftigkeit“, wie das Gericht im angefochtenen Urteil
befunden habe, sondern ziele auf die Feststellung ab, ob eine bestimmte
Transaktion aus der Sicht eines privaten Wirtschaftsteilnehmers wirtschaftlich
vernünftig sei.
35 Im vorliegenden Fall
trägt die Kommission jedoch vor, dass die sich aus den Maßnahmen des Jahres 2009
ergebenden Kosten, die vom dänischen Staat im Jahr 2012 zu tragen gewesen wären,
lediglich die diesem Mitgliedstaat obliegenden Verpflichtungen als Träger der
öffentlichen Gewalt widerspiegelten, da sie unmittelbare Folge der staatlichen
Beihilfe seien, die diese Maßnahmen zugunsten von FIH mit sich gebracht hätten.
Das Gericht habe daher einen Rechtsfehler begangen, als es in den Rn. 62
bis 69 des angefochtenen Urteils angenommen habe, dass die Kommission bei ihrer
Anwendung des Grundsatzes des privaten Wirtschaftsteilnehmers in dem streitigen
Beschluss die Kosten, die vom dänischen Staat zu tragen gewesen wären, wenn
dieser die in Rede stehenden Maßnahmen nicht erlassen hätte, und die sich aus
den Risiken ergäben, denen dieser durch die Maßnahmen von 2009 ausgesetzt
gewesen sei, zu Unrecht nicht berücksichtigt habe.
36 Die FIH-Gruppe ist
erstens der Ansicht, die Analyse der Kommission sei überzogen, da diese
impliziere, dass das wirtschaftliche Engagement eines Mitgliedstaats aus der
früheren Gewährung einer Beihilfe niemals im Rahmen der Prüfung der Frage
berücksichtigt werden könne, ob der Mitgliedstaat wie ein privater
Wirtschaftsteilnehmer gehandelt hat.
37 Die Kernfrage, die durch
die in Rede stehenden Maßnahmen aufgeworfen werde, gehe eher dahin, ob der
dänische Staat durch diese Maßnahmen im Allgemeininteresse liegende Ziele
verfolgt und somit in seiner Eigenschaft als Träger der öffentlichen Gewalt
gehandelt habe oder ob er ein wirtschaftliches Ziel verfolgt habe, das von einem
umsichtigen privaten Gläubiger in einer vergleichbaren Situation hätte verfolgt
werden können.
38 Es sei jedoch
offensichtlich, dass der dänische Staat gehandelt hat, um seine wirtschaftlichen
Interessen zu schützen, und dass ein privater Gläubiger in einer identischen
Situation dem Risiko ausgesetzt gewesen wäre, erhebliche Einbußen zu erleiden,
wenn er nicht versucht hätte, einen Zahlungsausfall zu vermeiden. Da die in Rede
stehenden Maßnahmen das frühere Engagement des dänischen Staates deutlich
verringert hätten, werde nämlich durch nichts gerechtfertigt, dass die
Bestimmungen über staatliche Beihilfen einer vernünftigen Umschuldung der
Exposition eines Mitgliedstaats und somit der ordnungsmäßigen Verwaltung
öffentlicher Mittel entgegenstünden.
39 Wie das Gericht in
Rn. 67 des angefochtenen Urteils ausgeführt habe, wäre dieses Ergebnis in
Anbetracht des Ziels der Vorschriften zur Kontrolle der staatlichen Beihilfen
unlogisch und stellte eine Diskriminierung zum Nachteil der öffentlichen
Gläubiger dar, was dem Grundsatz der Neutralität in Art. 345 AEUV
widerspreche.
40 Zweitens macht die
FIH-Gruppe geltend, dass sich aus dem Urteil vom 3. April 2014,
Kommission/Niederlande und ING Groep (C‑224/12 P, EU:C:2014:213), ergebe,
dass die Änderung der Bedingungen für die Rückzahlung einer staatlichen Beihilfe
im Licht des Verhaltens eines privaten Gläubigers unter Berücksichtigung des
Risikos des vollständigen oder teilweisen Ausfalls der Rückzahlung beurteilt
werden müsse. Nach Auffassung der FIH-Gruppe muss die Kommission prüfen, ob eine
solche Änderung dem Empfänger der ursprünglichen Beihilfe einen zusätzlichen
Vorteil verschaffen würde. Daher dürfe die Kommission sich nicht allein
deswegen, weil die frühere Maßnahme eine staatliche Beihilfe darstellte, ihrer
Verpflichtung entziehen, die wirtschaftliche Vernünftigkeit der in Rede
stehenden Maßnahmen unter Berücksichtigung der Verringerung des früheren
Engagements des dänischen Staates zu prüfen.
41 Drittens ist die
FIH-Gruppe der Ansicht, dass das Urteil vom 24. Oktober 2013, Land
Burgenland u. a./Kommission (C‑214/12 P, C‑215/12 P und
C‑223/12 P, EU:C:2013:682), nicht einschlägig sei, da der Gerichtshof
selbst in Rn. 62 dieses Urteils darauf hinweise, dass die tatsächlichen und
rechtlichen Umstände der Rechtssache, in der dieses Urteil ergangen sei, sich
erheblich von denen in der Rechtssache unterschieden, in der das Urteil des
Gerichts vom 2. März 2012, Niederlande/Kommission (T‑29/10 und T‑33/10,
EU:T:2012:98), bestätigt durch das Urteil vom 3. April 2014,
Kommission/Niederlande und ING Groep (C‑224/12 P, EU:C:2014:213), ergangen
sei.
42 Dies gelte auch für die
Urteile vom 14. September 1994, Spanien/Kommission (C‑278/92 bis C‑280/92,
EU:C:1994:325), und vom 28. Januar 2003, Deutschland/Kommission (C‑334/99,
EU:C:2003:55), da die in diesen Rechtssachen maßgebenden Umstände sich in
sachlicher und rechtlicher Hinsicht sehr deutlich von denen in der vorliegenden
Rechtssache unterschieden.
Würdigung durch den Gerichtshof
43 Vorab ist darauf
hinzuweisen, dass nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs die Einstufung
einer Maßnahme als „staatliche Beihilfe“ im Sinne von Art. 107 Abs. 1
AEUV verlangt, dass alle folgenden Voraussetzungen erfüllt sind. Erstens muss es
sich um eine staatliche Maßnahme oder eine Maßnahme unter Inanspruchnahme
staatlicher Mittel handeln. Zweitens muss diese Maßnahme geeignet sein, den
Handel zwischen Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen. Drittens muss dem
Begünstigten durch sie ein selektiver Vorteil gewährt werden. Viertens muss sie
den Wettbewerb verfälschen oder zu verfälschen drohen (vgl. u. a. Urteile
vom 21. Dezember 2016, Kommission/World Duty Free Group u. a.,
C‑20/15 P und C‑21/15 P, EU:C:2016:981, Rn. 53 sowie die dort
angeführte Rechtsprechung, und vom 18. Mai 2017, Fondul Proprietatea,
C‑150/16, EU:C:2017:388, Rn. 13).
44 Da der einzige
Rechtsmittelgrund ausschließlich die dritte dieser Bedingungen betrifft, ist
festzustellen, dass nach ebenfalls ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs als
staatliche Beihilfen Maßnahmen gleich welcher Art gelten, die mittelbar oder
unmittelbar Unternehmen begünstigen oder die als ein wirtschaftlicher Vorteil
anzusehen sind, den das begünstigte Unternehmen unter normalen Marktbedingungen
nicht erhalten hätte (Urteile vom 2. September 2010, Kommission/Deutsche
Post, C‑399/08 P, EU:C:2010:481, Rn. 40 und die dort angeführte
Rechtsprechung, und vom 27. Juni 2017, Congregación de Escuelas Pías
Provincia Betania, C‑74/16, EU:C:2017:496, Rn. 65 sowie die dort angeführte
Rechtsprechung).
45 In Anbetracht des Ziels
von Art. 107 Abs. 1 AEUV, einen unverfälschten Wettbewerb – auch
zwischen öffentlichen und privaten Unternehmen – zu gewährleisten (vgl. in
diesem Sinne Urteil vom 11. September 2008, Deutschland
u. a./Kronofrance, C‑75/05 P und C‑80/05 P, EU:C:2008:482,
Rn. 66), kann der Begriff „Beihilfe“ im Sinne dieser Bestimmung somit keine
Maßnahme aus Staatsmitteln zugunsten eines Unternehmens umfassen, wenn dieses
Unternehmen denselben Vorteil unter Umständen, die normalen Marktbedingungen
entsprechen, hätte erhalten können. Die Beurteilung der Voraussetzungen, unter
denen ein solcher Vorteil gewährt wurde, erfolgt somit grundsätzlich unter
Anwendung des Grundsatzes des privaten Wirtschaftsteilnehmers (vgl. in diesem
Sinne Urteile vom 5. Juni 2012, Kommission/EDF, C‑124/10 P,
EU:C:2012:318, Rn. 78, und vom 20. September 2017, Kommission/Frucona
Košice, C‑300/16 P, EU:C:2017:706, Rn. 21 und 22).
46 Zudem gehört der
Grundsatz des privaten Wirtschaftsteilnehmers zu den Faktoren, die die
Kommission berücksichtigen muss, um das Vorliegen einer Beihilfe festzustellen,
und stellt somit keine Ausnahme dar, die nur zur Anwendung kommt, wenn sich ein
Mitgliedstaat auf sie beruft und festgestellt worden ist, dass die in
Art. 107 Abs. 1 AEUV enthaltenen Merkmale des Begriffs „staatliche
Beihilfe“ vorliegen (Urteile vom 5. Juni 2012, Kommission/EDF,
C‑124/10 P, EU:C:2012:318, Rn. 103, vom 3. April 2014,
Kommission/Niederlande und ING Groep, C‑224/12 P, EU:C:2014:213,
Rn. 32, und vom 20. September 2017, Kommission/Frucona Košice,
C‑300/16 P, EU:C:2017:706, Rn. 23).
47 Wenn sich daher erkennen
lässt, dass der Grundsatz des privaten Wirtschaftsteilnehmers anwendbar sein
kann, hat die Kommission den betroffenen Mitgliedstaat um alle einschlägigen
Informationen zu ersuchen, um überprüfen zu können, ob die Voraussetzungen für
die Anwendung dieses Grundsatzes erfüllt sind (vgl. in diesem Sinne Urteile vom
5. Juni 2012, Kommission/EDF, C‑124/10 P, EU:C:2012:318, Rn. 104,
vom 3. April 2014, Kommission/Niederlande und ING Groep, C‑224/12 P,
EU:C:2014:213, Rn. 33, und vom 20. September 2017, Kommission/Frucona
Košice, C‑300/16 P, EU:C:2017:706, Rn. 24 sowie die dort angeführte
Rechtsprechung).
48 Hierzu hat der
Gerichtshof ausgeführt, dass dann, wenn der betroffene Mitgliedstaat einem
Unternehmen einen wirtschaftlichen Vorteil in seiner Eigenschaft als
Anteilseigner und nicht in seiner Eigenschaft als Träger öffentlicher Gewalt
gewährt, die Anwendbarkeit des Grundsatzes des privaten Wirtschaftsteilnehmers
nicht von der Form der Gewährung eines Vorteils und der Art der eingesetzten
Mittel abhängt, die unter die öffentliche Gewalt des Staates fallen können (vgl.
in diesem Sinne Urteil vom 5. Juni 2012, Kommission/EDF, C‑124/10 P,
EU:C:2012:318, Rn. 81 und 91 bis 93).
49 Im Übrigen hat der
Gerichtshof entschieden, dass die Anwendbarkeit des Grundsatzes des privaten
Wirtschaftsteilnehmers auf eine Änderung der Bedingungen für den Rückkauf von
Wertpapieren eines Unternehmens nicht durch den Umstand beeinträchtigt wird,
dass der Erwerb von Wertpapieren, der dem Staat den Status eines Investors in
diesem Unternehmen verleiht, mittels einer staatlichen Beihilfe zugunsten des
Letzteren erworben wurde (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 3. April 2014,
Kommission/Niederlande und ING Groep, C‑224/12 P, EU:C:2014:213,
Rn. 34).
50 Die Kommission wandte im
vorliegenden Fall in dem streitigen Beschluss den Grundsatz des privaten
Wirtschaftsteilnehmers an, als sie die in Rede stehenden Maßnahmen prüfte. Im
Übrigen hat keine der Parteien die Anwendbarkeit dieses Grundsatzes in Frage
gestellt, wenn es um die Bewertung der Frage geht, ob diese Maßnahmen der
FIH-Gruppe einen Vorteil im Sinne des Art. 107 Abs. 1 AEUV verschafft
haben.
51 Im vorliegenden
Rechtsmittelverfahren geht es hingegen um die Frage, ob die Kommission unter
Rückgriff auf das Kriterium des privaten Gläubigers statt auf das des privaten
Kapitalgebers die Risiken hätte berücksichtigen müssen, denen der dänische Staat
wegen der Maßnahmen von 2009 ausgesetzt war.
52 Hierzu ist zum einen
darauf hinzuweisen, dass dann, wenn der Grundsatz des privaten
Wirtschaftsteilnehmers zur Anwendung kommt, das in einem bestimmten Fall konkret
anzuwendende Kriterium insbesondere anhand der Art des Vorhabens des
betreffenden Mitgliedstaats bestimmt werden muss. Zu den Kriterien, die
angewandt werden können, gehören das Kriterium des privaten Kapitalgebers und
das des privaten Gläubigers.
53 Es ist unstreitig, dass
zu den in Rede stehenden Maßnahmen Investitionen bei NewCo seitens FSC gehörten
und dass das Königreich Dänemark im Verwaltungsverfahren geltend gemacht hat,
dass diese Investitionen den Marktbedingungen entsprochen hätten. Dieser
Mitgliedstaat machte ferner geltend, dass die in Rede stehenden Maßnahmen sein
Risiko aufgrund der Maßnahmen von 2009 erheblich gemindert hätten und daher auch
unter die Verwaltung seiner Forderungen an FIH gefallen seien.
54 Unter diesen Umständen
ist festzustellen, dass sowohl das von der Kommission verwendete Kriterium des
privaten Kapitalgebers als auch das Kriterium des privaten Gläubigers, dessen
Anwendung von der FIH-Gruppe gefordert wird und das das Gericht im angefochtenen
Urteil als für die Beurteilung der in Rede stehenden Maßnahmen einschlägig
betrachtet hat, berücksichtigt werden können.
55 Zum anderen sind nach
ständiger Rechtsprechung zur Beurteilung der Frage, ob dieselbe Maßnahme unter
normalen Marktbedingungen von einem privaten Wirtschaftsteilnehmer, der sich in
einer möglichst ähnlichen Lage befindet wie der Staat, getroffen worden wäre,
nur die Vorteile und Verpflichtungen zu berücksichtigen, die mit der Eigenschaft
des Staates als privater Wirtschaftsteilnehmer zusammenhängen, nicht aber jene,
die sich an seine Eigenschaft als Träger öffentlicher Gewalt knüpfen (vgl. in
diesem Sinne Urteile vom 5. Juni 2012, Kommission/EDF, C‑124/10 P,
EU:C:2012:318, Rn. 79 und die dort angeführte Rechtsprechung, sowie vom
24. Oktober 2013, Land Burgenland u. a./Kommission, C‑214/12 P,
C‑215/12 P und C‑223/12 P, EU:C:2013:682, Rn. 52).
56 Bei der Bewertung der
wirtschaftlichen Vernünftigkeit einer staatlichen Maßnahme, wie es der Grundsatz
des privaten Wirtschaftsteilnehmers gebietet, hatte der Gerichtshof so die
Kosten des Staates aus der Entlassung der Arbeitnehmer, der Zahlung von
Arbeitslosenunterstützung und der Beihilfen für die Wiederherstellung der
industriellen Struktur (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 14. September 1994,
Spanien/Kommission, C‑278/92 bis C‑280/92, EU:C:1994:325, Rn. 22) wie auch
staatliche Bürgschaften und Forderungen des Staates, sofern sie staatliche
Beihilfen darstellen (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 28. Januar 2003,
Deutschland/Kommission, C‑334/99, EU:C:2003:55, Rn. 138 und 140, sowie vom
24. Oktober 2013, Land Burgenland u. a./Kommission, C‑214/12 P,
C‑215/12 P und C‑223/12 P, EU:C:2013:682, Rn. 55, 56 und 61),
unberücksichtigt gelassen.
57 Insbesondere für den
letztgenannten Fall hat der Gerichtshof klargestellt, dass, da ein Mitgliedstaat
mit der Gewährung einer Beihilfe definitionsgemäß andere Ziele verfolgt als die
Rentabilität der einem Unternehmen zugeführten Mittel, davon auszugehen ist,
dass der Staat diese Mittel grundsätzlich in Ausübung seiner hoheitlichen
Befugnisse gewährt (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 24. Oktober 2013, Land
Burgenland u. a./Kommission, C‑214/12 P, C‑215/12 P und
C‑223/12 P, EU:C:2013:682, Rn. 56).
58 Daraus folgt, dass die
Risiken, die für den Staat bestehen und die sich für ihn aus zuvor gewährten
staatlichen Beihilfen ergeben, mit seiner Rolle als Träger öffentlicher Gewalt
verknüpft sind und daher nicht zu den Kriterien zählen, die ein privater
Wirtschaftsteilnehmer unter normalen Wettbewerbsbedingungen in seine
wirtschaftlichen Überlegungen einbezogen hätte (vgl. in diesem Sinne Urteil vom
28. Januar 2003, Deutschland/Kommission, C‑334/99, EU:C:2003:55,
Rn. 138 und 140).
59 Diese Erwägung gilt
insbesondere für die Verpflichtungen, die sich für einen Staat aus Darlehen und
Bürgschaften ergeben, die zuvor einem Unternehmen gewährt wurden und staatliche
Beihilfen darstellen. Ihre Berücksichtigung bei der Beurteilung der staatlichen
Maßnahmen zugunsten dieses Unternehmens wäre nämlich geeignet, diese
Maßnahmen – auch wenn sie nicht mehr den normalen Marktbedingungen
genügen – von der Einstufung als staatliche Beihilfe allein deshalb
auszuschließen, weil sie sich auf wirtschaftlicher Ebene als für den Staat
vorteilhafter erweisen, als wenn sie nicht erlassen worden wären. Allerdings
würde diese Konsequenz das in Rn. 45 des vorliegenden Urteils genannte
Ziel, unverfälschten Wettbewerb zu gewährleisten, gefährden.
60 Wie das Gericht in den
Rn. 2 und 3 des angefochtenen Urteils festgestellt hat, wurden im
vorliegenden Fall beide Gesetze von 2009, auf deren Grundlage die Maßnahmen von
2009 vom dänischen Staat erlassen wurden, mit dem Beschluss
C(2009) 776 final von der Kommission als mit dem Binnenmarkt
vereinbare Beihilferegelung genehmigt. Den Rn. 47, 53 und 55 dieses
Beschlusses ist zu entnehmen, dass die Kommission, wie auch die dänische
Regierung selbst, der Auffassung war, dass die in diesen beiden Gesetzen
vorgesehenen Maßnahmen staatliche Beihilfen darstellten, da ein privater
Kapitalgeber nicht entschieden hätte, die betreffenden Kapitalerhöhungen und
Bürgschaftsgewährungen in vergleichbarem Umfang und unter vergleichbaren
Umständen vorzunehmen.
61 Im Übrigen enthält das
angefochtene Urteil oder der streitige Beschluss nichts, woraus hervorgeht, dass
der dänische Staat mit den Maßnahmen von 2009 zumindest teilweise
Rentabilitätsziele verfolgt habe. Es ist außerdem nicht ersichtlich, dass ein
solches Ziel im Laufe des administrativen oder gerichtlichen Verfahrens der
vorliegenden Rechtssache geltend gemacht worden sei, zu dessen Stützung
objektive und nachprüfbare Anhaltspunkte vorgelegt worden wären. Unter diesen
Umständen enthalten die Akten keinen Anhaltspunkt dafür, dass die Maßnahmen von
2009 – auch nur zum Teil – keine staatlichen Beihilfen waren.
62 Demnach hat die
Kommission im vorliegenden Fall bei der Anwendung des Grundsatzes des privaten
Wirtschaftsteilnehmers die Risiken im Zusammenhang mit den staatlichen Beihilfen
zugunsten von FIH durch die Maßnahmen von 2009 zu Recht nicht berücksichtigt.
Folglich hat das Gericht einen Rechtsfehler begangen, als es in den Rn. 69
und 71 des angefochtenen Urteils im Wesentlichen festgestellt hat, dass die
Kommission in dem streitigen Beschluss dadurch den Grundsatz des privaten
Wirtschaftsteilnehmers fehlerhaft angewandt habe.
63 Damit hat das Gericht der
Kommission zu Unrecht auferlegt, die wirtschaftliche Vernünftigkeit der in Rede
stehenden Maßnahmen unter Berücksichtigung nicht vom Standpunkt eines privaten
Wirtschaftsteilnehmers in vergleichbarer Lage aus zu beurteilen, sondern von dem
des Staates als Träger der öffentlichen Gewalt, der mit den Maßnahmen von 2009
FIH zuvor staatliche Beihilfen gewährt hatte, mit denen die finanziellen
Auswirkungen begrenzt werden sollten.
64 Diese Feststellungen
werden durch die Argumentation der FIH-Gruppe im Hinblick auf erstens die
Rn. 34 bis 37 des Urteils vom 3. April 2014, Kommission/Niederlande
und ING Groep (C‑224/12 P, EU:C:2014:213), zweitens die Urteile vom
5. Juni 2012, Kommission/EDF (C‑124/10 P, EU:C:2012:318), und vom
24. Januar 2013, Frucona Košice/Kommission (C‑73/11 P, EU:C:2013:32),
sowie drittens die ordnungsmäßige Verwaltung öffentlicher Mittel nicht
entkräftet.
65 Was als Erstes das
Vorbringen in Bezug auf die nach Ansicht der FIH-Gruppe bestehenden
Ähnlichkeiten zwischen den tatsächlichen und rechtlichen Umständen der
vorliegenden Rechtssache und denen der Rechtssache, in der das Urteil vom
3. April 2014, Kommission/Niederlande und ING Groep (C‑224/12 P,
EU:C:2014:213), ergangen ist, anbelangt, ist darauf hinzuweisen, dass der
Rechtsmittelgrund, der an die von der FIH-Gruppe genannten Randnummern dieses
Urteils anknüpft, die Frage der Anwendbarkeit des Grundsatzes des privaten
Wirtschaftsteilnehmers betraf, die die Kommission ausgeschlossen hatte, und
nicht – wie in der vorliegenden Rechtssache – seine Anwendung auf die
betreffenden Maßnahmen. Insbesondere hat der Gerichtshof in den Rn. 34 und
37 jenes Urteils im Wesentlichen festgestellt, dass die Anwendbarkeit dieses
Kriteriums nicht allein deswegen von vornherein ausgeschlossen werden könne,
weil zwischen der streitigen Maßnahme des Staates und der Ausübung hoheitlicher
Befugnisse in Form einer früheren Gewährung einer staatlichen Beihilfe
Verbindungen vorliegen können.
66 Zwar ergibt sich aus den
Rn. 35 und 36 des Urteils vom 3. April 2014, Kommission/Niederlande
und ING Groep (C‑224/12 P, EU:C:2014:213), dass die Kommission in jener
Rechtssache die wirtschaftliche Vernünftigkeit der Änderungen der
Rückzahlungsbedingungen der Kapitalzuführung durch den niederländischen Staat,
die zuvor mittels einer staatlichen Beihilfe erfolgt war, in Bezug auf das
mögliche Verhalten eines privaten Kapitalgebers hätte prüfen müssen.
67 Wie jedoch der
Generalanwalt in den Nrn. 63 und 65 bis 68 seiner Schlussanträge ausgeführt
hat, lässt nichts die Annahme zu, dass der Gerichtshof damit diesem Organ eine
Prüfung auferlegt hätte, die über die wirtschaftliche Vernünftigkeit der
beabsichtigten Änderungen und folglich die Berücksichtigung der Risiken, die
sich für den niederländischen Staat aus den staatlichen Beihilfen, die er zuvor
dem begünstigten Unternehmen gewährt hatte, ergeben, hinausgeht.
68 Ferner hat der
Gerichtshof in Rn. 36 des Urteils vom 3. April 2014,
Kommission/Niederlande und ING Groep (C‑224/12 P, EU:C:2014:213), zwar
festgestellt, dass ein privater Kapitalgeber in der Lage sein könnte, eine
Änderung der Rückzahlungsbedingungen der früheren Kapitalzuführung zu
akzeptieren, insbesondere indem die Aussichten erhöht werden, die Rückzahlung
dieser Kapitalzuführung zu erlangen. Diese Klarstellung bedeutet jedoch nicht,
dass bei der Analyse der wirtschaftlichen Vernünftigkeit einer Maßnahme zur
Feststellung, ob sich ein privater Kapitalgeber wie der betreffende Staat hätte
verhalten können, die Risiken aus der Gewährung einer vorherigen staatlichen
Beihilfemaßnahme für diesen Mitgliedstaat berücksichtigt werden können.
69 Hierzu ist festzustellen,
dass in der Rechtssache, in der das Urteil vom 3. April 2014,
Kommission/Niederlande und ING Groep (C‑224/12 P, EU:C:2014:213), ergangen
ist – anders als in der vorliegenden Rechtssache –, der Begünstigte
der früheren Beihilfe zu dem Zeitpunkt, zu dem diese Änderungen vorgesehen
waren, nicht in finanzielle Schwierigkeiten geraten war, die die Kontinuität
seines Betriebs gefährdeten, und dass diese Änderungen nicht seine Rettung durch
erhebliche öffentliche Investitionen bedeuteten.
70 Diese Änderungen zielten
nämlich insbesondere darauf ab, das die Beihilfe empfangende Unternehmen
anzuregen, das zugeführte Kapital vorzeitig zurückzuzahlen und die Chancen des
niederländischen Staates zu erhöhen, eine zufriedenstellende Rendite zu
erhalten, was die ursprünglichen Bedingungen nicht in jedem Fall
garantierten.
71 Als Zweites leitet die
FIH-Gruppe aus den Urteilen vom 5. Juni 2012, Kommission/EDF
(C‑124/10 P, EU:C:2012:318), und vom 24. Januar 2013, Frucona
Košice/Kommission (C‑73/11 P, EU:C:2013:32), im Wesentlichen ab, dass der
steuerliche Charakter einer Forderung des Staates gegen ein Unternehmen, selbst
wenn sie mit der Ausübung hoheitlicher Befugnisse verbunden ist, kein Hindernis
für die Anwendung des Grundsatzes des privaten Wirtschaftsteilnehmers bei der
Beurteilung einer Maßnahme, mit der der Staat diesem Unternehmen eine
Umschuldung dieser Forderung gewährt, anhand von Art. 107 Abs. 1 AEUV
darstellt.
72 Dazu ist hervorzuheben,
dass die in der vorstehenden Randnummer angeführte Rechtsprechung die
Anwendbarkeit des Grundsatzes des privaten Wirtschaftsteilnehmers betrifft,
nicht aber die Anwendung dieses Grundsatzes in einem bestimmten Fall (vgl. in
diesem Sinne Urteile vom 5. Juni 2012, Kommission/EDF, C‑124/10 P,
EU:C:2012:318, Rn. 100, und vom 24. Oktober 2013, Land Burgenland
u. a./Kommission, C‑214/12 P, C‑215/12 P und C‑223/12 P,
EU:C:2013:682, Rn. 51).
73 Daraus folgt, dass diese
Rechtsprechung die Feststellung in den Rn. 57 bis 59 des vorliegenden
Urteils nicht in Frage stellen kann, wonach die Risiken, denen ein Mitgliedstaat
infolge einer Forderung, die auf der Gewährung einer staatlichen Beihilfe an ein
Unternehmen beruht, ausgesetzt ist, bei der Anwendung des Grundsatzes des
privaten Wirtschaftsteilnehmers auf eine nachfolgende Maßnahme dieses
Mitgliedstaats zugunsten dieses Unternehmens nicht berücksichtigt werden können,
da sie untrennbar mit seiner Eigenschaft als Träger der öffentlichen Gewalt
verbunden sind.
74 Als Drittes und Letztes
kann der FIH-Gruppe nicht gefolgt werden, wenn sie in Bezug auf die
ordnungsmäßige Verwaltung öffentlicher Mittel im Wesentlichen geltend macht,
dass die Anwendung des Grundsatzes des privaten Wirtschaftsteilnehmers in dem
streitigen Beschluss dazu führe, dass das wirtschaftliche Engagement eines
Mitgliedstaats aus der früheren Gewährung einer staatlichen Beihilfe und sein
Wunsch, seine wirtschaftlichen Interessen zu schützen, im Rahmen der Prüfung
nach Maßgabe des Art. 107 AEUV nicht berücksichtigt werden könnten.
75 Zwar ist es nämlich
richtig, dass diese Erwägungen bei der Prüfung des Vorliegens einer staatlichen
Beihilfe nach Art. 107 Abs. 1 AEUV nicht berücksichtigt werden, jedoch
ändert dies nichts daran, dass, wie die Kommission in der mündlichen Verhandlung
vor dem Gerichtshof und der Generalanwalt in den Nrn. 81 und 83 seiner
Schlussanträge ausgeführt haben, dieses Organ bei der Beurteilung der
Vereinbarkeit einer nachfolgenden Beihilfemaßnahme mit dem Binnenmarkt auf der
Grundlage von Art. 107 Abs. 3 AEUV diese Erwägungen berücksichtigen
kann und sie daher dieses Organ – wie im vorliegenden Fall – zur
Feststellung der Vereinbarkeit dieser Maßnahme führen können.
76 Nach alledem ist dem
einzigen Rechtsmittelgrund stattzugeben und folglich das angefochtene Urteil
aufzuheben.
Zum Rechtsstreit im ersten Rechtszug
77 Nach Art. 61
Abs. 1 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union kann dieser im
Fall der Aufhebung der Entscheidung des Gerichts den Rechtsstreit selbst
endgültig entscheiden, wenn dieser zur Entscheidung reif ist.
78 Im vorliegenden Fall
verfügt der Gerichtshof über die erforderlichen Angaben, um endgültig über den
im ersten Rechtszug geltend gemachten ersten Klagegrund, die Rüge eines
Verstoßes gegen Art. 107 Abs. 1 AEUV wegen der nicht ordnungsgemäßen
Anwendung des Grundsatzes des privaten Wirtschaftsteilnehmers, zu
entscheiden.
79 Wie nämlich aus den
Rn. 51 bis 63 des vorliegenden Urteils hervorgeht, kann das Vorbringen der
FIH-Gruppe, die Kommission hätte im vorliegenden Fall das Kriterium des privaten
Gläubigers und nicht das Kriterium des privaten Kapitalgebers anwenden müssen,
nicht durchgreifen.
80 Folglich ist der erste
Rechtsmittelgrund zurückzuweisen.
81 Hingegen ist, anders als
die Kommission geltend macht, der Rechtsstreit nicht entscheidungsreif, was den
zweiten Klagegrund im ersten Rechtszug betrifft.
82 Wie nämlich aus
Rn. 85 des angefochtenen Urteils hervorgeht, kam das Gericht zu dem
Schluss, dass der zweite Klagegrund, mit dem ein Fehler bei der Berechnung der
Höhe der Beihilfe gerügt wurde, nicht geprüft zu werden brauchte, nachdem dem
ersten Klagegrund stattgegeben worden war.
83 Die Rechtssache ist daher
an das Gericht zurückzuverweisen, damit es über den zweiten vor ihm geltend
gemachten und von ihm noch nicht geprüften Klagegrund entscheidet.
Kosten
84 Da die Rechtssache an das
Gericht zurückverwiesen wird, ist die Entscheidung über die Kosten
vorzubehalten.
Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Große
Kammer) für Recht erkannt und entschieden:
1. Das Urteil des
Gerichts der Europäischen Union vom 15. September 2016, FIH Holding und FIH
Erhvervsbank/Kommission (T‑386/14, EU:T:2016:474), wird
aufgehoben.
2. Der erste
Klagegrund vor dem Gericht der Europäischen Union wird zurückgewiesen.
3. Die Sache wird
zur Entscheidung über den zweiten Klagegrund an das Gericht der Europäischen
Union zurückverwiesen.
4. Die
Kostenentscheidung bleibt vorbehalten.
Unterschriften