URTEIL DES GERICHTSHOFS (Große Kammer)
6. November 2018(*)
„Rechtsmittel – Staatliche Beihilfen –
Beschluss, mit dem die Rückforderung einer mit dem Binnenmarkt unvereinbaren
staatlichen Beihilfe für unmöglich erklärt wird – Beschluss, mit dem das
Nichtvorliegen einer staatlichen Beihilfe festgestellt wird –
Nichtigkeitsklagen, die von Wettbewerbern von Empfängern staatlicher Beihilfen
erhoben wurden – Zulässigkeit – Rechtsakt mit Verordnungscharakter,
der keine Durchführungsmaßnahmen nach sich zieht – Unmittelbare
Betroffenheit – Begriff der ‚absoluten Unmöglichkeit‘, eine mit dem
Binnenmarkt unvereinbare staatliche Beihilfe zurückzufordern – Begriff
‚staatliche Beihilfe‘ – Begriffe ‚Unternehmen‘ und ‚wirtschaftliche
Tätigkeit‘“
In den verbundenen Rechtssachen C‑622/16 P bis
C‑624/16 P
betreffend drei Rechtsmittel nach Art. 56 der
Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union, eingelegt am 25. November
2016,
Scuola Elementare Maria Montessori Srl mit Sitz in
Rom (Italien), Prozessbevollmächtigte: E. Gambaro und F. Mazzocchi,
avvocati,
Rechtsmittelführerin,
andere Parteien des Verfahrens:
Europäische Kommission, vertreten durch
D. Grespan, P. Stancanelli und F. Tomat als Bevollmächtigte,
Beklagte im ersten Rechtszug,
Italienische Republik, vertreten durch
G. Palmieri als Bevollmächtigte im Beistand von G. De Bellis und
S. Fiorentino, avvocati dello Stato,
Streithelferin im ersten Rechtszug
(C‑622/16 P),
Europäische Kommission, vertreten durch
P. Stancanelli, D. Grespan und F. Tomat als Bevollmächtigte,
Rechtsmittelführerin,
andere Parteien des Verfahrens:
Scuola Elementare Maria Montessori Srl mit Sitz in
Rom, Prozessbevollmächtigte: E. Gambaro und F. Mazzocchi,
avvocati,
Klägerin im ersten Rechtszug,
Italienische Republik, vertreten durch
G. Palmieri als Bevollmächtigte im Beistand von G. De Bellis und
S. Fiorentino, avvocati dello Stato,
Streithelferin im ersten Rechtszug
(C‑623/16 P),
und
Europäische Kommission, vertreten durch
P. Stancanelli, D. Grespan und F. Tomat als Bevollmächtigte,
Rechtsmittelführerin,
andere Parteien des Verfahrens:
Pietro Ferracci, wohnhaft in San Cesareo
(Italien),
Kläger im ersten Rechtszug,
Italienische Republik, vertreten durch
G. Palmieri als Bevollmächtigte im Beistand von G. De Bellis und
S. Fiorentino, avvocati dello Stato,
Streithelferin im ersten Rechtszug
(C‑624/16 P),
erlässt
DER GERICHTSHOF (Große Kammer)
unter Mitwirkung des Präsidenten K. Lenaerts, der
Vizepräsidentin R. Silva de Lapuerta, der Kammerpräsidenten
J.‑C. Bonichot und A. Arabadjiev, der Kammerpräsidentin
A. Prechal, des Kammerpräsidenten T. von Danwitz (Berichterstatter),
der Kammerpräsidentin C. Toader, des Richters D. Šváby, der Richterin
M. Berger sowie der Richter C. G. Fernlund und C. Vajda,
Generalanwalt: M. Wathelet,
Kanzler: V. Giacobbo-Peyronnel,
Verwaltungsrätin,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die
mündliche Verhandlung vom 6. Februar 2018,
nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in
der Sitzung vom 11. April 2018
folgendes
Urteil
1 Mit ihren
Rechtsmitteln in den Rechtssachen C‑622/16 P und C‑623/16 P begehren
die Scuola Elementare Maria Montessori Srl und die Europäische Kommission die
Aufhebung des Urteils des Gerichts der Europäischen Union vom 15. September
2016, Scuola Elementare Maria Montessori/Kommission (T‑220/13, nicht
veröffentlicht, EU:T:2016:484), mit dem das Gericht die Klage der Scuola
Elementare Maria Montessori auf Nichtigerklärung des Beschlusses 2013/284/EU der
Kommission vom 19. Dezember 2012 über die staatliche Beihilfe SA.20829
(C 26/2010, ex NN 43/2010 [ex CP 71/2006]), Regelung über die
Befreiung von der kommunalen Immobiliensteuer im Falle von Immobilien, die von
nichtgewerblichen Einrichtungen für besondere Zwecke genutzt werden, die Italien
eingeführt hat (ABl. 2013, L 166, S. 24, im Folgenden: streitiger
Beschluss), als unbegründet abgewiesen hat.
2 Mit ihrem
Rechtsmittel in der Rechtssache C‑624/16 P beantragt die Kommission die
Aufhebung des Urteils des Gerichts vom 15. September 2016,
Ferracci/Kommission (T‑219/13, EU:T:2016:485), mit dem das Gericht die auf
Nichtigerklärung des streitigen Beschlusses gerichtete Klage von Herrn Pietro
Ferracci als unbegründet abgewiesen hat.
Rechtlicher Rahmen
3 Art. 1
Buchst. d der Verordnung (EG) Nr. 659/1999 des Rates vom 22. März
1999 über besondere Vorschriften für die Anwendung von Artikel [108 AEUV]
(ABl. 1999, L 83, S. 1) definiert den Begriff „Beihilferegelung“
als „eine Regelung, wonach Unternehmen, die in der Regelung in einer allgemeinen
und abstrakten Weise definiert werden, ohne nähere Durchführungsmaßnahmen
Einzelbeihilfen gewährt werden können, beziehungsweise eine Regelung, wonach
einem oder mehreren Unternehmen nicht an ein bestimmtes Vorhaben gebundene
Beihilfen für unbestimmte Zeit und/oder in unbestimmter Höhe gewährt werden
können“.
4 Art. 14
Abs. 1 dieser Verordnung lautet:
„In Negativentscheidungen hinsichtlich rechtswidriger
Beihilfen entscheidet die Kommission, dass der betreffende Mitgliedstaat alle
notwendigen Maßnahmen ergreift, um die Beihilfe vom Empfänger zurückzufordern
(nachstehend ‚Rückforderungsentscheidung‘ genannt). Die Kommission verlangt
nicht die Rückforderung der Beihilfe, wenn dies gegen einen allgemeinen
Grundsatz des Gemeinschaftsrechts verstoßen würde.“
Vorgeschichte der Rechtsstreitigkeiten
5 Die
Vorgeschichte der Rechtsstreitigkeiten, wie sie aus den Rn. 1 bis 20 der
Urteile des Gerichts vom 15. September 2016, Scuola Elementare Maria
Montessori/Kommission (T‑220/13, nicht veröffentlicht, EU:T:2016:484), und vom
15. September 2016, Ferracci/Kommission (T‑219/13, EU:T:2016:485) (im
Folgenden zusammen: angefochtene Urteile), hervorgeht, lässt sich für die Zwecke
des vorliegenden Verfahrens wie folgt zusammenfassen.
6 Herr Ferracci
ist Eigentümer einer aus zwei Zimmern bestehenden Frühstückspension für
Touristen; Scuola Elementare Maria Montessori ist eine private Lehranstalt. In
den Jahren 2006 und 2007 reichten sie bei der Kommission Beschwerden ein und
trugen vor, dass zum einen die von der Italienischen Republik erlassene Änderung
des Anwendungsbereichs der nationalen Regelung der Imposta comunale sugli
immobili (kommunale Immobiliensteuer, im Folgenden: ICI) und zum anderen
Art. 149 Abs. 4 des Testo unico delle imposte sui redditi
(Einheitstext über die Einkommensteuern, im Folgenden: TUIR) mit dem Binnenmarkt
unvereinbare staatliche Beihilfen darstellten.
7 Mit der
Änderung des Anwendungsbereichs der ICI sollte im Wesentlichen die Befreiung von
dieser Steuer, die seit 1992 nicht gewerblichen Einrichtungen zugutekam, die in
den ihnen gehörenden Immobilien ausschließlich Tätigkeiten in den Bereichen
Sozialfürsorge, soziale Sicherheit, Gesundheit, Bildung, Beherbergung, Kultur,
Erholung, Sport und Religion ausübten, dahin gehend ausgeweitet werden, dass sie
für diese Tätigkeiten „unabhängig von ihrer möglicherweise gewerblichen Natur“
galt. Art. 149 Abs. 4 TUIR befreite im Wesentlichen die kirchlichen
Einrichtungen des bürgerlichen Rechts und die Amateursportvereine von der
Anwendung der Kriterien, die für alle anderen Einrichtungen hinsichtlich der
Feststellung des Verlusts des Status einer nicht gewerblichen Einrichtung
galten.
8 Am
12. Oktober 2010 beschloss die Kommission, bezüglich sowohl der Befreiung
von der ICI als auch Art. 149 Abs. 4 TUIR das förmliche Prüfverfahren
nach Art. 108 Abs. 2 AEUV zu eröffnen.
9 Am
15. Februar 2012 setzten die italienischen Behörden die Kommission über
ihre Absicht in Kenntnis, neue Vorschriften über die kommunale Immobiliensteuer
zu erlassen, und gaben bekannt, dass die Befreiung von der ICI ab dem
1. Januar 2012 durch die in der neuen Regelung über die Imposta municipale
unica (einheitliche Kommunalsteuer, im Folgenden: IMU) vorgesehene Befreiung
ersetzt werde. Diese Regelung wurde am 19. November 2012 erlassen.
10 Am 19. Dezember 2012
erließ die Kommission den streitigen Beschluss, in dem sie zunächst feststellte,
dass die in der ICI-Regelung gewährte Befreiung zugunsten nicht gewerblicher
Einrichtungen, die in ihren Immobilien bestimmte Tätigkeiten ausübten, eine mit
dem Binnenmarkt unvereinbare staatliche Beihilfe sei, die die Italienische
Republik unter Verstoß gegen Art. 108 Abs. 3 AEUV rechtswidrig
eingeführt habe. Sodann vertrat die Kommission die Auffassung, dass es der
Italienischen Republik aufgrund der Besonderheiten des vorliegenden Falles
absolut unmöglich sei, die unrechtmäßig gewährten Beihilfen zurückzufordern; sie
ordnete daher im streitigen Beschluss keine Rückforderung an. Schließlich sah
die Kommission weder Art. 149 Abs. 4 TUIR noch die in der neuen
IMU-Regelung vorgesehene Befreiung als staatliche Beihilfen im Sinne von
Art. 107 Abs. 1 AEUV an.
Klagen vor dem Gericht und angefochtene
Urteile
11 Mit Klageschriften, die
am 16. April 2013 bei der Kanzlei des Gerichts eingingen, erhoben Herr
Ferracci und Scuola Elementare Maria Montessori jeweils Klage auf
Nichtigerklärung des streitigen Beschlusses, soweit die Kommission darin
festgestellt hatte, dass es den italienischen Behörden unmöglich sei, die für
rechtswidrig und mit dem Binnenmarkt unvereinbar erachteten Beihilfen
zurückzufordern (im Folgenden: erster Teil des streitigen Beschlusses), dass
Art. 149 Abs. 4 TUIR keine staatliche Beihilfe darstelle (im
Folgenden: zweiter Teil des streitigen Beschlusses) und dass Gleiches für die
neue IMU-Regelung gelte (im Folgenden: dritter Teil des streitigen
Beschlusses).
12 Mit am 17. Juli 2013
bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Schriftsätzen erhob die Kommission
Unzulässigkeitseinreden. Die Entscheidung darüber behielt das Gericht mit
Beschlüssen vom 29. Oktober 2014 dem Endurteil vor.
13 In den angefochtenen
Urteilen erklärte das Gericht die beiden Klagen für nach Art. 263
Abs. 4 dritte Variante AEUV zulässig, weil es den streitigen Beschluss als
Rechtsakt mit Verordnungscharakter ansah, der Herrn Ferracci und Scuola
Elementare Maria Montessori unmittelbar betreffe und ihnen gegenüber keine
Durchführungsmaßnahmen nach sich ziehe. In der Sache wies das Gericht die beiden
Klagen ab.
Verfahren vor dem Gerichtshof und Anträge der
Parteien der Rechtsmittelverfahren
14 Mit ihrem Rechtsmittel in
der Rechtssache C‑622/16 P beantragt Scuola Elementare Maria
Montessori,
– das
Urteil des Gerichts vom 15. September 2016, Scuola Elementare Maria
Montessori/Kommission (T‑220/13, nicht veröffentlicht, EU:T:2016:484),
aufzuheben und folglich den streitigen Beschluss für nichtig zu erklären, soweit
die Kommission entschieden hat, die Rückforderung der mittels Befreiung von der
ICI gewährten Beihilfe nicht anzuordnen, und den Standpunkt vertreten hat, dass
die Maßnahmen zur Befreiung von der IMU nicht in den Anwendungsbereich von
Art. 107 Abs. l AEUV fielen,
– jedenfalls
dieses Urteil in dem Umfang aufzuheben, in dem der Gerichtshof das vorliegende
Rechtsmittel für begründet hält und bereit ist, ihm stattzugeben, und
– der
Kommission die Kosten beider Rechtszüge aufzuerlegen.
15 Die Kommission,
unterstützt durch die Italienische Republik, beantragt,
– das
Rechtsmittel insgesamt zurückzuweisen und
– der
Rechtsmittelführerin die Kosten sowohl des vorliegenden Verfahrens als auch des
ersten Rechtszugs aufzuerlegen.
16 Mit ihren Rechtsmitteln
in den Rechtssachen C‑623/16 P und C‑624/16 P beantragt die
Kommission, unterstützt durch die Italienische Republik,
– die
angefochtenen Urteile aufzuheben, soweit das Gericht damit die Klagen auf der
Grundlage von Art. 263 Abs. 4 dritte Variante AEUV für zulässig
erklärt hat,
– die
Klagen auf der Grundlage von Art. 263 Abs. 4 zweite und dritte
Variante AEUV für unzulässig zu erklären und sie folglich insgesamt abzuweisen
und
– Herrn
Ferracci und Scuola Elementare Maria Montessori die Kosten aufzuerlegen, die der
Kommission im Verfahren vor dem Gericht und im vorliegenden Verfahren entstanden
sind.
17 Scuola Elementare Maria
Montessori beantragt,
– das von
der Kommission in der Rechtssache C‑623/16 P eingelegte Rechtsmittel
zurückzuweisen und das Urteil vom 15. September 2016, Scuola Elementare
Maria Montessori/Kommission (T‑220/13, nicht veröffentlicht, EU:T:2016:484), zu
bestätigen, soweit das Gericht darin ihre Klage gegen den streitigen Beschluss
für zulässig erklärt hat, und
– der
Kommission die Kosten in der vorliegenden Rechtssache aufzuerlegen.
18 Mit Beschluss des
Präsidenten des Gerichtshofs vom 11. April 2017 sind die Rechtssachen
C‑622/16 P bis C‑624/16 P zu gemeinsamem mündlichen Verfahren und zu
gemeinsamer Entscheidung verbunden worden.
Zu den Rechtsmitteln der Kommission in den
Rechtssachen C‑623/16 P und C‑624/16 P
19 Zur Stützung ihrer
Rechtsmittel in den Rechtssachen C‑623/16 P und C‑624/16 P macht die
Kommission, unterstützt durch die Italienische Republik, einen einzigen, aus
drei Teilen bestehenden Rechtsmittelgrund geltend, mit dem sie vorträgt, das
Gericht habe jede einzelne der drei kumulativen Voraussetzungen von
Art. 263 Abs. 4 dritte Variante AEUV falsch ausgelegt und
angewandt.
Zum ersten Teil
Vorbringen der Parteien
20 Die Kommission hält die
Einstufung des streitigen Beschlusses als Rechtsakt mit Verordnungscharakter für
rechtsfehlerhaft. Erstens sei das Gericht zu Unrecht davon ausgegangen, dass
jeder Rechtsakt ohne Gesetzescharakter mit allgemeiner Geltung zwangsläufig ein
Rechtsakt mit Verordnungscharakter sei. Zweitens habe das Gericht den
Verordnungscharakter des angefochtenen Beschlusses rechtsirrig aus der
allgemeinen Geltung der nationalen Maßnahmen abgeleitet, die Gegenstand dieses
Beschlusses seien. Drittens hätte das Gericht insofern, als der erste Teil des
streitigen Beschlusses einen beschränkten Personenkreis betreffe, jedenfalls
nicht annehmen dürfen, dass jeder der drei Teile des streitigen Beschlusses
allgemeine Geltung habe.
21 Scuola Elementare Maria
Montessori tritt diesem Vorbringen entgegen.
Würdigung durch den Gerichtshof
22 Als Erstes ist darauf
hinzuweisen, dass mit dem Vertrag von Lissabon in Art. 263 Abs. 4 AEUV
eine dritte Variante hinzugefügt wurde, mit der die Zulässigkeitsvoraussetzungen
von Nichtigkeitsklagen natürlicher und juristischer Personen gelockert wurden.
Ohne die Zulässigkeit der von natürlichen und juristischen Personen erhobenen
Nichtigkeitsklagen von der Voraussetzung der individuellen Betroffenheit
abhängig zu machen, eröffnet diese Variante nämlich einen Rechtsbehelf gegen
„Rechtsakte mit Verordnungscharakter“, die keine Durchführungsmaßnahmen nach
sich ziehen und den Kläger unmittelbar betreffen (vgl. in diesem Sinne Urteil
vom 3. Oktober 2013, Inuit Tapiriit Kanatami u. a./Parlament und Rat,
C‑583/11 P, EU:C:2013:625, Rn. 57).
23 Zum Begriff „Rechtsakte
mit Verordnungscharakter“ hat der Gerichtshof bereits festgestellt, dass er
einen engeren Anwendungsbereich als der in Art. 263 Abs. 4 erste und
zweite Variante AEUV verwendete Begriff „Handlungen“ hat und sich auf Rechtsakte
mit allgemeiner Geltung unter Ausschluss von Gesetzgebungsakten bezieht (vgl. in
diesem Sinne Urteil vom 3. Oktober 2013, Inuit Tapiriit Kanatami
u. a./Parlament und Rat, C‑583/11 P, EU:C:2013:625, Rn. 58 bis
61).
24 Insoweit kann, wie der
Generalanwalt in Nr. 26 seiner Schlussanträge ausgeführt hat, nicht der von
der Kommission vertretenen Auslegung gefolgt werden, dass es Rechtsakte ohne
Gesetzescharakter mit allgemeiner Geltung gebe, die, wie der streitige
Beschluss, nicht unter den Begriff „Rechtsakt mit Verordnungscharakter“ im Sinne
von Art. 263 Abs. 4 dritte Variante AEUV fielen. Diese Auslegung
findet nämlich weder im Wortlaut noch in der Entstehungsgeschichte noch in der
Zielsetzung dieser Bestimmung eine Stütze.
25 Zunächst bezieht sich der
Wortlaut der Bestimmung allgemein auf „Rechtsakte mit Verordnungscharakter“ und
enthält keinen Hinweis darauf, dass diese Bezugnahme nur bestimmte Arten oder
Unterkategorien dieser Rechtsakte erfasst.
26 Was sodann die
Entstehungsgeschichte der Bestimmung anbelangt, geht aus den Vorarbeiten zu
Art. III‑365 Abs. 4 des Entwurfs eines Vertrags über eine Verfassung
für Europa, dessen Inhalt in Art. 263 Abs. 4 AEUV wortgleich
übernommen wurde, hervor, dass die Hinzufügung der dritten Variante dieser
Regelung dazu bestimmt war, die Zulässigkeitsvoraussetzungen von
Nichtigkeitsklagen für natürliche und juristische Personen weiter zu fassen, und
dass die einzigen Rechtsakte mit allgemeiner Geltung, für die ein restriktiver
Ansatz beibehalten werden sollte, die Gesetzgebungsakte waren (vgl. etwa
Sekretariat des Europäischen Konvents, Schlussbericht des Arbeitskreises über
die Arbeitsweise des Gerichtshofs vom 25. März 2003 [CONV 636/03,
Rn. 22] und Übermittlungsvermerk des Präsidiums für den Konvent vom
12. Mai 2003 [CONV 734/03, S. 20]).
27 Schließlich besteht das
Ziel von Art. 263 Abs. 4 dritte Variante AEUV, wie aus den
Rn. 22, 23 und 26 des vorliegenden Urteils hervorgeht, darin, die
Zulässigkeitsvoraussetzungen von Nichtigkeitsklagen natürlicher und juristischer
Personen gegen Rechtsakte mit allgemeiner Geltung, mit Ausnahme derer mit
Gesetzescharakter, zu lockern. Nähme man bestimmte Arten oder Unterkategorien
von Rechtsakten ohne Gesetzescharakter mit allgemeiner Geltung aus dem
Anwendungsbereich dieser Bestimmung heraus, liefe dies dieser Zielsetzung
zuwider.
28 Demnach ist davon
auszugehen, dass der Begriff „Rechtsakt mit Verordnungscharakter“ im Sinne von
Art. 263 Abs. 4 dritte Variante AEUV alle Rechtsakte ohne
Gesetzescharakter mit allgemeiner Geltung umfasst. Da der streitige Beschluss
kein Gesetzgebungsakt ist, hat sich das Gericht für die Prüfung des
Verordnungscharakters der drei Teile dieses Beschlusses rechtfehlerfrei auf die
Prüfung beschränkt, ob diese Teile allgemeine Geltung haben.
29 Insoweit ist als Zweites
darauf hinzuweisen, dass ein Rechtsakt nach ständiger Rechtsprechung des
Gerichtshofs allgemeine Geltung hat, wenn er für objektiv bestimmte Situationen
gilt und Rechtswirkungen gegenüber allgemein und abstrakt umschriebenen
Personengruppen erzeugt (Urteile vom 11. Juli 1968, Zuckerfabrik
Watenstedt/Rat, 6/68, EU:C:1968:43, S. 620, vom 15. Januar 2002,
Libéros/Kommission, C‑171/00 P, EU:C:2002:17, Rn. 28 und die dort
angeführte Rechtsprechung, sowie vom 17. März 2011, AJD Tuna, C‑221/09,
EU:C:2011:153, Rn. 51 und die dort angeführte Rechtsprechung).
30 Art. 1
Buchst. d der Verordnung Nr. 659/1999 definiert den Begriff
„Beihilferegelung“ als „eine Regelung, wonach Unternehmen, die in der Regelung
in einer allgemeinen und abstrakten Weise definiert werden, ohne nähere
Durchführungsmaßnahmen Einzelbeihilfen gewährt werden können, beziehungsweise
eine Regelung, wonach einem oder mehreren Unternehmen nicht an ein bestimmtes
Vorhaben gebundene Beihilfen für unbestimmte Zeit und/oder in unbestimmter Höhe
gewährt werden können“.
31 Zu Art. 263
Abs. 4 zweite Variante AEUV hat der Gerichtshof im Bereich der staatlichen
Beihilfen wiederholt entschieden, dass Beschlüsse der Kommission, die zum
Gegenstand haben, eine nationale Regelung zu genehmigen oder zu verbieten,
allgemeine Geltung haben. Diese allgemeine Geltung ergibt sich daraus, dass
solche Beschlüsse für objektiv bestimmte Situationen gelten und Rechtswirkungen
gegenüber einer allgemein und abstrakt umschriebenen Personengruppe erzeugen
(vgl. in diesem Sinne Urteile vom 22. Dezember 2008, British
Aggregates/Kommission, C‑487/06 P, EU:C:2008:757, Rn. 31, vom
17. September 2009, Kommission/Koninklijke FrieslandCampina,
C‑519/07 P, EU:C:2009:556, Rn. 53 und die dort angeführte
Rechtsprechung, sowie vom 28. Juni 2018, Lowell Financial
Services/Kommission, C‑219/16 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2018:508,
Rn. 42 und die dort angeführte Rechtsprechung).
32 Wie der Generalanwalt in
den Nrn. 48 und 49 seiner Schlussanträge ausgeführt hat, ist diese
Rechtsprechung auf Art. 263 Abs. 4 dritte Variante AEUV übertragbar.
Die Frage, ob ein Rechtsakt allgemeine Geltung hat, betrifft nämlich eine
objektive Eigenschaft dieses Rechtsakts, die nicht je nachdem, um welche
Variante von Art. 263 Abs. 4 AEUV es geht, variieren kann. Eine
Auslegung, nach der ein Rechtsakt im Rahmen von Art. 263 Abs. 4 zweite
Variante AEUV allgemeine Geltung haben und zugleich im Rahmen von Art. 263
Abs. 4 dritte Variante AEUV keine allgemeine Geltung haben kann, liefe
überdies dem Ziel zuwider, das der Grund für die Hinzufügung der letztgenannten
Bestimmung war, nämlich die Zulässigkeitsvoraussetzungen von Nichtigkeitsklagen
natürlicher und juristischer Personen zu lockern.
33 Folglich hat das Gericht
keinen Rechtsfehler begangen, als es befand, dass der zweite und der dritte Teil
des streitigen Beschlusses allgemeine Geltung hätten.
34 Was als Drittes den
ersten Teil des streitigen Beschlusses anbelangt, ist es zwar richtig, dass eine
Rückforderungsanordnung nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs die durch
die fragliche Beihilferegelung Begünstigten insofern individuell betrifft, als
sie ab dem Erlass einer solchen Anordnung dem Risiko einer Wiedereinziehung der
empfangenen Vorteile ausgesetzt sind und somit zu einem beschränkten
Personenkreis gehören (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 19. Oktober 2000,
Italien und Sardegna Lines/Kommission, C‑15/98 und C‑105/99, EU:C:2000:570,
Rn. 33 bis 35, vom 29. April 2004, Italien/Kommission,
C‑298/00 P, EU:C:2004:240, Rn. 39, sowie vom 9. Juni 2011,
Comitato „Venezia vuole vivere“ u. a./Kommission, C‑71/09 P,
C‑73/09 P und C‑76/09 P, EU:C:2011:368, Rn. 56).
35 Jedoch kann aus dieser
Rechtsprechung entgegen dem Vorbringen der Kommission nicht abgeleitet werden,
dass der erste Teil des streitigen Beschlusses keine allgemeine Geltung und
damit keinen Verordnungscharakter hat.
36 Dieser Rechtsprechung
zufolge schließt nämlich der Umstand, dass dieser Teil den beschränkten Kreis
der Begünstigten der fraglichen Beihilferegelung individuell betrifft, nicht
aus, dass dieser Teil als allgemein geltend angesehen werden kann, sofern er für
objektiv bestimmte Situationen gilt und Rechtswirkungen gegenüber einer
allgemein und abstrakt umschriebenen Personengruppe erzeugt.
37 So verhält es sich aber
im vorliegenden Fall.
38 Da die Kommission im
ersten Teil des streitigen Beschlusses die Auffassung vertreten hat, dass die
Rückforderung der durch die Befreiung von der ICI gewährten Beihilfen trotz
ihrer Rechtswidrigkeit und Unvereinbarkeit mit dem Binnenmarkt nicht anzuordnen
sei, perpetuiert dieser Beschluss nämlich die wettbewerbswidrigen Wirkungen der
allgemeinen und abstrakten Maßnahme, die diese Befreiung darstellt, gegenüber
einer unbestimmten Anzahl von Wettbewerbern der Begünstigten der durch diese
Maßnahme gewährten Beihilfen. Folglich gilt dieser Beschluss für objektiv
bestimmte Situationen und erzeugt Rechtswirkungen gegenüber allgemein und
abstrakt umschriebenen Personengruppen.
39 Demnach hat das Gericht
zu Recht festgestellt, dass der erste Teil des streitigen Beschlusses allgemeine
Geltung hat. Der erste Teil des einzigen Rechtsmittelgrundes der Kommission ist
daher zurückzuweisen.
Zum zweiten Teil
Vorbringen der Parteien
40 Die Kommission trägt vor,
das Gericht habe die unmittelbare Betroffenheit von Herrn Ferracci und Scuola
Elementare Maria Montessori rechtsfehlerhaft allein daraus abgeleitet, dass sie
sich potenziell in einem Wettbewerbsverhältnis mit den Begünstigten der in Rede
stehenden nationalen Maßnahmen befinden könnten. Der vom Gericht verfolgte
Ansatz stehe nicht im Einklang mit dem, den der Gerichtshof in den Urteilen vom
28. April 2015, T & L Sugars und Sidul Açúcares/Kommission
(C‑456/13 P, EU:C:2015:284), und vom 17. September 2015,
Confederazione Cooperative Italiane u. a./Anicav u. a.
(C‑455/13 P, C‑457/13 P und C‑460/13 P, nicht veröffentlicht,
EU:C:2015:616), eingeschlagen habe. Um seine unmittelbare Betroffenheit zu
belegen, müsse ein Kläger nachweisen, dass der angefochtene Rechtsakt
hinreichend konkrete Wirkungen auf seine Situation entfalte.
41 Scuola Elementare Maria
Montessori tritt diesem Vorbringen entgegen.
Würdigung durch den Gerichtshof
42 Nach ständiger
Rechtsprechung des Gerichtshofs erfordert die in Art. 263 Abs. 4 AEUV
genannte Voraussetzung, wonach eine natürliche oder juristische Person von der
klagegegenständlichen Entscheidung unmittelbar betroffen sein muss, dass zwei
Kriterien kumulativ erfüllt sind, nämlich zum einen, dass sich die beanstandete
Maßnahme unmittelbar auf die Rechtsstellung des Einzelnen auswirkt, und zum
anderen, dass sie den Adressaten, die mit ihrer Durchführung betraut sind,
keinerlei Ermessensspielraum lässt, ihre Umsetzung vielmehr rein automatisch
erfolgt und sich allein aus der Unionsregelung ohne Anwendung weiterer
Durchführungsvorschriften ergibt (Urteile vom 5. Mai 1998, Glencore
Grain/Kommission, C‑404/96 P, EU:C:1998:196, Rn. 41 und die dort
angeführte Rechtsprechung, vom 13. Oktober 2011, Deutsche Post und
Deutschland/Kommission, C‑463/10 P und C‑475/10 P, EU:C:2011:656,
Rn. 66, sowie Beschluss vom 19. Juli 2017, Lysoform Dr. Hans Rosemann
und Ecolab Deutschland/ECHA, C‑666/16 P, nicht veröffentlicht,
EU:C:2017:569, Rn. 42).
43 Speziell zu den
beihilferechtlichen Regeln ist hervorzuheben, dass diese dem Ziel dienen, den
Wettbewerb zu schützen (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 15. Juni 2006, Air
Liquide Industries Belgium, C‑393/04 und C‑41/05, EU:C:2006:403, Rn. 27 und
die dort angeführte Rechtsprechung, sowie vom 17. Juli 2008, Essent Netwerk
Noord u. a., C‑206/06, EU:C:2008:413, Rn. 60). Daher lässt in diesem
Bereich die Tatsache, dass ein Kommissionsbeschluss die Wirkungen nationaler
Maßnahmen unberührt lässt, bezüglich deren der Kläger in einer an die Kommission
gerichteten Beschwerde geltend gemacht hat, sie seien mit diesem Ziel
unvereinbar und versetzten ihn in eine nachteilige Wettbewerbssituation, darauf
schließen, dass dieser Beschluss die Rechtsstellung des Klägers unmittelbar
berührt, insbesondere sein aus den beihilferechtlichen Bestimmungen des
AEU-Vertrags folgendes Recht, keinem durch die fraglichen nationalen Maßnahmen
verfälschten Wettbewerb ausgesetzt zu sein (vgl. in diesem Sinne Urteil vom
28. Januar 1986, Cofaz u. a./Kommission, 169/84, EU:C:1986:42,
Rn. 30).
44 Im vorliegenden Fall hat
das Gericht in Bezug auf das erste der beiden in Rn. 42 des vorliegenden
Urteils genannten Kriterien in Rn. 42 des Urteils vom 15. September
2016, Scuola Elementare Maria Montessori/Kommission (T‑220/13, nicht
veröffentlicht, EU:T:2016:484), und in Rn. 45 des Urteils vom
15. September 2016, Ferracci/Kommission (T‑219/13, EU:T:2016:485), im
Wesentlichen ausgeführt, dass dieses Kriterium erfüllt sei, da die von Herrn
Ferracci bzw. Scuola Elementare Maria Montessori angebotenen Dienstleistungen
denen ähnelten, die von den Begünstigten der im streitigen Beschluss geprüften
nationalen Maßnahmen angeboten würden, so dass Erstere mit Letzteren „in einem
Wettbewerbsverhältnis stehen … könnte[n]“.
45 Wie die Kommission
zutreffend vorträgt, ist diese Erwägung rechtsfehlerhaft.
46 Denn auch wenn es nicht
Sache des Unionsrichters ist, im Rahmen der Zulässigkeitsprüfung abschließend
über die Wettbewerbsbeziehungen zwischen einem Kläger und den Begünstigten
nationaler Maßnahmen, die in einem beihilferechtlichen Kommissionsbeschluss wie
dem streitigen Beschluss geprüft werden, zu befinden (vgl. in diesem Sinne
Urteile vom 28. Januar 1986, Cofaz u. a./Kommission, 169/84,
EU:C:1986:42, Rn. 28, sowie vom 20. Dezember 2017, Binca
Seafoods/Kommission, C‑268/16 P, EU:C:2017:1001, Rn. 59), darf die
unmittelbare Betroffenheit eines solchen Klägers nicht aus der bloßen
Möglichkeit einer Wettbewerbsbeziehung, wie sie in den angefochtenen Urteilen
festgestellt wurde, abgeleitet werden.
47 Soweit die Voraussetzung
der unmittelbaren Betroffenheit erfordert, dass sich der angefochtene Rechtsakt
unmittelbar auf die Rechtsstellung des Klägers auswirkt, muss der Unionsrichter
vielmehr prüfen, ob der Kläger stichhaltig dargelegt hat, weshalb der Beschluss
der Kommission geeignet ist, ihn in eine nachteilige Wettbewerbssituation zu
versetzen und sich damit auf seine Rechtsstellung auszuwirken.
48 Jedoch ist darauf
hinzuweisen, dass eine Verletzung des Unionsrechts in einem Urteil des Gerichts,
wenn zwar dessen Gründe eine solche Verletzung enthalten, die Urteilsformel sich
aber aus anderen Rechtsgründen als richtig erweist, nicht zur Aufhebung dieses
Urteils führen kann und die Begründung durch eine andere zu ersetzen ist (Urteil
vom 26. Juli 2017, Rat/LTTE, C‑599/14 P, EU:C:2017:583, Rn. 75
und die dort angeführte Rechtsprechung).
49 So verhält es sich
hier.
50 Aus den Klageschriften,
die Herr Ferracci und Scuola Elementare Maria Montessori beim Gericht
eingereicht haben, geht nämlich hervor, dass sie unter Anführung von Beweisen,
und ohne insoweit auf Widerspruch der Kommission zu stoßen, vorgetragen haben,
ihre jeweiligen Einrichtungen befänden sich in unmittelbarer Nähe zu kirchlichen
oder religiösen Stellen, die den ihrigen ähnliche Tätigkeiten ausübten und somit
auf demselben Dienstleistungsmarkt und demselben räumlichen Markt aktiv seien.
Da solche Stellen grundsätzlich von den im streitigen Beschluss geprüften
nationalen Maßnahmen profitieren konnten, ist davon auszugehen, dass Herr
Ferracci und Scuola Elementare Maria Montessori stichhaltig dargetan haben, dass
der streitige Beschluss geeignet war, sie in eine nachteilige
Wettbewerbssituation zu versetzen, und sich somit unmittelbar auf ihre
Rechtsstellung auswirkte, insbesondere auf ihr Recht, auf diesem Markt keinem
durch die fraglichen Maßnahmen verfälschten Wettbewerb ausgesetzt zu sein.
51 Entgegen dem Vorbringen
der Kommission wird diese Schlussfolgerung nicht durch die Urteile vom
28. April 2015, T & L Sugars und Sidul Açúcares/Kommission
(C‑456/13 P, EU:C:2015:284), sowie vom 17. September 2015,
Confederazione Cooperative Italiane u. a./Anicav u. a.
(C‑455/13 P, C‑457/13 P und C‑460/13 P, nicht veröffentlicht,
EU:C:2015:616), in Frage gestellt. Zwar hat der Gerichtshof in diesen Urteilen
entschieden, dass die bloße Tatsache, dass im Rahmen der gemeinsamen
Agrarpolitik erlassene Vorschriften einen Kläger in eine nachteilige
Wettbewerbssituation versetzen, für sich genommen nicht den Schluss zulässt,
dass diese Vorschriften diesen Kläger in seiner Rechtsstellung berühren; jedoch
ist diese Rechtsprechung nicht auf Klagen von Wettbewerbern von Empfängern
staatlicher Beihilfen übertragbar.
52 Die in der vorstehenden
Randnummer angeführten Rechtssachen betrafen nämlich nicht die
beihilferechtlichen Regeln, die ja gerade, wie in Rn. 43 des vorliegenden
Urteils dargelegt, dem Ziel dienen, den Wettbewerb zu schützen.
53 Folglich erfüllten die
Klagen von Herrn Ferracci und Scuola Elementare Maria Montessori das erste der
beiden in Rn. 42 des vorliegenden Urteils genannten Kriterien.
54 Bezüglich des zweiten
dieser Kriterien hat das Gericht in Rn. 45 des Urteils vom
15. September 2016, Scuola Elementare Maria Montessori/Kommission
(T‑220/13, nicht veröffentlicht, EU:T:2016:484), und in Rn. 48 des Urteils
vom 15. September 2016, Ferracci/Kommission (T‑219/13, EU:T:2016:485),
ausgeführt, dass der streitige Beschluss sowohl in seinem ersten als auch in
seinem zweiten und dritten Teil seine Rechtswirkungen allein nach der
Unionsregelung vollkommen automatisch, und ohne dass weitere
Durchführungsvorschriften angewandt würden, entfalte. Wie der Generalanwalt in
Nr. 52 seiner Schlussanträge im Wesentlichen festgestellt hat, weist diese
Erwägung, die von der Kommission im Rahmen der vorliegenden Rechtsmittel nicht
beanstandet wird, keinen Rechtsfehler auf.
55 Demzufolge hat das
Gericht zu Recht befunden, dass Herr Ferracci und Scuola Elementare Maria
Montessori vom streitigen Beschluss unmittelbar betroffen sind. Der zweite Teil
des einzigen Rechtsmittelgrundes der Kommission ist daher zurückzuweisen.
Zum dritten Teil
Vorbringen der Parteien
56 Die Kommission macht
geltend, das Gericht habe rechtsfehlerhaft angenommen, dass die nationalen
Rechtsakte zur Durchführung der Maßnahmen, die Gegenstand des streitigen
Beschlusses seien, keine Durchführungsmaßnahmen gegenüber Herrn Ferracci und
Scuola Elementare Maria Montessori darstellten. Insoweit habe das Gericht zu
Unrecht ihr Argument zurückgewiesen, dass diese hätten beantragen können, in den
Genuss der ihren Wettbewerbern vorbehaltenen steuerlichen Vorzugsbehandlung zu
kommen, und gegen eine ablehnende Entscheidung der Verwaltung Klage vor den
nationalen Gerichten hätten erheben und die Ungültigkeit des streitigen
Beschlusses hätten geltend machen können. Der vom Gericht verfolgte Ansatz sei
mit der Rechtsprechung des Gerichtshofs, die mit dem Urteil vom
19. Dezember 2013, Telefónica/Kommission (C‑274/12 P, EU:C:2013:852),
begründet worden sei, unvereinbar.
57 Scuola Elementare Maria
Montessori tritt diesem Vorbringen entgegen.
Würdigung durch den Gerichtshof
58 Nach ständiger
Rechtsprechung des Gerichtshofs ist die Wendung „die … keine
Durchführungsmaßnahmen nach sich ziehen“ im Sinne von Art. 263 Abs. 4
dritte Variante AEUV vor dem Hintergrund zu sehen, dass diese Vorschrift, wie
sich aus ihrer Entstehungsgeschichte ergibt, verhindern soll, dass ein Einzelner
gezwungen ist, gegen das Recht zu verstoßen, um Zugang zu den Gerichten zu
erlangen. Wenn sich ein Rechtsakt mit Verordnungscharakter unmittelbar auf die
Rechtsstellung einer natürlichen oder juristischen Person auswirkt, ohne dass
Durchführungsmaßnahmen erforderlich sind, bestünde die Gefahr, dass diese Person
keinen wirksamen Rechtsschutz hätte, wenn sie vor dem Unionsrichter keinen
Rechtsbehelf einlegen könnte, um die Rechtmäßigkeit dieses Rechtsakts mit
Verordnungscharakter anfechten zu können. In Ermangelung von
Durchführungsmaßnahmen könnte sie nämlich, obwohl sie von dem fraglichen
Rechtsakt unmittelbar betroffen ist, eine gerichtliche Überprüfung desselben
erst, nachdem sie gegen dessen Bestimmungen verstoßen hat, erwirken, indem sie
im Rahmen der gegen sie vor den nationalen Gerichten eingeleiteten Verfahren die
Rechtswidrigkeit dieser Bestimmungen geltend macht (Urteile vom
19. Dezember 2013, Telefónica/Kommission, C‑274/12 P, EU:C:2013:852,
Rn. 27, sowie vom 13. März 2018, European Union Copper Task
Force/Kommission, C‑384/16 P, EU:C:2018:176, Rn. 35 und die dort
angeführte Rechtsprechung).
59 Hingegen ist die
gerichtliche Kontrolle der Beachtung des Unionsrechts, wenn ein Rechtsakt mit
Verordnungscharakter Durchführungsmaßnahmen nach sich zieht, unabhängig davon
gewährleistet, ob diese Maßnahmen von der Union oder den Mitgliedstaaten
erlassen werden. Natürliche oder juristische Personen, die aufgrund der in
Art. 263 Abs. 4 AEUV vorgesehenen Zulässigkeitsvoraussetzungen einen
Rechtsakt mit Verordnungscharakter der Union nicht unmittelbar vor dem
Unionsrichter anfechten können, sind durch die Möglichkeit, die
Durchführungsmaßnahmen anzufechten, die dieser Rechtsakt nach sich zieht, davor
geschützt, dass ein derartiger Rechtsakt ihnen gegenüber angewandt wird (Urteile
vom 19. Dezember 2013, Telefónica/Kommission, C‑274/12 P,
EU:C:2013:852, Rn. 28, sowie vom 13. März 2018, European Union Copper
Task Force/Kommission, C‑384/16 P, EU:C:2018:176, Rn. 36 und die dort
angeführte Rechtsprechung).
60 Obliegt die Durchführung
eines solchen Rechtsakts den Organen, Einrichtungen oder sonstigen Stellen der
Union, können natürliche oder juristische Personen unter den in Art. 263
Abs. 4 AEUV festgelegten Voraussetzungen vor den Unionsgerichten
unmittelbar gegen die Durchführungsmaßnahmen klagen und sich zur Begründung
dieser Klage nach Art. 277 AEUV auf die Rechtswidrigkeit des fraglichen
Basisrechtsakts berufen. Obliegt die Durchführung den Mitgliedstaaten, können
diese Personen die Ungültigkeit des betreffenden Basisrechtsakts vor den
nationalen Gerichten geltend machen und diese veranlassen, sich gemäß
Art. 267 AEUV mit Vorabentscheidungsfragen an den Gerichtshof zu wenden
(Urteile vom 19. Dezember 2013, Telefónica/Kommission, C‑274/12 P,
EU:C:2013:852, Rn. 29, sowie vom 13. März 2018, European Union Copper
Task Force/Kommission, C‑384/16 P, EU:C:2018:176, Rn. 37 und die dort
angeführte Rechtsprechung).
61 Der Gerichtshof hat im
Übrigen wiederholt entschieden, dass es für die Beurteilung, ob ein Rechtsakt
mit Verordnungscharakter Durchführungsmaßnahmen nach sich zieht, auf die
Stellung der Person ankommt, die sich auf die Klageberechtigung nach
Art. 263 Abs. 4 dritte Variante AEUV beruft. Ob der fragliche
Rechtsakt Durchführungsmaßnahmen gegenüber anderen Personen nach sich zieht,
spielt also keine Rolle. Zudem muss sich diese Beurteilung ausschließlich am
Klagegegenstand orientieren (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 19. Dezember
2013, Telefónica/Kommission, C‑274/12 P, EU:C:2013:852, Rn. 30 und 31,
vom 27. Februar 2014, Stichting Woonpunt u. a./Kommission,
C‑132/12 P, EU:C:2014:100, Rn. 50 und 51, sowie vom 13. März
2018, European Union Copper Task Force/Kommission, C‑384/16 P,
EU:C:2018:176, Rn. 38 und 39 sowie die dort angeführte Rechtsprechung).
62 Soweit im vorliegenden
Fall die Klagen von Herrn Ferracci und Scuola Elementare Maria Montessori auf
die Nichtigerklärung des ersten Teils des streitigen Beschlusses abzielten, ist,
wie der Generalanwalt in Nr. 69 seiner Schlussanträge ausgeführt hat, davon
auszugehen, dass der Eintritt der Rechtswirkungen der Entscheidung, die
Gegenstand dieses ersten Teils ist, nämlich die Rückforderung der für
rechtswidrig und mit dem Binnenmarkt unvereinbar erachteten Beihilfen nicht
anzuordnen, ihnen gegenüber keinerlei Durchführungsmaßnahmen erforderte, die
Gegenstand einer gerichtlichen Kontrolle vor dem Unionsrichter oder den
nationalen Gerichten hätten sein können. Das Gericht ist daher zu Recht zu dem
Schluss gelangt, dass dieser Teil gegenüber Herrn Ferracci und Scuola Elementare
Maria Montessori keine Durchführungsmaßnahmen im Sinne von Art. 263
Abs. 4 dritte Variante AEUV nach sich zieht. Die Kommission trägt im
Übrigen kein spezifisches Argument vor, um diese Schlussfolgerung zu
entkräften.
63 Was den zweiten und den
dritten Teil des streitigen Beschlusses angeht, in denen die Kommission
festgestellt hat, dass Art. 149 Abs. 4 TUIR und die in der
IMU-Regelung vorgesehene Befreiung keine staatlichen Beihilfen im Sinne von
Art. 107 Abs. 1 AEUV darstellten, ist darauf hinzuweisen, dass der
Gerichtshof zwar vielfach entschieden hat, dass in Bezug auf die Begünstigten
einer Beihilferegelung die nationalen Vorschriften, mit denen diese Regelung
eingeführt wird, und die Rechtsakte, mit denen diese Vorschriften umgesetzt
werden, z. B. ein Steuerbescheid, Durchführungsmaßnahmen darstellen, die
ein Beschluss, mit dem diese Regelung für mit dem Binnenmarkt unvereinbar oder
vorbehaltlich der Einhaltung von Zusagen des betreffenden Mitgliedstaats für mit
dem Binnenmarkt vereinbar erklärt wird, nach sich zieht (vgl. in diesem Sinne
Urteile vom 19. Dezember 2013, Telefónica/Kommission, C‑274/12 P,
EU:C:2013:852, Rn. 35 und 36, vom 27. Februar 2014, Stichting Woonpunt
u. a./Kommission, C‑132/12 P, EU:C:2014:100, Rn. 52 und 53, sowie
vom 27. Februar 2014, Stichting Woonlinie u. a./Kommission,
C‑133/12 P, EU:C:2014:105, Rn. 39 und 40).
64 Diese Rechtsprechung
erklärt sich dadurch, dass der Begünstigte einer Beihilferegelung, soweit er die
im innerstaatlichen Recht vorgesehenen Voraussetzungen erfüllt, um von dieser
Regelung profitieren zu können, bei den nationalen Behörden beantragen kann, ihm
die Beihilfe so zu gewähren, wie sie ihm gewährt worden wäre, wenn es einen
nicht an Bedingungen geknüpften Beschluss gäbe, mit dem diese Regelung für mit
dem Binnenmarkt vereinbar erklärt wird. Den Rechtsakt, mit dem dieser Antrag
abgelehnt wird, kann er dann vor den nationalen Gerichten anfechten, indem er
die Ungültigkeit des Beschlusses der Kommission, mit dem die fragliche Regelung
für mit dem Binnenmarkt unvereinbar oder vorbehaltlich der Einhaltung von
Zusagen des betreffenden Mitgliedstaats für mit dem Binnenmarkt vereinbar
erklärt wird, geltend macht, um diese Gerichte zu veranlassen, den Gerichtshof
im Wege von Vorabentscheidungsfragen nach der Gültigkeit dieses Beschlusses zu
befragen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 19. Dezember 2013,
Telefónica/Kommission, C‑274/12 P, EU:C:2013:852, Rn. 36 und 59, sowie
Beschluss vom 15. Januar 2015, Banco Bilbao Vizcaya Argentaria und
Telefónica/Kommission, C‑587/13 P und C‑588/13 P, nicht
veröffentlicht, EU:C:2015:18, Rn. 49 und 65).
65 Diese Rechtsprechung ist
allerdings auf die Situation von Wettbewerbern von Begünstigten einer nationalen
Maßnahme, bezüglich deren festgestellt wurde, dass sie keine staatliche Beihilfe
im Sinne von Art. 107 Abs. 1 AEUV darstelle, wie Herrn Ferracci und
Scuola Elementare Maria Montessori, nicht übertragbar. Die Situation eines
solchen Wettbewerbers unterscheidet sich nämlich insofern von derjenigen der von
dieser Rechtsprechung erfassten Beihilfenempfänger, als dieser Wettbewerber
nicht die in der nationalen Maßnahme vorgesehenen Voraussetzungen erfüllt, um
von ihr profitieren zu können.
66 Vor diesem Hintergrund
wäre es, wie der Generalanwalt in Nr. 71 seiner Schlussanträge ausgeführt
hat, abwegig, von diesem Wettbewerber zu verlangen, dass er bei den nationalen
Behörden die Gewährung dieses Vorteils beantragt und den diesen Antrag
ablehnenden Rechtsakt vor einem nationalen Gericht anficht, um dieses zu
veranlassen, den Gerichtshof nach der Gültigkeit des die genannte Maßnahme
betreffenden Kommissionsbeschlusses zu befragen.
67 Somit hat das Gericht zu
Recht entschieden, dass der streitige Beschluss weder in seinem ersten noch in
seinem zweiten und seinem dritten Teil Durchführungsmaßnahmen gegenüber Scuola
Elementare Maria Montessori und Herrn Ferracci nach sich zieht.
68 Folglich ist der dritte
Teil des einzigen Grundes der Rechtsmittel der Kommission zu verwerfen, so dass
diese Rechtsmittel in vollem Umfang zurückzuweisen sind.
Zum Rechtsmittel von Scuola Elementare Maria
Montessori in der Rechtssache C‑622/16 P
Zum ersten Rechtsmittelgrund
Vorbringen der Parteien
69 Der erste
Rechtsmittelgrund von Scuola Elementare Maria Montessori, mit dem sie dem
Gericht vorwirft, den ersten Teil des streitigen Beschlusses zu Unrecht für
gültig befunden zu haben, untergliedert sich in vier Teile. Mit dem ersten Teil
macht sie geltend, das Gericht habe gegen Art. 108 AEUV, Art. 14
Abs. 1 der Verordnung Nr. 659/1999 und Art. 4 Abs. 3 EUV
verstoßen, indem es der Kommission das Recht zuerkannt habe, eine absolute
Unmöglichkeit der Rückforderung rechtswidriger Beihilfen bereits im Stadium des
förmlichen Prüfverfahrens festzustellen, und nicht erst anlässlich des Vollzugs
einer Rückforderungsanordnung. Die absolute Unmöglichkeit der Rückforderung
rechtswidriger Beihilfen stelle keinen allgemeinen Rechtsgrundsatz im Sinne von
Art. 14 Abs. 1 Satz 2 der Verordnung Nr. 659/1999 dar.
70 Mit dem zweiten und dem
dritten Teil trägt Scuola Elementare Maria Montessori vor, das Gericht habe, als
es den ersten Teil des streitigen Beschlusses für gültig erklärt habe, den
Begriff „absolute Unmöglichkeit“ falsch ausgelegt, da die Kommission die
absolute Unmöglichkeit der Rückforderung der fraglichen rechtswidrigen Beihilfen
allein daraus abgeleitet habe, dass es unmöglich sei, aus den italienischen
Kataster- und Steuerdatenbanken die für die Rückforderung dieser Beihilfen
erforderlichen Informationen zu gewinnen. Ein derartiger Umstand habe eine rein
interne Schwierigkeit dargestellt, aus der nach der Rechtsprechung des
Gerichtshofs nicht auf die absolute Unmöglichkeit der Rückforderung dieser
Beihilfen habe geschlossen werden dürfen.
71 Zudem habe das Gericht
die Beweislastverteilung verkannt, als es das Vorbringen von Scuola Elementare
Maria Montessori, dass es auch andere Wege gebe, die die Rückforderung der
fraglichen Beihilfen ermöglicht hätten, zurückgewiesen habe. Es habe nicht ihr
oblegen, die Möglichkeit der Rückforderung dieser Beihilfen darzutun, sondern es
sei Aufgabe der Italienischen Republik gewesen, mit der Kommission loyal
zusammenzuarbeiten und andere Wege aufzuzeigen, die eine wenigstens teilweise
Rückforderung ermöglicht hätten.
72 Mit dem vierten Teil
wirft Scuola Elementare Maria Montessori dem Gericht vor, es habe Beweise
verfälscht, als es entschieden habe, dass es unmöglich sei, aus den
italienischen Kataster- und Steuerdatenbanken die für die Rückforderung der
fraglichen Beihilfen erforderlichen Informationen zu gewinnen.
73 Die Kommission,
unterstützt durch die Italienische Republik, entgegnet zum ersten Teil, das
Fehlen einer Rückforderungsanordnung im streitigen Beschluss stehe im Einklang
mit Art. 14 Abs. 1 der Verordnung Nr. 659/1999, der es der
Kommission verbiete, die Rückforderung einer rechtswidrigen Beihilfe anzuordnen,
wenn dies gegen einen allgemeinen Grundsatz des Unionsrechts verstieße. Nach dem
allgemeinen Rechtsgrundsatz, dass niemand zu etwas Unmöglichem verpflichtet sei,
dürfe die Kommission keine Verpflichtung auferlegen, deren Erfüllung objektiv
und absolut unmöglich wäre.
74 Zum zweiten und zum
dritten Teil macht die Kommission geltend, eine absolute Unmöglichkeit der
Rückforderung rechtswidriger Beihilfen könne sich auch aus der betreffenden
nationalen Rechtslage ergeben. Das Vorbringen, dass es auch andere Wege gebe,
die die Rückforderung der fraglichen Beihilfen ermöglicht hätten, stelle
Tatsachenwürdigungen in Frage, die nicht Gegenstand eines Rechtsmittels sein
könnten. Die Beweislast dafür, dass solche Wege existierten, obliege nach
allgemeinen Grundsätzen Scuola Elementare Maria Montessori, die sich darauf
berufe.
75 Was den vierten Teil
anbelange, sei das auf eine Beweisverfälschung gestützte Vorbringen unzulässig
und jedenfalls unbegründet.
Würdigung durch den Gerichtshof
76 Zum ersten Teil des
ersten Rechtsmittelgrundes ist darauf hinzuweisen, dass die Kommission nach
Art. 14 Abs. 1 Satz 1 der Verordnung Nr. 659/1999 in
Negativentscheidungen hinsichtlich rechtswidriger Beihilfen entscheidet, dass
der betreffende Mitgliedstaat alle notwendigen Maßnahmen ergreift, um die
Beihilfe vom Empfänger zurückzufordern.
77 Insoweit entspricht es
ständiger Rechtsprechung, dass der Erlass einer Anordnung, die rechtswidrigen
Beihilfen zurückzufordern, die logische und normale Folge der Feststellung ihrer
Rechtswidrigkeit ist. Das Hauptziel einer solchen Anordnung besteht nämlich in
der Beseitigung der Wettbewerbsverzerrung, die durch den aufgrund der
rechtswidrigen Beihilfe entstandenen Wettbewerbsvorteil verursacht wurde (vgl.
in diesem Sinne Urteile vom 15. Dezember 2005, Unicredito Italiano,
C‑148/04, EU:C:2005:774, Rn. 113 und die dort angeführte Rechtsprechung,
vom 1. Oktober 2015, Electrabel und Dunamenti Erőmű/Kommission,
C‑357/14 P, EU:C:2015:642, Rn. 111 und die dort angeführte
Rechtsprechung, sowie vom 21. Dezember 2016, Kommission/Aer Lingus und
Ryanair Designated Activity, C‑164/15 P und C‑165/15 P, EU:C:2016:990,
Rn. 116).
78 Nach Art. 14
Abs. 1 Satz 2 der Verordnung Nr. 659/1999 verlangt die Kommission
jedoch nicht die Rückforderung der Beihilfe, wenn dies gegen einen allgemeinen
Grundsatz des Unionsrechts verstieße.
79 Wie der Generalanwalt in
den Nrn. 107 und 110 seiner Schlussanträge festgestellt hat, gehört der
Grundsatz, dass niemand zu etwas Unmöglichem verpflichtet ist, zu den
allgemeinen Grundsätzen des Unionsrechts (vgl. in diesem Sinne Urteil vom
3. März 2016, Daimler, C‑179/15, EU:C:2016:134, Rn. 42).
80 Zwar geht aus der
ständigen Rechtsprechung des Gerichtshofs hervor, dass ein Mitgliedstaat im
Rahmen einer von der Kommission gemäß Art. 108 Abs. 2 AEUV erhobenen
Vertragsverletzungsklage zu seiner Verteidigung nur geltend machen kann, dass es
absolut unmöglich gewesen sei, die Entscheidung der Kommission über die
Rückforderung der fraglichen Beihilfe ordnungsgemäß durchzuführen (vgl. in
diesem Sinne Urteile vom 15. Januar 1986, Kommission/Belgien, 52/84,
EU:C:1986:3, Rn. 14, vom 1. Juni 2006, Kommission/Italien, C‑207/05,
nicht veröffentlicht, EU:C:2006:366, Rn. 45, sowie vom 9. November
2017, Kommission/Griechenland, C‑481/16, nicht veröffentlicht, EU:C:2017:845,
Rn. 28 und die dort angeführte Rechtsprechung), jedoch betrifft diese
Rechtsprechung nur die Gründe, die von diesem Mitgliedstaat zur Verteidigung
gegen eine von der Kommission erlassene Rückforderungsanordnung geltend gemacht
werden können, und nicht die Frage, ob eine absolute Unmöglichkeit der
Rückforderung der fraglichen Beihilfen bereits im Stadium des förmlichen
Prüfverfahrens festgestellt werden kann.
81 Auch und vor allem steht
dem Vorbringen von Scuola Elementare Maria Montessori, dass eine absolute
Unmöglichkeit der Rückforderung rechtswidriger Beihilfen erst nach Erlass einer
Rückforderungsanordnung festgestellt werden könne, der Wortlaut von Art. 14
Abs. 1 Satz 2 der Verordnung Nr. 659/1999 entgegen, dem zufolge
die Kommission keine Rückforderungsanordnung erlässt, wenn sie damit gegen einen
allgemeinen Grundsatz des Unionsrechts verstieße.
82 Insoweit hat der
Gerichtshof bereits entschieden, dass die Kommission keine
Rückforderungsanordnung erlassen darf, deren Erfüllung schon bei Erlass objektiv
und absolut unmöglich wäre; eine solche Anordnung wäre ungültig (vgl. in diesem
Sinne Urteil vom 17. Juni 1999, Belgien/Kommission, C‑75/97, EU:C:1999:311,
Rn. 86).
83 Soweit Scuola Elementare
Maria Montessori den ersten Teil ihres ersten Rechtsmittelgrundes auch auf den
Grundsatz der loyalen Zusammenarbeit stützt, ist darauf hinzuweisen, dass dieser
Grundsatz nach Art. 4 Abs. 3 EUV während des gesamten Verfahrens zur
Prüfung einer Maßnahme anhand der beihilferechtlichen Bestimmungen des
Unionsrechts gilt (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 15. November 2011,
Kommission und Spanien/Government of Gibraltar und Vereinigtes Königreich,
C‑106/09 P und C‑107/09 P, EU:C:2011:732, Rn. 147 und die dort
angeführte Rechtsprechung, sowie vom 21. Dezember 2016, Club Hotel Loutraki
u. a./Kommission, C‑131/15 P, EU:C:2016:989, Rn. 34).
84 Wenn also der betroffene
Mitgliedstaat, wie im vorliegenden Fall, bereits im Stadium des förmlichen
Prüfverfahrens eine absolute Unmöglichkeit der Rückforderung geltend macht,
verpflichtet der Grundsatz der loyalen Zusammenarbeit diesen Mitgliedstaat
bereits in diesem Stadium dazu, der Kommission die diesem Vorbringen zugrunde
liegenden Gründe darzulegen, und die Kommission dazu, diese Gründe eingehend zu
prüfen. Folglich zwingt dieser Grundsatz die Kommission entgegen dem Vorbringen
von Scuola Elementare Maria Montessori nicht dazu, jeden Beschluss, mit dem
Beihilfen für rechtswidrig und mit dem Binnenmarkt unvereinbar erklärt werden,
mit einer Rückforderungsanordnung zu versehen, sondern er verpflichtet sie dazu,
das Vorbringen des betroffenen Mitgliedstaats in Bezug auf das Bestehen einer
absoluten Unmöglichkeit der Rückforderung zu berücksichtigen.
85 Folglich ist der erste
Teil des ersten Rechtsmittelgrundes zurückzuweisen.
86 Zum vierten Teil dieses
Rechtsmittelgrundes ist darauf hinzuweisen, dass ein Rechtsmittelführer nach
Art. 256 AEUV, Art. 58 Abs. 1 der Satzung des Gerichtshofs der
Europäischen Union und Art. 168 Abs. 1 Buchst. d der
Verfahrensordnung des Gerichtshofs genau angeben muss, welche Beweise das
Gericht verfälscht haben soll, und die Beurteilungsfehler darlegen muss, die das
Gericht seines Erachtens zu dieser Verfälschung veranlasst haben. Außerdem muss
sich eine solche Verfälschung nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs in
offensichtlicher Weise aus den Akten ergeben, ohne dass es einer neuen
Tatsachen- und Beweiswürdigung bedarf (vgl. in diesem Sinne Urteile vom
9. Juni 2011, Comitato „Venezia vuole vivere“ u. a./Kommission,
C‑71/09 P, C‑73/09 P und C‑76/09 P, EU:C:2011:368, Rn. 152
und 153, sowie vom 8. März 2016, Griechenland/Kommission, C‑431/14 P,
EU:C:2016:145, Rn. 32 und die dort angeführte Rechtsprechung).
87 Im vorliegenden Fall
bezieht sich Scuola Elementare Maria Montessori im Rahmen dieses vierten Teils
lediglich auf die in Rn. 100 des Urteils vom 15. September 2016,
Scuola Elementare Maria Montessori/Kommission (T‑220/13, nicht veröffentlicht,
EU:T:2016:484), zitierte Antwort der Kommission vom 17. September 2015 auf
eine vom Gericht im Wege einer prozessleitenden Maßnahme gestellte Frage, in der
die Kommission die italienischen Rechtsvorschriften über Steuerdatenbanken
dargelegt hat.
88 Zum einen beanstandet
Scuola Elementare Maria Montessori aber keineswegs die in den Rn. 101 und
102 dieses Urteils enthaltene Darstellung des materiellen Inhalts dieses
Beweises, sondern stellt lediglich die Beurteilung in Frage, zu der das Gericht
auf der Grundlage dieses Beweises gelangt ist. Zum anderen legt sie nicht dar,
inwiefern die Beurteilung des Gerichts, dass die italienischen Steuerdatenbanken
es weder ermöglichten, rückwirkend zu ermitteln, welche Tätigkeiten die
Begünstigten der ICI-Befreiung für ihre Immobilien ausgeübt hätten, noch den
Betrag der rechtswidrig erlangten Befreiungen zu errechnen, offensichtlich
fehlerhaft erscheinen soll.
89 Folglich greift der
vierte Teil des ersten Rechtsmittelgrundes nicht durch.
90 Zum zweiten und zum
dritten Teil dieses Rechtsmittelgrundes, die zusammen zu prüfen sind, ist darauf
hinzuweisen, dass nach der ständigen Rechtsprechung des Gerichtshofs zu
Vertragsverletzungsklagen wegen Verstoßes gegen einen Beschluss, mit dem die
Rückforderung rechtswidriger Beihilfen angeordnet wird, ein Mitgliedstaat, der
auf unvorhergesehene und unvorhersehbare Schwierigkeiten stößt oder sich über
Folgen klar wird, die von der Kommission nicht bedacht wurden, diese Probleme
der Kommission darlegen und dabei geeignete Änderungen des fraglichen
Beschlusses vorschlagen muss. In einem solchen Fall müssen der Mitgliedstaat und
die Kommission gemäß dem Grundsatz der loyalen Zusammenarbeit redlich
zusammenwirken, um die Schwierigkeiten unter vollständiger Beachtung der
Bestimmungen des AEU-Vertrags, insbesondere derjenigen über die Beihilfen, zu
überwinden (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 2. Juli 2002,
Kommission/Spanien, C‑499/99, EU:C:2002:408, Rn. 24, sowie vom
22. Dezember 2010, Kommission/Italien, C‑304/09, EU:C:2010:812, Rn. 37
und die dort angeführte Rechtsprechung).
91 Allerdings ist die
Voraussetzung einer absoluten Unmöglichkeit der Durchführung nicht erfüllt, wenn
sich der beklagte Mitgliedstaat darauf beschränkt, die Kommission über die mit
der Durchführung des fraglichen Beschlusses verbundenen internen Schwierigkeiten
rechtlicher, politischer oder praktischer Art, die dem eigenen Vorgehen oder den
Unterlassungen der nationalen Behörden zuzuschreiben sind, zu unterrichten, ohne
gegenüber den betroffenen Unternehmen echte Schritte zur Rückforderung der
Beihilfe zu unternehmen und ohne der Kommission andere Modalitäten der
Durchführung des Beschlusses vorzuschlagen, die es ermöglichen würden, die
Schwierigkeiten zu überwinden (vgl. in diesem Sinne Urteile vom
13. November 2008, Kommission/Frankreich, C‑214/07, EU:C:2008:619,
Rn. 50, sowie vom 12. Februar 2015, Kommission/Frankreich, C‑37/14,
nicht veröffentlicht, EU:C:2015:90, Rn. 66 und die dort angeführte
Rechtsprechung).
92 Diese Rechtsprechung gilt
entsprechend für die Beurteilung im förmlichen Prüfverfahren, ob die
Rückforderung der rechtswidrigen Beihilfen absolut unmöglich ist. Demnach muss
ein Mitgliedstaat, der in diesem Verfahrensstadium Schwierigkeiten bei der
Rückforderung der betreffenden Beihilfen sieht, diese Schwierigkeiten der
Kommission darlegen und loyal mit ihr zusammenarbeiten, um sie zu überwinden,
insbesondere, indem er ihr andere Wege vorschlägt, die eine wenigstens teilweise
Rückforderung dieser Beihilfen ermöglichen. Die Kommission ist unter allen
Umständen verpflichtet, die geltend gemachten Schwierigkeiten und die
vorgeschlagenen anderen Wege der Rückforderung eingehend zu prüfen. Erst wenn
die Kommission nach einer solchen eingehenden Prüfung feststellt, dass es keine
anderen Wege gibt, die eine auch nur teilweise Rückforderung der betreffenden
rechtswidrigen Beihilfen ermöglichen würden, kann diese Rückforderung als
objektiv und absolut unmöglich zu verwirklichen angesehen werden.
93 Im vorliegenden Fall geht
aus den Rn. 76 und 85 des Urteils des Gerichts vom 15. September 2016,
Scuola Elementare Maria Montessori/Kommission (T‑220/13, nicht veröffentlicht,
EU:T:2016:484), hervor, dass sich die Kommission im ersten Teil des streitigen
Beschlusses damit begnügt hat, die absolute Unmöglichkeit der Rückforderung der
rechtswidrigen Beihilfen daraus abzuleiten, dass es unmöglich sei, aus den
italienischen Kataster- und Steuerdatenbanken die für die Rückforderung dieser
Beihilfen erforderlichen Informationen zu gewinnen. Dabei hat sie nicht geprüft,
ob es möglicherweise auch andere Wege gibt, die eine wenigstens teilweise
Rückforderung dieser Beihilfen ermöglichen würden.
94 Indem das Gericht den
streitigen Beschluss in diesem Punkt bestätigte, hat es einen Rechtsfehler
begangen.
95 Wie der Generalanwalt in
den Nrn. 116 und 117 seiner Schlussanträge ausgeführt hat, fällt nämlich
der Umstand, dass die für die Rückforderung der rechtswidrigen Beihilfen
erforderlichen Informationen nicht aus den italienischen Kataster- und
Steuerdatenbanken gewonnen werden konnten, in den Bereich interner
Schwierigkeiten, die dem eigenen Vorgehen oder den Unterlassungen der nationalen
Behörden zuzuschreiben sind. Nach der in Rn. 91 des vorliegenden Urteils
angeführten ständigen Rechtsprechung des Gerichtshofs genügen solche internen
Schwierigkeiten nicht, um auf eine absolute Unmöglichkeit der Rückforderung zu
schließen.
96 Wie aus den Rn. 90
bis 92 des vorliegenden Urteils hervorgeht, kann eine Rückforderung
rechtswidriger Beihilfen nur dann als objektiv und absolut unmöglich zu
verwirklichen angesehen werden, wenn die Kommission nach einer eingehenden
Prüfung feststellt, dass zwei kumulative Voraussetzungen erfüllt sind, nämlich
zum einen, dass die vom betroffenen Mitgliedstaat geltend gemachten
Schwierigkeiten tatsächlich vorliegen, und zum anderen, dass andere Wege der
Rückforderung fehlen. Wie in Rn. 93 des vorliegenden Urteils dargelegt, hat
das Gericht aber den ersten Teil des streitigen Beschlusses bestätigt, obwohl
die Kommission es unterlassen hatte, in diesem Beschluss eine gründliche Prüfung
der Frage vorzunehmen, ob die zweite dieser Voraussetzungen erfüllt war.
97 Der Rechtsfehler, mit dem
das Urteil des Gerichts vom 15. September 2016, Scuola Elementare Maria
Montessori/Kommission (T‑220/13, nicht veröffentlicht, EU:T:2016:484), demnach
behaftet ist, deckt sich mit dem, den das Gericht ebenfalls begangen hat, als es
in den Rn. 86 und 104 bis 110 dieses Urteils das Argument von Scuola
Elementare Maria Montessori, dass die Kommission hätte prüfen müssen, ob es auch
andere Wege gibt, die eine wenigstens teilweise Rückforderung der fraglichen
Beihilfen ermöglichen würden, mit der Begründung zurückwies, dass Scuola
Elementare Maria Montessori nicht habe nachweisen können, dass solche anderen
Wege existierten.
98 Da die Kommission nach
Art. 14 Abs. 1 der Verordnung Nr. 659/1999 in der Regel
verpflichtet ist, die Rückforderung der rechtswidrigen Beihilfe anzuordnen, und
nur ausnahmsweise darauf verzichten darf, oblag es ihr, im streitigen Beschluss
darzutun, dass die Voraussetzungen dafür, vom Erlass einer solchen Anordnung
absehen zu dürfen, erfüllt waren, und nicht etwa Scuola Elementare Maria
Montessori, vor dem Gericht nachzuweisen, dass es auch andere Wege gibt, die
eine wenigstens teilweise Rückforderung der fraglichen Beihilfen ermöglichen
würden. Unter diesen Umständen durfte sich das Gericht nicht mit der
Feststellung begnügen, dass Scuola Elementare Maria Montessori vor ihm die
Existenz solcher anderen Wege nicht habe nachweisen können.
99 Folglich ist dem zweiten
und dem dritten Teil des ersten Rechtsmittelgrundes stattzugeben; im Übrigen ist
dieser Rechtsmittelgrund zurückzuweisen.
Zum zweiten Rechtsmittelgrund
Vorbringen der Parteien
100 Scuola Elementare Maria Montessori
macht geltend, dem Gericht seien Rechtsfehler unterlaufen, als es entschieden
habe, dass die Befreiung von der IMU, die Gegenstand des dritten Teils des
streitigen Beschlusses sei, keine staatliche Beihilfe im Sinne von Art. 107
Abs. 1 AEUV darstelle, weil diese Befreiung nicht für wirtschaftliche
Tätigkeiten gelte. Insoweit habe das Gericht die Rechtsprechung des Gerichtshofs
verkannt, als es ihr Vorbringen, die von dieser Befreiung erfassten Tätigkeiten
seien entgeltlich, mit der Begründung zurückgewiesen habe, dass die Befreiung
nur für Lehrtätigkeiten gelte, die unentgeltlich oder gegen Zahlung eines
symbolischen Betrags erbracht würden. Indem die italienischen Rechtsvorschriften
einen Betrag, der einen Bruchteil der tatsächlichen Kosten der
Leistungserbringung abdecke, als „symbolisch“ definierten, ließen sie zu, dass
die in Rede stehende Befreiung Akteuren gewährt werde, die ihre Lehrdienste
hauptsächlich mit der Gegenleistung finanzierten, die sie von den Schülern oder
ihren Eltern erhielten.
101 Zu
beanstanden sei außerdem die Entscheidung des Gerichts, dass die Unanwendbarkeit
der IMU-Befreiung auf wirtschaftliche Tätigkeiten auch dadurch gewährleistet
sei, dass diese Befreiung nur Tätigkeiten erfasse, die ihrer Natur nach nicht in
Konkurrenz zu den Tätigkeiten anderer Akteure stünden, die auf Gewinn orientiert
seien. Für Lehrtätigkeiten sei dies nämlich nicht maßgeblich, da sie naturgemäß
in Konkurrenz zu den Tätigkeiten anderer Marktteilnehmer stünden.
102 Die Kommission und die Italienische
Republik treten diesem Vorbringen entgegen.
Würdigung durch den Gerichtshof
103 Nach ständiger Rechtsprechung des
Gerichtshofs betrifft das Wettbewerbsrecht der Union und insbesondere das Verbot
in Art. 107 Abs. 1 AEUV die Tätigkeiten von Unternehmen. In diesem
Zusammenhang umfasst der Begriff des Unternehmens jede eine wirtschaftliche
Tätigkeit ausübende Einheit, unabhängig von ihrer Rechtsform und der Art ihrer
Finanzierung (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 10. Januar 2006, Cassa di
Risparmio di Firenze u. a., C‑222/04, EU:C:2006:8, Rn. 107, sowie vom
27. Juni 2017, Congregación de Escuelas Pías Provincia Betania, C‑74/16,
EU:C:2017:496, Rn. 39 und 41 sowie die dort angeführte Rechtsprechung).
104 Eine wirtschaftliche Tätigkeit ist
u. a. jede Tätigkeit, die darin besteht, Dienstleistungen – d. h.
Leistungen, die in der Regel gegen Entgelt erbracht werden – auf einem
bestimmten Markt anzubieten. Insoweit besteht das Wesensmerkmal des Entgelts
darin, dass es die wirtschaftliche Gegenleistung für die betreffende Leistung
darstellt (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 11. September 2007, Schwarz und
Gootjes-Schwarz, C‑76/05, EU:C:2007:492, Rn. 37 und 38, sowie vom
27. Juni 2017, Congregación de Escuelas Pías Provincia Betania, C‑74/16,
EU:C:2017:496, Rn. 45 und 47).
105 In
Bezug auf Lehrtätigkeiten hat der Gerichtshof bereits entschieden, dass
Unterricht an Bildungseinrichtungen, die im Wesentlichen durch private Mittel,
die nicht vom Dienstleistungserbringer selbst stammen, finanziert werden, eine
Dienstleistung darstellt, da das von diesen Einrichtungen verfolgte Ziel darin
besteht, eine Leistung gegen Entgelt anzubieten (Urteil vom 27. Juni 2017,
Congregación de Escuelas Pías Provincia Betania, C‑74/16, EU:C:2017:496,
Rn. 48 und die dort angeführte Rechtsprechung).
106 Im
vorliegenden Fall hat das Gericht in den Rn. 136 und 140 des Urteils vom
15. September 2016, Scuola Elementare Maria Montessori/Kommission
(T‑220/13, nicht veröffentlicht, EU:T:2016:484), festgestellt, dass die
Befreiung von der IMU nur für Lehrtätigkeiten gelte, die unentgeltlich oder
gegen Zahlung eines symbolischen Betrags erbracht würden, der nur einen Teil der
tatsächlichen Kosten der Leistungserbringung decke, wobei dieser Teil nicht in
Zusammenhang mit diesen Kosten stehen dürfe.
107 Insoweit ist darauf hinzuweisen,
dass der Gerichtshof im Rahmen eines Rechtsmittels, soweit es um eine Auslegung
des nationalen Rechts durch das Gericht geht, nur zu der Nachprüfung befugt ist,
ob eine Verfälschung dieses Rechts stattgefunden hat. Eine solche muss sich in
offensichtlicher Weise aus den Akten ergeben (Urteil vom 21. Dezember 2016,
Kommission/Hansestadt Lübeck, C‑524/14 P, EU:C:2016:971, Rn. 20 und
die dort angeführte Rechtsprechung).
108 Da
Scuola Elementare Maria Montessori aber keinerlei Verfälschung geltend macht,
ist ihr Vorbringen, dass die italienischen Rechtsvorschriften es zuließen, die
Befreiung von der IMU für Lehrtätigkeiten zu gewähren, die hauptsächlich von den
Schülern oder ihren Eltern finanziert würden, von vornherein als unzulässig
zurückzuweisen.
109 Was ihr Vorbringen anbelangt, das
Gericht habe die in den Rn. 103 bis 105 des vorliegenden Urteils angeführte
Rechtsprechung des Gerichtshofs verkannt, so konnte das Gericht, wie der
Generalanwalt in den Nrn. 142 bis 144 seiner Schlussanträge ausgeführt hat,
da es im Rahmen seiner Auslegung des fraglichen nationalen Rechts festgestellt
hatte, dass die Befreiung von der IMU nur für Lehrtätigkeiten gelte, die
unentgeltlich oder gegen Zahlung eines symbolischen Betrags erbracht würden, der
nicht in Zusammenhang mit den Kosten dieser Dienstleistung stehe,
rechtsfehlerfrei die Rüge von Scuola Elementare Maria Montessori zurückzuweisen,
die darauf gestützt war, dass diese Befreiung auf entgeltlich erbrachte
Lehrtätigkeiten anwendbar sei.
110 Soweit Scuola Elementare Maria
Montessori das Gericht darüber hinaus dafür kritisiert, dass es entschieden
habe, die Unanwendbarkeit der IMU-Befreiung auf wirtschaftliche Tätigkeiten
werde auch dadurch gewährleistet, dass diese Befreiung nur Tätigkeiten erfasse,
die ihrer Natur nach nicht in Konkurrenz zu den Tätigkeiten anderer Akteure
stünden, die auf Gewinn orientiert seien, ist ihr Vorbringen als ins Leere
gehend zurückzuweisen, da es sich auf einen nicht tragenden Urteilsgrund
bezieht.
111 Demzufolge ist der zweite
Rechtsmittelgrund zurückzuweisen.
112 Da
jedoch dem zweiten und dem dritten Teil des ersten Rechtsmittelgrundes
stattgegeben worden ist, ist das Urteil vom 15. September 2016, Scuola
Elementare Maria Montessori/Kommission (T‑220/13, nicht veröffentlicht,
EU:T:2016:484), aufzuheben, soweit das Gericht den ersten Teil des streitigen
Beschlusses für gültig befunden hat; im Übrigen ist das Rechtsmittel
zurückzuweisen.
Zur Klage vor dem Gericht in der Rechtssache
T‑220/13
113 Nach Art. 61 Abs. 1
Satz 2 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union kann der
Gerichtshof, wenn das Rechtsmittel begründet ist und er die Entscheidung des
Gerichts aufhebt, den Rechtsstreit selbst endgültig entscheiden, wenn dieser zur
Entscheidung reif ist.
114 Das ist hier der Fall.
115 Insoweit genügt die Feststellung,
dass der erste Teil des streitigen Beschlusses, wie Scuola Elementare Maria
Montessori im Rahmen ihres ersten Klagegrundes im Wesentlichen vorträgt, aus den
in den Rn. 90 bis 99 des vorliegenden Urteils dargelegten Gründen mit einem
Rechtsfehler behaftet ist, soweit die Kommission die absolute Unmöglichkeit der
Rückforderung der in Bezug auf die ICI gewährten rechtswidrigen Beihilfen
festgestellt hat, ohne sämtliche Voraussetzungen, die nach der Rechtsprechung
des Gerichtshofs für eine solche Feststellung erforderlich sind, eingehend
geprüft zu haben.
116 Folglich ist dem ersten Klagegrund
von Scuola Elementare Maria Montessori stattzugeben und der streitige Beschluss
insoweit für nichtig zu erklären.
Kosten
117 Nach Art. 184 Abs. 2
seiner Verfahrensordnung entscheidet der Gerichtshof über die Kosten, wenn das
Rechtsmittel unbegründet ist oder wenn das Rechtsmittel begründet ist und er den
Rechtsstreit selbst endgültig entscheidet. Nach Art. 138 Abs. 1 der
Verfahrensordnung, der nach deren Art. 184 Abs. 1 auf das
Rechtsmittelverfahren Anwendung findet, ist die unterliegende Partei auf Antrag
zur Tragung der Kosten zu verurteilen.
118 Ferner sieht Art. 138
Abs. 3 der Verfahrensordnung, der nach deren Art. 184 Abs. 1 auf
das Rechtsmittelverfahren Anwendung findet, vor, dass jede Partei ihre eigenen
Kosten trägt, wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt. Der Gerichtshof
kann jedoch entscheiden, dass eine Partei außer ihren eigenen Kosten einen Teil
der Kosten der Gegenpartei trägt, wenn dies in Anbetracht der Umstände des
Einzelfalls gerechtfertigt erscheint.
119 Schließlich tragen die
Mitgliedstaaten und die Organe, die dem Rechtsstreit als Streithelfer
beigetreten sind, nach Art. 140 Abs. 1 der Verfahrensordnung, der nach
deren Art. 184 Abs. 1 auf das Rechtsmittelverfahren Anwendung findet,
ihre eigenen Kosten.
120 Im
vorliegenden Fall ist hinsichtlich des Rechtsmittels in der Rechtssache
C‑622/16 P in Anbetracht der Umstände des Einzelfalls zu entscheiden, dass
Scuola Elementare Maria Montessori die Hälfte ihrer eigenen Kosten und die
Kommission neben ihren eigenen Kosten die Hälfte der Kosten von Scuola
Elementare Maria Montessori trägt. Was die Klage vor dem Gericht in der
Rechtssache T‑220/13 anbelangt, trägt Scuola Elementare Maria Montessori
angesichts der Tatsache, dass nur dem ersten ihrer Klagegründe endgültig
stattgegeben worden ist, zwei Drittel der Kosten der Kommission und ihrer
eigenen Kosten und die Kommission ein Drittel der Kosten von Scuola Elementare
Maria Montessori und ihrer eigenen Kosten.
121 Was das Rechtsmittel in der
Rechtssache C‑623/16 P betrifft, hat Scuola Elementare Maria Montessori die
Verurteilung der Kommission beantragt, und diese ist mit ihrem Vorbringen
unterlegen, so dass die Kosten der Kommission aufzuerlegen sind.
122 In
Bezug auf das Rechtsmittel in der Rechtssache C‑624/16 P hat Herr Ferracci
nicht die Verurteilung der Kommission beantragt, und diese ist mit ihrem
Vorbringen unterlegen, so dass zu entscheiden ist, dass sie ihre eigenen Kosten
trägt.
123 Die Italienische Republik trägt in
den Rechtssachen C‑622/16 P bis C‑624/16 P ihre eigenen Kosten.
Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Große
Kammer) für Recht erkannt und entschieden:
1. Das Urteil des
Gerichts der Europäischen Union vom 15. September 2016, Scuola Elementare
Maria Montessori/Kommission (T‑220/13, nicht veröffentlicht,
EU:T:2016:484), wird aufgehoben, soweit damit die Klage der Scuola Elementare
Maria Montessori Srl abgewiesen wurde, die darauf gerichtet war, den Beschluss
2013/284/EU der Kommission vom 19. Dezember 2012 über die staatliche
Beihilfe SA.20829 (C 26/2010, ex NN 43/2010 [ex CP 71/2006]),
Regelung über die Befreiung von der kommunalen Immobiliensteuer im Falle von
Immobilien, die von nichtgewerblichen Einrichtungen für besondere Zwecke genutzt
werden, die Italien eingeführt hat, insoweit für nichtig zu erklären, als die
Europäische Kommission nicht die Rückforderung der durch Befreiung von der
Imposta comunale sugli immobili (kommunale Immobiliensteuer) gewährten
rechtswidrigen Beihilfen angeordnet hat.
2. Im Übrigen wird
das Rechtsmittel in der Rechtssache C‑622/16 P
zurückgewiesen.
3. Der Beschluss
2013/284 wird für nichtig erklärt, soweit die Europäische Kommission nicht die
Rückforderung der durch Befreiung von der Imposta comunale sugli immobili
(kommunale Immobiliensteuer) gewährten rechtswidrigen Beihilfen angeordnet
hat.
4. Die Rechtsmittel
in den Rechtssachen C‑623/16 P und C‑624/16 P werden
zurückgewiesen.
5. Die Scuola
Elementare Maria Montessori Srl trägt die Hälfte ihrer im Rahmen des
Rechtsmittels in der Rechtssache C‑622/16 P entstandenen Kosten
sowie zwei Drittel der Kosten der Europäischen Kommission und ihrer eigenen
Kosten im Zusammenhang mit der Klage vor dem Gericht der Europäischen Union in
der Rechtssache T‑220/13.
6. Die Europäische
Kommission trägt, was ihre eigenen Kosten anbelangt, ein Drittel der Kosten im
Zusammenhang mit der Klage vor dem Gericht der Europäischen Union in der
Rechtssache T‑220/13 sowie die mit den Rechtsmitteln in den Rechtssachen
C‑622/16 P bis C‑624/16 P zusammenhängenden Kosten und,
was die Kosten der Scuola Elementare Maria Montessori Srl betrifft, ein Drittel
der Kosten im Zusammenhang mit der Klage vor dem Gericht der Europäischen Union
in der Rechtssache T‑220/13, die Hälfte der mit dem Rechtsmittel in der
Rechtssache C‑622/16 P zusammenhängenden Kosten und die in der
Rechtssache C‑623/16 P entstandenen Kosten.
7. Die Italienische
Republik trägt ihre eigenen in den Rechtssachen C‑622/16 P bis
C‑624/16 P entstandenen Kosten.
Unterschriften